Juli 2009

Läuft nicht
Obwohl ich in den letzten drei Tagen zweimal die Polizei gerufen habe, geben die Leute vom türkischen Treffpunkt keine Ruhe. Und so ist es selbstverständlich, dass ich auch heute, exakt um 01.00 Uhr, erneut bei der Polizei anrufe. Langsam komme ich mir verarscht vor. Seit Tagen werde ich nachts um den Schlaf gebracht und obwohl ich nicht an die Wirkung glaube, nehme ich mittlerweile jeden Abend eine Handvoll Baldrianpillen, um Schlaf zu finden. Als ich jetzt wieder welche nehmen will, stelle ich fest, dass ich nur noch drei Pillen habe. Ich werfe sie ein, lege mich ins Bett und schlafe hin und wieder für ein paar Minuten ein. Gegen 02.00 Uhr scheint am Treffpunkt Ruhe eingekehrt zu sein. Doch durch den ganzen Ärger kann ich nicht wieder einschlafen und höre noch die, mittlerweile zwar recht leise, Musik vom Treffpunkt. Gut, dass ich erst um 07.00 Uhr aufstehen muss. Eine halbe Stunde wälze ich mich noch im Bett rum, dann mache ich mich auf zu meinem Medikamentenschrank. Außer Diazepam entdecke ich nichts, was mir helfen kann. Also greife ich zu. Etwa eine halbe Stunde später schlafe ich endlich ein.
Um 07.00 Uhr klingelt der Wecker. Der wenige Schlaf und die Tablette machen es mir nicht gerade leicht aus dem Bett zu kommen. Aber ich muss raus, denn ich muss einen Antrag auf Bewerbungskosten bei der ARGE abgeben. Das Geld für meinen ersten Antrag habe ich nach mittlerweile zehn Wochen zwar noch nicht erhalten, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Ich will nur, was mir zusteht.
Gegen 08.00 Uhr betrete ich das Gebäude der ARGE. Die vielen Menschen an der Auskunft lassen mich böses erahnen. Das könnte lange dauern. Ich werde gebeten in der ersten Etage Platz zu nehmen. Als ich die erste Etage betrete, bin ich nicht entzückt, denn hier wimmelt es nur so von Arbeitslosen. Und die meisten sehen auch aus wie Arbeitslose. Einige von ihnen würden perfekt in eine Nachmittagstalkshow passen. Manche verbreiten ihre ganz persönliche Duftnote und mir wird übel. Lediglich der Anblick einer jungen Frau kann mich trösten. Sie hat dunkle Haare, eine schöne Figur und das bezauberndste Lächeln, dass ich seit langem gesehen habe. Während der gesamten Wartezeit kann ich meine Augen nicht mehr von ihr lassen. Nach etwa fünfundvierzig Minuten bin ich endlich an der Reihe, gebe meinen Antrag ab und möchte direkt einen neuen Antrag mitnehmen. „Da müssen Sie zu ihrem Fallmanager. Aber der hat Urlaub. Ich schicke sie zu seinem Vertreter. Setzen Sie sich rechts auf den Flur.“ Das ist echt krank hier. Als ich den ersten Antrag gestellt habe, musste ich auch zum Fallmanager, beim zweiten Antrag wurde der neue Antrag sofort bei der Abgabe des ersten Antrags erstellt. Ohne Fallmanager. Jetzt also wieder mit. Ob man nur jedes zweite Mal ohne Fallmanager auskommt? Sinnlos darüber nachzudenken. Ich setze mich auf den Flur und warte. Und warte. Und warte. Nichts passiert. Nach zwanzig Minuten habe ich keine Lust mehr zu warten und gehe. Schließlich habe ich noch einen Termin beim Ordnungsamt wegen der nächtlichen Lärmbelästigungen.

Der Termin beim Ordnungsamt verläuft so enttäuschend wie der ganze Tag bisher. Wenn die etwas unternehmen, dann nur, wenn sie meinen Namen dabei angeben. Ich sage, dass ich das für zu gefährlich halte und der zuständige Mann vom Ordnungsamt sagt, dass er das verstehen kann, aber in dem Fall nichts für mich tun kann. Ich verabschiede mich. Es sieht so aus als wäre ich machtlos gegen den nächtlichen Lärm, wenn ich nicht mein Leben riskieren will. Und so bleiben nicht viele Möglichkeiten. Ich kann nachts alle Fenster schließen und in der Wohnung eingehen. Ich kann mir jeden Abend Diazepam oder wenigstens ein Schlafmittel einwerfen. Ich ziehe zurück zu meinen Eltern oder suche mir woanders eine Wohnung. Wobei ich dummerweise mein ganzes Geld in diese Wohnung gesteckt habe. Bleiben also nur meine Eltern. Vermutlich ist es das Beste, wenn ich in nächster Zeit bei meinen Eltern übernachte und dann nach und nach meine Sachen zurück bringe und wieder komplett bei ihnen einziehe. So kann ich mir die Kosten für meine Wohnung sparen. Es ist 13.45 Uhr. Der Tag ist noch jung. Ich lege mich ins Bett, um zu schlafen. Mehr will ich nicht. Einfach nur schlafen, weil ich nachts nicht wirklich dazu komme.


Gefährlicher Mann
Um 19.00 Uhr war ich eigentlich mit Kaugummi Nadja verabredet, aber vorhin musste sie mir absagen, da ihre Großeltern einen Unfall hatten. Das ist langsam sehr bedenklich, denn es ist bereits das fünfte Mal, dass mir wegen irgendwelcher Unfälle oder Krankheiten abgesagt wurde. Die ersten beiden Frauen sind hingefallen und haben sich Verletzungen zugezogen, die ein Treffen unmöglich machten. Bei der dritten Frau wurde die Tochter spontan krank. Bei der vierten Frau hat sich der Sohn den Arm gebrochen. Und nun verunfallten die Großeltern von Kaugummi Nadja und ich frage mich ernsthaft, ob die fünf anderen Frauen, mit denen ich verabredet war, die aber nicht zum Treffen erschienen sind, vielleicht auf dem Weg zu dem Treffen tödlich verunglückt sind. Ich glaube, ich bin ein gefährlicher Mann. In jeglicher Hinsicht.


Keine Ruhestörung
Gegen 00.00 Uhr sehe ich mich erneut genötigt die Polizei zu rufen und kaum zehn Minuten später ist die Polizei auch schon da. Ich sitze auf dem Balkon und kriege mit, wie die Polizistin in der Zentrale nach einer Nummer fragt und irgendwie weiß ich sofort, dass sie nach meiner Nummer fragt. Ich verlasse den Balkon, gehe ins Schlafzimmer zu meinem Telefon und schon klingelt es. Die Polizistin weist mich darauf hin, dass keine Ruhestörung festzustellen ist. Und das auch in den letzten Tagen keine Ruhestörung stattgefunden hat. Sie sagt mir, dass es vollkommen normal ist, dass bei den Temperaturen abends zwei bis drei Menschen vor dem Kaffee sitzen und sich in Zimmerlautstärke unterhalten. Ich weise sie darauf hin, dass die sich ja gar nicht in einem Zimmer befinden und der Begriff Zimmerlautstärke irgendwie unpassend ist. Kann sie nicht nachvollziehen. Auch das nächtliche Fegen findet sie absolut okay. Ruhestörung ist etwas anderes. Außerdem ist sie langsam genervt jede Nacht zu dem Treffpunkt geschickt zu werden, um festzustellen, dass alles ruhig ist. Die vorbeifahrenden Autos sind viel lauter und sollten mich noch mehr stören. Ich bin entzückt. Als sie mich fragt, wo ich denn wohne, gebe ich an, dass ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohne und erkläre der Polizistin, dass ich es etwas befremdlich finde, dass die Leute jede Nacht bis drei Uhr auf der Straße ihre Gespräche führen können. Sie findet das normal. Da wir beide wohl heute nicht mehr auf einen Nenner kommen, beenden wir das Gespräch. Ich verabschiede mich und weise darauf hin, dass ich in Zukunft nicht mehr anrufen werde. Ratlos und verwirrt sitze ich danach in meinem Zimmer und frage mich, ob ich vielleicht verrückt bin. Vielleicht sollte ich mich mal von einem oder mehreren Gutachtern begutachten lassen. Möglicherweise muss ich ja eingeschläfert werden.


Das nächste Opfer
Nun weiß ich, warum mein letztes Treffen mit Samantha nicht stattgefunden hat. Ihr Sohn hat sich den Arm gebrochen. Damit hat sich die Anzahl auf sechs Verletzungen und fünf unbekannte Fälle erhöht. Langsam wird es mehr als bedenklich. Als wir uns vorhin für morgen verabredet haben, habe ich ihr dennoch nicht mitgeteilt, dass es sehr gefährlich ist, sich mit mir zu verabreden. Irgendwie bin ich da vielleicht etwas egoistisch, aber ich gehe halt gerne mit Frauen aus und die Hoffnung, dass hin und wieder eine durchkommt, stirbt halt zuletzt. Bevor ich mich nicht mehr mit Frauen treffen will, müssen vermutlich noch einige Frauen oder deren Angehörige dran glauben.


