September 2012

Das lasse ich reparieren
Weil es Anfang des Monats Geld gibt, bin ich in der Lage, die Klimaanlage meines Benz befüllen zu lassen. Doch bevor es soweit ist, geht der Fensterheber auf meiner Seite kaputt und ich frage mich, ob das jetzt eine Endlosschleife wird, oder ob das alles ganz normal ist. Weil ich denke, dass ich nicht normal bin, manche Menschen aber das Gegenteil behaupten, was ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen kann, beschließe ich, dass alles normal ist, mein Benz nicht im Sterben liegt und auch kein Pflegefall wird. Er hat einfach nur ein paar Neuteile nötig. Nachdem ich also entschieden habe, dass ich mir keine Sorgen machen muss, fahre ich zur Werkstatt, die schon vor vier Jahren die Kühlflüssigkeit wechseln durfte und frage nach einem Termin. Wenn ich Zeit habe, kann ich den Benz direkt in die Werkstatt fahren und in 45 Minuten wieder abholen. Die Zeit nehme ich mir. Man kann echt viel schaffen, wenn man nicht arbeiten geht. 45 Minuten und 50 Euro später ist das Problem mit der Klimaanlage gelöst. Zeit, die kalte Luft, die nun aus der Klimaanlage in den Wageninnenraum strömt, zu genießen, bleibt aber nicht, denn der Fensterheber verlangt nach einer zeitnahen Lösung.

Nachdem ich sämtliche Internetforen zu dem Thema befragt habe, steht fest, dass ich einen neuen Fensterheber brauche. Und zum ersten Mal bekomme ich Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung. Nicht lieferbar ist die Antwort, die es vom Zubehör gibt. Also muss es ein Originalteil sein. Kostet nur 142,80€ und trifft mich hart. Da ich weiß, dass man auch mal leiden muss, wenn man ein so exklusives Auto fährt, rege ich mich nur wenig auf und vergieße keine Träne, als ich bezahle und mit dem neuen Benz das Geschäft verlasse. Mein Benz ist mir das wert.

Am nächsten Tag bringe ich meinen Benz erneut zur Werkstatt meines Vertrauens. Bald wird wieder alles gut sein und der Benz wieder ordnungsgemäß funktionieren. Und so ist es auch, als ich ihn fünf Stunden später wieder abhole. Der Fensterheber fährt zwar langsamer als der alte Fensterheber auf der Beifahrerseite hoch und runter, aber er fährt wieder. Dafür zahle ich gerne weitere dreißig Euro. Jetzt ist wieder alles so, wie es sein soll. Mein Benz sieht zufrieden aus.


