März 2014

Haare und Spickzettel
Vor mir sitzt Oskar, ein alter Bekannter, um sich eine Bewerbung schreiben zu lassen. Wir unterhalten uns nebenbei aus reiner Höflichkeit, weil man das vermutlich so macht. Harmloses Geplaudere. Dann hat er eine Frage, die mich etwas überrascht und die ihn wohl schon länger beschäftigt. Es geht um meine Haare, wie sie früher mal waren und wozu ich sie genutzt habe. „Du hattest früher doch mal so eine Mähne?“ – „Nun ja, ich hatte viel Haar auf dem Kopf.“ – „Und stimmt es eigentlich, dass Du damals immer Spickzettel in Deinem Haar versteckt hast?“ – „Nein.“ Knapp zwanzig Jahre hat er scheinbar tatsächlich geglaubt, dass ich während der Ausbildungszeit tatsächlich Spickzettel in meinem Haar versteckt habe. Eine Geschichte, so erinnere ich mich nun wieder, welche Sam früher gerne erzählt hat. Ich erinnere mich ebenso, wie viel Freude es ihm bereitet hat, diese Geschichte immer wieder zu erzählen. Faszinierend finde ich, dass es tatsächlich Leute gab, die das geglaubt und bis heute nicht vergessen haben. Oskar ist einer von diesen gutgläubigen Menschen. Ich frage ihn, was für eine Mähne man haben muss, um tatsächlich Spickzettel darin verstecken zu können. Nun findet er es wohl doof, dass Sam ihm damals so eine Geschichte erzählt und er sie geglaubt hat.

Frauengruppe
Während ich mit Manni durch Dortmund wandere, bemerke ich, dass wir gleich angesprochen werden. Eine Gruppe Frauen kommt auf uns zu. Ich kenne keine von ihnen und frage mich, was das soll, sehe dann aber, dass eine der Damen einen Bauchladen umgebunden hat und uns etwas verkaufen will. Es dauert nicht lange, bis wir quasi umzingelt sind und die Frauen Manni in ein Verkaufsgespräch verwickeln. Ich frage die attraktive Frau neben mir, ob die mit dem Bauchladen heiratet und warum sie das tut. Sie antwortet, dass sie das auch nicht weiß, ihre Freundin aber eines Tages entschlossen hat, dass eine Heirat sein muss. Während des kleinen Dialogs versuche ich mich von der Gruppe zu entfernen. Als dies bemerkt wird, bekommt die attraktive Frau den Auftrag mich aufzuhalten. Sie streckt ihre Hand aus, umfasst mich irgendwie und hindert mich daran zu entkommen. Da stehe ich nun, während sie einen Arm um mich gelegt hat. Früher hätte es mich in eine Art freudige Ekstase versetzt, wenn eine attraktive Frau mich in den Arm genommen hätte, heute finde ich es zwar durchaus angenehm, aber auch total sinnlos. Ich kaufe nämlich nie von solchen Frauengruppen irgendwelchen Kram.

Manni beantwortet die Frage, ob wir Freundinnen haben mit nein und entscheidet sich kurz danach für eine kleine Flasche Pflaumenschnaps, weshalb sich die bald Verheiratete nun an mich wendet, um mir irgendwas zu verkaufen. Mir geht das alles zu schnell und ich bin verwirrt. Ich habe doch eine Freundin und stehe hier im Arm einer durchaus attraktiven Frau und soll von einer Frau, die bald heiratet, etwas kaufen. Ich befinde mich also in einer Art Verkaufsgespräch, bei dem ich der Kunde bin und festgehalten werde. Das ist völlig albern, fast schon absurd. Zuerst bietet mir die Bauchladenfrau Bananenbonbons an, die mich, dass muss ich gestehen, irgendwie interessieren. Dennoch lehne ich ab weil ich nie von so Heiratsgruppen etwas kaufe. Dann bietet sie mir irgendwelche Notizblöcke an. Ich lehne ab, weil die hässlich und unnütz sind. Dann bietet sie mir eine Art Dauerlutscher an, der irgendwie wie ein Penis aussieht. Wie ein großer Penis. Dazu fragt sie, ob ich etwas zum lutschen haben möchte. Ich antworte, dass das mit dem lutschen eher Frauensache ist, was den Frauen irgendwie nicht gefällt und wenig bis gar nicht ankommt. Na und. Die haben doch angefangen. Nachdem die Stimmung nun gekippt ist, bietet die Bauchladenfrau mir nichts mehr an. Stattdessen greift die attraktive Frau neben mir nun in den Bauchladen und hält mir Kondome vor die Nase. Ich schaue mir die gelben Kondome an und frage mich, ob die wohl nach Banane schmecken. Die Frau mit dem Bauchladen sagt, dass ich jetzt nicht sagen soll, dass ich eine Latexallergie habe. „Doch“, sage ich und beende so quasi dieses erzwungene Verkaufsgespräch. Manni darf endlich seinen Schnaps bezahlen, die attraktive Frau entschuldigt sich bei mir für die Belästigung und dann ist der Spuk auch schon vorbei.

