Dezember 2011

Träume
Gegen Träume kann man ja bekanntlich nichts machen. Man hat nicht einmal großen Einfluss auf den Inhalt der Träume. Und es gibt Träume, die einem gefallen und solche, die einem nicht gefallen. Ich mag die Träume in denen ich Sex habe, mögen sie auch noch so bizarr sein. Ich finde meine Träume übrigens grundsätzlich bizarr. In meinen Sexträumen habe ich immer viel Spaß und bin irgendwie begeistert, weil ich so toll bin und die geilsten Weiber bekomme. Gerade in Zeiten, in denen ich kaum Sex habe, mag ich diese Art von Träumen sehr. Solche Zeiten sind jetzt. Doch was für Träume habe ich in letzter Zeit immer häufiger? Alpträume! Und die sind so eklig, dass ich nachts regelmäßig schreiend aufwache. So etwas braucht kein Mensch. Selbst ich nicht. Scheiß krankes, falsch programmiertes Gehirn.


02. Dezember 2011
Ich neige dazu, die Deckblätter der Bewerbungen etwas bunter zu gestalten als der normale Durchschnittsbürger. Dieses verspielte Design übertrage ich auf die Kopfzeilen der Bewerbungen und der Lebensläufe. Ich mag es farbig. Und je länger ich hier sitze, desto merkwürdiger gestalte ich die Deckblätter. Für die nächste Bewerberin habe ich etwas ganz Besonderes gestaltet. Auf ihrem Deckblatt schießen zwei raketenähnliche Formen Sterne ab. Die Grafiken leuchten in einem Blutorange und jedes Mal, wenn ich mir das Deckblatt anschaue, muss ich lachen. Ich finde das Design äußerst gewagt. Sollte die Bewerberin sich dazu äußern, werde ich ihr sagen, dass das unsere Dezember- oder Weihnachtskollektion ist. Außerdem ist diese exquisite Designkreation nur für sie. Vielleicht sage ich auch etwas ganz anderes. Die Bewerberin bringt ihren Mann mit zu dem Termin. Der Mann spricht kein deutsch. Warum auch? Braucht man hier nicht. Als ich den Lebenslauf ausdrucke, fragt die Frau, was die Raketen zu bedeuten haben. Sie wirkt so als würde ihr das nicht gefallen. Ich sage ihr, dass es ihre ganz persönliche Kopfzeile ist. Sofort ist sie zufrieden und sagt nichts mehr. Cool.
Ab 11.31 Uhr passiert nichts mehr. Den Rest des Tages verbringen wir damit uns selbst zu bespaßen. Wir gucken im Internet, ob Joopie Heeseters noch lebt und was Blacky Fuchsberger so macht. Die Bürgerarbeiterin sucht im Internet nach ihm. Nach einer Weile meint sie, dass sie zwar Blacky Fuchsberger eingibt, ihr aber ständig ein Joachim Fuchsberger angezeigt wird. Woran mag das wohl liegen? Kaum habe ich ihr erklärt, dass Blacky und Joachim eine Person sind, müssen wir lachen bis uns die Tränen kommen. So leicht kann man sich mit nichts unterhalten. Und dafür werden wir auch noch bezahlt. Vielleicht war es in der DDR doch gar nicht so schlecht. Um 13.40 Uhr bringt mir die Bürgerarbeiterin ein Duplo. Sie gibt mir ständig irgendwas zum naschen. Da sag noch einer, das Bürgerarbeit unnütz ist.


Haushaltstip
Frisches Sperma kann man recht einfach mit einem Schwamm und etwas Spülmittel von einem dunklen Sofa entfernen. Noch besser wäre es, man würde ein Kondom benutzen, wenn man Sex mit einem Sofa hat. Kondome schützen nämlich.