Lünsche Mess
Freitag. 19.30 Uhr. Loerz holt mich ab. Die Reise geht nach Lünen. Dort ist Lünsche Mess. Eine Mischung aus Weihnachtsmarkt und Kirmes. Wir drehen eine Runde. Schlechte Optik, zu viel junges Volk. Wir gehen ins Extrablatt und trinken etwas. Früher sind wir anders ausgegangen. Wir gingen in Diskos, wollten Frauen gucken und Loerz flipperte durch die Gegend. So wie es aussieht werden wir heute nach Hause fahren, wenn die Diskozeit beginnt. Vielleicht sind wir wirklich zu alt für mehr als das hier. Loerz ist dennoch fröhlich und vergnügt. Er findet die Optik fein und fragt mich, ob ich bemerke, wie die beiden Frauen am übernächsten Tisch zu uns, besser gesagt zu ihm, rüber sehen. Er nennt es scannen. Er fühlt sich gescannt. Ich bekomme, wie sollte es anders sein, nichts von alldem mit. Unsere asiatische Kellnerin ist ein Augenschmaus. Loerz verwickelt sie immer wieder in kurze Gespräche. Sie hat ein süßes Lachen. Die beiden Damen, die den Loerz immer gescannt haben, verlassen das Extrablatt. Zwei andere Frauen nehmen Platz. Die eine blond, die andere braun. Beide ausgestattet mit herrlichen Körpern. Es dauert nicht lange bis der Loerz bemerkt, dass er gescannt wird. Mehrmals fragt er mich, ob ich es nicht auch bemerke. Ich bemerke nichts. Loerz sagt, dass wir nur zu den beiden rüber gehen müssten, dann würde auch was gehen. Ja, vermutlich die beiden, aber das sage ich nicht. Wir haben beide sowieso nicht vor zu deren Tisch zu gehen. Was zählt ist die Illusion. Leider habe ich keine Illusionen, sondern bin völlig abgestumpft und will die beiden Frauen auch gar nicht kennenlernen. Mir reicht es vollkommen, wenn ich den Anblick der wohlgeformten Körper genießen kann, während Loerz sich gescannt fühlt. Früher hätte ich beim Anblick von so jungen Körpern wenigstens den einen oder anderen schmutzigen Gedanken gehabt, heute sitze ich hier, schaue mir die beiden jungen Frauen an und sehe doch nichts weiter als zwei Körper, die so gar nichts mit mir und meinem Leben zu tun haben. Vielleicht liegt es daran, dass ich eine Beziehung führe und alles habe, was ich benötige. Loerz sagt, dass er 50% der Frauen haben könnte. bzw. diese ihn haben wollten, wenn er nur wollte. Zeit zu gehen. Auf dem Weg zum Auto gehen zwei Frauen vor uns her. Jung und knackig. Ich sage dem Loerz, dass er eine davon haben kann. Er sagt, dass die ihn nicht wollen und ich weise ihn darauf hin, dass 50%, also jede zweite Frau, ihn will. Das bedeutet, dass eine von den beiden vor uns ihn will. Er sagt, dass das nicht so ist und er mit den 50% übertrieben hat. Herrlich sinnlose Kommunikation.


Lünsche Mess 2
Samstag. 20.15 Uhr. Ich hole Manni ab und wir fahren nach Lünen. Dort machen wir die gleiche Runde über die Lünsche Mess, wie ich sie schon gestern mit dem Loerz machte. Es ist etwas voller als gestern und ein wenig wärmer. Im Extrablatt werden wir von der kleinen Asiatin bedient. Sie ist auch heute ein Augenschmaus und ich könnte mich direkt in sie verlieben. Mache ich aber nicht. Weil es erstens nichts bringt und ich zweitens ja in eine andere Frau verliebt bin. Am Ende wäre ich mit zwei Frauen nur überfordert. Das möchte ich nicht. Also belasse ich es dabei, das wundervolle Geschöpf einfach nur ab und an anzusehen. Auf der Bühne ist eine Coverband. Die Band ist, im Gegensatz zu der Bon Jovi Coverband gestern, eine einzige Katastrophe. Jeder dargebotene Song ist eine Qual für die Ohren. Die Stimmung vor der Bühne kann auf einer Beerdigung kaum getrübter sein. Ich frage mich, wer diese Versager eingeladen hat. Als die Band fertig ist, hält sich der Applaus in Grenzen. Mitleidsapplaus? Das Publikum im und um das Extrablatt herum ist bunt gemischt. Es gibt genug Leckereien fürs Auge und ich bin zufrieden. Den einen oder anderen Arsch schaue ich mir genauer an. Ich liebe knackige Frauenärsche. Die eine oder andere Frau setze ich auf meine Liste. Bringt zwar nichts, aber es macht mir Spaß. Plötzlich passiert etwas, was mir gar nicht gefällt. Die miserable Coverband klettert zurück auf die Bühne und macht da weiter, wo sie vorhin aufgehört hat. Ja, spinnen die denn? Das Publikum scheint auch alles andere als begeistert. Dagegen ist die Sirene eines Krankenwagens, der immer um einen herumfährt, ein unfassbar schönes Konzert. Da höre ich mir sogar lieber eine Stunde Babygeschrei oder Hundegebell an. Bis zum Ende ihres Auftritts schafft die Band es nicht, auch nur ein Lied annähernd erträglich zu präsentieren. Und so ist es wenig verwunderlich, dass es am Ende keinen Applaus gibt. Ich frage mich, wer denen gesagt hat, dass sie singen können. Wer bucht denn solche Nichtskönner? Wenig später ist es an der Zeit zu gehen. Es ist bereits 23.00 Uhr. Früher ging es um diese Zeit erst richtig los. Jetzt geht es um diese Zeit nach Hause. Ja, wir sind alt geworden und brauchen unseren Schlaf.