Liste
Seit ich weiß, dass man mit Frauen Sex haben kann, habe ich eine Liste in meinem Kopf. Auf dieser Liste sind alle Frauen, mit denen ich in meinem Leben Sex haben will bzw. wollte. Die Liste wird mit jedem Jahr länger und länger.
Ab und zu kommt es vor, dass ich eine Frau, Jahre nachdem ich sie auf meine Liste gesetzt habe, wieder sehe. Ich entscheide dann, ob sie noch würdig ist auf meiner Liste zu bleiben oder nicht. Besser wäre es natürlich zu versuchen, Sex mit den betreffenden Frauen zu bekommen, aber da bin ich wohl noch nicht so weit. Hin und wieder streiche ich eine Frau von der Liste, weil sie mit den Jahren in die Jahre gekommen ist und einfach nicht mehr in mein Beuteschema passt. Und jedes Jahr nehme ich mir aufs Neue vor, die Liste endlich mal abzuarbeiten. Doch am Ende des Jahres ist die Liste nur noch länger und ich bin keinen Schritt weiter. Was mich aber viel mehr stört als die Tatsache, keine dieser Frauen bisher gevögelt zu haben, ist die Tatsache, dass ich diese verdammte Liste nicht löschen kann. Und so werde ich die verfluchte Liste, die wichtigen Platz in meinem Gehirn blockiert, wohl mit ins Grab nehmen müssen. Ich finde das irgendwie unbefriedigend.


Zimmerlautstärke(n)
Als ich gegen 01.22 Uhr nach Hause komme, werde ich ganz sanft von orientalischer Musik in Zimmerlautstärke empfangen. Es hört sich tatsächlich so an, als würde die Musik in meinem Zimmer gespielt. Etwa zehn Minuten später darf ich ein Gespräch in einer anderen Zimmerlautstärke mithören. Es hört sich fast wie ein Streitgespräch an. Doch da Streitgespräche in Zimmerlautstärke definitiv keine Stärke meiner Freunde vom Treffpunkt sind, muss es wohl ein ganz normales Gespräch in einer anderen Zimmerlautstärke sein. Gegen 02.00 Uhr wird die Zimmerlautstärke auch schon ausgeschaltet und ich darf schlafen.
Um 07.15 Uhr werde ich von meinen Freunden vom Treffpunkt ganz sanft geweckt. Ich, in meiner Verwirrtheit, würde zwar behaupten, dass da ein paar Leute sinnlos rumschreien oder wenigstens laut diskutieren, aber in Wirklichkeit ist es nur die „Steh-jetzt-bitte auf,-Du-hast lange-genug-geschlafen-Zimmerlautstärken-Weckstimme.“ Und auch, wenn ich kaum in der Lage bin meine Augen zu öffnen, bin ich ein glücklicher und dankbarer Mensch, denn ich werde nicht nur von meinen Freunden vom Treffpunkt in den Schlaf begleitet, man holt mich auch direkt wieder ab. Ich muss einfach nur lernen, diesen Freundschaftsdienst zu schätzen, dann wird alles gut. Ich habe meine Freunde vom Treffpunkt ganz doll lieb und würde sie dennoch am liebsten mit dem Hammer erschlagen. Weil man das aber nicht darf und ich diese Woche noch gar keinen Sport gemacht habe, entscheide ich mich dazu, ein wenig joggen zu gehen. Es ist 09.07 Uhr als ich loslaufe. 37 Minuten und 17 Sekunden später beende ich meinen Lauf. Und obwohl es unglaublich ist, ist es mittlerweile über zwei Jahre her, dass ich zuletzt so lange gejoggt bin. Und wem habe ich das alles zu verdanken? Meinen Freunden vom Treffpunkt und der Polizistin, die mich über Zimmerlautstärke aufgeklärt hat. Wenn die Jungs vom Treffpunkt mich weiter davon abhalten früh einzuschlafen und morgens hin und wieder so früh wecken, dann werde ich bestimmt bald noch viel länger laufen können, bin bald topfit und alle Frauen wollen mit mir schlafen. Oder ich falle wegen Schlafmangel tot um. Mein Leben bleibt also auch in Zukunft spannend.


Zweites Date mit Samantha
Sonntag. 17.00 Uhr. Pünktlich und unversehrt erscheint Samantha zu unserem zweiten Treffen. Zu unserem zweiten platonischen Treffen, denn ich habe beschlossen, dass es platonisch sein wird. Vermutlich weil mich alles andere zu sehr unter Druck setzen würde und auch, weil ich wirr im Kopf bin. Wir setzen uns in eine gemütliche Ecke und plaudern über die Nebensächlichkeiten des Lebens. Hin und wieder schaue ich etwas intensiver in ihren Ausschnitt. Doch auch dieser durchaus reizvolle Einblick kann mir nichts anhaben. Hier und heute wird nichts Sexuelles zwischen uns stattfinden. Und in Zukunft vermutlich auch nicht. Zumindest rede ich mir das ein. Zu hundert Prozent überzeugt bin ich zwar noch nicht, aber 87,342% sind für den jetzigen Zeitpunkt schon mal nicht schlecht. Warum sie mir jetzt erzählt, dass sie schüchtern ist, kann ich nicht nachvollziehen. Ich möchte auch nicht drüber nachdenken, weshalb ich ihr sage, dass ich das nicht glaube. Nach einer Weile kommt eine Zahnarzthelferin des Zahnarztes, den ich regelmäßig aufsuche, ins Café del Sol. Sie grüßt mich und begutachtet dann äußerst intensiv und gar nicht unauffällig Samantha. Vermutlich will sie herausfinden auf was für einen Typ Frau ich stehe, um so ihre Chancen bei mir besser einschätzen zu können. Schon damals im Behandlungsstuhl hatte ich das Gefühl, dass sie sich zu mir hingezogen fühlt. Jetzt habe ich die Bestätigung. Auch sie will mich. Dennoch verzichte ich darauf, sie auf meine Liste zu setzen. Vorerst noch, obwohl sie wirklich attraktiv ist und es auch ungefährlich ist, wenn sie auf meiner Liste ist. Ich glaube, die muss doch auf meine Liste, die kleine, heiße Schnecke. Zurück zu Samantha, die sich immer noch auf meiner Liste befindet, aber eine Wackelkandidatin ist, weil ich ja in meinem Wahn beschlossen habe dass es platonisch bleiben soll. Soll ich sie heute noch von der Liste streichen oder noch ein weiteres Treffen mit ihr verabreden, um ganz sicher zu gehen? Während ich sie begutachte und über die Liste nachdenke, plaudern wir über dies und das. Ohne zu wissen, worüber wir reden, sage ich etwas unglaublich witziges, denn sie fängt lauthals an zu lachen. Keine Ahnung, was ich ihr sagte, aber ich liebe es, wenn eine Frau über meine trockenen Bemerkungen lachen kann. Ich lasse sie einfach noch auf der Liste. Man weiß ja nie.
Als es ans bezahlen geht, mache ich etwas eher Ungewöhnliches und bezahle für sie mit. Sie bedankt sich und ich überlege, warum ich das getan habe, als sie sagt, dass sie beim nächsten Mal bezahlt. Woher weiß sie, dass es ein nächstes Mal geben wird? Weil es unvermeidlich ist? Oder ich unwiderstehlich? Ist auch egal. Wir verlassen das Café del Sol und gehen zu unseren Autos. „Das hat mir gut gefallen, hier müssen wir nochmal hingehen.“ – „Klar.“ Warum auch nicht? Schließlich bin ich gerne mit Frauen unterwegs. Ich will gerade einsteigen, da will sie mir irgendwas an ihrem Auto zeigen. Irgendeinen Kratzer oder eine Beule, weshalb ich nochmal zu ihr kommen soll. Jeder halbwegs normale Mensch weiß, dass das nur ein Vorwand ist damit wir uns endlich küssen. Aber da ich gestört bin, übersehe, nein ignoriere, ich ihre Annäherungsversuche bis sie aufgibt. Spätestens jetzt ist klar, dass das hier platonisch bleibt und ich wirklich ein Depp bin. Depp des Jahres, Depp des Jahrzehnts und wenn ich so weitermache auch noch der größte Depp aller Zeiten. Zumindest wenn es darum geht Chancen bei Frauen einfach so in die Tonne zu treten. Irgendwann wird sich das rächen und ich mich für soviel Blödheit noch mehr hassen.


Nächstes Date im Café del Sol
Montag. 19.00 Uhr. Vor dem Cafe del Sol wartet Kaugummi Nadja auf mein eintreffen. Auch sie ist unverletzt durchgekommen und aus ihrem Umfeld geht es allen gut. Der Fluch scheint gebrochen. Ab sofort ist es ungefährlich sich mit mir zu Treffen. In jeglicher Hinsicht. Kaugummi Nadja ist bestens gelaunt und charmant wie immer. Sie macht sich über meine Augenringe lustig und kritisiert meine Kleidung, da sie meine viel zu dünne Figur unterstreicht. Ich bin entzückt über so viel Offenheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zwischen uns auch weiterhin platonisch bleibt, liegt konstant bei 99,98%. Mehr Sicherheit geht kaum. Am Ende des Abends bezahle ich zum allerersten Mal die Rechnung für sie mit und bekomme zur Belohnung ein Kaugummi. Wir verlassen das Café del Sol und verabschieden uns auf unbestimmte Zeit. Dass sie mich am Ende irgendwie freundschaftlich anzufassen versucht, ignoriere ich. Ich will das nicht, denn ich bin gestört. Dafür muss sie beim nächsten Mal die Rechnung bezahlen. Das kommt davon, wenn man versucht mich anzufassen. Was man allerdings auch heute wieder deutlich erkennen konnte ist, dass ich einfach zu blöd und kompliziert bin, denn sonst hätte sie mich anfassen dürfen, dann würde dieser platonische Unsinn nicht in einer Endlossschleife enden. Und ich bin sicher, dass sie sich ganz vorzüglich anfühlt. Depp. Einmal Depp, immer Depp.