05. Dezember 2011
Um 10.03 Uhr, mein Frühstücksbrot ist noch nicht vollständig verspeist, erscheint ein Mensch ohne Termin. Ihm wurde das Arbeitslosengeld für eine Woche gestrichen und er soll den Betrag zurückzahlen. Er fragt, ob ich ihm einen Widerspruch schreiben kann. Während ich noch nach den richtigen Worten für den Widerspruch suche, fragt er, ob wir eine Kaffeekasse haben. Ich erkläre ihm, dass wir so etwas nicht haben dürfen. Er will den Widerspruch aber nicht umsonst haben und fragt, ob wir etwas vom Bäcker wollen. Ich bestelle ein Stück Apfelkuchen, die Bürgerarebiterin möchte nichts. Der Mann verschwindet kurz zum Bäcker und kommt mit zwei Stückchen Apfelkuchen zurück. Es liegen nun quasi zwei Kündigungsgründe auf meinem Tisch. Gut, dass mein Vertrag bald ausläuft. Ich werde nämlich täglich krimineller.
Nächste Besucherin, nächstes Geschenk. Ich bekomme eine große Packung Toffifee. Auch dieses Geschenk werde ich behalten und nicht an die Geschäftsleitung weitergeben. Die Geschäftsleitung sollte sich eigentlich darüber freuen, denn wenn die alles essen müssten, was es geschenkt gibt, dann würden die nur fett und träge. Und eine fette und träge Geschäftsleitung kann wirklich niemand wollen. Doch ob ich mit meiner Argumentation vor Gericht eine Chance hätte, darf bezweifelt werden.


06. Dezember 2011
Viel ist nicht los am heutigen Nikolaustag. Zumindest so lange nicht, bis der Ehrengast erscheint. Er hat wieder ein Problem mit E-Plus. Die wollen doch tatsächlich Geld von ihm. Heute trägt er über seiner grauen Kapuzenjacke eine dünne, schwarze Jacke. Warm kann das auch nicht sein. Seinen Brief verziere ich heute mit einem kleinen Logo. Ein Leichenbild aus dem Film „Die Nacht der reitenden Leichen“, welches meine Kollegin extra für ihn erstellt hat. Vom Aussehen und Geruch sind die Leichen und er sich sicher ähnlicher als es ihnen bewusst ist. Das Logo bemerkt er nicht. Bin gespannt, wie er reagiert, wenn er es irgendwann bemerkt. Etwa drei Minuten nachdem er sich verabschiedet hat, kommt er zurück. Eine Frage hat er noch. Er versteht ein Schreiben von Poco nicht. Ich erkläre ihm, dass es sich dabei um eine gewöhnliche Absage handelt. Gut, dass ich ein so kompetenter Fachmann bin.
Der Raum, in dem die heutige Betriebskonferenz stattfindet, musste gewechselt werden, weil der ursprünglich vorgesehene Raum doppelt gebucht war. Scheinbar sitzen überall nur noch verwirrte Pappnasen, die nicht wirklich etwas auf die Reihe kriegen. Weil der neue Raum, in dem die Betriebskonferenz nun stattfindet, kleiner ist, gibt es keinen Platz für das geplante Buffet, und so wird das ganze Essen nun auf den Tischen verteilt. Links von mir steht der stinkende Fisch, rechts von mir die stinkende Käseplatte. Das ist durchaus ekelhaft. Von dem Essen rühre ich nichts an, da ich weiß, wer es zubereitet hat. Die Alleinerziehenden. Das kann ich unmöglich essen. Zunächst begrüßt der Geschäftsführer uns, dann erzählt er vom letzten Jahr und davon, dass es Umstrukturierungen geben muss, weil es wieder weniger Geld geben wird. Alle müssen sparen. Bla bla bla. Als nächstes wird eine Mitarbeiterbefragung vom Frühjahr 2010 per Powerpoint präsentiert. Herrlich uninteressant, dafür topaktuell. Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung vom Frühjahr 2011 werden Ende 2012 präsentiert. Da soll nochmal jemand sagen, dass in Deutschland nicht ordentlich gearbeitet wird. Bevor wir zum Ausblick auf das Jahr 2012 kommen, gibt es eine Pause und das Buffett darf geplündert werden. Da freu ich mich wirklich sehr. Meine Freude werde ich aber erst Ende 2012 zeigen, weil ich nämlich sehr anpassungsfähig bin. Und so sitze ich hier und schaue den Mitarbeitern dabei zu, wie sie sich über das Buffet hermachen. Nach einer gefühlten Ewigkeit geht es endlich weiter im Programm und es folgt der Ausblick auf 2012. Da die Jobcenter mal wieder umstrukturiert werden, ist die finanzielle Lage wenig durchschaubar und so werden einige Maßnahmen nicht mehr gefördert. Natürlich gehört nach heutigem Stand meine Weiterbildung dazu. Das höre ich doch gerne. Ich will jetzt sofort meine Weihnachtstüte. Wenige Augenblicke später ist es tatsächlich soweit und ich bekomme sie. In der Tüte sind Nüsse, Mandarinen, ein Nikolaus von Milka, selbstgebackene Plätzchen, die ich aber nicht essen kann, weil sie die Alleinerziehenden gebacken haben, und Tee. Der Tee hört auf den Namen ‚Heile Welt‘. Finde ich sehr passend, ist es doch etwas, wovon viele Menschen träumen, eine heile Welt. Dummerweise wird es diese aber nicht geben, solange es Menschen gibt. Eine bessere Teesorte hätte man wirklich nicht auswählen können.