Mutanten gucken Frauen nach
Am Montagnachmittag holt Manni mich ab und wir fahren nach Dortmund, bummeln dort durch einige Geschäfte, essen eine Kleinigkeit beim Wok Man und landen dann im Cottons. Kaum sitzen wir, sind wir der Meinung, dass wir besser ins Maximilian gegangen wären, weil dort die bessere Optik ist. Pech gehabt und jetzt nicht zu ändern. Wir bestellen etwas zu trinken und machen das, was wir am besten können. Frauen betrachten. Die Optik ist wirklich fein. Während wir die knackigen Frauen betrachten, bemerken wir, dass die Frauen uns so gar nicht beachten. Es ist fast wie zu unseren schlimmsten Zeiten. Also so, wie es, bis auf wenige Ausnahmen, immer war. Wir beschäftigen uns näher mit dem Thema und sind beide der Meinung, dass wir, seit wir Brille statt Kontaktlinsen tragen, völlig Luft für die Frauenwelt sind. Nicht, dass wir vorher wirklich bemerkt wurden, aber seit bei uns das Brillenzeitalter angebrochen ist, geht gar nichts mehr. Ich wurde seitdem nicht von einer einzigen Frau angelächelt. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Für die Frauenwelt sind wir in etwa so interessant wie Fußpilz oder eine kaputte Fensterscheibe und ich stelle mir vor, wie grausam es wäre, wenn ich Single wäre. Ich hätte niemals Sex und wüsste nicht einmal mehr, wie sich eine Frau anfühlt. Ich muss Agnes wirklich gut behandeln, weil es sonst echt übel für mich aussieht. Je älter ich werde, desto schwieriger wird es, eine Frau zu bekommen, denn ich werde ja nicht mit jedem Lebensjahr attraktiver, sondern verfalle immer mehr. Früher hätte mich das wirklich verzweifeln lassen, jetzt sitze ich hier und nehme es lediglich enttäuscht zur Kenntnis. Wir schweifen ab vom Thema Frauen zum Leben im Allgemeinen. Beide haben wir, davon sind wir überzeugt, nichts aus unserem Leben gemacht. Manni geht zwar, im Gegensatz zu mir, arbeiten, aber das bekommt ihm nicht wirklich. Und so stelle ich immer wieder seine Verbitterung fest. Er ist wütend, angespannt und irgendwie auch aggressiv. Wenn ich ihn so betrachte und darüber nachdenke, dann erkenne ich, dass ich vor einiger Zeit auch so war. Und ich denke mir, dass drei Jahre Therapie vielleicht doch etwas bewirkt haben. Vielleicht sollte Manni das auch mal versuchen. Davon wird das Leben zwar nicht besser, aber man lernt, besser mit dem verkorksten Leben klarzukommen. Ich bin jedenfalls froh, dass ich nicht mehr ganz so angespannt und verbittert bin. Mit der Erkenntnis möchte ich auf der Stelle vögeln. Doch daraus wird leider nichts. So betrachten wir noch eine Weile die wunderbaren weiblichen Geschöpfe, die sich in unserer Nähe befinden, dann zahlen wir und treten die Heimreise an. Mit der Erkenntnis, dass wir sind, was wir sind, endet ein weiterer Tag für zwei selbsternannte Mutanten ohne Funktion.


