Mai 2007

Monstertanz in den Mai
Gegen 21.30 Uhr hole ich den Loerz ab und wir fahren zu Birte, wo sie bereits mit Babsi und Isolde mit dem „Vorglühen“ begonnen hat. Ich bin zu spießig, um dem Vorglühen etwas abgewinnen zu können, daher beteilige ich mich nicht an solchen Unternehmungen. Gegen 00.00 Uhr ist die Stimmung gut genug, um in die Rohrmeisterei zu fahren. Babsi beendet zu diesem Zeitpunkt die Abendaktivitäten und fährt heim. Ich, der einzig verbliebene Fahrtüchtige unserer Gruppe, bin der Chauffeur des Abends und so bringe ich Birte, Isolde und den Loerz zur Rohrmeisterei. Das Transportieren von Menschen gehört zu den wenigen Dingen, die ich gut beherrsche und so kommen wir völlig unversehrt dort an.

Die Rohrmeisterei ist ausverkauft und der Türmensch will uns einfach nicht rein lassen. Doch Birte kennt eine einflussreiche Person, die uns Eintritt gewährt. Kaum sind wir eingetreten und blicken auf die Geschöpfe, die sich im Inneren der Rohrmeisterei tummeln, wissen wir, dass der Abend kein Fest für unsere Augen wird. Es gibt ein Riesenaufgebot an unattraktiven Lebewesen, welche wild tanzend überall im Weg stehen. Schrecklich. Birte und Isolde stört das alles nicht, sie sind in Tanzstimmung und legen auch gleich los. Loerz und ich bleiben mehrmals fassungslos stehen und können kaum glauben, was unseren Augen da angetan wird. Es scheint so, als ob ein Reiseunternehmen, welches auf schaurig schöne Menschen spezialisiert ist, all diese spontan zur Rohrmeisterei gebracht hat. Als wir zwei einen guten Platz gefunden haben, von dem aus wir sitzend einen guten Überblick haben, wechseln sich beim Beobachten der kreativ gestalteten Individuen Lachen und Entsetzen regelrecht ab. Als wir später so sehr lachen müssen, dass wir fast nicht mehr atmen können, spricht den Loerz völlig unerwartet ein als eine Art Frau verkleidetes Ungeheuer an. Kurze Zeit später zwingt sie ihn auch schon, ihre Telefonnummer in seinem Telefon zu speichern. Kaum hat sie sich einen Moment umgedreht löscht der Loerz die Nummer wieder. Als er mir wenig später die nette Dame namens Bettina vorstellt, um sich kurz darauf aus dem Staub zu machen, ist es kurzzeitig nicht mehr so lustig, denn fortan blubbert sie mich voll. Was ich doch für einen schönen Namen habe und wie toll er zu mir passt. Ich bin gerührt. So gerührt, dass ich die erste Möglichkeit zur Flucht ergreife, denn das hätte böse enden können. Fast hätte das Ungeheuer mich einverleibt. Loerz kann das Glück, die süße Bettina losgeworden zu sein, nur kurze Zeit auskosten, denn nur wenige Augenblicke später trottet ein weiteres, völlig betrunkenes und scheinbar ziemlich verzweifeltes Weibsbild hinter ihm her. Frankensteins Tochter ist definitiv eine Naturschönheit im Vergleich zu ihr. Das Weibsbild sieht völlig fertig und verbraucht aus und will partout nicht verschwinden. Ihr leerer Blick und ihr Wunsch endlich was zum vögeln zu finden sind kaum zu ertragen. Erst als Loerz Isolde darum bittet so zu tun als wären die beiden ein Paar zieht die notgeile Alte mit den tiefen Falten ab. Das war Rettung in höchster Not. Dafür wird der Loerz Isolde sicher noch lange dankbar sein. Isolde gehört übrigens zu den wenigen optischen Lichtblicken des Abends, deshalb ist es durchaus fraglich, warum wir sie nicht weiter beachtet und nicht mehr Zeit mit ihr und Birte verbracht haben an diesem Abend. Dann wären wir in attraktiver Gesellschaft gewesen und Monster hätten einen Bogen um uns gemacht. Vermutlich sind wir dümmer als wir es uns eingestehen. Vielleicht ist aber auch ganz anders. Nach all der Aufregung ist es an der Zeit die Rohrmeisterei zu verlassen. Wir bringen zunächst Isolde nach Hause bevor wir noch ein wenig zum Loerz fahren, um den Abend Revue passieren zu lassen und irgendwelche Monstergeschichten zu erzählen. Mal abgesehen von all den Alptraum verursachenden Monstern war es irgendwie ein netter Abend. Gefährlich, aber nett.


