Februar 2010

Spülschwamm
Ich kenne eine Frau, die ihren Spülschwamm jede Woche ersetzt. Meine früheren Mitbewohner wechseln ihren Spülschwamm alle vier bis spätestens sechs Wochen. Mein Spülschwamm ist jetzt sechs Monate alt und noch immer in einem guten Zustand. Kann es sein, dass die alle nicht wissen, wie man einen Spülschwamm behandeln muss, damit er länger hält?


Vorzeigearbeitsloser
Wieder ist eine Woche fast vorbei. Eine Woche in der ich mein Auto nicht gesehen und die Wohnung nur für kurze Augenblicke verlassen habe. Meine Verspannungen sind vom vielen abhängen mittlerweile so stark, dass die ABC-Wärmepflaster, die ich, entgegen meiner Aussage vom Januar, doch wieder benutze, kaum noch wirken. So bin ich gezwungen täglich Schmerzmittel zu mir zu nehmen. Ich bevorzuge seit Jahren Dolormin. Selbst bei täglicher Einnahme wirken sie noch und ich verspüre keine Abhängigkeit.
ö´j
Ein Blick in meinen Wäschekorb zeigt mir, dass ich seit Tagen dieselben Klamotten trage. Daraus schließe ich, dass ich auch seit Tagen nicht mehr geduscht habe. Also kann ich davon ausgehen, dass selbst meine Wohnung mittlerweile sauberer und gepflegter ist als ich es bin. Ich bin gespannt, wie lange es noch dauert bis ich anfange unangenehm zu riechen und ob ich es überhaupt merke.
So jedenfalls werde ich mehr und mehr zu einem Vorzeigearbeitslosen. Als nächstes sollte ich mir abgewöhnen morgens so früh aufzustehen und mir nicht mehr fünfmal am Tag die Zähne putzen. So entspreche ich dann auch immer mehr dem Klischee, welches von Arbeitslosen in weiten Teilen der Bevölkerung herrscht. Ob das wirklich erstrebenswert ist, weiß ich nicht, erscheint aber auch unwichtig, da Arbeitslose eh für alles Elend im Land verantwortlich sind. Wieso sollte ich den Leute also nicht entgegen kommen und ihre Vorurteile bestätigen?
Vor nächsten Donnerstag muss ich, wenn ich richtig informiert bin, die Wohnung nicht verlassen, was bedeutet, dass ich mich bis dahin auch nicht duschen oder umziehen muss. Ich glaube, ich bin auf einem guten Weg und bin bald nicht mehr nur ein Klischee.


Kaugummi Nadja meldet sich zurück
Nach langer Zeit meldet sich Kaugummi Nadja zurück und fragt, ob ich am Donnerstag Zeit habe. Ein Blick in meinen Terminplaner bestätigt mir, dass ich am Donnerstagnachmittag noch frei bin. So vereinbaren wir Uhrzeit und Treffpunkt und ich schreibe ihr, dass ich mich freue von ihr unterhalten zu werden. Daraus entsteht folgender Dialog. „Sorry, hatte auf Deine Geschichten gehofft. Ich erlebe zwischen Job, IHK und meinem zu kurzen Schönheitsschlaf nichts mehr!“ – „Oh. Dann schweigen wir uns an und ich genieße Deinen Anblick und die Tatsache mit einer attraktiven Frau Kaffee zu trinken. Mir reicht das.“ – „Ich glaube mit der Attraktivität ist nix zu machen. Du wirst Deine Zeit mit einer abgearbeiteten, karnevalsgeschädigten Tussi abreißen! Aber auch das kann lustig werden. Ab der 100. Falte hast Du keine Lust mehr weiterzuzählen.“ – „Alles was an Attraktivität fehlt musst Du durch Deinen Charme ausgleichen. Ich bin sicher, dass Du mich nicht enttäuschen willst und wirst.“ – „Ich werde mir Mühe geben. Dann werde ich wirklich versuchen müssen mal nett/charmant zu sein…keine einfache Aufgabe! Bis dann.“
Ich bin sehr gespannt, ob ihre Charmeoffensive mich am Donnerstag begeistern kann. Wenn nicht, schicke ich sie einfach nach Hause. Alles andere wäre unnötige Zeitverschwendung.