Die Dunkelheit kommt
Mitte September fallen die Temperaturen von knapp 30 Grad auf etwa 15 Grad. Die Sonne versteckt sich hinter Wolken, der Herbst wagt einen ersten Blick aufs Land. Ich bin alles andere als entzückt, passe meinen Zustand aber dummerweise den Wetterverhältnissen an und verbringe den Freitag völlig schlapp, größtenteils im Bett. Erst am frühen Abend begebe ich mich ins Wohnzimmer, um mich vom TV-Programm berieseln zu lassen. Nach einer Weile finde ich es zu kalt und möchte die Heizung aufdrehen. Doch leider geht das nicht, weil unsere gute Seele des Hauses, die Ex-Hausmeisterin, die Heizanlage abgestellt hat und ich leider nicht weiß, wie ich sie einschalten kann. So bleibt mir nix anderes übrig, als mein Bettzeug aus dem Schlafzimmer zu holen und mich darunter zu verkriechen. Weil ich gerade unterwegs bin, zünde ich noch ein paar Teelichter an. Nun fühlt sich alles wie Herbst an.
Stunden später, ich habe sogar zwei Filme geschaut, ist es Zeit fürs Bett und ich stelle fest, dass es noch kälter in der Wohnung ist, was mir so gar nicht gefällt. Mitten in der Nacht wache ich auf, weil mir kalt ist. Ich brauche eine Decke, bin aber zu verwirrt, um eine große Decke zu finden. So muss die kleine Decke ausreichen. Ich hasse es, wenn ich frieren muss. Ein paar Stunden später werde ich von Magenschmerzen geweckt. Es ist so, als würde mir regelmäßig jemand in den Magen treten. In der Wohnung ist es jetzt noch kälter, ich klettere aus dem Bett und versuche die Heizung aufzudrehen. Keine Ahnung, wieso ich glaube, dass das jetzt möglich sein kann. Die gute Seele des Hauses wird vor Oktober ganz sicher die Anlage nicht einschalten. Zumindest nicht ohne Druck. Sicherlich könnte ich sie, wie vor einigen Wochen mal, dazu bringen, es zu tun, doch dazu fehlt mir die Energie. Ich bin so antriebslos wie das Wetter. Und so habe ich, lange bevor der Winter es einfordert, meine erste Winterdepression der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2012. Wenn mich jetzt jemand fragen würde, was ich noch vom Leben erwarte, wäre meine Antwort: Nichts, außer Qualen bis zum Tod. Willkommen in meiner kranken Welt. Es sieht so aus, als hätten meine Monate der Dunkelheit schon jetzt begonnen.


Kreative Ideen aus dem Jobcenter
Es ist 07.37 Uhr, als ich das Bett verlasse, um den Tag zu beginnen. Doch kaum bin ich auf, sehe ich, dass die Fenster total beschlagen sind. Ein weiteres deutliches Zeichen dafür, dass die dunkle Jahreszeit bevorsteht. Eine Jahreszeit, die mich wenig begeistern kann, nutze ich sie doch lediglich dazu, sie als Grund für meine totale Trägheit herhalten zu lassen. Zum Glück scheint die Sonne, noch ist also nicht alles vorbei. Nachdem ich die Fenster ordnungsgemäß getrocknet habe, fällt mir ein, dass ich später zum Jobcenter muss. Auch etwas, worauf ich getrost verzichten kann, denn ich will nichts mit den Leuten dort zu tun haben. Ich möchte nicht von ihnen belästigt werden. Es reicht vollkommen, wenn sie mich pünktlich bezahlen.

