Sehr geehrter Herr Feller,
wie ich soeben erfahren habe, sind Sie der Bürgermeisterkandidat der CDU. Herzlichen Glückwunsch dazu.
Als ich noch klein und naiv war, wollte ich auch immer Bürgermeister werden. Jetzt bin ich nur noch naiv und finde Politik ziemlich abstoßend. Können Sie mir helfen und Politik für mich weniger abstoßend machen? Ich glaube nicht.
Die Krawatte, die Sie auf der Webseite tragen, gefällt mir gut. Wissen Sie noch, woher Sie die haben? Dann kaufe ich mir die auch. Ich bin nämlich Automobilkaufmann und als Automobilkaufmann ist es wichtig, dass man die richtige Krawatte trägt, weil einen sonst keiner ernst nimmt. Sie kennen das sicher.
Sie haben einen außergewöhnlichen Vornamen. Vielleicht nicht besonders wohlklingend, aber doch außergewöhnlich. Ich bin eh der Meinung, dass ein Bürgermeiser einen außergewöhnlichen Namen haben sollte.
Als Rechtsanwalt passen Sie gut in die Politik. Viele Rechtsanwälte tummeln sich ja in der Politik. Vielleicht weil die sich mit Gesetzen so gut auskennen? Was meinen Sie?
Was mich allerdings abschreckt ist die Tatsache, dass Sie vielen Gremien angehören und Aufsichtsratsvorsitzender der Stadthafen Lünen GmbH sind. Außerdem sind Sie Mitglied im Präsidium der Stadthafen GmbH, Beiratsmitglied der Stadtwerke Lünen Grundbesitz GmbH & Co. KG, Angehöriger der Mitgliederversammlung des Trägervereins Waldschule sowie stellvertretendes Mitglied des Umlegungsausschusses. Arbeiten Sie denn nebenbei auch noch als Rechtsanwalt? Und wie sollen Sie denn Zeit haben als Bürgermeister tätig zu sein, bei so vielen Ämtern? All diese Ämter scheinen eine unvoreingenommene und objektive Arbeit als Bürgermeister obendrein auch unmöglich zu machen. Da könnten Sie in Gewissenskonflikte geraten.
Deshalb meine Frage. Würden Sie all diese Ämter niederlegen und sich nur noch auf den Beruf des Bürgermeisters konzentrieren, wenn man Sie wählt? Ich glaube nicht. Und weil ich das nicht glaube, kann ich Ihnen meine Stimme nicht geben. Somit sind Sie der erste der Kandidaten, dem ich schon heute bestätigen kann, dass er meine Stimme nicht bekommt. Tut mir leid, aber das haben Sie selbst zu verantworten.
Dennoch wünsche ich Ihnen bei der Wahl viel Glück.
Mit resignierten Grüßen
Herr Fischer
© 08.2015