Am Tag des geplanten Treffens erhalte ich eine SMS von Kaugummi Nadja. Sie muss unser Treffen wegen einer akuten Migräne absagen. Da ich fürchte, dass das mit den Frauen in diesem Jahr nicht wirklich laufen wird, beschließe ich, die Playstation, die ich mir bei ebay gekauft habe, zu behalten. Damit bin ich wenigstens beschäftigt und muss mir keine Gedanken mehr über irgendwelche Verabredungen machen und mich auch weiterhin nicht waschen. Ich werde nun in mein neues Leben eintauchen. Leb wohl, altes Leben.


Meine neue Betreuerin
Bevor ich der Einladung der ARGE nachkommen kann, muss ich tanken. Da ich keine halben Sachen mag, tanke ich voll. Der Spaß kostet mich 86,70€ und ich bin abermals froh eine Playstation zu haben, weil ich mir derartige Tankorgien einfach nicht mehr leisten kann.
Bei der ARGE lerne ich meine neue Betreuerin kennen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich es mit ihr nicht so gut haben werde. Kaum denke ich es, bestätigt sich mein Verdacht. Ab sofort soll ich alle meine Bewerbungsbemühungen protokollieren und ihr regelmäßig vorlegen. Das ist jetzt irgendwie doof, da ich beschlossen hatte keine Bewerbungen mehr zu schreiben und mich aus dem Berufsleben vollkommen zurückzuziehen. Entweder muss ich mich nun wieder um einen Job bemühen oder ich schreibe einfach nur, dass ich mich beworben habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine neue Betreuerin die Zeit hat meine Angaben zu überprüfen. Zum Abschluss unterschreibe ich die übliche Eingliederungsvereinbarung, die Arbeitslose alle sechs Monate unterschreiben müssen. Bürokratenkram den die Welt nicht braucht.


Beerdigung
Beerdigungen finde ich fast noch deprimierender als den Verlust eines Menschen, der einem Nahe steht. Auf Beerdigungen muss man sich in einer besonderen Form mit dem Tod auseinandersetzen. Die Trauerfeier, bei der man sich eine Rede über den Verstorbenen oder die Verstorbene anhören muss, ist eine echte Tortur. Die Stimmung ist furchtbar deprimierend und einem wird wieder deutlich, dass alles ein Haltbarkeitsdatum hat. Der nächste Akt ist fast noch schlimmer als die Trauerfeier. Das Herablassen des Sarges ins Grab. Wer will schon sehen, wie ein geliebter Mensch bzw. sein lebloser Körper in ein Loch verfrachtet wird? Ich finde das Ritual der Beerdigung jedenfalls sehr grausam. Anschließend folgt meist das gemeinsame Kaffeetrinken. Man redet über die Verstorbenen, trauert und ist deprimiert. Was aber passiert, wenn man sich bei einer Beerdigung in jemanden verguckt? Was, wenn die Witwe einem gefällt? Gibt es eigentlich Flirtregeln für Trauerfeiern? Gibt es Leute, die auf einer Beerdigung den Partner fürs Leben gefunden haben? Wenn einem die Witwe gefällt und man sagt „Jetzt wo Dein Mann tot ist, hast Du sicher Zeit mit mir auszugehen.“, ist man dann pietätlos? Ist es wirklich ein Kompliment, wenn man sagt „Die Farbe Deiner Augen kommt besonders gut zur Geltung, wenn Du weinst.“? Oder wie wäre es damit? „Ich muss gestehen, dass es mich ziemlich angemacht hat, wie Du die Erde auf den Sarg geworfen hast.“ Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gut ankommt. Wie lernt man auf einer Beerdigung jemanden kennen, ohne die Regeln des guten Geschmacks zu verletzen? Und kann ein Quickie nach einer Beerdigung die Anspannung nur kurz oder auch etwas länger lösen?