Polterabend
Dieses Jahr hat es wahrlich in sich, denn heute nehme ich zum zweiten Mal in meinem Leben an einem Polterabend teil. Mir bleibt auch nichts erspart. Wobei der Polterabend nichts weiter ist als ein gemütliches Beisammensein von Menschen, welches lediglich dadurch unterbrochen wird, dass diese Menschen plötzlich ihre alten Teller, Tassen und ähnliches Gedöns loswerden wollen, deshalb die Wohnung verlassen, wir kurz danach alle in der Kälte (mir ist jedenfalls irgendwie kalt) stehen, und das ganze Gedöns dort zertrümmern. Diese Aktion macht den Leuten scheinbar Spaß. Ich finde es irgendwie ein wenig albern und befremdlich, will aber dazu keinen dummen Kommentar abgeben, weil ich sowieso ein Sonderling bin und vieles, was anderen normal erscheint befremdlich finde. Als die ganzen Teile endlich zersprungen sind machen sich Sandra und Heiko, wegen denen das alles passiert, weil die bald heiraten, ans Aufräumen. Sandra fegt, Heiko arbeitet mit der Schaufel. Ich sehe Leuten gerne beim Aufräumen zu. Als fast nichts mehr in die Mülltonne passt ist zum Glück das ganze Gedöns entsorgt. Mir ist mittlerweile nur noch kalt, weshalb ich froh bin endlich zurück in die Wohnung zu dürfen. Dort sitzen wir noch ein wenig beisammen und reden dummes Zeug und über belanglose Belanglosigkeiten. Ich mag das. Dazu gönne ich mir ein Gläschen „James Cook“, da ich mittlerweile nicht mehr ohne Alkohol auskomme, wenn ich in geselliger Runde am Leben teilnehme. Gegen 23.00 Uhr machte ich mich auf den Heimweg. Am Freitag geht es mit der Hochzeit weiter und ich bin schon gespannt, was da für interessante Dinge passieren.


Hochzeit
Der ganze Hochzeitsspaß fängt für mich um 14.30 Uhr mit der kirchlichen Trauung an, welche mit einem für mich schrecklichen Orgelspiel beginnt. Die Braut kommt herein, wandert zum Bräutigam und wenig später sitzen beide vor dem Prediger. Dieser hält eine Rede, es wird gebetet, erneut ertönt Orgelmusik, die Gäste versuchen Lieder zu singen, die sie nicht kennen, das Brautpaar steckt sich die Ringe an und küsst sich. Dann endlich ist der rührselig, kitschige Spuk vorbei. Vielleicht ist das auch alles hochromantisch, aber ich fühle mich in Kirchen einfach nicht wohl genug, um Gefallen an irgendwas zu finden. Meist deprimieren mich Kirchenveranstaltungen, weil sie mich immer irgendwie an den Tod und die Vergänglichkeit oder gar die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins erinnern. Kirchen zu besichtigen ist okay, aber sobald einer zu predigen beginnt und gesungen wird, will ich da nur noch raus.
Vor der Kirche werden die traditionellen Fotos gemacht. Da ich scheinbar der einzige ohne Krawatte bin, möchte ich auch ein Foto mit dem Brautpaar. Sie sind einverstanden und so habe ich einen Beweis, dass ich tatsächlich dabei gewesen bin. Nachdem alles erledigt ist, geht es weiter zur Endstation. Aber nicht zur Endstation des Lebens, sondern in eine Kleingartenanlage, in der wir den Rest des Tages verbringen werden. Dort gibt es sogar eine Sitzordnung, die dafür sorgt, dass ich mit lauter Leuten an einem Tisch sitze, die mich nicht interessieren und die ich heute auch nicht kennenlernen will. Da können die Leute allerdings nichts dafür, ich hab nur einfach keine Lust und einen Dachschaden. Natürlich langweile ich mich bald, während die Leute an meinem Tisch sich miteinander fast schon prächtig unterhalten. Während alle bestens gelaunt sind, verschicke ich SMS Nachrichten an alle möglichen Bekannten, um nicht einzuschlafen und meinen Status als Fremdkörper zu untermauern. Es ist noch nicht einmal 17.00 Uhr, was bedeutet, dass noch viel Zeit vor mir liegt, um in eine angemessen Stimmung zu geraten.

