01.05.2022 – 05.05.22
Tag 1
Fast sieben Monate liegt der letzte Urlaub zurück, was eindeutig zu lang ist und auch ziemlich zermürbend war. Normalerweise fahre ich direkt in der ersten Urlaubswoche weg, aber dieses Mal erst in der zweiten. Ich weiß schon jetzt, dass ich diese Reihenfolge nicht so überzeugend finde. Nachdem ich gestern etwa 250 Kilometer mit dem Benz gefahren bin, scheint er für die Reise bereit, was zumindest eine entspannte Anreise erwarten lässt.
Die Anreise ist in der Tat sehr angenehm, von Regen keine Spur und es ist relativ wenig Verkehr. Der Benz gleitet über die Autobahn und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein anderes Fahrzeug mich besser transportieren könnte. Der überwiegende Teil der Strecke findet auf Bundesstraßen statt und irgendwann wird es bergig und kurvig, was grundsätzlich nichts für mich ist. Dazu kommt dass ich eine Stunde vor der geplanten Ankunft immer müder werde, weshalb ich singe oder irgendwelche Wortkreationen aufsage, die aber nur ich höre. Doch all das hilft nicht wirklich und ich bleibe müde. Auch hilft es nicht, dass ich es im Benz schön kalt gemacht habe, denn ich friere so zwar, will aber trotzdem nur einschlafen. Weil das alles mir nicht gefällt, fange ich an Kekse zu essen. Das ist ein wenig hilfreicher und hält mich tatsächlich wach. So komme ich ans Ziel, ohne das Bewusstsein zu verlieren. Nachdem der Benz ordnungsgemäß geparkt ist, folgt die erste Herausforderung, denn die Wendeltreppe zur Wohnung ist gar nicht so leicht zu bewältigen. Die Wohnung ist für meine Verhältnisse riesig und ich brauche eine Weile bis ich weiß, welches Zimmer sich wo befindet. Bevor ich den üblichen Rundgang durch den Ort starte, mache ich mir Nudeln mit Bohnen, eine Kombination, die mir spontan eingefallen ist und gar nicht mal so schlecht schmeckt. In der Wohnung befindet sich eine Infrarotsauna, was ich äußerst interessant finde. Ich weiß aber nicht, ob ich die benutzen will und darf.
Orientierungslos, wir es am Ankunftstag sein muss, irre ich anschließend umher und komme meinem Hobby dem Geocaching nach. Den leichtesten Cache finde ich natürlich nicht, aber alles andere klappt und ich bekomme dabei einen ersten Eindruck von dem Ort, in dem ich die nächsten Tage verbringen werde. Weil das ermüdend ist, kaufe ich mir später eine Cola, da mein Körper schon seit Stunden danach verlangt hat und ich uns, also meinem Körper und mir, das nicht verwehren kann. Wo ich in den nächsten Tagen essen werde, dass weiß ich noch nicht. Zunächst dachte ich, dass ich morgen chinesisch essen gehen kann, doch das chinesischen Restaurant, welches ich von der Wohnung aus sehen kann, hat Montags geschlossen. Nachdem mir das klar ist, überfällt mich unverzüglich eine große Ratlosigkeit und ich beschließe, dass ich heute nicht mehr entscheiden muss, wo ich morgen eventuell essen gehen werde.
Gegen 20.00 Uhr breche ich zu einem letzten Spaziergang auf, den ich aber nach etwa 30 Minuten beende, weil mir kalt ist. Auf dem Weg zurück zur Ferienwohnung grölen irgendwelche Jugendliche ein Lied über den Mythos von Schalke. Das ist gruselig, irgendwie auch asozial und erinnert mich ein wenig an Brambauer, was ich sehr unangenehm finde. Zurück in der Wohnung esse ich noch ein Brötchen und überlege, wohin ich morgen als erstes gehe und ob ich, sollte es hier Deichmann geben, nicht einfach ein paar Schuhe kaufe, weil ich das im Urlaub öfter mache. Vermutlich werde ich in den nächsten Tagen wieder so viel mit unpassendem Schuhwerk umherwandern bis mir alles wehtut.
Am Abend will ich ein wenig TV gucken, doch nach wenigen Sekunden erscheint ein Hinweis der Fritzbox, dass ich bestätigen muss, dass ich die Regeln des Gastzugangs akzeptiere. Doch egal, welche Taste auf der Fernbedienung ich drücke, es passiert nichts und so habe ich lediglich den Ton. Das bringt irgendwie nichts, weshalb ich resigniert aufgebe und das Wohnzimmer betrachte, was aber rasch langweilig wird. Daher liege ich bereits um 22.50 Uhr im Bett und lese noch etwas. Die Matratze erscheint mir etwas zu hart, aber da kann die Matratze nichts zu. Richtig dunkel wird es im Zimmer nicht, weil die Rollos zwar ziemlich cool sind, aber zu viel Licht durchlassen. Irgendwie bin ich noch nicht richtig angekommen, aber das hat nicht unbedingt etwas zu bedeuten.