Mehr als pünktlich erscheine ich zu meinem Termin. Und wie bei jedem Termin verschwindet meine Betreuerin kurz aus ihrem Büro, um dann zu spät zu unserem Termin zurückzukommen. Als sie endlich zurück ist, fragt sie mich, ob der Mann vom Arbeitgeberservice schon da war. Weil ich ihn nicht gesehen habe und er auf sich warten lässt, warten wir noch eine Weile. Da der gute Mann einfach nicht auftaucht, fangen wir an. Zunächst darf ich die neue Eingliederungsvereinbarung unterschreiben. Ein selten dämliches Ritual, für das ich noch nie Verständnis hatte. Der Mann vom Arbeitgeberservice bestätigt zwischenzeitlich auf telefonische Anfrage, dass er keine Zeit hat und nicht zu dem Gespräch kommen wird. Vermutlich hat er mich nach nur einem einzigen Treffen bereits aufgegeben. Finde ich sehr anständig von ihm. Meine Betreuerin, die wie bei fast jedem Besuch erkältet ist, sucht nun, recht erfolglos, einen Job für mich. Nach einer Weile findet sie einen angemessenen Job für mich. Zumindest aus ihrer Sicht. So soll ich mich bei einer Direkt Marketing GmbH bewerben. Als Finanzassistent. Ich frage mich, wie sie auf eine solch glorreiche Idee kommt. Anschließend schlägt sie mir, wie bei fast jedem Termin, ein Autohaus vor, das ganz dringend Verkäufer sucht. Es ist das Autohaus, bei dem ich mein Praktikum gemacht habe. Wie immer, erkläre ich ihr, warum ich dort nicht mehr arbeiten kann und wie immer hat sie vollstes Verständnis dafür. Weil sie nach dem Vorschlag nichts mehr für mich hat, fragt sie, was ich denn sonst machen will. Ich sage ihr, dass ich keine Ahnung habe, aber handwerkliche Tätigkeiten nicht in Frage kommen. Findet sie nicht gut. Ich muss endlich arbeiten und es gibt so viele Zeitarbeitsfirmen, die Lagermitarbeiter suchen. Weil ich denke, dass ich im Lager nur depressiv werde, reagiere ich nicht auf ihre Ansprache. Sie hustet mit jeder Minute mehr. Klingt nach einer schweren Bronchitis. Hoffentlich steckt die mich mit der Scheiße nicht an. Das kann ich gar nicht gebrauchen. In ihrer Ratlosigkeit erzählt sie mir nun vom neuesten Prämienmodell der Jobcenter. Wenn ich einen Job finde und einen Vertrag unterschreibe, zahlt das Jobcenter eine Prämie bis zu 1500€. Einfach so. Ich muss nur bis zum 30. November einen Arbeitsvertrag unterschreiben. Das Prämienmodell ist so neu, dass sie noch gar nicht viel mehr dazu sagen kann. Ich frage mich, wer auf solche Ideen kommt und ob das wirklich ein Erfolg werden wird. Kaum sind wir mit dem Prämienmodell durch, hat sie eine neue Idee. Es gibt da noch ein anderes Fördermodell, in welches sie mich gerne abgeben möchte. Dann ist ihre Betreuung zwar gescheitert, aber so ist sie mich wenigstens los. Dieses Modell kümmert sich um Arbeitslose aus kaufmännischen Berufen. Sollte ein Arbeitgeber Interesse an einem der kaufmännischen Pflegefälle haben, bekommt er vom Jobcenter 75% des Gehaltes bezahlt. So muss er, bei einem Mindestlohn von 7,89€, nur 25% dazu bezahlen. Während der Tätigkeit, die bis zu zwei Jahre gefördert wird, zahlt man nicht in die Arbeitslosenversicherung, so dass man, wenn der Arbeitgeber einen, nachdem die Förderung ausgelaufen ist, entlässt, direkt wieder ALG II bezieht. Sollte mich tatsächlich jemand anstellen, so bezahlt das Jobcenter am Ende sogar mehr, als sie jetzt für mich bezahlen. Für mich erscheint das schon sehr krank, aber zum Glück kann ich das als ahnungsloser Dauerarbeitsloser gar nicht beurteilen und erkläre mich daher einverstanden, ein Teil dieses Projekts zu werden. Habe sowieso keine andere Wahl. Zum Abschluss unserer Zusammenarbeit bringt mich meine Betreuerin nun zu einem Mann, der gute Kontakte zu Zeitarbeitsfirmen hat. Auf dem Weg dorthin hustet sie fast ununterbrochen und ich habe fast Angst, dass sie umfällt und stirbt. Noch mehr Angst habe ich, dass sie mich mit dem Scheiß verseucht. Kaum sind wir im Büro des Mannes, der für Zeitarbeitsfirmen zuständig ist, verschwindet meine verseuchte Betreuerin. Der Mann macht sofort einen Termin bei einer Zeitarbeitsfirma für mich. In zwei Stunden darf ich mich dort vorstellen. Völlig verwirrt verlasse ich sein Büro. Ich hasse Termine beim Jobcenter.

