Juni 2006

Monatsausblick
Heute Morgen habe ich mein Coupé zur Inspektion gebracht und vorhin wieder abgeholt. Finanziell bedeutet dies, dass ich die nächsten zwei Monate pleite bin. Da kommt die Fußball WM genau zur richtigen Zeit. So kann ich einen Monat mumifiziert vor dem Fernseher sitzen und Fußball glotzen. Das ist finanziell gesehen auf jeden Fall eine gute Sache. Direkt nach der WM komme ich dann vielleicht wegen Volksverhetzung ins Gefängnis. Dort kann ich zwar keine Filme gucken, aber sicherlich das eine oder andere Buch lesen. Und Geburtstag habe ich auch bald. Ich glaube, ab heute geht es aufwärts. Das wird sicher ein toller Monat.


Joggen. Tag 4
Heute fällt mir absolut keine Ausrede ein nicht zu joggen. Also mache ich mich auf den Weg und es ist, wie erwartet, natürlich keine Freude so durch den Wald zu laufen. Der Puls ist fast immer über 150 und natürlich erwischt mich wieder eines dieser stechenden Insekten. Ich mag das gar nicht, weil das bei mir immer üblen Juckreiz hervorruft. Außerdem ist es nicht unbedingt prickelnd mit einer Bänderverletzung im Fuß durch den Wald zu laufen. Obendrein ist einigermaßen was los in dem Wald. Meine Freunde, die Lüstlinge des Waldes, sind zahlreich unterwegs. Ich weiß nicht, ob die wirklich so heißen, aber ich nenne sie so. Das sind alles nicht gerade schöne Männer, die sich am liebsten außerhalb der Wege durch den Wald kämpfen. Ihr Ziel ist meist der angrenzende Autobahnparkplatz. Manchmal stehen diese Lüstlinge wie Zwerge im Wald verteilt herum und blicken Richtung Autobahnparkplatz. Es kam auch schon vor, dass einer dieser Lüstlinge seine Genitalien durch die geöffnete Autoscheibe eines PKWs dem Lüstling im PKW zur Untersuchung überlassen wollte. Dummerweise kam ich gerade in diesem Moment auf den Parkplatz, woraufhin Lüstling Nr. 1 unverzüglich im Dickicht des Waldes verschwand. Nur wenige Augenblicke später folgte ihm Lüstling Nr. 2.
Als ich mein Joggen nach 31 Minuten und 49 Sekunden beende, steigt gerade einer dieser Lüstlinge in seinen Mazda MX-5. Als er sieht, dass ich nicht sofort in mein Auto steige, um mich zu entfernen, sondern erst mal etwas trinke, und mich vom Joggen zu erholen versuche, klettert er wieder aus seinem Mazda heraus, zündet sich eine Zigarette an und beobachtet mich. Meine Begeisterung für diese Aktion hält sich in Grenzen und so setze ich mich recht bald in meinen Wagen, um den Tatort zu verlassen. Als der Lüstling dies bemerkt, setzt er sich unverzüglich in seinen Mazda und verlässt ebenfalls den Parkplatz.


Ein Blick in die Zukunft
Montag, 19. Juni 2006, 9.15 Uhr, Amtsgericht Lünen. Der verabscheuenswürdige Volksverhetzer DrSchwein betritt das Gerichtsgebäude, um die Höhe seiner Strafe zu erfahren. Er ist sich der Schwere seiner Schuld bewusst und hofft entsprechend bestraft zu werden. Gleichzeitig hofft er auf Milde, da er nie wieder Volksverhetzer sein wird und seit der Verurteilung ein besserer Mensch ist. Zeitgleich werden Sympathisanten des Doc, welche mit selbst gebastelten Plakaten auf denen „StrafFREIHEIT für DrSchwein“ steht, von der Polizei festgenommen. Der Staat greift rigoros durch. Der Prozess und die Festnahmen werden live auf allen Fernsehkanälen übertragen. Außerdem wird die ganze Aktion Deutschlandweit auf Großleinwänden, die extra für die Fußball-WM aufgestellt wurden, übertragen. Die sich noch auf freiem Fuß befindlichen Volksverhetzer sehen nun, was ihnen blüht, denken kurz nach und ein Großteil übergibt sich direkt der Polizei. Andere übergeben sich einfach nur so. Einige Volksverhetzer begehen gemeinsamen Massenselbstmord. Die Zeit der Volksverhetzer in Deutschland scheint mit dem heutigen Tag zu enden. Etwa zur gleichen Zeit kauft ein bisher unentdeckter Volksverhetzer in Solingen ein Messer. Zu Hause ritzt er sich damit „Nie wieder“ auf die Stirn, legt sich in seine Gefriertruhe und schließt diese. Jahre später wird diese Gefriertruhe samt inliegendem, natürlich erfrorenem Volksverhetzer, als Mahnmal vor dem Brandenburger Tor aufgestellt.
Was sich an diesem Montag in Deutschland abspielt bleibt dem Rest der Welt nicht verborgen. Alle Völker, welche von DrSchwein verhetzt wurden, bedanken sich persönlich bei der Deutschen Justiz für das konsequente Vorgehen. Eine gleichzeitig einberufene Ministerkonferenz beschließt die sofortige Ausweisung von Doc. Da sich jedoch alle Länder weigern DrSchwein aufzunehmen, bleibt dieser in Deutschland. 27 Länder erteilen DrSchwein ein lebenslanges Einreiseverbot. Thomas Gottschalk spendet eine Locke. Weltweit schneiden sich 1,6 Millionen Lockenköpfe ebenfalls eine Locke ab. Keiner weiß warum. Am Nachmittag wird dem Helden, der Doc angezeigt hat, die Tapferkeitsmedaille überreicht. Gleichzeitig wird er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Dann überschlagen sich die Ereignisse und um 17.00 Uhr werden alle, die an der Verurteilung von DrSchwein mitgewirkt haben, geehrt. Außerdem wird mit dem Bau eines 7 Meter hohen Denkmals zu Ehren dieser Helden begonnen. Um 18.07 Uhr schießt Saudi-Arabien das 1:0 gegen Tunesien. Um 19.12 Uhr fällt in China ein Sack Reis um. Niemanden interessiert es.


