Dienstag, 01. März
Zu Beginn des Tages werden die letzten Faxe ans Arbeitsamt gesendet. Nachfolgend steht Training auf dem Programm. Ich sitze wenig beachtet in der letzten Reihe und träume vor mich hin als ein Anruf vom Arbeitsamt Lünen mich aus meinen Träumen reißt. Die vom Arbeitsamt denken gar nicht daran, unser Jobangebot an die vielen Arbeitslosen weiterzuleiten, weil wir nur Selbständige suchen und das Arbeitsamt dies nicht toleriert. Ich verspüre eine gewisse Schadenfreude und hoffe, dass die anderen Arbeitsämter ähnlich reagieren. Wenig später folgt ein weiterer Anruf. Diesmal wird Herrn Ekelfink mitgeteilt, dass ich donnerstags nicht mehr zur Schule gehe. Findet er gar nicht gut, daher muss ich am Donnerstag muss ich da wieder hin. Was soll denn das bringen? Da ich nicht diskutiere, diskutiere ich nicht und stelle auch keine Fragen. Dann sitze ich halt wieder in der Schule.
Zum Abschluss des Tages möchte ich, dass Herr Ekelfink für mich telefoniert, aber selbst dazu hat er keine Lust mehr. Dann eben nicht. Bevor ich mich nach Hause begebe, erfahre ich noch, dass die Baufinanzierung nicht zu finanzieren ist. Was auch sonst? Wieder keine Kunden für mich. Ein weiteres Zeichen? Es läuft wirklich von Tag zu Tag besser. Als richtiger Arbeitsloser war ich jedenfalls erfolgreicher. Die Mandanten, deren Baufinanzierung von uns nicht zu finanzieren ist, sind weder enttäuscht noch überrascht. Sie haben zwei andere Angebote und benötigen dieses Finanzdienstleistungsunternehmen nicht. Sie wollen auch sonst nichts mehr mit dem Mist hier zu tun haben, denn außer einer Menge Sprüchen und noch mehr Eigenlob haben sie nichts bekommen. Eine solch schwache Dienstleistung werden sie selbstredend nicht weiterempfehle. Ich stimme ihnen da absolut zu.
Nun sind es nur noch wenige Wochen bis ich wieder zu den Millionen Arbeitslosen gehöre und erstmalig in den Genuss von ALG II komme. Ein weiteres spannendes Abenteuer steht mir also kurz bevor. Ich habe ein verdammt aufregendes Leben. Ob ich wirklich noch die Empfehlungen von meinem Onkel anrufe und belästige? Irgendwie habe ich ein schlechtes Gewissen den Leuten gegenüber, wenn ich denen irgendwelche unangebrachten Produkte vorschlagen soll und so entscheide ich, dass sie verschont bleiben. Glücklicherweise hat Herr Ekelfink gar kein Gewissen, denn sonst würde er nicht Produkte verteidigen und verkaufen, deren jährliche Rendite regelmäßig ausfällt oder zumindest kleiner ist als vorher vollmundig angepriesen. Für mich ist er ein gewissenloses Irgendwas mit Ohren. Aber nur so kann man scheinbar Erfolg haben und es zu etwas bringen. Traurig, aber leider wahr. Früher hat Herr Ekelfink übrigens, wenn er unaufgefordert jemanden angerufen hat und dieser dann wütend auflegte, diesen sofort wieder zurückgerufen „Wenn jemand auflegt, dann bin ich das.“ gesagt und wieder aufgelegt. Über diese Anekdoten wird oft im Büro gelacht. Ich lache nicht mit, mir ist das Lachen schon lange vergangen. Manchmal komme ich mir vor wie Timm Thaler, der sein Lachen verkauft hat. Werde ich nach dieser Zeit hier je wieder lachen können? Und wenn ja, worüber?