Wachsen mal anders
Eine ehemalige Nachbarin von mir war ja schon immer groß, was Höhe und Breite angeht. Und obwohl es unglaublich erscheint, ist sie in den letzten Monaten nochmal gewachsen. Und zwar in der Höhe. Ich finde das sehr merkwürdig, weshalb ich schon seit Tagen versuche herauszufinden, was die Ursache für den Wachstumsschub im letzten Jahr sein kann.
Hat sie ein Wachstumshormon geschluckt? Ist sie eine Außerirdische? Bin ich verrückt und bilde mir das nur ein? Und während ich mir eine Frage nach der anderen Stelle und schon kurz davor bin, die Frau einfach zu fragen, entdecke ich ihr Geheimnis. Eine mindestens 7 cm dicke Hornhautschicht unter ihren Füßen, die mir, als ich sie zufällig in der Stadt sehe, direkt ins Auge springt. Und ich muss sagen, dass ich selten etwas derart Abstoßendes gesehen habe. Wenn ich da nochmal hingucke, muss ich mich vermutlich direkt übergeben. Ich frage mich, ob es vertretbar ist, sich wegen ein paar Zentimeter mehr, solch eine Hornhautschicht anzulegen und komme zu dem Entschluss, dass es nicht nur nicht vertretbar, sondern äußerst widerlich ist, so etwas zu tun, um größer zu werden. Was hat sich die Frau dabei nur gedacht? Und wie kriege ich das Bild dieser unglaublichen Hornhautschicht je wieder aus meinem Kopf?


Doppelmoral
Ich kenne einige Männer, die bei Frauen gut ankommen und mit einigen Frauen ins Bett gehen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Doch gehen einige diese Männer auch mit Frauen ins Bett, wenn sie in einer Beziehung sind. Sie ficken sich also fröhlich durch die Gegend, während ihre Partnerinnen ahnungslos zu Hause sitzen. Diese Männer finden das vollkommen okay. Würden sie ihre Frauen allerdings beim Fremdgehen erwischen, dann bekämen die Frauen was aufs Maul oder würden als miese Schlampen bezeichnet, die etwas getan haben, wozu nur Männer das Recht haben. Ich führe bekanntermaßen eine offene Beziehung. Jeder hat das Recht woanders Sex zu haben und niemand muss sich dafür rechtfertigen oder es verheimlichen. Diese ach so moralischen Männer finden das natürlich ganz furchtbar und geben unheimlich kluge Kommentare dazu ab. „Dann liebst Du sie auch nicht wirklich.“ Stimmt, denn wenn ich sie lieben würde, würde ich sie betrügen und sie müsste ahnungslos zu Hause sitzen. Wie dumm von mir. “Wenn meine Alte einen anderen fickt, dann würde ich ihr aufs Maul hauen.“ Das zeugt von geistiger Größe. Lasst uns doch alle gemeinsam ins Neandertal ziehen. Besagte Männer müssten meiner Meinung nach sowieso dort leben, denn in die moderne Welt scheinen sie mit ihren Vorstellungen nicht zu passen. Verurteilen mich, weil ich eine offene Beziehung führe und machen Witze darüber, aber finden es absolut okay, ihren Schwanz regelmäßig in eine Muschi zu stecken, die aber nicht die Muschi ihrer Partnerin ist. Kleingeister durch und durch. Über eine offene Beziehung kann man ja vieles denken, aber sich wie ein Moralapostel aufzubauen, den Zeigefinger zu heben und eine offene Beziehung zu verurteilen, während der eigene Schwanz noch nach der Muschi einer anderen Frau riecht, ist doch ziemlich armselig. Tut mir Leid, aber unter einem richtigen Mann stelle ich mir etwas anderes vor. Doch vermutlich liegt der Fehler nur bei mir. Zum Glück lebe ich in einer Parallelwelt und kann es mir erlauben, eine andere Meinung zu haben.


Ladung
Als ich zu meinen Eltern komme, wartet bereits ein Brief von dem Autohaus, in dem ich mein Praktikum machte, auf mich. Ich fürchte schon, dass es ein Jobangebot ist, doch als ich den Brief öffne stellt sich heraus, dass es sich um etwas ganz anderes handelt. In dem Brief ist Post vom Gericht. Ich frage mich natürlich sofort, was ich Schlimmes angestellt habe und bekomme direkt ein schlechtes Gewissen. Werde ich etwa schon wieder verklagt? Doch meine Ängste sind fast unbegründet, denn diesmal werde ich als Zeuge geladen. Es geht um ein Fahrzeug, dass ein Kunde bei mir gekauft hat und dem dann ein falsches Fahrzeug geliefert wurde, weshalb er vom Kaufvertrag zurücktrat. Was es da nun im September zu verhandeln geben soll, ist mir ein Rätsel. Was will der Mann? Und wie soll ich ihm helfen? Das letzte Mal als ich als Zeuge auftreten durfte, habe ich dafür gesorgt, dass ein Bekannter von mir wegen Fahrerflucht verurteilt wurde. Man fährt nämlich keine Kinder an und haut dann einfach ab. Manchmal bin ich ein guter Zeuge. Dann gibt es für die Angeklagten nichts zu lachen. Ob das der Chef vom Autohaus weiß? Und wenn er es weiß, wann wird er mir ein Geschäft vorschlagen, um seinen Kopf zu retten? Wenn ich bei dem Autohaus, in dem ich mein Praktikum gemacht habe, fest angestellt wäre, dann könnte ich regelmäßig an Verhandlungen teilnehmen. Doch das ist eine andere Geschichte.


Nachts, wenn alles schläft
Eigentlich wollte ich längst schlafen. Stattdessen höre ich orientalische Musik in Zimmerlautstärke und träume davon, wie ich diese Musik abstelle. Während ich in den letzten Träumen mit einem Maschinengewehr für Ruhe und Ordnung sorgte, mache ich es heute auf eine andere Art. Ich gehe mit einer Pistole bewaffnet in den türkischen Treffpunkt und lege einen nach dem anderen um. Ich schieße jedem in den Kopf, denn ich bin überzeugt davon, so Ruhe zu schaffen. Doch irgendwas funktioniert hier nicht. Die Typen kippen zwar zunächst um, stehen dann aber wieder auf, lächeln mich süffisant an und erzählen mir, dass sie doch gar nicht laut sind und dass selbst die Polizisten keine Lärmbelästigung feststellen konnte. Während sie mir die Geschichte erzählen, erschieße ich sie immer wieder, doch es funktioniert nicht. Einigen von Ihnen habe ich den halben Kopf weggeschossen, doch sie bleiben freundlich und tun so als wären wir Freunde. Sie bieten mir etwas zu trinken an und sagen, ich soll mich mit ihnen an einen Tisch setzen. Ich lade meine Waffe nach und will gerade wieder anfangen auf sie zu schießen, als die Polizei eintrifft und mich bittet etwas weniger Lärm zu machen, weil einer der Leute aus dem Treffpunkt findet, dass ich zu laut schieße. Ich versuche der Polizistin zu erklären, dass ich das hier tun muss, weil sie ihren Job neulich nicht richtig gemacht hat und ich deshalb verrückt geworden bin. Als sie mir etwas von Zimmerlautstärke erzählt, schieße ich auch ihr in den Kopf. Sie fällt zu Boden, um wenige Sekunden später wieder aufzustehen und mich darauf hinzuweisen, dass ich nicht einfach auf eine Polizistin schießen darf. Die Türken stimmen ihr zu und wollen mich überreden das Schießen einzustellen, etwas zu trinken und zu der orientalischen Musik zu tanzen. Ich feuere das ganze Magazin in die unfähige Polizistin. Sie verliert ihren Kopf und ist mir nun fast sympathisch. Während ich nachlade werde ich von ihrem Kollegen erschossen. Komischerweise stehe ich nicht wieder auf nachdem ich von Kugeln durchlöchert auf den Boden geknallt bin. Stattdessen werde ich direkt im türkischen Treffpunkt beerdigt. Dummerweise bin ich aber nicht wirklich tot, sondern nur bewegungsunfähig und obendrein noch beerdigt, und so kann ich für immer orientalische Musik hören und den viel zu lauten Gesprächen in Zimmerlautstärke lauschen.
Selbst in meinen Träumen habe ich keine Chance gegen das lärmende Volk. Vielleicht sollte ich eine Therapie machen, um den Zorn in positive Energie umzuwandeln. Nach der Therapie heirate ich dann die taube Polizistin und ziehe mit ihr in die Wohnung direkt über dem Treffpunkt. Wir kriegen sieben Kinder, die alle schon von Geburt an Schnurrbärte tragen und nur bei orientalischer Musik glücklich sind. So leben wir dann glücklich und zufrieden bis ans Ende unserer Tage. Jetzt muss ich fegen. Denn es ist schon fast halb zwei und irgendeiner der Treffpunktmenschen hat schon mit dem Fegen begonnen. Und da ich keine andere Möglichkeit habe als ein Teil der Gemeinschaft zu werden muss ich nun runter gehen und ihm helfen. Das macht man so, wenn man dazugehören will.


