Juni 1999

Klage abgewiesen
Vor einigen Monaten, auf einem Höhepunkt meiner Arbeitslosigkeit, bekam ich das Angebot auf dem Weihnachtsmarkt Weihnachtskram zu verkaufen. Für mich ist das nichts und so teilte ich es auf meine charmante und unwiderstehliche Art, welche im Urteil als aggressive Stimmung bezeichnet wird, auch mit. Zur Belohnung wurden mir die Leistungen aberkannt. Weil ich ein Gerechtigkeitsfanatiker bin und glaubte im Recht zu sein, klagte ich dagegen. Interessanterweise geht aus dem Urteil nicht hervor, es war auch gar kein Thema  mehr, dass ich nur für ein paar Wochen, nämlich zur Weihnachtszeit, dort hätte arbeiten sollen. Auch heißt es in dem Urteil, dass ich gar nicht ausschließlich als Weihnachtsbastler und -verkäufer eingesetzt worden wäre. So werden Fakten verdreht. Meine Klage wurde also folgerichtig abgewiesen.

 

SOZIALGERICHT DORTMUND
Verkündet am 09.06.1999
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

DrSchwein

Kläger

gegen

Bundesanstalt für Arbeit

Beklagte

hat die 35. Kammer des Sozialgerichts Dortmund
auf die mündliche Verhandlung vom 09.06.1999 in Dortmund
durch die Richterin am Sozialgericht H. als Vorsitzende
sowie die ehrenamtlichen Richter E. und G. für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Rechtsmittelbelehrung

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Nordrhein Westfalen,
Zweigertstraße 54,
45130 Essen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem

Sozialgericht Dortmund,
Ruhrallee 123,
44139 Dortmund,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen.
Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur
Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluß die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Dortmund schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluß ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

T a t b e s t a n d

 

Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer Sperrzeit.

Der Kläger bezog von der Beklagten Arbeitslosenhilfe. Am 08.10.1997 wurde ihm durch das Arbeitsamt eine Tätigkeit bei der AWO im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme angeboten, die er am 01.11.1997 aufnehmen sollte. Der Kläger stellte sich bei der AWO vor, ihm wurde aber einige Tage später eine Absage erteilt. Am 23.10.1997 teilte ihm die Sachbearbeiterin der Beklagten mit, dass er jetzt doch an dieser Maßnahme teilnehmen könne und er sich noch einmal dort vorstellen solle. Dies tat der Kläger am 28.10.1997, zu einer Einstellung ist es dann aber nicht gekommen. Nach Angaben der AWO habe der Kläger in aggressiver Stimmung erklärt, er habe kein Interesse an der Tätigkeit, müsse sich aber dem Arbeitsamt fügen. Von einer Einstellung habe man daher Abstand genommen.

Mit Bescheid vom 25.11.1997 stellte die Beklagte für den Kläger eine Sperrzeit für die Zeit vom 01.11.1997 bis 23.01.1998 fest. Der Kläger habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen durch sein Verhalten die mögliche Einstellung vereitelt. Der dagegen gerichtete Widerspruch, der damit begründet wurde, sein Verhalten bei der Vorstellung sei korrekt gewesen, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.1997 zurückgewiesen.

Mit seiner am 22.12.1997 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Sperrzeit. Er sei weder richtig belehrt worden noch habe er sich bei der Vorstellung unkorrekt verhalten. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.11. 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.12.1997 zu verurteilen, Arbeitslosenhilfe ab 01.11. 1997 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat zur Frage der Rechtsfolgenbelehrung die Sachbearbeiterin der Beklagten als Zeugin vernommen, hinsichtlich des Ablaufs der Vorstellung bei der AWO hat das Gericht den Mitarbeiter der AWO Herrn H. als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf Bl. 44 ff. der Gerichtsakten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die dem Verfahren beigezogen worden waren und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger wird durch den Bescheid vom 25.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.12.1997 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da der Bescheid rechtmäßig ist. Zu Recht hat die Beklagte eine Sperrzeit festgestellt.

Gemäß § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 119 a Nr. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Arbeit nicht angenommen oder nicht angetreten hat. Würde eine Sperrzeit von 12 Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten, so umfasst die Sperrzeit 6 Wochen
(§ 119 Abs. 2 Satz 1 AFG in Verbindung mit § 119 a Nr. 1 AFG).