Dienstag, 08. März
Seit Samstag quält mich eine üble Erkältung. Trotzdem schleppe ich mich ins Büro, denn am Nachmittag habe ich einen meiner seltenen Kundentermine. Als ich im Büro anschelle öffnet mir eine junge, schlanke und scheinbar nette Frau. Später erfahre ich, dass sie unsere Praktikantin ist. Wozu sind Praktikantinnen eigentlich gut? Den Rest des Tages sehe ich sie nicht mehr, stattdessen höre ich wieder all die Dinge, die mir diese Branche so sympathisch machen. Leuten, die eine Lebensversicherung haben, wird diese schlecht geredet und gekündigt und dafür der HAUS DREI verkauft. Das ist eine mir bekannte Strategie. Neu für mich ist dagegen folgender Schlachtplan. Wenn ein Mandant einen Bausparvertrag hat, dann werden alle Nachteile eines solchen aufgeführt und er bekommt dafür Aktienfonds. Sollte der Mandant allerdings Aktienfonds haben, wird ihm aufgezeigt, wie sinnvoll und gewinnbringend doch ein Bausparvertrag ist und dann kündigt man eben die Aktienfonds und verkauft den Bausparer. Hauptsache man hat den Kunden und etwas Provision. Ehrenwerte Methoden, die mir so gar nicht gefallen. Wenig später erhalte ich meine Gehaltsabrechnung. -405,14€. Sensationell. Abschließend folgt der Termin. Begleitet werde ich von Herrn Ekelfink. Die Mandanten scheinen ihm zu vertrauen, ich nicht. Er erzählt, wie fantastisch der HAUS DREI ist und wie viel Geld sie damit verdienen können und dass wir nur zwei ihrer vier oder fünf vorhandenen Rentenversicherungen dafür kündigen müssen. Zu meiner Überraschung willigen die Mandanten sofort ein. Sie scheinen begeistert vom HAUS DREI und stellen nicht eine kritische Frage. Das sind also die Kunden von denen man immer hört. Es gibt sie wirklich. Sie unterschreiben sofort die Kündigungen ihrer bestehenden Rentenversicherungen und alle anderen Formulare. Die Gesprächsnotiz, in der alle Risiken aufgeführt sind, liest Herr Ekelfink nur schnell und undeutlich vor. Auch dieses Blatt wird prompt unterschrieben. Zuletzt noch die Empfehlungsnahme. Es gibt sechs Empfehlungen. Bin schon gespannt, warum keine der Empfehlungen zu einem Termin führen wird. Wir verabschieden uns und es geht ab nach Hause.
Mittwoch, 09. März
Nun ist auch Herr Rotenbaum mal wieder krank. Das kommt davon, wenn keiner der Kranken zu Hause bleibt und so jeder einmal jeden anstecken kann. Herr Ekelfink hat scheinbar nie eine Erkältung. Dabei hätte er sie am meisten verdient. Herr Lustig ist heute auch mal wieder da. Warum, weiß ich allerdings nicht. Herr Lustig ist ein sehr außergewöhnlicher Mitarbeiter. Er war früher öfter im Büro und hat dann meist am PC Karten gespielt und die Zeitung gelesen. Telefoniert hat er äußerst selten, weshalb er fast genauso erfolglos ist wie ich. Ich finde ihn witzig, zumal er in letzter Zeit immer nur sporadisch anwesend ist. Ein echter Sonderling. Der Papierkram ist schnell erledigt. Herr Ekelfink ist mal wieder zu beschäftigt und so verlasse ich mich auf die Aussagen von Herrn Rotenbaum. Ein schwerer Fehler wie sich später herausstellen wird, denn um 19.20 Uhr klingelt mein Handy. Herr Ekelfink ist dran. Er sucht ein paar Dokumente. Dummerweise genau die, die ich mitgenommen habe, weil Herr Rotenbaum darauf bestand, dass diese für den Kunden sind. So darf ich morgen also wieder ins Büro und die Dokumente zurückbringen. Hat Herr Rotenbaum eigentlich keine Ahnung? Ich werde etwas wütend. Als Herr Ekelfink mich dann noch fragt, was ich denn jetzt noch mache und ich ihm, weil es ihn nichts angeht, sage, dass ich nichts mehr mache, wird er etwas laut und erzählt mir, dass ich mir bei meinen Erfolgen nicht erlauben kann nichts zu tun und doch gefälligst telefonieren soll. Als ich ihn, nun schon etwas strenger, darauf hinweise, dass ich mich aber anders entschieden habe kommt wieder der Klassiker „Ich an Ihrer Stelle…“. Das geht bei mir ja gar nicht, denn Herr Ekelfink ist nicht an meiner Stelle und für mich nichts weiter als eine Labertasche, die ich immer weniger ernst nehme, weshalb ich ihm ihn noch etwas schärferem Ton erneut darauf hinweise, dass ICH das so entschieden habe und fertig. Diskussion beendet. Was bildet der sich eigentlich ein? Vielleicht läuft der Laden doch nicht mehr so richtig und er kann sich sein Luxusleben so auf Dauer nicht mehr leisten, denn in den letzten beiden Monaten war der Umsatz dieses Büros nicht wirklich berauschend. Für mich war noch nie ein Monat berauschend, deshalb soll er aufhören zu jammern. Er spart doch schon wieder etwas Geld dadurch ein, dass er die Sekretärin, Frau Christ, Halbtagskraft, entlassen, offiziell heißt es natürlich „in gegenseitigem Einverständnis getrennt“, hat. Gründe der Trennung habe ich bisher leider nicht erfahren können.