Erben bringt Ärger
Als mein Onkel vor über einem Jahr einfach so starb, hinterließ er eine kleine Eigentumswohnung. Erben sollte diese sein Bruder, der logischerweise mein anderer Onkel ist. Doch dieser konnte die restliche Hypothek nicht aufbringen und wollte die Wohnung verkaufen. Weil er Alkoholiker ist und nicht mehr wirklich etwas auf die Reihe kriegt, kam es irgendwann dazu, dass ich die Wohnung bezog, die Schulden bezahlte und er alle Ansprüche daran aufgab. Das wurde alles mit einem Anwalt geregelt und natürlich schriftlich fixiert.
Irgendwie nahm er mir das alles so übel, obwohl er das freiwillig gemacht hat, dass wir seitdem so gut wie keinen Kontakt mehr haben. Früher habe ich sogar lange bei meinen beiden Onkeln gewohnt, doch der Alkoholkonsum hat ihm nicht gut getan und ich wollte das irgendwann nicht mehr ertragen. Mittlerweile, so habe ich erfahren, rennt, natürlich rennt er nicht wirklich, er durch den kleinen Ort und erzählt, dass ich ihn betrogen, mir die Wohnung, den Mercedes und fast siebentausend Euro (keine Ahnung, wo das Geld hergekommen sein soll) unter den Nagel gerissen habe. Auch meine Tante, die mit unterschrieben hat, dass ich die Wohnung bekomme, stimmt mittlerweile in diese Verschwörungstheorien ein und wird seitdem von mir nur noch minimal beachtet. Ich kann es nicht ausstehen, wenn man mich einen Dieb nennt und versucht mich obendrein als Lügner zu bezeichnen. Ein Halbbruder, den ich bis dahin für einen feinen Kerl hielt, kam sogar zu Spionagezwecken vorbei, um herauszufinden, wie ich alle betrogen habe. Er besuchte sogar entfernte Verwandte, die er seit Jahren nicht gesehen hatte, um etwas herauszufinden. In ihm habe ich mich sehr getäuscht. Er ist in meinen Augen nicht mehr als eine kleingeistige Marionette und eines Tages werde ich hoffentlich Gelegenheit haben, ihm meine Meinung ins Gesicht zu sagen. So lernte ich durch den Tod meines Lieblingsonkels den wahren Charakter einiger meiner Verwandten kennen. Seitdem beschränkt sich der Kontakt mit denen auf kurze Geburtstagsgrüße und einen flüchtigen Gruß, wenn man sich mal nicht aus dem Weg gehen kann. Eine Erbschaft und die Aussicht auf ein Erbe fördern den wahren Charakter zu Tage. Ich hätte nie gedacht, dass so charakterschwache Menschen mit mir verwandt sind. Und weil sie so sind und zu weit gegangen sind habe ich sie aus meinem Leben entfernt.


Schlafentzug und seine Folgen
Es ist fast 01.00 Uhr Nachts und ich bin Hundemüde, doch die Leute vom Treffpunkt sind heute besonders laut. Normalerweise würde ich jetzt die Polizei rufen, doch da ich befürchte, dass die unfähige Polizistin geschickt wird, setze ich mich einfach ins Schlafzimmer und denke nach. Zunächst ist es allerdings weniger ein nachdenken, sondern die Vorstellung, wie ich die Leute vom Treffpunkt ganz langsam mit einem Messer aufschlitze, jedem einzelnen von ihnen den Kehlkopf herausschneide und die Kehlköpfe dann vor dem Treffpunkt in einem Feuer verbrenne. Danach fackel ich den ganzen Treffpunkt, inklusive der aufgeschlitzten Treffpunktbesucher, ab. Nachdem ich in Gedanken für Ruhe gesorgt habe, denke ich über die Frauen, mit denen ich Sex hatte, nach und stelle fest, dass ich nicht eine einzige Nichtraucherin im Bett hatte. Ein Zustand, den ich so nicht akzeptieren kann. Ich brauche eine Nichtraucherin. Doch woher nehmen? Mir fallen spontan nur zwei Nichtraucherinnen ein. Gisa und Kaugummi Nadja. Mit Gisa war ich schon im Bett. Allerdings hat sie damals noch geraucht. Da wir schon mal im Bett waren und befreundet sind, kommt sie als meine erste Nichtraucherin nicht in Frage. Und Kaugummi Nadja kommt erst recht nicht in Frage, weil die Chemie zwischen uns von mir nicht eingeordnet werden kann. So habe ich für die Zukunft zwei schöne Aufgaben vor mir. Sex mit einer Nichtraucherin und irgendwann nachts vor zwei Uhr einschlafen. Vermutlich werde ich damit dieses Jahr beschäftigt sein. Nur gut, dass ich arbeitslos bin, nachts deshalb eh keinen Schlaf brauche und tagsüber genug Zeit habe, eine Nichtraucherin zu finden. Doch als erstes sollte ich mir ein gutes Aufnahmegerät besorgen, um den Lärm, den die Arschköpfe vom Treffpunkt jede Nacht machen, aufzunehmen. Oder ich fackel den Laden ab, jetzt, auf der Stelle. Der Polizei sage ich einfach, dass ich verrückt geworden bin, weil ich seit langer Zeit nachts nicht mehr schlafe. In acht bis zehn Jahren sollte ich spätestens wieder draußen sein. Ich hätte dann noch genug Lebenszeit, mich um eine Nichtraucherin zu kümmern.
Ich habe gehört, dass, wenn in dem Treffpunkt Alkohol ausgeschenkt wird, ab 23.00 Uhr die Türen geschlossen werden müssen. Doch wo kann ich herausfinden, ob das stimmt? Ich weiß nämlich, dass die Leute Bier geliefert bekommen. Ich weiß auch, dass sie eine freundliche Mitarbeiterin für die Theke suchen. Heißt das, dass sie eigentlich ab 23.00 Uhr die Türen schließen müssen oder heißt das gar nichts? Müssen die sich überhaupt an Gesetze halten? Und gibt es überhaupt ein Gesetz dafür? Um mehr zu erfahren, beobachte ich durch den Eingang die Geschehnisse im Treffpunkt. Und was ich sehe begeistert mich. Die Bedienung ist sehr attraktiv, hat langes, glattes Haar und eine schöne Figur. Ich glaube, ich könnte mich in sie verlieben. Wenn sie mich doch nur beachten oder anlächeln würde. Ich will, dass sie mir gehört. Heute Nacht. Und wie sie sich bewegt, ich möchte sie verführen. Doch sie beachtet mich nicht, sondern geht in einen Bereich, den ich nicht einsehen kann. Dafür sehe ich etwas anderes. Ein Gast sitzt vor einem Glas Bier. Bingo. Es wird Bier ausgeschenkt. Jetzt muss ich nur noch rausfinden, ob das Gesetzkonform ist. Und ich muss herausfinden, ob die Bedienung Nichtraucherin ist. Mittlerweile ist es fast 01.00 Uhr und es hat sich merklich abgekühlt, was die Leute vom Treffpunkt aber nicht weiter stört. Darum kann ich mir auch heute Nacht wieder deren widerliche Stimmen anhören. Außerdem höre ich, wie Flaschen in einen Kasten gestellt und neue herausgenommen werden. Gut, dass ich es mir leisten kann, nachts nicht vor 02.00 oder 03.00 Uhr zu schlafen. Dennoch möchte ich die Leute bei lebendigem Leib grillen oder kochen. Und wenn die Schreie aufhören, dann weiß ich, dass ich es geschafft habe.

Es folgt eine weitere Nacht, welche die ignoranten Mistkerle dazu nutzen, Spaß zu haben. Und ich möchte mit Gegenständen, am liebsten Tüten voller Scheiße, auf sie werfen. Es ist bereits nach 02.00 Uhr, ich höre orientalische Musik und es scheint so als würden die Leute mit jedem Tag unverschämter und lauter. Mittlerweile stellen sie zu den Stühlen auch einen Tisch vor den Treffpunkt und lassen sich von ihrer neuen Bedienung Bier servieren. Muss man nicht eine Genehmigung haben, wenn man einen Biergarten aufbaut? Geht das alles mit rechten Dingen zu? Ich glaube nicht, weshalb ich in den nächsten Tagen einen Brief ans Ordnungsamt und den Bürgermeister schreiben werde.
Es gibt Leute, die mir Ohropax empfehlen oder sagen ich soll schnell ausziehen. Doch wer bezahlt mir den Umzug? Wer ersetzt mir die Kohle, die ich in die Wohnung gesteckt habe? Und habe ich hier nichts zu sagen, während die Unverschämten machen können was sie wollen? In was für einem Land leben wir hier eigentlich? Habe ich keine Rechte, außer das Recht auf Ohropax, das Recht Miete zu zahlen und mir orientalische Musik anzuhören? Jeden Tag werden es mehr Leute, die dort unten Lärm machen und ich sitze hier wie ein Vollidiot, der kurz davor ist Amok zu laufen. Mit einem Flammenwerfer könnte ich innerhalb weniger Minuten dauerhalt Ruhe schaffen. Ich spüre, wie ich anfange diese Leute abgrundtief zu hassen. Es kann nicht mehr lange dauern…


Peinlich
Um meine sexuellen Erfahrungen auszubauen oder weil mir einfach nur langweilig ist, rufe ich bei Samantha an. Da ich alles andere als konzentriert bin, merke ich erst nicht, dass ich einen ihrer Söhne am Telefon habe. Als ich es endlich realisiere, frage ich, ob Sabine da ist. Das kommt davon, dass ich mir keine Namen merken kann. Mir ist das alles peinlich. Ich kann ihre Söhne nicht leiden und frage als nächstes ob das der Anschluss von Samantha ist. Natürlich ist er das. Deshalb frage ich nun, ob Samantha da ist. Ist sie nicht. Ich sage, dass ich mich wieder melde und lege auf.
Das war so peinlich, dass ich definitiv nicht wieder bei Samantha anrufen werde. Nach der Nummer wird sie mich selbstverständlich auch nicht mehr anrufen, aber da sie keine Nichtraucherin ist, werde ich es wohl verkraften, nie wieder etwas von ihr zu hören. Und wenn ich ehrlich bin, dann hatte ich es schon beim letzten Treffen versaut. Vermutlich war sie sogar zu Hause und wollte einfach nicht mit mir sprechen. So einen Trottel wie mich gibt es vermutlich kein zweites Mal. Jetzt, da ich das mit Samantha endgültig versaut habe, kann ich mich voll darauf konzentrieren eine Nichtraucherin für mich zu finden. So bin ich abgelenkt und kann vielleicht den peinlichen Anruf vergessen. Gott, was bin ich nur für ein Trottel!