Angeblich bin ich heute 7,8 Kilometer gewandert, was ganz passabel für einen ersten Urlaubstag ist.
Tag 2
Lange geschlafen habe ich noch nicht als ich gegen 00.40 Uhr aufwache. Erstaunlicherweise friere ich, obwohl ich die Heizung extra höher gedreht hatte, weil mir das Schlafzimmer kalt erschien. Ich habe auch das Gefühl, dass es zieht, was aber Einbildung sein kann. Nachdem ich auf der Toilette war, habe ich Darmprobleme und mir ist ein bisschen übel. Ratlos liege ich im Bett und betrachte das Zimmer. Nach einer Weile schalte ich das Licht wieder aus und fürchte, dass ich für meinen Urlaub nicht angemessen entspannt bin, kann aber nicht sagen, was mein Problem ist.
Als ich gegen 07.00 Uhr wieder wach bin, bleibe ich dennoch im Bett, weil ich keine Ahnung habe, warum ich so früh aufstehen sollte. Ich weiß nur, dass ich mir heute keine Schuhe bei Deichmann kaufen werde, weil es hier keine Deichmann Filiale gibt, wie ich zwischenzeitlich herausgefunden habe. Aber es gibt ein K + K Schuh-Center. Vielleicht schaue ich mal dort vorbei. Ziemlich aufregende Pläne für einen Urlaubstag sind das. Sagte der Wetterbericht gestern noch, dass es heute sonnig werden wird, so wird heute ein Tag ohne Sonne vorausgesagt, während die Sonne, die eigentlich nicht da sein dürfte, durchs Fenster scheint. Selten waren Wetterberichte so nutzlos wie in den letzten Jahren. Zeit den Backofen vorzuheizen, um später drei trockene Brötchen zu mir zu nehmen. Es ist eindeutig zu frisch in der Wohnung. Möglicherweise bin ich aber auch nur ein Weichei.
Draußen ist es allerdings nicht frisch und ich bin eindeutig zu warm angezogen als ich aufbreche, um ein paar Kleinigkeiten bei Rewe zu kaufen. Nachdem das erledigt ist, wechsle ich in der Wohnung die Jacke und breche zu einem Spaziergang auf. Erst als ich einsam durch die Landschaft wandere und nur noch die Vögel zwitschern höre, ist alles so wie ich es mag. Kein Mensch ist zu sehen, was ich sehr zu schätzen weiß. Während ich so wandere fällt mir auf, dass ich immer eigenartiger werde. Ich trage die gleichen Sachen, bis auf die Jacke, die ich gestern anhatte. Ich habe heute morgen nicht geduscht, sondern mir lediglich die Zähne geputzt und mich rasiert. Sollte ich nicht anfangen zu riechen, könnte ich mir vorstellen tagelang nicht zu duschen und die Sachen auch nur zu wechseln, wenn ich komisch rieche. Ich habe auch zum ersten Mal keine anständige Hose und kein Sakko dabei. Auch gepflegte Schuhe habe ich keine mit. Das waren sonst Dinge, die ich dabei hatte, um anständig auszusehen, wenn ich essen gehe. Wobei ich gar kein Interesse verspüre, essen zu gehen, weil da andere Menschen sind. Im Urlaub habe ich jedes Interesse an Kontakten zu Menschen verloren. Ich überlege jetzt sogar, ob ich nicht grundsätzlich ohne Menschen auskommen könnte, bin mir da aber noch nicht sicher. Um mich und meinen Körper nicht vorzeitig im Laufe des Tages zu überfordern, mache ich öfter Pausen und setze mich auf irgendwelche Bänke.
Bevor ich mir zum Mittag Nudeln koche, die ich wieder mit Bohnen mischen werde, zahle ich die Kurtaxe, was bedeutet, dass ich mit Menschen kommunizieren muss. Nachdem das erledigt ist, gibt es keinen Grund mehr heute noch mit irgendwem zu reden. Zumindest gehe ich nicht davon aus, heute noch sprechen zu müssen. Ich werde im Alter wirklich immer merkwürdiger. Nach dem Essen überlege ich kurz, ob es nicht doch sinnvoll wäre zu duschen und frische Sachen anzuziehen, entscheide mich aber dagegen, weil ich keine Lust habe so einen Aufwand zu betreiben. Vielleicht wasche ich mir heute Abend die Haare, oder morgen.