Nach der Kuchenorgie während der wir mit Kuchen versorgt wurden, dürfen wir uns endlich frei bewegen. Mich zieht es direkt nach draußen, wo ich bis zum Abendessen bleibe und mich mit den üblichen Verdächtigen unterhalte und recht zufrieden bin. Die Sonne scheint und es werden weitere Fotos gemacht. Ich mache keine Fotos, sondern lasse mir die Fotos später von den anderen übermitteln.

Es ist kurz nach 18.00 Uhr als der DJ und sein Fotograf eintreffen. Wenig später wird das Essen gebracht. Nun scheint das Glück perfekt, doch gegessen wird erst gegen 19.00 Uhr. Der DJ und sein Fotograf dürfen auch essen, obwohl sie noch nicht wirklich was geleistet haben. Das Essen ist gut und ich sitze nun auch nicht mehr bei den Leuten, die mich nicht interessieren, sondern bei der Familie des Brautpaares. Hier fühle ich mich gleich viel wohler. Nach dem Essen legt der DJ endlich los und Heiko und Sandra wirbeln über die Tanzfläche. Ich habe die beiden noch nie tanzen sehen, zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Ein schickes Paar. Langsam füllt sich die Tanzfläche. Ich beobachte alles aus sicherer Entfernung, weil das sicherer ist und meinem Naturell entspricht. Wenige Minuten später macht der DJ seine erste Pause. Ich habe dafür kein Verständnis und lästere ein wenig über den Kerl. Anschließend macht er alle paar Minuten eine Pause und ich frage mich ernsthaft, wozu er da ist. Mit seiner Musikauswahl geht er mir tierisch auf den Keks. Schlager und Stimmungshits wechseln sich ab, während er einen Mordsspaß zu haben scheint. Als ich mich umsehe stelle ich fest, dass außer mir so ziemlich jeder mit der Musik zufrieden ist und Spaß hat. Ich meckere trotzdem weiter über den DJ, sonst gibt es ja auch nichts zu meckern. Zufrieden bin ich mit den beiden weiblichen Bedienungen. Es macht mir Spaß ihnen zuzuschauen. Die würde ich gerne mal anfassen. Also schnappe mir die Kamera von Markus und versuche heimlich Fotos von den beiden zu machen, was durchaus eine schwachsinnige Aktion ist. Als ich mir doof dabei vorkomme, bitte ich Sandra, sie für mich zu fotografieren. Sandra macht ein wirklich schönes Foto für mich, was ich toll finde und mich für einen Moment erfreut. Dann wird mir bewusst, dass es irgendwie erbärmlich ist und schäme mich ein wenig für mein Verhalten. Obwohl das so ist, bringe ich Markus wenig später noch dazu, die beiden Bedienungen mit der Kamera zu filmen. Was hab ich nur für kindische Ideen? Und vor allem, was habe ich davon mir später das Video anzuschauen, falls ich es überhaupt machen werde? Dann stelle ich fest, dass Sandra, die Sandra von Heiko, gerne tanzt, was mich irgendwie überrascht. Selbst Heiko tanzt heute ausgelassen, was mich noch mehr überrascht, denn ich habe ihn doch noch nie tanzen sehen, soweit ich mich erinnere. Ich bin mir nicht sicher, doch es scheint so als wäre ich mal wieder der einzige, der nicht tanzt. Vermutlich bin ich zu nüchtern. Ein Glas Sekt und ein Rum-Cola über den Tag verteilt reichen einfach nicht aus. Es ist bereits nach 01.00 Uhr als ich mich entschließe die Hochzeitsrunde zu verlassen, mich verabschiede und verschwinde. Letztlich war es doch ganz nett und witzig. Wenn nur der blöde DJ nicht gewesen wäre und ich nicht ich wäre.