Donnerstag, 10. März
Ich bringe die fehlenden Dokumente ins Büro. Herr Ekelfink ist beschäftigt. Wie nun scheinbar jeden Tag führt er Bewerbergespräche. Auf mich wirkt das alles irgendwie verzweifelt. Sein Schneeballsystem läuft gerade einfach nicht rund. Ich rege mich noch kurz etwas auf und bin auch schon wieder verschwunden.
Die Schule am Abend lasse ich mir auch entgehen, stattdessen verkaufe ich eine Hausratversicherung. Grandios.
Samstag, 12. März
Fünf Telefonate bringen mich durch den Tag. Zwei der Empfehlungen vom Dienstag wollen nicht, einer sucht einen Job und darf sich nächste Woche als Mitarbeiter vorstellen. Bei einer anderen darf ich mich Ende April noch mal melden, bei der nächsten am Montag. Was soll das bringen?
Montag, 14. März
Wieder einmal erfahre ich, dass man mit meinen Leistungen durchaus unzufrieden ist. Dazu erhalte ich noch die Information, dass Herr Melmack absolut dagegen ist, dass wir Leute anschreiben, um so Kunden zu bekommen. Kunden soll man nur aus dem persönlichen Umfeld und durch Empfehlungen erhalten. Da stellt sich mir die Frage: „Wie soll das gehen?“ Das ist alles so widersprüchlich, dass man schon nicht mehr weiß, was man glauben soll bzw. was richtig und was falsch ist. Spontan erstelle ich neunzig Werbebriefe. Ich vermute mal, dass es sich hierbei um meine letzte Werbeaktion handeln wird. Später hole ich mir dann noch ein paar „Neins“ beim telefonieren ab. Mir macht keiner was vor.
Mittwoch, 16. März
Ich habe schon wieder gewonnen. Ein Nostalgie-Radio. Ein weiterer Beweis dafür, dass Glücksspiele mir mehr bringen als hier zu arbeiten. Den Rest des Tages nehme ich an weiteren Gewinnspielen teil. Brillant.
Donnerstag, 17. März
Schule. Gastgeber: Herr Klemmbrett. Die Stimmung ist so locker wie nie zuvor. Es wird viel gelacht und es gibt viele alberne Zwischenbemerkungen der Teilnehmer. Selbst die meisten Fragen des Herrn Klemmbrett können die Kollegen beantworten. Ich komme mir ziemlich blöd vor und als ich an der Reihe bin eine der Fragen zu beantworten weiß ich, dass ich blöd bin, denn wie immer kann ich die Frage nicht beantworten. Das passt, denn über die Witze und Zwischenbemerkungen konnte ich auch schon nicht lachen. Ich bin hier völlig falsch. Warum schmeißt man mich nicht einfach raus? Und warum beende ich den Quatsch nicht selbst?
Samstag, 19. März
Wir sitzen im Büro und ich darf mir anhören, wie erfolgreich alle diesen Monat sind. Selbst Herr El Habib hat schon fünf Datenerhebungen gemacht. Eine weniger als ich. Allerdings hat er dafür nicht mal ein Drittel der Zeit gebraucht. Herr Rotenbaum ist neidisch auf Frau Koks, weil diese im Moment mehr Umsatz hat als er. Ein echter Neider. So etwas kann ich ja gar nicht leiden. Widerlich. Herr Ekelfink kündigt an, dass er heute mit jedem ein persönliches Gespräch führen möchte. Da wäre ich besser zu Hause geblieben.
