Sehr geehrter Herr Möller,
Sie können sich kaum vorstellen, wie überrascht ich war, als ich Ihre Karte in meinem Briefkasten entdeckte. Ich war sehr gerührt, war es doch die erste Weihnachtskarte, die ich seit vielen Jahren erhielt. Ich kramte sofort in meinem Gedächtnis, um mich zu erinnern, woher wir uns wohl kennen, fand aber keine Antwort. Auch konnte ich mit Ihrem Foto, welches Sie freundlicherweise mit auf die Karte gedruckt haben, nichts anfangen. Das machte mich stutzig und ich fragte mich, wer Sie wohl sind und was Sie im Schilde führen. So betrachtete ich Ihre Karte erneut. Auf der Rückseite sind fünf Weihnachtsmützen. Eine davon, so finde ich, hätten Sie ruhig aufsetzen können. Unter den Mützen steht „DIE ROTEN SIND DA…“. Sofort musste ich an den 1.FC Kaiserslautern denken. Die roten Teufel vom Betzenberg. Aber weil ich keinen von denen kenne, erschien mir das unsinnig und so drehte ich die Karte wieder um. Auf der Seite mit Ihren Weihnachtsgrüßen entdeckte ich dann, dass der Text der Rückseite fortgesetzt wird. „…WENN SIE GEBRAUCHT WERDEN!“ Nun fragte ich mich, ob Sie vielleicht Werbung für Weihnachtsmützen machen, weil die auch rot sind und ja gleich fünf davon auf der Rückseite abgebildet sind. Weil Sie aber nicht wie ein Mützenvertreter aussehen, sondern vielmehr wie ein Versicherungsvertreter oder Autoverkäufer, schaute ich nochmal genauer hin und entdeckte, dass Sie der SPD-Kandidat zur Bürgermeisterwahl am 13. September 2015 sind und sogar eine eigene Webseite haben. Spontan begriff ich, dass Ihre Weihnachtsgrüße nichts weiter als Wahlwerbung sind. Sofort entzog ich Ihnen alle Sympathiepunkte.
Nun frage ich mich, wer sich am 13. September 2015 noch an eine Weihnachtskarte vom Dezember 2014 erinnern wird, wenn es darum geht, Sie zum Bürgermeister zu machen. Gibt es wirklich Leute, die wegen so einer Karte bereit sind, Ihre Stimme abzugeben? Ich gehöre jedenfalls nicht dazu. Mich kann man mit so billigen Tricks nicht bekommen. Da könnte dann ja jeder kommen. Allerdings haben Sie es geschafft, dass ich Sie nun als Bürgermeisterkandidat wahrgenommen habe. Vielleicht war die Weihnachtskarte doch keine so schlechte Idee. Da muss ich nochmal drüber nachdenken.
Um mehr über Sie zu erfahren, schaute ich mir Ihre Webseite an. Begrüßt werde ich auch dort von den fünf Weihnachtsmützen. Anschließend folgt eine Menge Text. Sachen, die man schreiben muss, wenn man gewählt werden will. Alles glücklicherweise unaufdringlich. Da kann man nicht meckern. Auch optisch gibt es nichts zu meckern. Ich darf Ihnen gestehen, dass ich positiv überrascht bin und kann Ihnen versichern, dass ich mich, bevor es an die Stimmabgabe geht, erneut mit Ihnen beschäftige.
Nun wünsche ich Ihnen Frohe Weihnachten, einen Guten Rutsch und viel Glück für die Bürgermeisterwahl.
Mit weihnachtlichen Grüßen
Herr Fischer
© 12.2014