07. Dezember 2011
Dreizehn Arbeitstage bis zum Ende der Weiterbildung. Ab sofort bekommen fast alle Besucher identische Bewerbungen, so wie sie es von meinem Vorgänger gewohnt waren. Ich werde keine individuellen Deckblätter mehr erstellen. Ich muss die Weiterbildung langsam ausklingen lassen und mich auf meine Rückkehr in die Arbeitslosigkeit vorbereiten. Bald bin ich wieder in meinem Element.
Die erste Besucherin des Tages ist 41 Jahre, sieht aber aus wie 60. Sie ist seit acht Jahren arbeitslos und ich frage mich, warum das Jobcenter ihr vorschlägt, sich als Kassiererin zu bewerben. Das ist so dermaßen sinnlos, dass mir die Worte fehlen. Zeitverschwendung für alle Beteiligten.


Urinflecken
Stehpinkler verursachen Urinflecken. Neben der Toilette, an den Wänden und besonders häufig direkt vor der Toilette. Das ist nicht schön, sondern ekelhaft. Deshalb habe ich es mir angewöhnt, nur noch im Sitzen zu pullern. So erspare ich mir diese unappetitlichen Flecken und zusätzliche Putzorgien. Ich bin mittlerweile kaum noch in der Lage, im Stehen zu pinkeln. Besonders vor Urinalen bin ich deshalb immer etwas irritiert. Doch das ist eine andere Geschichte. Was mich jetzt etwas irritiert, ist diese merkwürdig feuchte und unschöne Stelle, diese Art Fleck, die ich hier vor meiner Toilette entdecke. Von mir kann das nicht sein. Nie würde ich meine Toilette im Stehen benutzen. Sollte irgendein Gast etwa hier rumgesaut haben oder hat der Fleck eine andere Ursache? Das lässt sich vermutlich nicht so einfach herausfinden. An dem Fleck riechen möchte ich auch nicht, also nehme ich mein Putzzeug, gehe auf die Knie und entferne diesen widerlichen Fleck. Ich hasse es, unnötige Putzarbeiten durchführen zu müssen. Ich werde ein Schild anbringen, welches Stehpinkeln verbietet. Sollten solche Flecken danach erneut auftauchen, werde ich eine Kamera installieren müssen. Wenn ich dann jemanden beim Stehpinkeln erwische, gibt es Hausverbote und die Videos der Stehpinkler werde ich im Internet präsentieren. Da bin ich knallhart. Da greife ich rigoros durch. Schluss mit unnötigen Urinflecken!


08. Dezember 2011
Der erste Besucher des Tages hat keinen Termin. Dafür riecht er nach Alkohol. Wer keinen Termin hat und nach Alkohol riecht, bekommt keine gute Bewerbung. Seine hier gespeicherte Bewerbung ist extrem schlecht. Trotzdem überarbeite ich sie nicht. Es gibt schließlich Regeln. Und ich bin sowieso bald arbeitslos. Vielleicht stinke ich dann auch schon morgens nach Alkohol.
Am Nachmittag ruft die Chefin mich an und fragt, ob ich meinen Vertrag zwei Monate verlängern möchte. Ich erkläre mich direkt einverstanden. Alles andere wäre albern. Meine Laune wird aber nicht besser. Möglicherweise bin ich doch nur ein depressives Arschloch. Aber ein depressives Arschloch, welches noch zwei Monate eine Beschäftigung hat. Immerhin.