Nach dem Mittagesden will ich hoch hinaus und das bedeutet, dass ich Wege gehe, die ich für Abkürzungen halte. Meist sind das aber keine Abkürzungen und so passiert, was fast immer passiert und ich verlaufe mich irgendwie. Anstatt aber ordnungsgemäß daher zurückzugehen, wo ich hergekommen bin, versuche ich natürlich weiter den optimalen Weg ans Ziel zu finden. Und so irre ich etwa eine Stunde durch die Wälder, muss dabei mehrmals umdrehen, weil der gewählte Weg eine Sackgasse ist, und finde nur durch Zufall irgendwann wieder einen der gekennzeichneten Wanderwege. Daran muss ich echt arbeiten und aufhören immer die regulären Wege zu verlassen. Zwei Stunden habe ich mittlerweile keinen einzigen Menschen gesehen, was mir durchaus gefällt. Was mir nicht so gut gefällt ist die Tatsache, dass ich irgendwann nur noch etwa 200 Meter von der Grenze zu Hessen entfernt bin, aber mein Körper mir signalisiert, dass ich diese 200 Meter nicht mehr schaffe. Er droht sogar, dass er auf der Stelle umfällt, wenn ich auch nur noch einen Meter höher wandere. Also kapituliere ich und trete den Rückweg an. Dabei wollte ich unbedingt bis nach Hessen wandern. Vermutlich war die Idee bescheuert, aber so bin ich halt. Auf dem Rückweg mache ich zwei oder drei Pausen, trinke und esse etwas und schaffe es unversehrt zurück zur Ferienwohnung. Mein rechter Fuß findet mich total bekloppt und ich fürchte, dass mir morgen nicht nur der Fuß weh tun wird. Da ich obendrein durchgeschwitzt bin und unangenehm rieche, muss ich duschen, was ich irgendwie unverschämt finde. Nachdem ich mich im Anschluss ordnungsgemäß eingecremt und mir frische Sachen angezogen habe, mache ich mich nach einer kleinen Stärkung nochmal auf zu einem Spaziergang, doch schon bald will mein Körper einfach nicht mehr, dass ich weiter und weiter in der Gegend herumwandere, nur um in Bewegung zu sein. Also trete ich den Rückweg an, denn es liegen noch zwei Urlaubstage vor mir.
Um 19.15 Uhr ist das Wetter noch prima und lädt dazu ein noch draußen zu sein, doch ich bin einfach zu erledigt und mein Körper will nur noch sitzen und sich ausruhen. Und da ich mich nirgendwo draußen hinsetzen mag, um etwas zu trinken, bleibe ich den Rest des Tages in der Ferienwohnung, womit ich nicht so glücklich bin. Doch da mir mein rechter Fuß ziemlich weh tut und auch meine Beine in keinem guten Gesamtzustand sind, backe ich Brötchen auf und gönne mir eine Fanta, weil das vermutlich einfach vernünftiger ist als mich und meinen Körper noch einmal zu quälen, weil ich unbedingt die Wohnung verlassen muss. Erwartungsgemäß fange ich wenig später an zu frieren. Die Heizung leistet nicht wirklich etwas, so dass ich mich kurz in die Infrarotsauna setze. Das könnte helfen, doch da ich gerade so viel gegessen habe, erscheint mir das keine gute Idee zu sein, weshalb ich nach fünf Minuten die Sauna wieder verlasse. Auch wenn ich nicht weiß, wie mir ein längerer Aufenthalt darin wohl gefällt, beschließe ich, dass ich auch so eine Infrarotsauna will. Da Strom jedoch fast unbezahlbar ist, freue ich mich, dass in meiner Wohnung für solche Spielereien kein Platz ist. Platzmangel kann manchmal echt hilfreich sein.
Da ich nicht fernsehen kann, ist mir schon vor 21.00 Uhr langweilig und ich weiß nichts mit mir anzufangen. Fürs Bett bin ich noch zu vollgefressen und finde es obendrein auch etwas früh, weshalb ich unzufrieden bin und weiter friere. Gegen 22.30 Uhr setze ich mich dann doch noch einmal für etwa zehn Minuten in die Infrarotsauna, um mich aufzuwärmen. Leider gefällt mir das total gut. Hätte ich doch nur was aus mir und meinem Leben gemacht, dann hätte ich auch so eine Infrarotsauna und noch viel mehr tolle Sachen, wäre aber dennoch immer wieder wegen irgendwas unzufrieden. Ich habe es echt nicht leicht mit mir.
17 km bin ich heute angeblich gewandert, fühle mich aber so erledigt als wären es viel mehr gewesen.
Tag 3
Nachdem ich gestern gegen 23.30 Uhr das Bewusstsein verloren habe, wache ich erst wieder um kurz vor 06.00 Uhr auf. Es scheint als wäre ich ziemlich erschöpft gewesen. Ich gehe kurz zur Toilette, klettere zurück ins Bett und schlafe noch eine Stunde. Das Bett verlasse ich erst nach 08.00 Uhr und stelle fest, dass es regnet, was ich ganz furchtbar finde. Ich telefoniere mit Agnes und frühstücke. Die Sonne kommt zurück und ich kann mich auf den Weg machen, nachdem ich meine Wanderschuhe, die nicht zum Wandern geschaffen wurden, geputzt habe.