Ich erstelle 121 Werbebriefe, da die vom Montag alle voller Rechtschreibfehler waren und ich sie entsorgen musste. Hätte ich das merkwürdige und fehlerhafte Schreiben von Herrn Rotenbaum doch nur am Montag schon kontrolliert, ich hätte mir das Falten und Eintüten sparen können. Nun sitze ich hier, falte 121 Briefe und tüte diese ein. Die einzige Tätigkeit, die ich wirklich beherrsche. Allerdings bekomme ich davon Rückenschmerzen. Nachdem alle Briefe fertig sind, nutze ich die erste Gelegenheit, um unbemerkt aus dem Büro zu entkommen. Ein persönliches Gespräch mit Herrn Ekelfink findet somit heute nicht statt.
Montag, 21. März
„Ich bin das Chamäleon. – Ich weiß alles.“ Diese Aussage von Herrn Rotenbaum eröffnet den Tag im Büro. Und der Tag hat noch mehr zu bieten, denn wir üben Verkaufsgespräche und nehmen uns dabei mit der Videokamera auf. Später schauen wir uns das ganze Elend auf Leinwand an. Gruselig. An einer Sache, die mir derart wenig Freude bereitet, habe ich schon lange nicht mehr teilgenommen. Meine Vorstellung ist mal wieder die Schlechteste. Ich bin schlecht vorbereitet, weiß nie, was als nächstes kommt, stottere rum und noch bevor ich das ganze Verkaufsgespräch durch habe, werfe ich meinen Kugelschreiber auf den Tisch und beende den Krampf. Dies führt natürlich zu Unverständnis in der Gruppe. Glücklicherweise ist kurz darauf die Unterrichtszeit vorbei und ich kann nach Hause fliehen.
Dienstag, 22. März
Wieder wird geübt. Die Präsentationsmappe ist heute an der Reihe. Ich habe keine und beschäftigt habe ich mich schon seit Monaten nicht mehr damit. Herr Rotenbaum erinnert mich, wie er so dasitzt und den Kunden spielt, irgendwie an einen Vogel. Er sieht aus wie ein Habicht, ein Hühnerhabicht. Homer, der Hühnerhabicht. Bevor ich an der Reihe bin wird der Unterricht vorzeitig beendet. Ist mir recht, denn ich hätte mich sowieso nur blamiert. Vielleicht wurde ich verschont, weil ich am Morgen Frau Zitrus mitgeteilt habe, dass ich bald aufhöre bei dem Blödsinn mitzumachen und mich wieder der Arbeitslosigkeit widmen will. Möglicherweise hat es auch andere Gründe. Ist auch nicht mehr so wichtig. So bin ich wenigstens früh zu Hause. Herr Allofski fehlt auch schon wieder. Angeblich wurde ihm sein Auto, ein alter VW Polo, gestohlen. Die Geschichten, die Herr Allofski präsentiert, um sein Fehlen zu begründen, sind immer wieder erstaunlich. Telefonisch zu erreichen ist er während der Ausfallzeiten auch nicht. Ich glaube nun doch wieder, dass er diese Zeiten irgendwo volltrunken vor sich hinvegetiert. Klingt für mich glaubwürdiger und plausibler als all die Geschichten, die er uns regelmäßig auftischt. Doch wer weiß, vielleicht tue ich ihm ja auch unrecht und er ist wirklich so ein Pechvogel. Merkwürdig ist das Ganze auf jeden Fall. Was Homer, der Hühnerhabicht wohl darüber denkt?
Am Nachmittag rufe ich die ersten Opfer meiner Briefaktion an. Niemand hat Interesse. Keine Überraschung für mich.
Donnerstag, 24. März
Der Tag beginnt um kurz nach 07.00 Uhr. Ich schlüpfe aus dem Bett, entferne die lästige Gesichtsbehaarung, wasche mir die Haare und schon bin ich auf dem Weg zum Arbeitsamt, denn ich will Arbeitslosengeld II. Das sogenannte Hartz IV soll nun auch Teil meines Lebens werden, denn meine Selbstständigkeit hat mir irgendwie nichts eingebracht. Der Berater beim Arbeitsamt kann nichts mit mir anfangen und schickt mich ins Rathaus, weil die angeblich wissen, wie man Langzeitarbeitslose verwaltet. Im Rathaus angekommen muss ich feststellen, dass die Abteilung für Arbeitslosengeld II-Opfer erst ab 13.30 Uhr geöffnet hat. Das finde ich zwar anständig, denn Arbeitslose brauchen ihren Schlaf, aber im Moment irgendwie unpassend. Ich lasse mir ein paar Telefonnummern geben, um mir später telefonisch einen Termin zu besorgen.