Einer nicht angenommenen Arbeit steht es gleich, wenn der Arbeitslose durch sein Verhalten die Einstellung vereitelt. Dem Kläger war durch das Arbeitsamt Dortmund eine AB-Maßnahme bei der Arbeiterwohlfahrt angeboten worden. Das Angebot erfolgte schriftlich am 08.10.1997. Das Angebot war mit einer Rechtsfolgenbelehrung für den Kläger versehen. Die telefonische Mitteilung der Sachbearbeiterin der Beklagten ist nicht als erneutes Angebot zur Aufnahme einer Tätigkeit zu sehen, sondern ist noch von dem ursprünglichen Verfahren umfasst, da es sich um denselben Arbeitgeber und die gleiche Tätigkeit handelt. Zu einer Einstellung ist es nicht gekommen, weil der Kläger dem potentiellen Arbeitgeber gegenüber deutlich er klärt hatte, er habe kein Interesse an dieser Einstellung. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der Vernehmung des Zeugen H. Der Zeuge H. hatte bereits zeitnah am 29. Oktober, unmittelbar nach der Vorstellung das Klägers bei der AWO, dem Arbeitsamt gegenüber mitgeteilt, dass der Kläger ihm gegenüber geäußert hätte, er hätte keinerlei Interesse daran bei der AWO zu arbeiten, er müsse aber wohl tun, was das Arbeitsamt ihm sage. In der Vernehmung konnte sich der Zeuge H. zunächst nicht an das Gespräch mit dem Kläger erinnern, der Kläger selber war ihm aber erinnerlich. Nachdem ihm der Brief an das Arbeitsamt vorgelesen worden war, war dem Zeugen das Gespräch im Groben wieder erinnerlich. Zwar konnte der Zeuge jetzt nicht mehr bestätigen, dass der Kläger in äußerst aggressiver Stimmung in sein Büro eingetreten war, auch hatte der Zeuge keine Erinnerung mehr daran, ob er ihm an diesem Termin erklärt hatte, was bei der AWO zu tun ist. Ihm war aber erinnerlich, dass der Kläger offensichtlich verärgert darüber war, dass ihm einmal die Beschäftigung abgelehnt worden war und er jetzt doch dort tätig sein sollte. Auch konnte sich der Zeuge daran erinnern, dass der Kläger gesagt hatte, dass er keine Lust hätte die Tätigkeit aufzunehmen, dies aber dem Arbeitsamt nicht mitteilen wolle, weil er sonst eine „Sperre“ bekäme.

Die Kammer hat aufgrund der Zeugenvernehmung keinen Zweifel, dass der Kläger dem Mitarbeiter der AWO gegenüber deutlich gemacht hat, dass er kein Interesse an dieser Tätigkeit habe. Dabei kann dahin stehen, ob, wie der Mitarbeiter der AWO ursprünglich geschrieben hatte, das Gespräch in aggressiver Stimmung verlaufen ist oder, wie er jetzt in der mündlichen Verhandlung ausgesagt hatte, dass das Gespräch eher ruhig verlaufen sei. Entscheidend für die Kammer ist, dass der Kläger zum Ausdruck gebracht hat, kein Interesse an dieser Tätigkeit zu haben. Aus dem von dem Zeugen H. wiedergegebenen Gespräch mit dem Kläger ergibt sich auch eindeutig, dass dem Kläger sehr wohl klar war, dass er bei Ablehnung der Tätigkeit eine Sperrzeit bekommen würde. Darüber hinaus konnte durch die Zeugenvernehmung der Mitarbeiterin der Beklagten geklärt werden, dass eine Rechtsfolgenbelehrung dem Kläger mit dem schriftlichen Angebot am 08.10.1997 zugegangen war. Gründe, eine besondere Härte anzunehmen, mit der Folge, dass dann die Sperrzeit auf 6 Wochen zu reduzieren gewesen wäre, sind nicht vorgetragen worden, waren für die Kammer aber auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.


Öffentliche Sitzung der 35. Kammer
des Sozialgerichts Dortmund
Mittwoch, 09.06.1999
44139 Dortmund, Ruhrallee 3, 6. Etage, Saal 637

Vorsitzende: Richterin am Sozialgericht H.
Ehrenamtlicher Richter E.
Ehrenamtlicher Richter G.
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle: Regierungsangestellte T.