Wie geplant, gehe ich direkt zum K+K Schuh-Center, bin aber nur wenige Augenblicke später wieder draußen, weil das alles andere als überzeugend ist. Da ich keine Pläne habe, schlendere ich einfach so durch Bad Laasphe und entdecke immer wieder Geschäfte, die man nur mit Maske betreten darf, was ich mehr als befremdlich finde. Als mehrfach Geimpfter würde ich mir da ziemlich verarscht vorkommen. Andererseits gibt es sicher eine Menge, die sich impfen lassen haben, aber immer noch Angst haben. Angst ist ein ganz wichtiger Bestandteil dieser Gesellschaft und hat sich dank der ganzen Experten und Medien tief in vielen Köpfen verankert. Darum sind so Läden, die nur Leute mit Masken reinlassen möglicherweise ein Trend, der sich durchsetzen wird. Wäre ich nur nicht immer so skeptisch, dann würde ich nicht sein, wie ich bin. Im historischen Stadtkern stehen viele Geschäfte leer, andere haben, obwohl es fast 11.00 Uhr ist, noch geschlossen. Vermutlich begegnen mir deshalb kaum Menschen, was ich durchaus schätze. Ein kleiner Hund, der mit seiner Besitzerin unterwegs ist, kommt mich begrüßen und ich wechsle ein paar Worte mit der Besitzerin, weil man das so macht und es sich so ergibt. Wir loben die freundliche Art des Hundes und wünschen uns einen schönen Tag. Wenig später überlege ich ernsthaft, ob ich heute und morgen irgendwo zu Mittag essen gehe, bin aber nicht überzeugt von meiner Idee. Ich gehe gerade am chinesischen Restaurant vorbei als eine Frau mich grüßt. Sie kommt mir möglicherweise bekannt vor, aber ich weiß nicht woher. Ich grüße zurück und überlege, wer das wohl war. Dann fällt mir ein, dass es vermutlich die Frau des Vermieters der Ferienwohnung ist. Erst gestern habe ich mich mit ihr unterhalten als ich die Kurtaxe bezahlt habe. Allerdings bin ich mir nicht zu hundert Prozent sicher, weil ich mir keine Gesichter merken kann, denke aber, dass sie es gewesen ist. Das ist manchmal schon peinlich, wenn man Leute mit denen man sich am Tag vorher unterhalten hat, nicht erkennt. Die halten mich dann sicherlich für merkwürdiger als ich ohnehin schon bin. Schade, dass es für mich kein Update der Gesichtserkennungssoftware gibt. Mein nächstes Ziel ist ein italienisches Restaurant, welches sicher auch eine Option für ein leckeres Mittagessen sein kann. Nur leider kann ich mich für die Idee, tatsächlich essen zu gehen, nicht wirklich begeistern. Ich hatte ja früher schon immer meine Probleme alleine essen zu gehen, aber seit der Corona-Pest mit den daraus resultierenden Einschränkungen ist es wieder viel schlimmer geworden. Es ist also gut möglich, dass ich auch in diesem Urlaub nicht essen gehen werde. Vielleicht ist ein Pizza zum mitnehmen eine Option, aber sicher bin ich mir da nicht. Nachdem das geklärt ist, gehe ich zur Ferienwohnung zurück, um ein paar Müsliriegel zu mir zu nehmen und zu überlegen, was ich heute noch anstellen kann.
Da das Wetter mittlerweile wieder gut ist, breche ich zum Schloss Wittgenstein auf. Dort angekommen versuche ich zu cachen, doch wie auch gestern bin ich zu blöd dazu und finde nichts. Zurück zur Ferienwohnung, kurz ausruhen und dann habe ich eine sensationelle Idee. Ich will mir im Eiscafé Venezia ein Eis gönnen und breche voller Zuversicht auf. Draußen sind lediglich zwei Tische besetzt. Einmal von einer Familie und am anderen Tisch sitzt eine attraktive blonde Frau. Sofort ist mir klar, dass ich mich da nicht hinsetzen kann und kein Eis bekomme. Möglicherweise bin ich zu gestört für diese Welt. Weil ich frustriert bin, breche ich anschließend zu einer Wanderung auf, obwohl ich diese Wanderung eigentlich erst heute machen wollte. Die Wanderung ist anstrengend und der Weg hinab überhaupt nichts für meinen alten, untrainierten Körper. Als ich dann auf dem Weg einen weiteren Cache nicht finde, weiß ich, dass ich ein neues Hobby brauche, denn zum cachen bin ich definitiv zu blöd. Immerhin schaffe ich es, mir in der Bäckerei Müller drei Brötchen und eine Mohnschnecke zu kaufen. Ein Eis wäre mir aber bedeutend lieber. Zurück in der Wohnung koche ich ein paar Nudeln, weil ich das immerhin hinbekomme. Während die Nudeln kochen, stelle ich fest, dass ich stinke und es besser wäre, wenn ich in absehbarer Zeit dusche. Aber erstmal essen. Obwohl ich nach dem Essen satt bin, habe ich das Bedürfnis noch die Mohnschnecke zu essen. Es muss lange her sein, dass ich eine Mohnschnecke gegessen habe und irgendwie finde ich die Mohnschnecke nicht überzeugend. Ob es daran liegt, dass ich Mohnschnecken gar nicht mag, oder ob ich nur diese Mohnschnecke nicht mag, kann ich nicht sagen. Dazu müsste ich eine andere Mohnschnecke probieren.