Kein Sperma für Leonetta
Nach einer etwas längeren Pause telefoniere ich mal wieder mit Leonetta. Und es ist alles wie immer. Sie hat mich vermisst, möchte mich endlich wiedersehen, will unbedingt von mir geküsst werden und braucht meine magischen Hände. Wozu sie die braucht, sagt sie allerdings nicht. Außerdem will sie endlich wieder einen Schwanz in ihren Händen haben. Das klingt ja alles nicht wirklich schlecht. Das Problem ist nur, dass es Leonetta ist. Denn neben der Tatsache, dass sie mich irgendwie impotent macht gibt es einen noch wichtigeren Grund, warum ich keinen Sex mit ihr haben werde. Ihren Kinderwunsch. Und da ich, weil ich so schöne Augen habe, sicher ein guter Vater wäre, wäre ein Kind von mir natürlich ein Traum. Keine Ahnung, wie eine Frau auf solch abstruse Gedanken kommen kann. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sie mir fast bei jedem Treffen sagte, dass sie irgendwann mein Sperma klauen wird. Das ist leider nicht irre witzig, sondern nur irre. Witzig ist es maximal für Unbeteiligte. Und so gibt es mit Leonetta auch 2010 eine Frau, mit der ich regelmäßig Spaß haben könnte, die aber leider vollkommen ungeeignet für diese Art von Spaß ist. Das Leben kann echt hart sein. Morgen will sie mich besuchen und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Auf jeden Fall muss ich mein Sperma gut vor ihr verstecken. Und so durchsuche die komplette Wohnung, um sicherzustellen, dass sich nicht irgendwo Sperma von mir befindet. Jeder Schrank, jeder Winkel wird von mir akribisch untersucht. Erst als ich sicher bin, dass es hier nirgendwo Sperma für Leonetta gibt, bin ich beruhigt. Jetzt kann sich mich besuchen, wenn es unbedingt sein muss

Am Freitagmorgen um 08.24 Uhr besucht sie mich. Warum es so früh sein muss, weiß ich nicht genau. Vielleicht hat sie heute in den frühen Morgenstunden ihre fruchtbare Phase. Vielleicht hat sie es auch einfach nur nicht mehr ohne mich ausgehalten. Glücklicherweise hat sie ihren Besuch rechtzeitig angekündigt, so dass ich sie frisch geduscht und ordentlich gekämmt empfangen kann. Der Begrüßungskuss ist sehr intensiv. Küssen kann sie immer noch und ihre Zunge weiß sie auch recht gut einzusetzen. Dennoch wird es zu mehr nicht kommen. Da kann sie versuchen, was immer sie will. Mein Sperma gehört mir. Nach der kurzen und anregenden Begrüßung bekommt sie einen Fencheltee. Sie fragt mich mal wieder, warum ich sie nicht will bzw. wollte. Weil ich mich für eine andere entschieden habe. Weil ich keine feste Beziehung will und weil wir keinen Sex miteinander haben können. Diese Begründungen sollten reichen. Sie ist enttäuscht und weist darauf hin, dass sie gut im Bett ist. „Stimmt. Du bist sogar so gut, dass ich nicht einmal bemerkt habe, dass ich gekommen bin.“ An dieser Stelle wechseln wir das Thema.
Später legt sie sich auf mein Bett, schiebt ihren Pulli hoch, streicht mit ihrer Hand über ihren Bauch und sagt: „Ich habe abgenommen.“ – „Hast Du?“ – „Ja.“ – „Sehe ich nicht.“ Wirklich weitergebracht hat sie dieser Versuch jetzt nicht. Als sie mich wenig später küsst, beschwert sie sich über meinen Bart, der ihr zu sehr kratzt. Dann soll sie mich halt nicht küssen. Weil sie mich aber viel zu gerne küsst, ignoriert sie meinen Bart und startet weitere Kussattacken, die sie aber auch nicht ans erhoffte Ziel bringen. Wir werden in diesem Leben keinen Sex miteinander haben, so viel steht definitiv fest. Allerdings muss ich auch gestehen, dass nach all den Küssen noch viel mehr steht. Ach, wäre Leonetta doch nur nicht Leonetta, wie schön wäre es dann, langsam in sie einzudringen und morgendlichen Sex zu haben. Nach etwa drei Stunden verlässt sie mich wieder. Ich bin erfreut, dass ich vor dem Mittagessen eine Frau küssen durfte, starte meine Playstation und tauche ab in meine virtuelle Welt.

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