Niederschrift in dem Rechtsstreit

DrSchwein

Kläger

gegen

Bundesanstalt für Arbeit,

Beklagte

Nach Aufruf der Sache erscheinen:
der Kläger und sein Bevollmächtigter, Rechtsanwalt K., Vollmacht Bl. 5,

für die Beklagte: Herr B.,

unter Bezugnahme auf die bei Gericht hinterlegte Generalterminsvollmacht

Zeugin: Frau Ch., Arbeitsamt
Zeuge: Herr H. c/o AWO Recycling

Die Zeugen werden mit dem Gegenstand der Vernehmung bekannt gemacht, zur Wahrheit ermahnt, auf die Möglichkeit der Beeidigung sowie die Bedeutung des Eides hingewiesen und über die strafrechtlichen Folgen einer falschen eidlichen oder vorsätzlich falschen uneidlichen Aussage belehrt. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass sich der Eid auch auf die Angaben zur Person erstreckt.

Die Zeugen verlassen anschließend den Sitzungssaal.

Die Vorsitzende eröffnet die mündliche Verhandlung. Der Sachverhalt wird vorgetragen. Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Das Sach- und Streitverhältnis wird mit ihnen erörtert.

Der Kläger erklärt, er sei telefonisch von der Sachbearbeiterin Frau Ch. angerufen worden und ihm sei gesagt worden, er soll am 01.11.1997 bei der AWO anfangen zu arbeiten. Bereits im Monat vorher sei er bei der AWO gewesen und habe sich vorgestellt, da habe man ihn aber ein paar Tage später abgelehnt.

Die Zeugen werden vernommen. Die Zeugen einzeln und in Abwesenheit der später zu hörenden.

Frau Ch., 55 Jahre alt, mit den Beteiligten nicht verwandt und nicht verschwägert,

Zur Sache:
DrSchwein hat 1993 die Ausbildung beendet und sich dann arbeitslos gemeldet. Dazwischen lag dann noch der Zivildienst. Verschiedene Vermittlungsversuche sind gescheitert. Ich habe DrSchwein dann eine ABM vorgeschlagen. Ich hatte dann den Eindruck, dass DrSchwein auch Interesse gezeigt hat. Zu dieser Maßnahme ist er dann aber nicht genommen worden. Etwa einen Monat später begab sich dann wieder die Möglichkeit als Nachrücker bei der AWO zu arbeiten. Dies habe ich DrSchwein mitgeteilt. Zu einer Einstellung ist es aber dann nicht gekommen, weil DrSchwein kein Interesse mehr gezeigt hat. DrSchwein ist dann noch einmal zu der Nichteinstellung schriftlich gehört worden. Eine Erklärung seinerseits ist dann aber nicht erfolgt. Mündlich hat er mir gesagt, er sei nicht bereit, für die AWO auf den Weihnachtsmarkt zu gehen.

laut diktiert und genehmigt.

Herr H., 40 Jahre, mit den Beteiligten nicht verwandt und nicht verschwägert,

Der Zeuge erklärt:
Nach meiner Erinnerung ist DrSchwein in unser Büro gekommen und hat gefragt, wer denn jetzt eigentlichdarüber entscheidet, ob er bei der AWO anfangen soll oder nicht. Ob DrSchwein dabei wütend gewesen ist, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Er ist auch nicht laut gewesen. Er hat aber deutlich gesagt, dass er kein Interesse daran hätte hier zu arbeiten. DrSchwein wäre für den Elektro- oder Metallbereich eingesetzt worden. Es werden dort entweder Elektrogeräte oder Fahrräder neu zusammengestellt. Im Metallbereich werden Fahrradständer hergestellt, die auch auf dem Weihnachtsmarkt verkauft werden, wobei der Einsatz der ABM-Kräfte freiwillig ist. Ich habe DrSchwein gesagt, wenn er keine Lust hätte, könnte er auch nicht eingestellt werden. Er solle dies doch mit dem Arbeitsamt klären.

laut diktiert und genehmigt.

Die Kammer zieht sich zu einer Zwischenberatung zurück.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.12.1997 zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe ab 01.11.1997 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

vorgelesen und genehmigt

Die Anträge und sonstigen Erklärungen der Beteiligten sowie die Aussagen der Zeugen werden vorläufig
aufgezeichnet, dann vorgelesen bzw. abgespielt und von den Beteiligten genehmigt.

Die Vorsitzende erklärt die mündliche Verhandlung für geschlossen.

Nach geheimer Beratung verkündet die Vorsitzende im Namen des Volkes das Urteil durch Verlesen der folgenden Urteilsformel.

Anschließend wird der wesentliche Inhalt der Gründe mitgeteilt.

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Beginn des Termins: 10.30
Ende des Termins: 11.30

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