Ausstrahlung
Da ich bei dem Wetter nicht joggen mag, muss ich mir etwas anderes einfallen lassen. Einzige Alternative: Fitnessstudio. Doch da will ich eigentlich nicht hin, weil ich das Risiko, an Schweinegrippe zu erkranken, dort für zu hoch halte. Um mich dennoch zu motivieren nehme ich mir vor im Fitnessstudio nach einer Nichtraucherin zu suchen.
Kaum dreißig Minuten später bin ich im Fitnessstudio. Es sind einige attraktive Frauen da. Ich suche mir drei von ihnen aus und beginne meine Mission. Immer wenn eine der Frauen in meiner Nähe trainiert oder an mir vorbeigeht, gucke ich sie an. Sie gucken nicht. Vielmehr scheinen sie mich überhaupt nicht zu beachten. Ich bin etwas enttäuscht. Was ist nur los mit den Frauen? Zugegebenermaßen bin ich hier der einzige, der keine Muskeln hat und nicht nach Fitnessstudio aussieht, aber dafür trage ich mittlerweile Sachen, die mir passen und ein schönes blaues Sportshirt, welches meine blauen Augen besonders zur Geltung bringt. Was zum Teufel soll ich denn noch machen? Dabei habe ich so oft gelesen und gehört, dass man im Fitnessstudio jemanden kennenlernen kann. Ich hatte immer vermutet, dass das nicht stimmt. Nun habe ich eine weitere Bestätigung, dass im Fitnessstudio nichts geht. Zumindest für mich nicht. Und so gebe ich nach etwa fünfzig Minuten entnervt auf. Die Frauen hatten ihre Chance. Nun sollen sie sehen, wie sie klarkommen.
Am Nachmittag gehe ich bei Penny einkaufen. Auf dem Weg dahin muss ich an meinem Benz vorbei. Ein kleiner Junge ruft gerade begeistert „Ein Mercedes Stern“, und will danach greifen, als er sieht, dass ich ihn böse angucke. Er kriegt einen Schreck, zuckt zusammen, zieht seine Hand, die auf dem Weg zum Stern war, hastig zurück, seine Augen sind dabei weit aufgerissen. Ich sage nichts, gucke ihn einfach nur an. Er geht an mir vorbei und scheint immer noch leicht geschockt zu sein.
Bei Penny an der Kasse steht eine recht attraktive Frau vor mir. Ich schaue sie an. Sie bemerkt es, schaut weg und guckt mich nicht wieder an. Ich überlege, woran es liegen kann, dass ich bei Frauen, die ich unterwegs sehe, nicht ankomme. Auf dem Weg nach Hause finde ich die Antwort. Mein Aussehen alleine kann es nicht sein. Es ist meine Ausstrahlung. Ich strahle nichts, zumindest nichts für Frauen Interessantes, aus. Und Kinder kriegen direkt einen Schreck, wenn sie mich sehen. Und jetzt, wo ich das weiß, bringt mich das auch nicht weiter.
Ich gehe nach Hause und schalte den Fernseher ein. Es läuft Richter Alexander Hold. Ich starre auf den Bildschirm und kann kaum glauben, was ich da sehen muss. Eine Zeit lang bin ich wie paralysiert, dann gucke ich nicht mehr hin. So ähnlich muss es Frauen gehen, wenn sie mich erblicken, nur dass sie schon vor dem paralysiert werden weggucken. Meine Ausstrahlung entspricht somit einer TV-Gerichtssendung. Ich bin entsetzt. Wo kann ich mir eine neue Ausstrahlung besorgen? Am besten die Ausstrahlung einer amerikanischen Arztserie. Vielleicht Dr. House? Jetzt, wo ich einsam und verlassen auf dem Sofa sitze, möchte ich sein wie Dr. House. Ich will, dass meine Ausstrahlung die Frauen zwingt mich anzusehen. Und ich will, dass die Frauen, die mich dann ansehen Nichtraucherinnen sind und Sex mit mir haben wollen. Und wenn eine Frau tatsächlich Interesse an mir hat, dann versaue ich es, weil ich ein Idiot bin. Anschließend jammere ich wieder, dass ich keine Chancen habe und das Spiel wiederholt sich solange bis ich endlich aufhöre so ein Idiot zu sein.
Aufnahme
Gerade habe ich mein Telefon auf den Balkon gestellt, um den Lärm vom Café Bistro aufzuzeichnen. Wie durch ein Wunder ist es spontan ruhig. Ob es an dem hellen Licht liegt, welches vom Telefon ausgestrahlt wird? Haben sie es entdeckt und deshalb den Lärm eingestellt? Hat mich jemand vom Haus gegenüber verraten? Was ist plötzlich los? Vorhin war der Lärm größer als je zuvor und jetzt, wo mein Telefon von der Balkonbrüstung in die Nacht leuchtet, ist es so ruhig, als gäbe es das Café nicht mal mehr. Wurde ich ertappt und werde in den nächsten Tagen aus dem Weg geräumt? Vermutlich. Sollte man bald also nichts mehr von mir hören, werde ich wohl entsorgt worden sein. Dann war die Idee mit dem Telefon echt Scheiße. Nun fahren die Gäste vom Café Bistro nach Hause. Ich sollte anfangen mir Sorgen zu machen.


Leonetta
Bei Jappy entdecke ich zunächst Klobürste, eine Frau, die ich mal kannte und die mich ganz nett fand. Während ich noch darüber nachdenke, sie anzuschreiben, entdecke ich eine andere Frau, die ich von früher kenne, ohne sie wirklich zu kennen. Leonetta. Im Dezember 2007 haben wir uns kurz mal in der Live Station unterhalten. Ihrer Freundin habe ich damals meine Telefonnummer gegeben. Sie hat mich nie angerufen.
Ich schreibe Leonetta an und frage, ob sie aus Dortmund kommt und ob wir uns kennen. Sie weiß es nicht. Dennoch schreiben wir uns ein paar Mal, bis sie nur noch mit ja antwortet. Als ich frage, ob sie zu allem, was ich frage ja schreibt, bekomme ich als Antwort „Kann sein“ und ein paar Smileys. Danach bekomme ich nur noch Smileys. Ist sie beim schreiben verrückt geworden oder will sie mir so klar machen, dass sie nicht mit mir schreiben will? Ich frage sie, ob wir uns nur noch mit Smileys unterhalten sollen. Sie schreibt „Ist doch geil oder ??War grad am telefonieren. Hast du Lust zu telefonieren???“ Ich gebe ihr meine Telefonnummer und gehe mir die Zähne putzen.
Ein paar Tage später sitze ich vor dem Telefon und überlege, wen ich anrufen kann, als das Telefon plötzlich und unerwartet klingelt. Die Nummer auf dem Display sagt mir nichts. Ich nehme ab und höre eine Frauenstimme. Sie scheint etwas nervös zu sein, jedenfalls dauert es eine Weile bis sie mich fragt, ob ich der junge Mann mit dem Hut bin, der ihr bei Jappy seine Telefonnummer gegeben hat. Der bin ich wohl. Ihre Stimme ist nett und dass sie meinen Namen vergessen hat, nehme ich ihr nicht übel. Muss an der Nervosität liegen. Ich an ihrer Stelle wäre auch nervös, wenn ich bei mir anrufen würde.
Nach einer kurzen Anlaufzeit erzählt sie mir, dass sie so gerne wieder eine Beziehung hätte, dass sie einen Mann sucht, der weiß, was er will und auf den sie sich verlassen kann. Da ist sie bei mir jetzt allerdings nicht so ganz richtig. Sie ist sehr offen und fast schon zutraulich wie ein kleines Kätzchen. Ob sie immer so ist oder ob es an mir liegt? Ich bilde mir einfach ein, dass es an mir liegt, denn ich habe einfach diese Ausstrahlung am Telefon, dass manche Frauen einfach dahin schmelzen und sich bereitwillig öffnen. So erfahre ich viel Privates über sie und eben auch, dass sie einen Mann sucht, der weiß, was er will. Also ich will Sex und reich und berühmt werden. Sie erzählt weiter, dass sie immer sehr nett, sie sagt zu nett, ist und die Männer das wohl ausnutzen. Die Männer sind unehrlich und erzählen ihr immer, dass sie eine Beziehung wollen, doch in Wirklichkeit wollen die gar keine Beziehung. „Die Männer sagen das, weil Du eine Beziehung suchst und sie glauben, dass sie Dich, wenn sie sagen, dass sie ebenfalls eine Beziehung suchen, leichter ins Bett kriegen.“ – „Die können doch einfach sagen, dass sie nur Sex wollen, wenn sie keine Beziehung wollen. Ich sag doch auch, was ich will.“ – „Manche Männer können das halt nicht.“ Je mehr sie von sich erzählt, desto einsamer und trauriger kommt sie mir vor. Sie klingt zwar nicht so, aber ich bin mir sicher, dass sie es ist. Es wäre vermutlich sehr leicht für mich, sie einzulullen und ins Bett zu kriegen, doch da ich kein Arschloch bin, jedenfalls heute nicht, sage ich ihr, dass ich nicht an einer Beziehung interessiert bin. Ich erzähle ihr, dass ich mich gerne mit Frauen treffe und auch kein Problem damit habe, wenn so ein Treffen im Bett endet. Zu meiner Überraschung findet sie meine Einstellung, und dass ich so offen bin und ihr das sage, gut. Sie sagt, dass wir erwachsen sind und jeder selbst entscheiden kann, was er will oder eben nicht. Im weiteren Verlauf des Gesprächs klingt es so als würde sie nicht nur einsam sein, sondern auch Lust auf Sex haben. Zumindest bilde ich mir das ein und beschließe, dass ich der nächste Mann sein sollte mit dem sie Sex hat. Ich glaube, es würde ihr gut tun mit mir zu schlafen. Besser jedenfalls als mit einem verlogenen Heuchler zu schlafen. Ich denke, dass wir uns treffen sollten. Doch bevor ich sie nach einem Treffen fragen kann, fragt sie mich. Es gibt nicht viel, was mir besser gefällt als eine Frau, die direkt auf den Punkt kommt. Ich sage ihr, dass ich dafür bin, dass wir uns so schnell wie möglich treffen. Sie schlägt den Montag vor, da sie am Dienstag frei hat. Klingt gut. Ich bin einverstanden. Sie gibt mir ihre Mobilnummer und möchte, dass ich ihr eine SMS schreibe, damit sie meine Nummer abspeichern kann. Und wenn ich vor Montag nochmal bei ihr anrufen mag, würde sie sich sehr freuen. Anruf beendet. Später schicke ich ihr eine SMS und schreibe, dass ich mich freue sie am Montag persönlich kennen zu lernen. Sie antwortet. „Ich freue mich auch schon auf Dich! Es war schön mit Dir telefoniert zu habe. LG Leonetta.“ Natürlich war es schön mit mir telefoniert zu haben. Es gibt nur ganz wenige Frauen, die es nicht schön fanden mit mir telefoniert zu haben. Wie begeistert wird sie wohl sein, wenn sie mich erst geküsst hat?