Stalker Mirco
An einem Samstag macht sich Mirco auf, um in einem 140 Kilometer entfernten Einkaufszentrum seinen Tag zu verbringen. Wie oft er das macht, ist unbekannt. In diesem Einkaufszentrum hofft er, auf Agnes zu treffen. Es reicht ihm nicht, dass er ihr auch weiterhin regelmäßig Nachrichten schreibt, er muss sie auch sehen und heute hat er tatsächlich Glück. Mit einer Bekannten ist Agnes tatsächlich in diesem Einkaufscenter unterwegs. Doppeltes Glück hat er, weil er sie sogar sieht. Agnes bemerkt von all dem nichts und hätte sicher auch nie davon erfahren, wenn Mirko nicht so ein großes Mitteilungsbedürfnis hätte. Und so schreibt er ihr, dass er zusammen mit seiner Ursula in besagtem Einkaufscenter war und dort Agnes gesehen hat. Außerdem schreibt er, dass Agnes Begleiterin die mit Abstand bessere Figur hat. Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch geglaubt hat, dass Mirco ganz richtig im Kopf ist, muss spätestens jetzt erkennen, dass dem nicht so ist. Er ist, das muss man deutlich sagen, ein durchaus beschränkter Stalker. Daher ist es wenig verwunderlich, dass Agnes genug von diesem Irren hat und ihm schreibt, dass er sie endlich in Ruhe lassen soll, weil sie ihn sonst anzeigt. Seine Antwort lässt nicht lange auf sich warten. Also dass ist ja die höhe…..!? WIR STALKEN NIEMANDEN, WIR SIND NUR INTERESSIERT AM LEBEN ANDERER!!! Die Anzeige wird nicht mal beachtet werden. Stalken nennt er Interesse am Leben anderer. Für die meisten anderen Menschen ist das einfach nur krank. In seiner Welt möchte ich nicht leben. Die Anzeige hat er sich verdient. Wenige Minuten später schreibt er erneut. Bitte lass dass…ich bekomme nur Ärger mit Ursula..die weiss nicht das ich da heute war. Sie musste arbeiten!!! Was für ein jämmerlicher Auftritt. Heult wie ein kleines Kind, welches erwischt worden ist. Nicht auszuhalten. Wie kann man nur so dämlich sein? Und so besessen? Und so dumm? Sein Heulen hilft ihm heute allerdings. Sollte er es tatsächlich schaffen, nie wieder von sich hören zu lassen, wird er um die Anzeige herumkommen. Schafft er es nicht, was sein bisheriges Verhalten vermuten lässt, kann er sich über eine Anzeige und vermutlich auch eine Menge Ärger mit seiner Ursula freuen. Bleibt zu hoffen, dass sich einer wie er niemals vermehren wird. Viel mehr von seiner Sorte verkraftet die Gesellschaft nämlich wirklich nicht.

Natürlich hält sich der scheinbar offensichtlich verwirrte Mirco nicht an die Absprache und schreibt dann doch einfach weiter, dieses Mal irgendwelche Sachen über Gott. Es gibt Menschen, die sind so dumm, dass sie nicht merken, wie dumm sie sind und Warnungen so gar nicht verstehen. Das führt dazu, dass er Post vom Anwalt bekommt und aufgefordert wird, sich nie wieder zu melden. Außerdem wird er darauf hingewiesen, bei Verstößen direkt angezeigt zu werden. Ob damit das Kapitel Mirco erledigt ist oder ein neues Kapitel eingeleitet wird, bleibt abzuwarten. Nun wird sich zeigen, wie dumm er wirklich ist.

