Sehr geehrter Herr Thews,
überall hängen Ihre langweiligen und nichtssagenden Werbeplakate und ich frage mich, wozu diese letztlich tatsächlich dienen.
Desweiteren frage ich mich, ob diese Plakate Ihnen oder Ihren Konkurrenten der anderen Parteien tatsächlich Stimmen bringen oder ob die Plakate einfach nur Geldverschwendung sind. Aber das soll heute nicht das Thema meiner Zeilen sein. Heute geht es um etwas ganz anderes. Nämlich um Sie und um meine Stimme.
Ich gehöre zu den Menschen, die sehr unentschlossen sind, wenn es darum geht, die richtigen Leute zu wählen. Und so frage ich mich stets aufs Neue, wer wohl meine Stimme verdient hat und in meinem Sinne handeln würde. Die Antwort auf diese Frage ist stets niederschmetternd. Also erspare ich Ihnen das.
Um dieses Mal keinen Fehler zu machen, schreibe ich nun alle Kandidaten an, um herauszufinden, ob sie meine Stimme verdient haben. Von Ihnen möchte ich wissen, was für Gründe ich haben könnte, Sie zu wählen. Welche Vorteile bringen Sie mir, welche mir andere Kandidaten nicht bringen? Was haben Sie vor? Und warum haben Sie ausgerechnet dieses Wahlplakat ausgewählt?
Und noch etwas frage ich mich. Ist es Ihnen eigentlich egal, wer sie wählt? Oder gibt es Menschen, deren Stimme sie gerne ablehnen würden? Ich denke nicht, denn am Ende zählt nur der Sieg. Oder?
Ich bin zum Beispiel seit meiner Ausbildung arbeitslos. Das änderte sich auch nach meiner zweiten Ausbildung und diversen Weiterbildungen nicht. Arbeit ist einfach nichts, was mich anspornt und erst recht nichts, wozu ich zu gebrauchen bin. Mir machte bisher fast nichts Spaß, was ich ausprobiert habe. Einmal pro Woche arbeite ich allerdings ehrenamtlich. Ich bin quasi ein hauptberuflich Arbeitsloser mit einer ehrenamtlichen Nebentätigkeit. Das ist sehr angenehm und das Geld, welches ich für die ehrenamtliche Tätigkeit bekomme, überlebensnotwendig, denn von ALG II kann ich nicht wirklich leben. Ich kann Ihnen jedenfalls nur dazu gratulieren, dass Sie keine derartigen Geldsorgen haben.
Meine Stimme könnte ich Ihnen geben, wenn Sie mir glaubhaft versichern könnten, dass ich meine ehrenamtliche Tätigkeit noch viele Jahre neben meiner Arbeitslosigkeit ausüben kann.
Früher hatte ich mal darüber nachgedacht, Bürgermeister zu werden, doch dann wurde mir klar, dass ich dazu nicht qualifiziert genug bin, obwohl ich bereits an einigen Qualifizierungsmaßnahmen teilgenommen habe. Außerdem bin ich kein besonders umgänglicher Mensch. Wenn ich jemanden doof finde, dann lasse ich ihn das auch merken. So verlor ich vor einigen Jahren den einzigen Arbeitsplatz, der mir einigermaßen gefiel und den ich durchaus noch länger besetzt hätte. Doch leider habe ich es nie gelernt, mir nicht anmerken zu lassen, wenn ich jemanden für unfähig halte. Meinen damaligen Vorgesetzten hielt ich für sehr unfähig. Ich muss auch gestehen, dass ich mich selbst für unfähig halte, weshalb ich mich selbst auch niemals einstellen würde.
Dennoch möchte ich mich nicht zu den Nichtwählern zählen, weil man als Nichtwähler irgendwie lächerlich ist, wenn man über die Politik meckert, seine minimalen Mitmachmöglichkeiten aber ungenutzt lässt. Ich bin übrigens für die Wiedereinführung von Volksabstimmungen, obwohl ich den größten Teil für zu blöd halte, um daran teilzunehmen. Aber so geht in meinen Augen Demokratie.
Und so sind wir auch schon wieder beim eigentlichen Grund meiner Zeilen. Aus welchem Grund sollte ich ausgerechnet Ihnen meine Stimme geben? Oder. Wollen Sie meine Stimme vielleicht gar nicht?
In freudiger Erwartung Ihrer baldigen Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Herr Fischer
© 08.2013