Am nächsten Tag sitze ich einfach so im Schlafzimmer und starre die Decke an, da klingelt mein Telefon. Es ist die einsame Leonetta. Sie erzählt mir, dass sie total kaputt ist, dass ihre beste Freundin gleich zu ihr kommt, dass sie sich krank fühlt und übermittelt mir eine etwas ausführlichere Krankengeschichte ihres Lebens. Das törnt mich irgendwie ab. Sie bewegt sich auf sehr dünnem Eis. Wenn sie mit mir ins Bett will, sollte sie sofort damit aufhören. Außerdem klingt sie nicht wie eine 32 jährige, sondern eher wie ein pubertierender Teenie. Sie erzählt, dass sie nicht nein sagen kann, wenn jemand sie um einen Gefallen bittet. Also bitte ich sie meine Fenster zu putzen. „Aber nur, wenn Du mich dafür massierst“, sagt sie und es scheint ihr fast peinlich zu sein, dass sie so direkt ist. Ich sage ihr, dass ich kein Problem damit habe, dass sie direkt ist, ich aber nur einen Scherz gemacht habe und meine Fenster gar nicht geputzt werden müssen. Jetzt scheint sie etwas enttäuscht. Das kann ich aber nicht ändern, da ich nicht will, dass das Gespräch zu sehr in Richtung Körperkontakt geht. Zur Abwechslung erzählt sie nun von irgendwelchen Männern, die sich mit ihr verabredet haben, aber zu den Treffen nicht erschienen sind. Ich dachte immer, dass nur Frauen nicht zu Treffen erscheinen und frage sie, woran es wohl liegen kann, dass sie öfter versetzt wird. „Vielleicht an meiner direkten Art.“ – „Oder es liegt daran, dass Du möglicherweise nicht ganz pflegeleicht bist.“, denke ich mir, spreche es aber nicht aus. Ohne sie wirklich zu kennen habe ich jetzt schon das Gefühl, dass sie etwas anstrengend ist. Ein Treffen mit ihr wird auf jeden Fall eine Herausforderung für mich. „Warum kann denn nicht schon Montag sein?“ – „Wieso?“ – „Weil ich am Montag zum letzten Mal arbeiten muss und wir uns am Montag sehen.“, sagt sie voller kindlicher Vorfreude. Soll ich mich jetzt ebenfalls freuen oder mir Sorgen machen? Wieso ist sie nur so begeistert? „Ich freu mich riesig Dich am Montag endlich persönlich kennen zu lernen. Ist doch was anderes als so. Irgendwie prickelnder.“ Sie klingt so als würde sie am Montag einen wahnsinnig tollen Typen oder eine berühmte Person kennen lernen. Vielleicht sollte ich ein paar Autogrammkarten einstecken. Für alle Fälle.


Falten und eine fast zärtliche Berührung
Vor einigen Jahren habe ich mir vorgenommen, nie wieder aufs Brunnenfest nach Lünen zu gehen. Und jetzt sitze ich hier mit Manni und zwei Bekannten von ihm im Extrablatt und direkt vor uns tobt das Brunnenfest. Eine Band spielt so laut, dass es schwer ist sich zu unterhalten und die Leute, die sich hier so tummeln, sollten sie meiner Meinung nach woanders tummeln. Oder wir sollten diejenigen sein, die nicht hier sein sollten. Bei uns am Tisch sitzt eine 45 jährige, angeblich sympathische Frau mit ziemlich vielen Falten. Dreißig Jahre Rauchen haben bei ihr Spuren hinterlassen. Ich betrachte sie und denke mir, dass man mit vierzig halt nicht mehr so frisch aussieht und auch faltig werden kann. Dann fällt mir plötzlich ein, dass ich auch fast vierzig bin und bin irgendwie entsetzt. Das ist hier meine Altersklasse und ich bin auch faltig. Nicht so, als wenn ich dreißig Jahre geraucht hätte, aber irgendwie doch. Als mir die Frau dann noch sagt, dass ich aussehe wie vierzig bin ich deprimiert. Ich bin alt und ausgerechnet auf dem schrecklichen Brunnenfest wird es mir bewusst. Meine Zukunft liegt in Falten.
Etwa zwei Stunden später sitzen Manni und ich im Maximilian in Dortmund. Hier fühlen wir uns viel wohler. Die Optik ist besser und ich fühle mich wieder wie siebenundzwanzig und bin sicher, auch so auszusehen. Zumindest bilde ich mir ein jünger als vierzig auszusehen und denke daran, dass Leonetta mir gestern gesagt hat, dass ich jünger aussehe.Ich unterhalte mich kurz mit Loerz. Und zum zweiten Mal innerhalb einer Woche, fragt er mich, ob ich zu seiner Hochzeit komme. Und ob ich sein Trauzeuge sein will, damit es diesmal klappt. Langsam mache ich mir echt Sorgen, dass er das mit der Hochzeit ernst meinen könnte.
Um zu testen, ob ich nun jung oder alt bin gehen wir ins Bierhaus Stade. Es ist verdammt voll und der Männeranteil beträgt etwa 80%. Alles wie immer. Manni möchte etwas trinken und herausfinden warum er früher jedes Wochenende hier verbracht hat. Vor mir steht eine etwa 1,52m große Asiatin. Da es sehr voll ist, wird sie gegen mich gedrückt und ich kann ihre zarte Haut spüren. Meine Hand drückt gegen ihren Rücken, mein Arm berührt ihren Arm und sie fühlt sich verdammt gut an. Leider bereitet die Situation ihr weniger Freude als mir und so nutzt sie die erste Gelegenheit den Standort zu wechseln. Es waren fünf sehr schöne Minuten für mich und dennoch finde ich das Bierhaus Stade auch weiterhin doof. Außerdem ist mir klar geworden, dass es schon einige Tage her ist, dass ich eine fremde Frau berührt habe. Vielleicht bin ich doch alt und muss mich damit abfinden, dass meine Zeit abgelaufen ist. Manni kann auch nicht mehr nachvollziehen, warum er früher jedes Wochenende hier verbracht hat. Zeit zu gehen.
Im Auto wartet eine leckere Banane auf mich. Ein großartiger Abschluss eines denkwürdigen Ausflugs.


(Falsche?) Entscheidungen
Der Gedanke, mindestens dreiundvierzig Minuten zu joggen, gefällt mir nicht wirklich. Doch nachdem ich über eine Woche nicht joggen war, muss es sein.
Die ersten Minuten läuft alles bestens, doch in Minute achtundzwanzig verursacht mein rechtes Knie einen wirklich unschönen Schmerz. Und nun muss ich mich entscheiden. Handle ich erwachsen, wie ein fast Vierzigjähriger, und höre auf zu joggen oder folge ich dem Laufplan des gefühlten Siebenundzwanzigjährigen und laufe einfach weiter? Ich finde, dass ich, wenn ich schon aussehe wie ein fast Vierzigjähriger, ich nicht auch so handeln muss und laufe weiter. Fünfzehn weitere Minuten müssen zu schaffen sein. Die ersten fünf Minuten geht es auch ganz gut, doch dann meldet sich mein Knie zurück. Für mich heißt das, dass ich von nun an humpelnd jeden kleinen Anstieg bewältigen muss. Doch ich habe eine Entscheidung getroffen und da wird mein Knie mich nicht von abbringen. Es muss ziemlich erbärmlich aussehen, wie ich mich, halb humpelnd, halb laufend, durch den Wald bewege. Doch ich erreiche nach exakt 43.09 Minuten mit schmerzverzehrtem Gesicht mein Ziel. Nach einigen Minuten sind die Schmerzen weg und ich fahre nach Hause. Und obwohl ich einen Fahrstuhl im Haus habe, gehe ich die Stufen bis zur vierten Etage zu Fuß. Wobei ich das nicht wirklich als gehen bezeichnen würde, was ich da mache. Unter fantastischen Schmerzen schleppe ich mich bis zu meiner Wohnung, dusche und mache mich auf den Weg zu meinen Eltern. Mein Knie scheint aufgegeben zu haben. Aber nur so lange bis ich die Treppen zur Wohnung meiner Eltern erreicht habe. Von da an geht gar nichts mehr. Keine Ahnung, wie ich es nach oben schaffe, doch nichts im Vergleich zu den Schmerzen, den mir der Abstieg nach meinem Besuch bereitet. Und selbst ohne Treppen tut mir jetzt jeder Schritt weh. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Bis Dienstag habe ich nun Zeit mein Knie zu schonen. Dienstag stehen vierundvierzig Minuten auf meinem Laufplan. Abweichungen vom Plan kann ich mir einfach nicht mehr leisten. Schließlich bin ich irgendwie alt und habe nicht mehr so viel Zeit zum laufen.