Texas Hold Em
Es ist bereits viele Monate her, dass ich zuletzt zum Pokern war. Und wie damals, halte ich auch heute Pokern für ein reines Glücksspiel. Kaum pokern wir ein paar Minuten, bestätigt sich meine These. Ich habe drei Buben, auf dem Tisch liegt nichts Besonderes und alle bis auf einen Spieler sind ausgestiegen. Dieser erhöht ständig den Einsatz und ich bin sicher, dass er nicht gewinnen kann. Bis die letzte Karte auf dem Tisch liegt, habe ich auch Recht. Doch dann wendet sich das Blatt und er hat plötzlich einen Flash und ich habe verloren. Es ist mir ein Rätsel, wie man so viel setzen kann, ohne wirklich ein gutes Blatt zu haben. Aber gut, so ist das bei Glücksspielen. Ich verliere noch zweimal mit recht guten Blättern und beschließe dann, dass ich eine Stunde lang kein Blatt mehr spielen werde. So werfe ich die Karten auch dann weg, wenn ich z.B. König und As oder König und Dame oder sogar zwei Buben bekomme. Mit dieser Strategie spare ich meine Chips und sehe meine Mitspieler an. Ich kann leider nicht erkennen, wann sie bluffen, kann die Wahrscheinlichkeit, welche Karten noch gespielt werden, nicht erkennen und sehe auch sonst keine Zeichen, die mich irgendwie weiterbringen würden. Für mich wird Pokern immer ein reines Glücksspiel bleiben. Nachdem ich eine Stunde nichts gespielt habe, beschließe ich, die Frist zu verlängern und sehe, wie sich die ersten beiden Spieler aus dem Spiel verabschieden. Nun ist mir Platz 5 sicher. Ich will aber Platz 3, um wenigstens meinen Einsatz zurück zu bekommen. Ich spiele ein Blatt und habe Glück. Jetzt habe ich wieder genug Chips, um mit meiner passiven Strategie weiterzukommen. Dann fliegt Loerz raus. Jetzt noch einer, dann gehört mir Platz drei. Mir gegenüber sitzt jemand, dessen Namen ich sofort vergessen habe. Er und Loerz Frau haben in etwa so wenig Chips wie ich. Einer von denen muss noch rausfliegen. Hakan erscheint mir zu stark, um hier vor mir auszuscheiden. Er kann sich fast hinter einem Berg von Spielchips verstecken. Ich halte mich zurück und tatsächlich fliegt der Typ ohne Namen raus. Mein Einsatz ist gesichert. Meine Passivität hat sich bezahlt gemacht. Als ich As und Dame auf der Hand habe, wird es Zeit für ein All In. Loerz Frau geht mit zwei Neunen mit. Die erste Karte im Flop ist ein As. Loerz Frau ist raus und ich komme mit Glück ins Finale, welches eine Weile hin und her geht. Da mir das auf die Nerven geht und ich weiter gekommen bin als unbedingt notwendig, wird es Zeit für ein All in nach dem anderen. Meine letzten Chips verliere ich, als ich mit einer Neun und einer Zehn gegen zwei Achten verliere. Ich bin froh, dass es vorbei ist, weil es einfach zu lange gedauert hat.