09. Dezember 2011
Eine Besucherin kommt herein, um ihren Lebenslauf, den ich für sie ausgedruckt habe, abzuholen. Ich übergebe den Lebenslauf und bekomme eine Tafel Milka Schokolade. Noisette. Ich liebe Geschenke.
Um 13.37 Uhr geht die Tür in Zeitlupe auf. Der Ehrengast hat wieder ein paar Fragen mitgebracht. Er versteht einen Brief von E-Plus nicht richtig. Es geht um seine Onlinerechnung und ein neues Passwort. Ich erkläre ihm Schritt für Schritt, was er zu tun hat, fürchte aber, dass ihm das nicht wirklich hilft und er schon bald wieder Fragen dazu hat. Außerdem möchte er einen weiteren Brief an E-Plus schreiben. Er hat sein IPhone 4S erneut wegen eines Defekts zurückgeschickt und möchte nun wissen, wie lange es dauert bis er es zurückbekommt. Schön sinnlos, aber ich schreibe ihm den Brief. Bin eh schon lange sein Privathampelmann.


10. Dezember 2011
Post vom Jobcenter. Mein Zusatzgehalt bzw. mein Mehrbedarf wurde ausgerechnet. Im Monat November sind es 82,63€. Im Dezember 42€ und ab Januar 72,60€. Wie diese fast jeden Monat anderen Beträge zusammenkommen, lässt sich nicht wirklich erklären. Mir ist das alles eindeutig zu kompliziert. Ich frage mich, ob es wirklich strenge Regeln gibt, oder ob der Mehrbedarf innerhalb gewisser Grenzen jederzeit verändert werden darf. Je nach Lust und Laune der Mitarbeiterin, die bei mir für die Berechnungen zuständig ist. Vielleicht fehlt mir auch einfach nur die Intelligenz, um das alles begreifen zu können. Es lebe der Verwaltungsapparat.


Schlauer Pole
In unmittelbarer Nachbarschaft wohnt ein polnisches Ehepaar. Der Ehemann suchte ein neues Fahrzeug und wurde im Internet fündig. Er kaufte das Fahrzeug und hatte dann die geniale Idee, dass er, wenn er das Fahrzeug abholt, die Nummernschilder vom Fahrzeug seiner Frau benutzen kann. So könnte er unnötige Ausgaben vermeiden. Gedacht, getan. Einmal Steuern und Versicherung zahlen reicht doch vollkommen aus. Und so beschloss er, dass er in den nächsten Wochen sein neues Fahrzeug nicht anmeldet, sondern die Nummernschilder vom Wagen seiner Frau verwendet. Ganz schön schlau, dieser Pole.


12. Dezember 2011
Ein Besucher muss jeden Monat fünf Bewerbungen schreiben. Leider weiß er nicht als was und erst recht nicht, wo er sich ständig bewerben soll. Sein deutsch ist so mäßig, dass man es als saumäßig bezeichnen kann. Ist aber verständlich, ist er doch erst seit 2004 in Deutschland. Wozu er nach Deutschland gekommen ist, weiß ich nicht. Er ist super freundlich und nett, weshalb ich ihm jeden Monat fünf Stellenangebote raussuche und ihm die Bewerbungen bei seinem Termin direkt übergebe, so dass er sich erst gar nicht hier hinsetzen muss. Heute möchte Igor, so heißt der Mann, irgendwas von mir wissen. In gebrochenem deutsch versucht er mir sein Problem zu schildern. Es geht wohl um einen Vermittlungsgutschein. Ich erkläre ihm, was es damit auf sich hat. Am Ende meiner Ausführungen sagt er „Nix verstanden“, freut sich aber trotzdem und geht wieder. Herrlich sinnloser Kundendienst.


13. Dezember 2011
Fachtagung in der Kommende. Thema: Wohnen mit Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II. Der Vortrag ist durchaus interessant, aber auch irgendwie ermüdend. Ich döse gerade vor mich hin, als eine Teilnehmerin zur Toilette muss. Dabei kommt sie an mir vorbei. Es riecht als würde ein Haufen Scheiße an mir vorbeigehen. Zwei Frauen, an denen sie ebenfalls vorbei muss, riechen es auch, schauen sich angewidert an und öffnen die Fenster. Damit retten sie mich vor einer Bewusstlosigkeit.