Am frühen Abend telefoniere ich mit Leonetta. Heute ist sie mir wieder sympathischer. „Was machst Du gerade?“ – „Ich liege auf meinem Bett.“ – „Ich liege auch auf meinem Bett.“ Ich krame einen alten Spruch aus meinem Gedächtnis. „Dann können wir ja sagen, dass wir zusammen im Bett waren.“ – „Nur, dass Dein Bett ziemlich weit weg ist.“ – „Ja. Aber es ist ein Anfang.“ Ich glaube, damit habe ich das Gespräch jetzt in eine andere Richtung gelenkt. „Bleibst Du den ganzen Abend im Bett liegen?“ – „Nein, ich denke nicht, dass mir das gefallen würde.“ – „Dann zieh Deine Schuhe an und komm.“ – „Wohin?“ – „Wir treffen uns da, wo wir uns morgen treffen wollen.“ Schon wieder muss ich eine Entscheidung treffen.
Um 19.15 Uhr erreiche ich den verabredeten Treffpunkt. Sie wartet bereits auf mich, aber ich finde nicht, dass sie glücklich aussieht. Wir geben uns zur Begrüßung die Hand. Sie scheint eine Umarmung zu erwarten, ich will aber nicht umarmt werden. Nicht jetzt. Kaum gehen wir ein paar Schritte, fasst sie mich schon an. Das geht mir alles zu schnell. Wir gehen ins Starbucks. Ich hasse das Starbucks. Überteuerter Kaffee in Bierkrügen. Wir bestellen uns Latte Macchiatto. Wie selbstverständlich zahle ich für uns. Irgendwas stimmt doch nicht mit mir. Es ist bereits das dritte Mal hintereinander, dass ich für eine Frau bezahle. Sie bedankt sich und guckt mich an. Ich fühle mich etwas unwohl. „Du wirst bestimmt oft von Frauen angesprochen.“ – „Nein. Eigentlich nie.“ – „Versteh ich nicht. Du bist groß. Hast tolle Augen. Lange Wimpern.“ – „Danke.“ Mehr kann ich nicht sagen. Besonders meine Augen scheinen es ihr angetan zu haben, was sie auch immer wieder sagt. „Wollen wir noch was trinken?“ – „Ja, Aber nicht hier. Ist mir zu teuer und ich mag keinen Kaffee.“ Wir gehen rüber ins Alex. Auf dem Weg dahin kommt sie mir sehr nah und berührt mich mehrmals. Ich glaube, sie steht auf mich.
Im Alex reden wir über Beziehungen. Sie hatte eine in meinen Augen furchtbare Beziehung und tut mir Leid. Ich mache sie erneut darauf aufmerksam, dass ich mich gerne mit Frauen treffe, aber an mehr einfach nicht interessiert bin. Ich habe nicht das Gefühl, dass sie mich versteht. Stattdessen guckt sie mich einfach an. „Was denn?“ -„Blaue Augen.“ Mehr sagt sie nicht und ich beschließe, dass wir jetzt besser gehen. „Ist es okay, wenn ich Dich einlade?“ – „Klar.“ Endlich werde ich wieder eingeladen. Ich dachte schon das wäre vorbei. Warum ist sie nur so nett? So geht das nicht. Und doch muss ich wieder eine Entscheidung treffen. Läuft heute nichts, dann läuft auch morgen nichts. Dann läuft nie was. „Soll ich Dich nach Hause fahren?“ – „Echt?“ – „Ja.“ Wir gehen zu meinem Wagen und steigen ein. „Den habe ich mir gekauft, um Frauen zu beeindrucken.“ – „Das hast Du doch nicht nötig.“ Das sind einfach zu viele Komplimente für mich. Ich fahre und parke wenig später den Wagen vor ihrer Wohnung. Lustig, der Loerz wohnt auch hier. Ich weiß nur nicht, ob er im selben Haus wohnt. Nun sitze ich hier mit ihr quasi vor Loerz Wohnung und muss noch immer eine Entscheidung treffen. Sie sieht nachdenklich aus. Ich frage sie warum. „Weil ich jetzt aussteige und noch was sagen will.“ – „Sag doch einfach.“ Kurze Pause. „Okay. Dann sehen wir uns morgen.“ – „Das wars?“ – „Ja.“ – „Okay, dann kannst Du mich jetzt küssen.“ Noch ne Pause. „Du willst einen Kuss?“ – „Ja.“ – Dann hol ihn Dir.“ Sie küsst gut. Nach dem Kuss verabschiedet sie sich. Doch sie steigt nicht aus, sondern küsst mich erneut. Diesmal etwas länger und intensiver. Und es ist immer noch gut. Nach dem Kuss verabschiedet sie sich. Doch sie steigt schon wieder nicht aus, sondern küsst mich jetzt noch länger. Natürlich ist es immer noch gut. Ich liebe es, wenn eine Frau gut küssen kann, aber ich weiß nicht, ob es eine gute Entscheidung war. Zu meinem Glück schafft sie es beim dritten Versuch auszusteigen. Wie jung sie sich wohl in meinem Benz gefühlt hat? So viele Entscheidungen an einem Tag und keine Banane dabei. Wie soll ich so klar denken? Und auf was habe ich mich da jetzt eigentlich eingelassen?


Bangkok Dangerous
Leonetta ist 32 Jahre, 1,73m, hat eine normale Figur, lange Haare, schlanke Beine und außer Shorts und T-Shirt nichts an als sie mir um 19.03 Uhr die Tür öffnet. Ob das irgendwas zu bedeuten hat?
Sie zeigt mir ihre Wohnung und Fotos ihrer Verwandten. Ich weiß nicht, ob man das so macht, wenn man jemanden zu sich einlädt, aber mag auch nicht darüber nachdenken. Wir plaudern ein wenig und ich versuche ihr erneut zu erklären, dass ich Spaß haben will und sonst nichts. Sie sagt, dass sie das schon verstanden hat, aber sich nicht vorstellen kann mit jemandem zu schlafen, der auch mit anderen schläft. Hat das jetzt irgendwas für mich zu bedeuten? Nachdem sie mir noch einiges von sich erzählt, habe ich das Gefühl, dass sie bei Männern nichts anbrennen lässt und beschließe, dass es nichts bringt, wenn ich einfach nur so am anderen Ende des Sofas sitze. Also sage ich ihr, dass sie zu mir rüber rutschen soll. Sie will nicht. Ich soll zu ihr rüber rutschen. Folglich rutsche ich rüber und fange unverzüglich an sie zu küssen. Sie scheint es zu mögen und ich glaube auf dem richtigen Weg zu sein. Auch als sie sagt, dass sie eine Pause braucht, um etwas zu trinken, scheint alles normal zu laufen. Sie nimmt einen Schluck und sagt dann völlig unerwartet „Sollen wir jetzt einen Film gucken?“ Ist das ein Test? Oder Versteckte Kamera? Irgendwas scheine ich nicht mitbekommen zu haben. Sie legt Bangkok Dangerous ein. Ich will doch jetzt keinen Film sehen. Obwohl der Film läuft, unterhalten wir uns. Das kommt mir alles ziemlich albern vor. Nach einer Weile starte ich einen erneuten Versuch. Scheinbar mache ich alles richtig, denn der Film wird vollkommen unwichtig. Wieder scheint es als würde alles seinen Lauf nehmen. Wieder irre ich. Erneut braucht sie eine Pause. Das muss ein Test sein. Oder ich stelle mich so blöd an, dass sie es einfach nicht länger erträgt. Nach einer mehrminütigen Pause starte ich Versuch Nummer drei. Ich schaffe es diesmal sogar, sie auszuziehen und der Film ist mittlerweile auch zu Ende. Nun läuft es scheinbar wirklich. Ich glaube, jetzt habe ich sie. Der Film startet von vorne und sie muss was trinken. So etwas habe ich noch nie erlebt. Also fange ich ein viertes Mal an. Wieder scheint alles gut zu sein und wieder bleibt es beim Vorspiel. Denn jetzt ist es spät und sie muss schlafen. Da trifft es sich gut, dass auch ich mittlerweile ausgezogen bin. „Bleibst Du über Nacht?“ – „Nein.“ Das Angebot kann ich beim besten Willen nicht annehmen. Ich habe genug Informationen gesammelt. Ich weiß jetzt, dass sie vom Vorspiel durstig wird, dass ich mich nicht hätte ausziehen müssen und dass sie jetzt müde ist.
Es ist 23.24 Uhr als ich im Auto sitze, meine Banane esse und die besten Hits der 80er höre. Als ich zu Hause ankomme höre ich die Leute vom Treffpunkt. Vielleicht hätte ich doch bei ihr übernachten sollen. Verrückte Welt.


Café Bistro, Bistro Café
Mittlerweile entwickelt sich der Treffpunkt mehr und mehr zu einer richtigen Oase des Glücks. Er heißt auch nicht mehr Treffpunkt, sondern Café Bistro oder Bistro Café. Es gibt sogar einen Raucherclub und lustige Spielautomaten. Passend dazu werden die Gäste immer zahlreicher und der Lärmpegel ist ebenfalls angestiegen. Die neuen Gäste sind sogar Einheimische. Eine weibliche Bedienung, die bei Tageslicht und aus der Nähe betrachtet zwar jung ist und eine gute Figur hat, aber die Ausstrahlung einer Talkshowtussi hat. Sie ist übrigens auch eine Ruhestörerin und Intelligenz scheint bei ihr nicht so viel vorhanden zu sein. Zumindest klingt sie in meinen Ohren etwas behindert. Und wenn ich sie da unten reden höre, dann kann ich fast ihre Beschränktheit spüren. Sie hat scheinbar auch andere Frauen und Männer minderer Qualität dazu gebracht, nun im Café Bistro oder Bistro Café vorbeizuschauen. Und so gibt es den Lärm nun zweisprachig, was die Sache natürlich nicht erträglicher macht.
Inzwischen fängt der Lärm bereits so früh an, dass ich nicht einmal mehr in normaler Lautstärke Fernsehen kann. Und so wird der Laden, der früher nur ein Treffpunkt war, mehr und mehr zu einem Auffangbecken von überflüssigem menschlichen Ballast, der mich früher oder später in den Wahnsinn treiben wird. Aber ich denke, das ist in Ordnung, da es ja nun ein Café Bistro oder ein Bistro Café ist. Damit ist alles, was vorher erlaubt war, nun doppelt erlaubt. Ich bin entzückt und ratlos zugleich. Meine Wünsche, der Blitz möge in dem Café Bistro oder Bistro Café mit eingebautem Raucherclub einschlagen, haben sich bisher auch nicht erfüllt. Und so beobachte ich von meinem Balkon aus die ankommenden Gäste und lausche den wundervollen Klängen der glücklichen Menschen, die vollkommen emotional und in gehobener Zimmerlautstärke Spaß haben. Eigentlich sollte ich dankbar sein, dass ich in der Nähe solch glücklicher Menschen leben darf. Wieso kann ich nicht auch ein so glücklicher Mensch sein? Wieso bin ich ein Griesgram geworden? Warum kann ich das Glück der anderen nicht teilen? Bin ich ein Arschloch? Oder ein bekloppter und verabscheuungswürdiger Kartoffelfresser? Ich weiß es nicht, aber ich will mich bessern. Ich weiß nur noch nicht wie.