Anstatt zu duschen, breche ich noch einmal auf, schlendere durch Bad Laasphe, schaue mir alles genauer an und glaube eine Art Verwahrlosung zu erkennen. Viel Leerstand und zwischen den schönen Häusern immer wieder runtergekommen Häuser und Grundstücke. Auch hier ist der Verfall der Gesellschaft ein Bestandteil des Ganzen. Heruntergekommene Menschen, die wunderbar nach Brambauer passen würden, begegnen mir auch hier. Allerdings nur selten, vermutlich weil überhaupt nur wenige Menschen unterwegs sind. Es ist teilweise einfach nur ruhig, was ich allerdings auch mag. Ein Mann kommt auf mich zu und wiederholt ständig was. Ich frage ihn, was er möchte. “Zickzack. Flitzbuch”, wiederholt er mehrfach. Ich sage ihm, dass ich nicht helfen kann. “Wo wohnst Du?”, fragt er. Ich zeige in die ungefähre Richtung meiner Ferienwohnung, er sagt “Zickzack. Flitzbuch, suche ich.” Ich sage, dass ich nicht weiß, wo es ist. Er dreht sich um, geht weg und wiederholt weiter “Zickzack. Flitzbuch.” Ich bin enttäuscht von mir, dass ich einem Behinderten nicht helfen kann. Und so einer wie ich will Coach sein. Lächerlich. Ich schlendere weiter und dann, aus heiterem Himmel, entspanne ich. Ich werde ruhiger, atme gleichmäßig, das zu erwähnen ist aber Unsinn, weil ich grundsätzlich gleichmäßig atme, außer wenn ich es nicht tue. Ich genieße die Ruhe, die milde Temperatur, den Moment. Möglicherweise bin ich jetzt angekommen im Urlaub. Ich muss nichts mehr tun, alles ist gut wie es ist. Ein wirklich denkwürdiger Moment, den ich nicht mehr erwartet hatte. Eine Weile gehe ich noch durch den Ort, der abseits der Hauptstraße ruhig und ausgestorben wirkt. Was stelle ich bis zu meiner Abfahrt noch an? Unwichtig. Wenn ich nicht so gestört wäre, könnte ich morgen Mittag essen gehen, aber ich fürchte, der Zug ist für mich abgefahren, doch es stört mich jetzt nicht. Vielleicht gehe ich essen, vielleicht auch nicht. Um 19.45 Uhr bin ich zurück in der Ferienwohnung, obwohl ich durchaus noch weiter hätte gehen können. Also ich, nicht mein Körper. Mein Körper ist erledigt vom ganzen wandern. 18 Kilometer waren es heute, obwohl ich mir vorgenommen hatte, dass ich heute nicht so viel in der Gegend rumlaufen würde. Morgen sollte ich maximal die Hälfte an Kilometern laufen, denn ich habe schließlich Urlaub.
Da ich nicht Fernsehen kann und immer noch ungeduscht bin und komisch rieche, gehe ich duschen. Es ist definitiv die größte Dusche in der ich je geduscht habe. Und vermutlich auch die sauberste. Überhaupt ist das Badezimmer nahezu perfekt. Auch das Pissoir finde ich ganz wundervoll. Anfangs war ich skeptisch, aber mittlerweile will ich das auch haben. Abgesehen davon, dass es keine Badewanne gibt, kann ich an dem Bad nichts finden, was besser sein könnte. Hätte ich irgendwann in meinem Leben Geld verdient, würde ich mir so ein Bad, allerdings mit Badewanne, zulegen. Auch der Rest der Wohnung gefällt mir und eine Infrarotsauna wäre auch in meiner Wohnung, wenn ich Geld hätte und dementsprechend wohnen würde. Nach dem Duschen schaue ich einen Western auf dem Tablet. Es ist das erste Mal, dass ich einen Film auf dem Tablet schaue. Weil es gesund sein soll, setze ich mich anschließend noch 15 Minuten in die Infrarotsauna und mache ein Selfie, weil das Rotlicht meiner Optik schmeichelt.