Die gerechte Strafe!?
Es kommt letztlich erwartungsgemäß alles ganz anders als es der Blick in die Zukunft vermuten ließ. Hier eine kurze Zusammenfassung der realen Geschehnisse:

Am 19. Juni 2006 erscheine ich pünktlich vor Gericht. Leicht unpünktlich beginnt die Verhandlung. Im Zuschauersaal sitzt eine Schulklasse und endlich habe ich mein eigenes Publikum. Die Verhandlung vergeht wie im Fluge.

Zunächst wird das Gedicht „Der Asylbetrüger in Deutschland“, welches ich unrechtmäßigerweise auf meiner Webseite zur Schau gestellt hatte, vorgelesen, was einige der Schüler und Schülerinnen scheinbar amüsiert. Nur gut, dass die Richterin es nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht zur Kenntnis nehmen will. Die Dame, die das Gedicht und die andere Fakten vorträgt, fordert anschließend eine Strafe von 40 Tagessätzen á 10€. Keine Ahnung, wer diese merkwürdige Dame ist und was sonst noch in ihrem Köpfchen vorgeht. Während ich verwirrt auf meinem Platz sitze und durch den Gerichtssaal starre, fragt mich die Richterin, ob ich nicht noch etwas zu sagen habe, da ich als Angeklagter das letzte Wort habe. Ich verzichte, weil alles gesagt ist und ich mich nur noch mehr in Schwierigkeiten bringen würde. Das Risiko erscheint mir zu hoch. Die würden mich sowieso nicht verstehen und ich mich vermutlich um Kopf und Kragen reden. Außerdem bin ich, wie ich gestehen muss, irgendwie eingeschüchtert und fühle mich wie ein dummer Junge. Und so spricht die Richterin ihr Urteil. 40 Tagessätze á 7,50€ + Verfahrenskosten. Ich, der Volksverhetzer, bin begeistert, verzichte aber darauf zu applaudieren. Außerdem sagt die Richterin noch, dass ich ja mittlerweile eingesehen habe, dass ich einen Fehler begangen hätte. Ehrlich gesagt habe ich nichts eingesehen und noch weniger verstanden, doch das spielt keine Rolle.

Mein Erscheinen bei dieser Aufführung war meiner Meinung nach völlig überflüssig, da ich nicht wirklich was zu sagen hatte und die das sicherlich auch ohne mich so großartig hätten lösen können. Es war ein wahrlich beeindruckender Sieg der Gerechtigkeit und hoffentlich hat wenigstens irgendwer aus der Schulklasse etwas gelernt an diesem Tag, denn sonst wäre die ganze Show ja völlig sinnlos gewesen. Vielleicht wäre dies ein guter Zeitpunkt meine Webseite zu entfernen und erwachsen zu werden. Vielleicht aber auch nicht. Ich werde darüber nachdenken müssen.

Am Nachmittag gehe ich joggen. Die Lüstlinge des Waldes sind auch da. Einer verfolgt einen anderen. Das finde ich irgendwie witzig. Nach dem Joggen muss ich nachdenken. Das kann dauern und führt vermutlich zu nichts.


Arsch des Tages
Anstatt intensiv über mein Leben, mein Volksverhetzerdasein und andere, für meine Zukunft wichtigen Dinge, nachzudenken, will ich lieber joggen. Also fahre ich nur einen Tag nach der Verhandlung erneut in meinen Lieblingswald und parke dort meinen Wagen neben einem Opel Omega Caravan. In dem Opel befindet sich ein Lüstling des Waldes. Dummerweise beachte ich ihn, wie ich es bei allen Lüstlingen zu tun pflege, nicht, was ich später bereuen soll, denn nur knapp acht Minuten später laufe ich direkt auf einen nackten, weißen Arsch zu. Dieser kleine Knilch aus dem Opel spaziert doch tatsächlich mit runtergelassenen Hosen vor mir durch den Wald. Was für ein Idiot. Glücklicherweise kann ich einige Meter vor dem Arsch abbiegen, sonst wäre ich womöglich erblindet. Kurz danach packt der Arsch seinen Arsch zurück in seinen Opel und fährt davon. Unglaublich.

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