Sinnlose Streitereien
Neben dem Spaß den Birte und ich durchaus zusammen haben, gibt es eine Menge Probleme und oft sogar Streit. Ich war noch nie mit einer Frau zusammen, die ständig streiten muss. Okay, ich war auch erst mit einer Frau zusammen, aber dennoch bin ich kein Freund dieser ganzen anstrengenden Streitereien. Es ist fast wie bei meinen Eltern, nur anders. Birtes südländisches Temperament ist faszinierend und anstrengend zugleich. Wenn ich auf meinen Verstand hören würde, dann würde ich diese Beziehung auf der Stelle beenden, doch ich kann und will nicht auf den geilen Sex, den wir durchaus haben, wenn sie nicht vorher einschläft, verzichten. Außerdem bin ich vermutlich verliebt und nicht zurechnungsfähig und rede mir ein, dass es irgendwann besser wird, dass sie in naher Zukunft entspannter wird und nicht ständig unter Strom steht. Ich versuche ihr bei ihrer Selbständigkeit und im Haushalt zu helfen und dennoch ist sie permanent angespannt und es kommt immer und immer wieder zu vollkommen Nerv tötenden und sinnlosen Diskussionen. Wir passen nicht zusammen, aber ich will und kann das jetzt nicht beenden. Ich bin so vernebelt, dass man mich Ohrfeigen müsste. Doch niemand tut das und so stürze ich mich immer weiter in mein Verderben. Dabei ist es so offensichtlich, dass diese Beziehung niemals von Dauer sein kann.


Schnelle Entscheidung
Nach dem joggen unterhalte ich mich noch etwas mit dem Mann, der damals der Meinung war, ich trage einen BH. Ich bin mir mittlerweile sicher, dass er zu einem Lüstling des Waldes geworden ist. Als mein Mobiltelefon klingelt unterbreche ich die Unterhaltung. Kurze Zeit später taucht ein weiterer Lüstling in einem weißen VW Polo auf. Leider kriege ich nicht mit, wie die beiden sich einigen, doch nur wenige Augenblicke nach Ankunft von Lüstling 2 verabschiedete sich der Mann von mir und beide verschwinden gemeinsam in Richtung Autobahnparkplatz. Wieso klappen solch schnelle Einigungen nur unter Lüstlingen?


Spaghetti Bolognese
Am späten Sonntagnachmittag machen Birte und ich einen Spaziergang. Alles scheint normal bis Birte meint, dass wir, wenn wir zurück sind, Spaghetti Bolognese machen werden. Dass bedeutet für mich, dass sie in der Küche steht und kocht, während ich sie vollquatsche oder faul im Wohnzimmer abhänge. Als sie mir sagt, dass sie während ich das Essen zubereite, ein wenig die Wohnung aufräumt, denke ich an einen kleinen Scherz für zwischendurch. Doch ich irre, es ist ihr voller ernst. Sofort versuche ich ihr zu erklären, dass ich dafür nicht geschaffen wurde, doch jeder Widerstand ist zwecklos. Kaum zu Hause angekommen wirbelt Birte putzend durch die Wohnung, während ich leicht konfus in der Küche stehe. Nicht, dass Spaghetti Bolognese eine große Herausforderung für den Durchschnittsbürger sind, doch nachdem ich mich sechsunddreißig Jahre erfolgreich vor solchen Aktionen drücken konnte, bin ich leicht irritiert. Die Bolognese soße gelingt mir recht gut, bei den Spaghetti ist das Resultat weniger erfreulich. Zum einen, weil ich für zwei Personen die ganze Packung, 500g, in den Topf werfe, zum anderen, weil ich aus den Spaghetti matschige Spaghetti mache. Woher soll ich auch wissen, dass man die Dinger nicht zu lange im Wasser kochen lassen darf? Somit habe ich bereits zum zweiten Mal eine Mahlzeit für uns kreiert, die nicht wirklich gelungen ist. Ich gehöre halt nicht in die Küche. Dass Birte sogar davon spricht, dass wir im Winter zusammen einen Kochkurs belegen können, finde ich ehrlich gesagt ein wenig besorgniserregend. Es gibt schließlich unglaublich viele Fertiggerichte, die sich ganz leicht zubereiten lassen und viel schneller fertig sind. Wo soll das alles nur enden?