Orthopäde und mehr
Da ich seit Tagen starke Schmerzen im Sprunggelenk habe und deshalb nicht einmal mehr lange spazieren gehen kann, habe ich um 10.30 Uhr einen Termin beim Orthopäden. Und kaum bin ich da, darf ich auch schon wieder gehen. Es ist voll und ich habe 45 Minuten Zeit, mir die Zeit zu vertreiben. So wandere ich durch Dortmund und erfreue mich an den Schmerzen, die mein Sprunggelenk mit zunehmender Dauer verursacht.
Als ich um 11.15 Uhr zurück bin, darf ich zunächst im Wartezimmer Platz nehmen. Es ist voll und ich bekomme lediglich einen Sitzplatz unter dem Fernseher. Und so habe ich ständig das Gefühl, dass alle zu mir starren, was aber vermutlich gar nicht so ist. Mein Platz ist nicht nur unter dem Fernseher, sondern auch noch genau neben dem Kleiderständer. Und die Jacke, die direkt neben mir hängt, riecht famos. Nur eben nicht gut. Genau, wie die ältere Dame neben mir. Man hätte ihr das Rauchen untersagen sollen, dann würde sie weitaus weniger übel riechen. Von dem Geruch, der mich sanft zu töten droht, bekommt die Dame auf der anderen Seite des Kleiderständers vermutlich nichts mit. Ihre verstopfte Nase, die sie mitgebracht hat, ist da sicherlich hilfreich. Für mich ist diese Schnupfennase allerdings nichts weiter als eine weitere, unzumutbare Belästigung. Wer so verschnupft ist, sollte seine Zeit alleine verbringen und nicht die Gesundheit anderer Menschen gefährden. Gibt es denn nur noch rücksichtslose Menschen? Als auf der anderen Seite des Wartezimmers ein Platz frei wird, setze ich mich unverzüglich dorthin, um weniger belästigt zu werden.
Nachdem ich gut dreißig Minuten gewartet und die Zeit mit Quizduell vertrieben habe, bin ich endlich an der Reihe. Ich liege auf einer Liege, der Arzt drückt irgendwo an meinem Rücken, zieht an mir, ich muss atmen und bin danach viel beweglicher. Ob das Zauberei ist? Vermutlich nicht. Weil nicht sicher ist, woher die Beschwerden im Sprunggelenk kommen, wird der Fuß geröntgt. Doch außer einer verheilten Bänderverletzung wird heute nichts festgestellt. Ich soll deshalb Einlagen tragen und wenn ich Glück habe, ist dann alles gut. Und wenn nicht? Dann komme ich wieder und wieder und wieder. Und das ist wahrscheinlich, denn bisher war durch das Tragen von Einlagen nie alles gut geworden.

Im Anschluss mache ich mich auf den Weg zum Sanitätshaus, um neue Einlagen zu bestellen. Ein junge Frau, vielleicht Mitte 20, kümmert sich um mich. Ich bin irritiert, weil ich erwartet hatte, dass mich ein Mann bedient. Ich schildere meine Schmerzproblematik, erzähle, dass ich schon seit langem nicht mehr joggen kann und dass meine alten Einlagen nicht wirklich geholfen haben. Auf mich wirkt die junge Frau freundlich, gut ausgebildet, aber auch nervös. Sofort bilde ich mir ein, dass sie meinetwegen nervös ist. Dabei ist das unnötig, denn ich habe schon eine Freundin und sie ist nicht mein Typ, weil sie nämlich blond ist. Das kann die junge Frau aber natürlich nicht wissen. Da ich durchaus an einer Bewegungsanalyse interessiert bin, einigen wir uns darauf, dass eine solche Analyse schon am Mittwoch gemacht wird. Sie sagt, dass ich dabei eine Badehose tragen soll. Ich bin irritiert, weil ich ja nicht mit ihr schwimmen will und obendrein auch gar nicht schwimmen kann. So sage ich ihr, dass ich keine Badehose habe. Nun fragt sie nach einer Radlerhose. Ich habe nicht einmal ein Fahrrad, was soll ich dann mit so einer Hose? Schließlich einigen wir uns darauf, dass ich während der Analyse eine Unterhose tragen werde. Sie wird meine Beine dann irgendwie markieren und wir werden über eine Stunde analysieren. Sie sagt, dass besonders Frauen oft Probleme damit haben, wenn sie so knapp bekleidet die Bewegungsanalyse machen sollen. Obwohl ich die Frauen gut verstehe, tue ich so, als könnte ich es nicht verstehen. Was ist schon dabei, halb nackt vor fremden Menschen rumzulaufen? Dass ich mich jetzt schon schäme für das, was am Mittwoch sein wird, behalte ich für mich. Schließlich bin ich ja voll cool und so. Und ich freue mich total auf Mittwoch. Denn was kann es Schöneres geben, als nur mit einer Unterhose bekleidet auf einem Laufband zu laufen und dabei gefilmt zu werden? Vermutlich nichts.

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