Tag 4
Wie üblich wache ich gegen 06.00 uhr auf und gehe zur Toilette. Im Anschluss schlafe ich noch eine Stunde, dann surfe ich etwa eine Stunde durchs Netz. So ähnlich mache ich das an fast jedem freien Tag. Vielleicht war ich in einem früheren Leben eine Art Roboter. Nach dem traditionellen frühstück mache ich einen Spaziergang. Es ist Markttag und so schlendere ich einmal über den Markt und wie üblich kann ich damit nichts anfangen. Markt. Händler. Langeweile. Mich interessierte das nie wirklich, ohne sagen zu können warum nicht. Ein schöner Flohmarkt oder Themenmarkt hingegen kann durchaus interessant sein, ein Wochenmarkt in der Regel nicht. Weiter geht es zum Kurpark. Vielleicht mein Lieblingsort dieses Urlaubs. Leider ist es viel zu frisch, um mich irgendwo hinsetzen zu können. Also bleibe ich in Bewegung, genieße die Ruhe, höre den Vögeln zu und sehe nur selten mal andere Menschen, was ich weiterhin sehr zu schätzen weiß. Der Vermieter der Ferienwohnung hat mit zwischenzeitlich angeboten, dass er irgendwas an der FritzBox einstellt, so dass ích am Abend fernsehen kann. Ich lehne dankend ab, weil es sich für einen Abend nicht lohnt und es auch mal interessant ist, dass mir kein Fernseher zur Verfügung steht. Und jetzt, wo ich weiß, dass ich auch am Tablet Filme gucken kann, ist das Fernsehprogramm noch uninteressanter als ohnehin schon. Gegen 10.40 Uhr kehre ich zurück in die Ferienwohnung, da es leicht regnet und ich eh nicht mehr weiß, wohin ich noch gehen soll.
Um kurz nach 12.00 Uhr breche ich auf, um im Ristotante da Michele Mittag zu essen. Erwartungsgemäß kann ich das Restaurant aber nicht betreten, da ich von außen nicht sehen kann, wie die Tische angeordnet sind und ob und wo schon Leute sitzen. Es ist fast wie damals als ich auch nicht alleine essen gehen konnte. Ich entscheide mich, dass ich stattdessen im China-Restaurant Shanghai esse. Dort bin ich sogar schon im Flur als ich ein Schild entdecke, auf dem steht, dass ein Mund- und Nasenschutz gewünscht wird, weshalb ich unverzüglich umkehre, weil mir das einfach zu blöd ist. Zurück in der Wohnung überlege ich, was ich nun machen kann. Ich schaue mir die Webseite vom Ristorante da Michele an. Es gibt Fotos vom Innenraum. Es sieht tatsächlich nicht so aus als könnte ich da unbemerkt in einer Ecke sitzen, weshalb es kein Thema mehr ist, dort zu essen. Ich breche auf, um mir Curry & Co anzuschauen, stelle aber fest, dass es viel zu klein ist, um da zu essen. Und um draußen zu sitzen ist es eindeutig zu frisch, obwohl die Sonne sich langsam durchzusetzen scheint. Nächster Versuch Freakadelle. Soweit ich das von außen sehen kann, werde ich auch da auffallen und muss sogar neben anderen Menschen sitzen, was mir unmöglich erscheint. Es ist tatsächlich wieder, wie in meinen schlimmsten Zeiten. Daher resigniere ich, gehe zur Ferienwohnung und koche Nudeln, die ich später mit etwas Steaksoße würze und zu mir nehme. Dazu gibt es Puszta-Salat aus dem Glas. Ich hätte nicht gedacht, dass ich je wieder derartige Probleme haben würde, wenn es darum geht irgendwo alleine essen zu gehen. Und das wird sicher auch nicht besser. Wann war ich eigentlich zum letzten Mal im Urlaub essen?