Pünktlich erscheine ich um 14.00 Uhr zu meinem Vorstellungsgespräch. Ich darf den Personalfragebogen ausfüllen und einen Fragebogen zu meinen Kenntnissen. Von den ganzen Punkten kann ich fast nichts ankreuzen, weil ich so gut wie nichts kann. Ich bin schon eine echte Katastrophe. Wäre ich Arbeitgeber, würde ich mich nicht anstellen. Wenig später spreche ich mit dem für Mitarbeiter zuständigen Menschen. Wobei er größtenteils redet und ich verwirrt zuhöre. Meinen Gehaltswunsch, von 10€ die Stunde, muss er nur knapp unterbieten. Es gibt 9€ pro Stunde und sobald sich ein Arbeitgeber für mich interessiert, auch einen Vertrag. Dazu gibt es ein Stundenkonto, bei dem es um 150 Stunden geht. Für Zeiten, in denen mich mal kein Arbeitgeber will. Überstunden werden zum Teil ausbezahlt. Bis auf zehn pro Monat. Die werden gesammelt. Mich verwirrt das alles, was er da so faselt. Ich will keine Stunden sammeln und ich will nicht täglich arbeiten. Er fragt, ob ich noch Fragen habe. Nein, ich muss das alles erst mal sortieren. Zu viele Informationen in einem zu kurzen Zeitraum. Da bin ich immer etwas überfordert. Zeit, mich zu verabschieden. Ich hätte nichts dagegen, wenn ich nix mehr von dem Mann oder der Zeitarbeitsfirma höre. Das ist nix für mich. Anschließend muss ich noch einmal rüber zum Jobcenter. Meine Bewerbungsunterlagen für das 75%-Projekt abgeben. Die Frau, die mich jetzt betreuen soll, braucht diese Unterlagen wohl. An der Tür vor ihrem Zimmer hängt ein Schild, dass sie vorübergehend in einem anderen Zimmer sitzt. Dort angekommen, stelle ich fest, dass sie da aber auch nicht sitzt. Und so war mein Weg wohl umsonst. Vermutlich hat die Frau längst frei. Ich werde ihr die Unterlagen zuschicken müssen, weil ich es mir nicht leisten kann, täglich nach Lünen zu fahren, um dann vor verschlossenen Türen zu verweilen. Bringt ja auch nichts.


Werkstattwagen
Als ich am Freitagnachmittag zum Loerz fahre, um ihn abzuholen, betätige ich den Fensterheber, um die Scheibe herunterzufahren. Es knackt laut, als würde etwas brechen, dann fährt die Scheibe in die gewünschte Position, ich hole den Loerz ab, versuche das Fenster zu schließen und stelle fest, dass die Scheibe völlig schief sitzt. Sie lässt sich zwar herunter, aber nicht ordnungsgemäß hinauffahren. Wir fahren zurück zum Loerz, er holt sein Auto und wir bringen meinen Benz zur Werkstatt, wo er bis morgen bleiben muss. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass der Benz häufiger in der Werkstatt als in der Garage steht. Er entwickelt sich immer mehr zu einem Werkstattwagen.