Es kommt eben doch darauf an, dass man mit der richtigen Person Sex hat
Nachdem mein Knie am Sonntag etwas unzufrieden war und ich extra einen Tag länger als geplant Pause gemacht habe, starte ich heute leicht skeptisch meinen Versuch die dreiundvierzig Minuten zu schaffen und es klappt. Mein Knie hält und ich laufe sogar 45 Minuten und 19 Sekunden. Nächstes Ziel. 46 Minuten. Und ich glaube, ich kann auch das schaffen. Was das joggen angeht ist meine Arbeitslosigkeit absolut perfekt. Sollte mir in nächster Zeit keine Job die Tour vermasseln, würde ich gerne bis zum Ende des Jahres einmal über eine Stunde laufen. Das wäre mein persönlicher Weltrekord und ich könnte mir einen Pokal überreichen. Flugs wollen mich noch mehr durstige Frauen und ich habe jede Woche mindestens ein lustiges Date. Es läuft. Und weil es gerade läuft, ruft schon die erste durstige Frau an. Leonetta. Sie hat morgen frei, hat sich ausgehfertig gemacht und gerade ihrer Verabredung abgesagt. Warum kann sie nicht begründen, doch ich ahne es. Ich frage sie, was sie heute noch machen will. Erst druckst sie rum, dann fragt sie, ob sie einen Vorschlag machen kann. Ich ahne, was kommen wird und sie fragt, ob sie mich für ein paar Stunden besuchen kann.
Kurz vor 22.00 Uhr ist sie bei mir. Wir machen es uns auf dem Sofa gemütlich und reden lange. Irgendwann mag ich nicht mehr reden und das Unheil nimmt seinen Lauf. Ich arbeite mich durch mein Sexprogramm, doch irgendwie finde ich ihre Reaktionen unangebracht bzw. vollkommen merkwürdig. Ich bin verwirrt, mache aber weiter. Plötzlich guckt sie mich an als wäre etwas passiert. Ich bin irritiert und sie sagt völlig entgeistert und dennoch überzeugt „Du bist gekommen!“ Ich weiß zwar, dass ich hin und wieder die Kontrolle verliere, aber ich weiß auch, dass ich ganz sicher nicht gekommen bin. Wieso auch? „Ich sage ihr, dass sie sich irrt.“ Jetzt ist sie scheinbar vollkommen neben der Spur. Ich versuche weiter zu machen, aber irgendwie kommt mir das alles komisch vor. „Hast Du Kondome?“ – „Natürlich habe ich Kondome.“ Allerdings hat das Kondom jetzt keinen Sinn mehr, da hier gar nichts mehr steht, wo man ein Kondom drüber ziehen könnte. Das war´s, hier geht nichts mehr. Zur Belohnung kommt einer meiner Lieblingssätze „Das macht doch nichts.“ Dafür könnte ich sie würgen. „Vielleicht habe ich Dich ja irgendwie abgetörnt.“ – „Du hast gesagt, dass ich gekommen bin.“ – „Ich hatte das Gefühl, dass Du gekommen bist. Ich bin ja kein Mann, aber vielleicht merkt man das nicht immer.“ – „Waaaaaaas? Wie soll man denn das nicht merken?“ Ich glaube das jetzt nicht. Das kann nicht ihr ernst sein. Nur weil ich bei Berührungen manchmal zusammenzucke, kann man doch nicht auf die Idee kommen, dass ich gekommen wäre. Das ist doch totaler Irrsinn. Wir sind eine Kombination, die sexuell absolut nicht geht. Ich kann vermutlich sogar nie wieder Sex haben nach diesem Schockerlebnis. Sie sagt, dass wir es in den nächsten Tagen nochmal versuchen und es dann sicher klappt. Ich sage gar nichts. Mehr als reden und etwas knutschen wird es mit uns nicht mehr geben. Wenn es beim ersten Mal nicht klappt, dann klappt es nie. Das weiß ich. Scheint so als hätte ich doch keinen Lauf. Zum Abschied rufe ich ihr ein Taxi. Was für ein Debakel.
Um 02.32 Uhr ruft sie mich an, um mir zu sagen, dass sie zu Hause angekommen ist. Ich frage sie, was die Taxifahrt gekostet hat. „22,40€.“ – „Ganz schön viel Geld für einen Abend.“ – „Ja. Aber hat sich gelohnt. War sehr schön.“ Jetzt komme ich mir irgendwie verarscht vor. Welcher Teil des Abends soll denn schön gewesen sein? Vermutlich meint sie die Taxifahrt. „Wenn ich beim nächsten Mal zu Dir komme, weiß ich wenigstens, was es kostet.“ Warum denn nochmal zu mir kommen? Ich bin in Bezug auf sie ab heute Impotent. Ich sage ihr, dass ich sehr müde bin und schlafen muss. Ich glaub das ja alles nicht.

Am Tag nach dem Debakel folgt das nächste Telefonat. Leonetta ist vollkommen verspannt und kann es sich nicht erklären. Ich sage ihr, dass das davon kommt, dass sie sich nicht entspannen kann. Sie schlägt daraufhin vor, dass wir deshalb mal zusammen ins Kino gehen. Ich verstehe den Zusammenhang zwar nicht, aber daran habe ich mich bei ihr längst gewöhnt. Ansonsten scheint sie noch viel mit mir vor zu haben und hat mich wohl in ihr Herz geschlossen. Demnächst möchte sie auf jeden Fall bei mir übernachten. Um das Thema zu wechseln, schlage ich ihr vor, dass sie sich mal mit anderen Typen trifft. Vielleicht hilft ihr das ja irgendwie weiter. Erst will sie nicht, dann sagt sie, dass sie darüber nachdenken wird. Ich hoffe, sie findet ganz schnell jemanden, da ich nur sehr begrenzt zur Verfügung stehe.

Nach dem merkwürdigen Sexerlebnis des Vortages habe ich mir fest vorgenommen, dass es heute besser wird. Und es klappt tatsächlich. Niemand hat Durst, niemand kann plötzlich nicht mehr, es wird kein Film eingelegt, niemand ist unentspannt, niemand sagt mir, dass ich gerade gekommen bin und so nehmen die Dinge ihren Lauf. Der vermutlich wichtigste Unterschied des Abends und Hauptgrund dafür, dass heute alles klappt, ist, dass ich statt mit Leonetta mit Ursula im Bett liege. Die weiß wenigstens, wie richtiger Sex geht und auch wann ich gekommen bin und wann nicht.


Fernsehabend
Nach den letzten aufregenden Tagen lasse ich es heute ruhiger angehen. Direkt nach der Tagesschau gucke ich Schmitz in the City. Zumindest versuche ich es. Doch es fällt mir nicht leicht. Vollkommen natürlicher Humor sieht anders aus. Passend dazu gibt es ein unglaubliches schreckliches Publikum, welches sogar vollkommen ausrastet, wenn jemand aus dem Publikum einen Pudding geschenkt bekommt. Das ist nicht schön. Es wird jemandem eine Torte ins Gesicht geschlagen und das Publikum rastet erneut vollkommen aus. Egal, wie banal und unnatürlich ein sogenannter Gag ist, dass Publikum dreht total durch. Es reicht nicht, einfach nur zu klatschen, es muss gegrölt werden und ich sitze fassungslos vor dem Fernseher. Sehe ich hier den Untergang des deutschen Humors? Ist das ein repräsentativer Blick in die deutsche Seele? Bin ich ein Dinosaurier, der mir derart seichtem Humor nichts anfangen kann? Was passiert hier? Nun ist der kleine Mann, nach dem die Sendung benannt wurde, in Bochum und verlegt einen Rollrasen. Eine Frau kommt angefahren, es gibt einen unfassbar platten Dialog, dann pflanzen die beiden Grünzeug in Kübel. Das Publikum tobt und gerät mehr und mehr in Ekstase. Ich sitze vollkommen perplex vor meinem Fernseher. Habe ich irgendwas nicht mitgekriegt? Ist die Verblödung in den letzten Tagen so weit fortgeschritten? Sind das die Folgen der Schweinegrippe? Und geht das wieder weg? Endlich kommt die erste Werbepause. Ich schalte den Fernseher aus und starre völlig verstört ins Nichts. Ich glaube, ich bin tot.
Die Stimmen der Leute vom Café Bistro wecken mich aus meinem persönlichen Koma. Ich bin also doch nicht tot. Allerdings glaube ich, dass ich nie wieder Fernsehen will. Die nächsten Stunden verbringe ich damit, den Leuten vom Café Bistro zuzuhören und frage mich, was mich mehr quält, das Fernsehprogramm oder die Leute vom Café Bistro.

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