Als ich am Nachmittag im Rathaus anrufe teilt man mir mit, dass ich mich ganz normal beim Arbeitsamt arbeitslos melden müsse und den kompletten Arbeitslosengeld II-Antrag noch einmal ausfüllen muss. Da hat man mir beim Arbeitsamt aber was anderes mitgeteilt. Schön, wie erfolgreich und gut die beiden Ämter zusammen arbeiten. Ich werde mich also in der nächsten Woche arbeitslos melden und wie es aussieht kann ich meine Tätigkeit beim Finanzdienstleistungsunternehmen sogar als Nebenjob weiter ausführen. Das würde mir gefallen, denn dieses Finanzdienstleistungsunternehmen hat mein Leben bisher so bereichert, das möchte ich nicht mehr missen. Nach all diesen freudigen Ereignissen greife ich zum Telefonhörer und rufe weitere Leute meiner Briefaktion an. Nach dem fünfzehnten ‚Nein‘ habe ich allerdings keine Lust mehr und breche die Telefonaktion ab. Ich glaube, ich bin frustriert und völlig ungeeignet.
Abends in der Schule treffe ich auf Herrn El Habib. Er hat die Grundausbildung hinter sich, mittlerweile auch mehr Datenerhebungen und logischerweise auch mehr Umsatz als ich. Wie macht er das bloß? Ich fühle mich geehrt, dass ich neben ihm sitzen darf. Zu meiner Rechten sitzt eine Frau mittleren Alters, klein und ab und zu bebrillt. Der Unterricht scheint wieder unterhaltsam und witzig zu sein, jedenfalls lacht die Dame neben mir lauthals bei jeder sich bietenden Gelegenheit los. Ihr Lachen ätzt. Ich fühle mich belästigt und verstehe das alles nicht. Habe ich nicht nur mein Lachen, sondern auch meinen Humor, falls ich je welchen hatte, verloren? Was ist nur aus mir geworden? Wie ein geistig Verwirrter sitze ich apathisch im Unterrichtsraum und kann dem Unterricht und allem was dazugehört nicht folgen. Die Pause verbringe ich alleine auf dem Ledersofa, welches auf dem Flur steht. Komapatienten können kaum lebloser sein. Als ich wieder zu mir komme sitze ich zu Hause an meinem PC. Sehr merkwürdig.
Samstag, 26. März
Warum ich heute ins Büro fahre, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Völlig sinnlos vergeude ich Sprit und verpeste die Umwelt. Im Büro sitze ich mal hier, mal da oder stehe in der Küche und gucke aus dem Fenster. Sehr ergiebig. Als Herr Ekelfink mir beim Nichtstun mal wieder über den Weg läuft, beginnt er ein Gespräch. „Immer, wenn ich sie sehe, sitzen Sie irgendwo rum und machen nichts. Nehmen Sie sich mal ein Beispiel an Herrn El Habib, der macht täglich einen Termin“. Worauf ich nur erwidern kann: „Ich bin aber nicht wie Herr El Habib.“ Das ist für Herrn Ekelfink scheinbar keine Basis für ein sinnvolles Gespräch, weshalb er Kommentarlos wieder abzieht. Was spricht er mich auch an? Sehe ich aus, wie jemand, der sich gerne unterhält? Wohl kaum. Kurze Zeit später verschwinde ich aus dem Büro. Ist besser so.
Am Nachmittag rufe ich weitere Leute meiner Briefaktion an und lege sogar einen Termin. Das verwundert mich sehr. Wer weiß, wo da der Haken ist?
Zwischenfazit
Nun sind über sechs Monate vergangen. Viel Zeit, sehr viel Zeit. Mein letzter Job dauerte nur sechs Tage, dafür war er allerdings besser bezahlt. Herr El Habib hatte in seinem ersten Monat bereits mehr Umsatz als ich in sechs Monaten. Er ist überhaupt sehr eifrig. Täglich ruft er zwischen 50 und 100 Leute aus dem Telefonbuch an und hat somit auch regelmäßig Termine. Da sollte ich mir mal ein Beispiel dran nehmen. Mach ich aber nicht. Insgesamt war der März ein recht erfolgreicher Monat für unser Büro. Es freut mich, dass auch ich mit meiner Anwesenheit irgendwie dazu beitragen konnte.