Am nächsten Tag fahre ich zur Werkstatt. Der Benz steht auf dem Hof, die Scheibe ist geschlossen, der Schlüssel steckt. Ich vermute, dass alles wieder so ist, wie es sich gehört. Der Chef der Werkstatt erklärt mir, dass da nur etwas rausgesprungen war und nun wieder alles in Ordnung ist. Ich kann meinen Benz mitnehmen und muss nichts bezahlen. Später putze ich den Benz und stelle ihn in der Garage ab. Er soll sich erstmal erholen, bevor er am Montag erneut auf seine Alltagstauglichkeit getestet wird.


Zahnreinigung
Wie immer, wenn ich irgendwelche Termine habe, schlafe ich in der Nacht davor nicht wirklich gut und wache viel zu früh auf. Bei unangenehmen Terminen, zu denen Zahnarzttermine grundsätzlich zählen, ist das noch ausgeprägter. So auch heute. Ich wache zu früh auf, habe Magenschmerzen und bin durchaus unentspannt. Das macht irgendwie keinen Sinn, handelt es sich bei meinem Termin doch nur um eine Zahnreinigung. Meine erste übrigens. Ich habe für meine Zähne mittlerweile eine ordentliche vierstellige Summe ausgegeben im Laufe meiner Lebensjahre. Wer meine Zähne sieht, wird das sicher nicht glauben. Ist aber so.

Pünktlich erscheine ich zu meinem Termin und darf direkt ins Prophylaxezimmer gehen. Bevor es losgeht, kontrolliert der Zahnarzt meine Zähne. Der Weisheitszahn muss noch immer raus. Eine Krone ist nicht mehr im besten Zustand und muss beobachtet werden und zwei vergammelte Füllungen müssen ebenfalls beobachtet werden. Der Gedanke daran, diese Mängel beheben zu lassen, verursacht eine Gänsehaut. Können die blöden Zähne sich nicht einfach selbst regenerieren, ohne dass da jemand daran herumdoktern muss? Es darf gereinigt werden. Doch bevor es richtig losgeht, kommen wir auf meine Zahnverfärbungen zu sprechen, die vor zwei Monaten noch nicht da waren. Die Ursache ist schnell gefunden. Chlorhexamed. Dann geht es los. Zunächst wird er Zahnstein entfernt. Nicht angenehm, aber auch nicht schlimm. Es folgt die Reinigung mit einem Handinstrument. Finde ich weniger angenehm und ist mir zu blutig. Ich mag den Geschmack von Blut nicht. Den Geruch finde ich auch nicht toll. Ich blute echt heftig. Finde ich doof. Anschließend werde die Zahnzwischenräumen gereinigt. Das lässt sich gut ertragen. Die nächste Behandlung klingt interessant. Mir wird ein Handtuch übers Gesicht gelegt, weil das Gerät eine Riesensauerei macht, wenn damit gearbeitet wird. Dafür soll die Flüssigkeit, die das Gerät versprüht, künstlich nach Kirsche schmecken. Ich bin skeptisch und warte, dass es losgeht. Doch los geht es dann doch nicht, denn das Gerät ist heute defekt, weshalb die Reinigung mit einem anderen Gerät stattfindet. Ich finde es angenehm. Es folgt eine Polierpaste und zum Abschluss ein Gel. Dann soll ich eine Stunde weder trinken noch essen. Das ist der unangenehmste Teil der Behandlung. Ich habe nämlich echt Durst. Alles in allem war die Behandlung nicht schlimm und meine Zähne sehen nun irgendwie ordentlich aus. Ich werde diese Prozedur natürlich von nun an jährlich durchführen lassen. Schließlich kann ich es mir nicht leisten meine Zähne noch mehr vergammeln zu lassen. 75€ für so eine Zahnreinigung sind fast ein Klacks für einen Vorzeigearbeitslosen wie mich.

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