14. Dezember 2011
Die erste Besucherin ist 24 Jahre, hat noch nie gearbeitet und ihren frischen Körper mitgebracht. Diesen Körper würde ich mir gerne mal gönnen. Leider ist das Gesamtkunstwerk aber nicht nach meinem Geschmack, so dass ich mir den Körper auch nicht gönnen werde. Man kann das ja leider nicht trennen.
Am Nachmittag findet die nächste Teamsitzung statt. Die Kollegin aus Bergkamen hat wieder ihre gute Figur mitgebracht. Sie könnte mich ruhig fragen, ob ich mit ihren Brüsten spielen und sie mir anschließend gönnen will. Bis zum Ende der Sitzung fragt sie mich natürlich nicht. Wie kann man nur so schüchtern sein?


15. Dezember 2011
Da ich völlig verspannt bin, überlasse ich der Bürgerarbeiterin alle Kunden. Lediglich den Ehrengast, der erneut einen Brief an E-Plus schreiben möchte, lasse ich heute zu mir vor. Direkt nach ihm ist auch sein Geruch da. Die beiden sind ein wirklich tolles Team. Heute hat er auf die dünne Jacke über dem Kapuzenpulli verzichtet. Der ist echt Wetterfest, der Knabe. Als er wieder geht bleibt nur der Geruch von ihm zurück.


16. Dezember 2011
Um 10.24 Uhr erhalte ich einen Anruf meiner Chefin. Die Geschäftsleitung hat eine Beschwerde vorliegen, dass wir Leute weggeschickt haben, weil wir denen hier keine Bewerbungen schreiben wollten. Ich frage die Chefin, warum ich so etwas tun sollte. „Vielleicht macht Ihnen der Job keinen Spaß.“ – „Dann würde ich alle Leute wegschicken oder zu Hause bleiben.“ Was ist denn das jetzt für ein Quatsch? Bei solchen Anschuldigungen bekomme ich Lust, Leute zu würgen. Was soll denn das? Wenig später kommt die Chefin wegen dieser Anschuldigungen sogar extra zu uns ins Büro. Ich finde solche Aktionen lächerlich. Normalerweise interessiert sich die Chefin einen Scheißdreck dafür, was hier passiert, aber sobald irgendwer ein Gerücht in die Welt setzt und sie ihre Fördergelder in Gefahr sieht, steht sie im Büro und stellt lächerliche Fragen. Und dann behauptet sie, dass sie nicht deswegen hierher gekommen ist, sondern einen anderen Termin hatte und die Gelegenheit einfach nutzen wollte. Ja, genau, und der Weihnachtsmann ist auch real. Schwachsinn.


Mein neues Trainingsgerät
Da ich, seit ich meine Weiterbildung mache, kaum zum Training gehe, kommt es mir in den Sinn, dass ein Trainingsgerät in der eigenen Wohnung eine prima Idee wäre. So könnte der Verfall meines Körpers etwas verlangsamt werden und ich müsste kein schlechtes Gewissen haben, weil ich kaum noch ins Fitnessstudio gehe. Auf der Suche nach einem geeigneten Trainingsgerät entdecke ich eine 4 in 1 Trainingsgerät, welches sich bequem am Türrahmen befestigen lässt. Davon habe ich schon als Kind nicht geträumt. Also kaufe ich es. Wenige Tage später ist es da. Ich schraube es zusammen, befestige es im Türrahmen und los geht’s. Klimmzüge konnte ich schon immer nicht. Nach drei Mal fünf Klimmzügen bin ich erledigt. Zeit mich auszuruhen. Da ich im Fitnessstudio nie so erledigt bin, gehe ich am nächsten Tag ins Fitnessstudio. Meine schlaffen Bauchmuskeln müssen trainiert werden. Doch was muss ich zu meiner Überraschung feststellen? Ich habe Bauchmuskelkater. Und jetzt bin ich doch etwas irritiert. Wieso bekomme ich von Klimmzügen Bauchmuskelkater? Was stimmt nicht mit der Anatomie meines Körpers? Vielleicht sollte ich meine Heimtrainingsgerät zurückschicken, vielleicht sollte ich es aber auch nur in irgendeiner Ecke meiner Wohnung alt werden lassen. Wäre nicht das erste Mal, dass ein Trainingsgerät in irgendeiner Ecke vor sich hinvegetiert.