Am Nachmittag gehe ich einfach so die Hauptstraßen auf und ab. Es ist viel Verkehr und ich bin planlos. Fast als wäre ich zu Hause. Ich kann nichts mit mir und meiner Freizeit anfangen, könnte stattdessen auch einfach jeden Tag aussitzen bis ich wieder arbeiten muss. Es ist erschreckend wie wenig ich mit meiner Freizeit anzufangen weiß und wie wenig Interessen ich habe. Fast schon sehne ich mich danach wieder arbeiten zu müssen und eine Aufgabe zu haben. Einen geregelten Tagesablauf, auch wenn ich mich gleichzeitig frage, ob es nicht sinnvoll wäre mit dem Job aufzuhören, denn außer etwas Geld und einen geregelten Tagesablauf bringt der Job mir nichts. Letztlich spule ich nur irgendwelche Routinen ab, ohne irgendwas zu bewirken. Weder für mich noch noch für andere. Dieser Urlaub hat nicht wirklich eine erholsame Wirkung und schon nächsten Dienstag geht der Arbeitstrott weiter. Dann habe ich im Sommer nochmal anderthalb Wochen Urlaub, weil meine Urlaubstage nicht einmal für drei zweiwöchige Urlaube reichen. Wenn ich nicht so gestört und feige wäre, wäre der Job vermutlich längst Geschichte. Ich komme nicht wirklich in eine entspannte Phase und weil ich nirgendwo Essen gehen kann, kaufe ich mir zwei belegte Brötchen in einer anderen Filiale der Bäckerei Müller. Und eine Nussschnecke, die ich wenig später in der Ferienwohnung zu mir nehme. Ich muss echt aufpassen, dass ich mich während des Urlaubs nicht immer weiter runterziehe. Immerhin ist die Nussschnecke lecker. Die Sonne scheint und ich weiß weiter nichts mit mir anzufangen. Wäre ich zu Hause, würde ich die Wohnung nicht mehr verlassen. Weil ich aber im Urlaub bin, gehe ich rüber zum Kurpark. Mehr fällt mir echt nicht ein. Ich setze mich auf eine Bank, die Sonne scheint und nach einer halben Ewigkeit rege ich mich endlich nicht mehr über die Sinnlosigkeit meines Daseins auf und beschließe, dass ich nach einem anderen Job schauen und mich einfach woanders bewerben will, weiß aber auch, dass ich morgen schon wieder anders darüber denken werde. Noch wahrscheinlicher ist allerdings, dass ich gar nicht mehr darüber nachdenken mag. Sobald die Sonne hinter den Wolken verschwindet, droht meine Laune wieder zu kippen. Möglicherweise leide ich unter Stimmungsschwankungen. Oder der Corona-Irrsinn und der andere Schwachsinn, den die Politik uns täglich präsentiert, haben mich zermürbt. Oder Midlife-Crisis, Hoffnungslosigkeit und ein gehöriger Dachschaden. Möglicherweise von allem ein bisschen. Ich stehe auf, wandere durch den Kurpark, setze mich woanders hin und bin für einen Moment im Hier und Jetzt und alles ist okay. Dann bekomme ich Hunger und gehe zurück zur Ferienwohnung, um die beiden Brötchen zu verspeisen. Es folgt ein abschließender Spaziergang. Es ist wunderbar ruhig im Ort, was ich auch heute sehr schätze. Lediglich an der Hauptstraße ist etwas los, was mich aber nicht stört. Zurück in der Ferienwohnung benutze ich noch ein letztes Mal die Dusche, bevor ich mich zu Hause möglicherweise mehrere Tage gar nicht unter die Dusche stellen werde, weil es keinen Grund gibt und ich meine Dusche auch nicht schön finde. Zum Abschied setze ich mich um 22.20 Uhr noch einmal in die Infrarotkabine. Meine Erkenntnis ändert sich nicht. Ich will sowohl eine Infrarotkabine als auch ein Pissoir. Sobald ich eine geeignete Wohnung habe, werde ich mir das beides zulegen. Versprochen.
Heute bin ich übrigens nur 13 Kilometer gewandert, was für einen letzten Urlaubstag durchaus akzeptabel ist.
Tag 5
Da ich gestern schon die meisten Sachen gepackt habe, kann ich bereits um 09.30 Uhr abfahren. Die Rückfahrt ist absolut entspannt und ich komme ohne irgendwelche Unterbrechungen gegen 11.00 Uhr zu Hause an. Etwa 160 Kilometer liegen hinter mir als zurück in meiner winzigen Wohnung und bereit für weitere Urlaubsabenteuer bin.
Es war nicht mein bester Urlaub, so viel steht fest. Vielleicht lag es an Bad Laasphe, vielleicht hatte ich zu lange keinen Urlaub und bin einfach nicht mehr in Übung oder ich habe einfach nur einen an der Waffel. Zwei Urlaube stehen noch an in diesem Jahr, wenn es die Regierung erlaubt. Danach weiß ich, ob es noch Sinn macht wegzufahren, oder ob ich auch dafür nicht mehr geeignet bin.
Bad Laasphe in Bildern
Natürlich dürfen am Ende die Bilder nicht fehlen. Sie zeigen detailliert und schonungslos, wie es in dem Urlaub wirklich war.
Perfekter Parkplatz direkt vor der Ferienwohnung (Das alte Zollhäuschen), die über dem Büro der Immobilienverwaltung liegt.
Wunderbares Badezimmer mit Pissoir. So ein Pissoir ist eine feine Sache.
