Sehr geehrte Frau G.,
Ihren Brief habe ich kürzlich erhalten. Sie schreiben, dass es ganz viele tolle Angebote gibt. COAX-Glasfaser-Technologie von Unitymedia, so schreiben Sie, macht alles noch viel schneller. Liebe Frau G., mir geht das jetzt schon alles viel zu schnell. Da komme ich kaum noch mit. Ruhe und Behaglichkeit scheinen in dieser schnelllebigen Welt gar nicht mehr vorzukommen. Stattdessen muss alles höher, schneller und weiter sein. Ich kann das nicht mehr, Frau G.. Meine Kraft ist aufgebraucht, meine Akkus sind leer. Diese Fülle an neuen Informationen, die immer schneller an mein Gehirn gesendet werden, macht mich noch wahnsinnig. Frau G., wie halten Sie das bloß alles aus? Sie sind vermutlich aus einer anderen Generation. Ich bin allerdings aus einer Welt in der Telefone noch Kabel hatten und in der es noch Ruhe gab. Mein Gott, ich weiß ja noch nicht einmal, was COAX-Glasfaserkabel-Technologie überhaupt sein soll.
Ich soll mit besagter Technologie im Netz surfen und dafür nur 19,99€ im Monat bezahlen. Früher surfte man auf dem Wasser und musste dafür keine monatlichen Gebühren zahlen. Die Welt ist doch vollkommen verrückt. Nein, ich korrigiere, die Menschen sind verrückt. Die Welt kann ja nichts dazu. Oder?
Dann schreiben Sie, liebe Frau G., dass Sie noch eine Broschüre für TV-Freunde beigelegt haben. Ich bin ein TV-Freund. Manchmal glaube ich, dass viele Menschen nur Ihr TV-Gerät zum Freund haben. Das ist doch krank. Ich habe auch echte Freunde. Den Dirk, den Andreas, den Tobi und die Christiane. Die finden übrigens auch, dass alles immer schneller und schneller geht und die Menschen dabei auf der Strecke bleiben. Nichtsdestotrotz habe ich mir Ihre Broschüre für TV- Freunde angesehen. Verstanden habe ich leider nicht viel. Da gibt es 2play Plus 100 und 3play Plus 100. Eine derartige Formel habe ich nie zuvor gesehen und weiß auch nicht, was das bedeutet. Ich soll also für etwas, was ich nicht verstehe bis zu 24,99€ im Monat bezahlen. Frau G., dass kann und will ich nicht. Ich bin nämlich Rentner in einem frühen Stadium und werde sehr schlecht dafür entlohnt. Selbst wenn ich all das haben wollte, was Sie mir anbieten, so könnte ich es nicht bezahlen. Ich glaube eh nicht, dass ich es verstehen würde, wenn ich es hätte.
Es tut mir sehr leid, dass Sie sich extra die Mühe gemacht haben, mich zu informieren und ich nichts verstehe und auch nichts kaufe. Ich hoffe, dass Ihr Chef da nun nicht sauer ist, weil Sie Ihre Zeit mit mir vergeudet haben. Weil mir das alles Sorgen bereitet, möchte ich Sie bitten, dass Sie mir in Zukunft keine Briefe mehr schicken. Es schmeichelt mir zwar schon, wenn eine Frau mir einen Brief schreibt, führt aber in unserem Fall zu rein gar nichts. Also machen Sie das bitte nicht wieder.
Abschließend möchte ich Ihnen noch für Ihre Zeit und Mühe danken und Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute wünschen. Leben Sie wohl, Frau G.
Mit freundschaftlichen Grüßen
Herr Fischer
© 09.2014