Aus nachvollziehbaren Gründen habe ich auf der Seite geschlafen, auf der auf dem Bild meine Jacke liegt.
Blick aus dem Wohnzimmer. Gar nicht mal so schlecht.
Die Treppe zur Wohnung. Eine echte Herausforderung und vermutlich nur nüchtern zu bewältigen.
Das Jobcenter und ich. Selbst im Urlaub komme ich nicht daran vorbei.
Eine Hütte, die liebevoll bemalt wurde.
… das frage ich mich auch immer.
Hier mündet die Laasphe in die Lahn. Oft stand ich an dieser Stelle und schaute und lauschte. Ein Lieblingsort während des Urlaubs.
Kunst im Wald. Man muss nur mit offenen Augen umherschweifen, dann kann man einiges entdecken.
Die Hugo Kracht Hütte in luftiger Höhe. Gemütlich und nützlich.
Unbezahlte Werbung auf der Bank vor der Hütte. Während ich den Keks in die Kamera hielt, fiel mir auf, dass ich meine Socken nicht mag. Darum habe ich sie direkt nach dem Spaziergang entsorgt.
Dort oben war ich als ich mich verlaufen hatte. Auf jeder Seite einmal.
Ein Beispiel für schönes Wohnen in Bad Laasphe.
Einmal gab es statt Nudeln dieses wundervolle Menü.
Satire? Der Humor der größten Kriegspartei des Landes ist durchaus fragwürdig.
Wo ein DrSchwein ist, da darf eine Schweineskulptur nicht fehlen. Ob man wusste, dass ich daran vorbeikommen würde?
Schloß Wittgenstein sah ich von nah und auch von fern.
An der Teufelskanzel kletterte ich herum, das war vielleicht auch etwas dumm.
Mohnschnecke. Hat mir nicht geschmeckt.
Mein fragwürdiges Urlaubshobby, Frauen beobachten. Aber nur eine pro Urlaub fotografiere ich. Die junge Frau war fasziniert von dem Baum und machte viele Selfies, während ihr Begleiter die Gegend erkundete. Mich hat die Frau natürlich nicht beachtet. Ich bin auch nicht so schön und interessant wie der Baum, der farblich gut zu ihrer Jacke passte.
Mindestens ein Selfie pro Urlaub ist Pflicht. Hier sieht man, dass ich keine Frisur habe, der Wind aber nicht stark wehte, weshalb die Haare mir nicht zu Berge stehen.
Das kommt davon, wenn man ungeeignete Schuhe bei großen Wanderungen trägt. Das war der letzte gemeinsame Urlaub der Schuhe und mir, denn nach der Rückkehr mussten sie entsorgt werden.
Leckere Brötchen aus der Bäckerei Müller. Das perfekte letzte Abendmahl des Urlaubs.
Dieses Haus würde perfekt nach Brambauer passen. Leider konnte ich es nicht mitnehmen.
Auch diese Ente, die letzte ihrer Art, blieb am Urlaubsort zurück.
Ich hoffe, sie hat dort eine schöne Zeit und ist froh, dass sie nicht mehr im Koffer leben muss.
Gibt es schon Pläne für die Anschaffung von weiteren Enten oder werden in Zukunft keine mehr verteilt? Das fände ich ausgesprochen bedauerlich.
Zwei von einer anderen Art habe ich noch. Und ich hoffe, dass ich bis zum ersten Urlaub 2023 neue Reiseenten geschenkt bekomme.
Wäre ich ohne eine feste Partnerin, würe ich ähnliche Urlaube verbringen. Nur glaube ich nicht, dass ich noch 17km ohne zusammenbruch schaffen würde. Vor allem bergan nicht. Und statt schnecken, täte ich Puddingstücke oder Transportfeste Kuchen beim örtlichen Bäcker erwerben.
Ich habe mir ja angewöhnt die Gegend, die ich besuche vorher ausgiebig über google maps zu erkunden. In Bad Laasphe ist tatsächlich nicht viel – zum glück ein Rewe – aber das Radiomuseum hätte mich angezogen, die Bilder sehen vielversprechend aus. Kann es sein, dass Ihnen dort ein Kleinod entgangen ist?
https://goo.gl/maps/sWwLEtD3MxuJWHZR7
Beim Radiomuseum war mein Timing mies, sonst hätte ich es mir wohl angesehen. Irgendwie war ich in dem Urlaub einfach unorganisiert und unbrauchbar. Ich versuche es im nächsten Urlaub wieder besser zu machen.
Der Chinese dort ist echt gut. Ich war aber auch lange nicht da. Und da die Asiaten ja sowieso alle einen hysterischen Lappenkoller haben, wird mich auch so schnell nichts mehr dahin bringen…
Schade, aber das ist dann auch deren eigene Schuld.