Übler Trip
Nach weniger als vier Stunden Schlaf und der Einnahme von Promethazin bin ich alles andere als Fahrtüchtig, als ich mich heute Morgen hinters Steuer setze. Ich kann kaum die Augen aufhalten, nutze die ganze Breite meiner Straßenseite und sehe Gestalten auf die Straße rennen, die es gar nicht gibt. So bremse ich ein paarmal für diese Gestalten, bis ich entscheide, dass da niemand ist, für den ich bremsen muss. Dummerweise ist das keine kluge Idee, denn als wenig später wieder eine Gestalt vor mir die Straße überquert, erkenne ich erst im letzten Moment, dass diese Gestalt echt ist. Das war durchaus knapp. Als ich den Benz auf dem Parkplatz vor meinem Büro abstelle, kann ich mich nicht daran erinnern, wie ich hergekommen bin. Weil ich nichts zu essen dabei habe, schleppe ich mich in die Bäckerei. Dort stehe ich schwankend vor der Theke und warte, dass meine Brötchen fertig werden. Es fällt mir erstaunlich schwer, überhaupt stehen zu bleiben. Den Rest des Tages bin ich völlig verpeilt und kriege gar nichts mehr hin.


20. Dezember 2011
Eine besonders verwirrte Polin sitzt um 11.00 Uhr in meinem Büro. Sie möchte eine Bewerbung, so viel verstehe ich. Den Rest ihrer Ausführungen kann ich nicht so ganz verstehen. Sie soll Bürgerarbeiterin werden. Bereich „Gesunde Ernährung“. Diese ganze Bürgerarbeit erscheint mir wie eine hilflose Maßnahme der Regierung, die keinen anderen Sinn hat als die Arbeitslosenstatistik zu bereinigen und die Hilflosigkeit zu vertuschen. Als die Polin in ihrem Lebenslauf entdeckt, dass dort ledig statt geschieden steht, möchte sie, dass ich das ändere. Einen Augenblick später ist sie geschieden. Kaum habe ich sie geschieden, sagt sie, dass sie auch noch verwitwet ist. „Jetzt wollen wir mal nicht übertreiben“, ist meine knappe Antwort dazu. Beides geht nun wirklich nicht. Zumindest nicht in meinen Lebensläufen.


21. Dezember 2011
Heute ist sehr wenig los hier. Deshalb gucken wir zu jeder vollen Stunde im Internet nach, ob Jopi Heesters noch lebt. Sein Zustand soll kritisch sein, dabei wäre es so einfach, ihn wiederherzustellen. Man müsste ihn einfach nur neben ein Klavier stellen, dann würde er anfangen zu singen und alles wäre gut. Verstehe echt nicht, wieso da niemand drauf kommt. Ob die ihn loswerden wollen?


Ein Hoch auf die Pharmaindustrie
Mein neues Schlafmittel heißt Musaril. Es hilft, die Muskeln zu entspannen, meine Muskeln haben Entspannung wirklich nötig, und es hilft beim Einschlafen. In Musaril ist der Wirkstoff Tetrazepam. Ein durchaus angenehmer Stoff, wobei ich auch weiterhin Diazepam bevorzuge. Dicht gefolgt vom Promethazin. Ich bin total begeistert von all diesen Mitteln und könnte mir durchaus vorstellen, mich täglich damit zu füttern. Lediglich die möglichen Nebenwirkungen halten mich noch davon ab, mir täglich diese geilen Substanzen einzuwerfen. Aber vielleicht ändere ich irgendwann meine Meinung. Das Leben ist nämlich viel schöner, wenn man sich ab und zu ein wenig Chemie gönnt. Ein Hoch auf die Pharmaindustrie und ihre genialen Erfindungen.


22. Dezember 2011
Der erste Gast am Donnerstag riecht nach Knoblauch, spricht mäßig deutsch und ist verwirrt. Er kennt seine Postleitzahl nicht, weiß seine Mobiltelefonnummer nicht, hat sein Mobiltelefon nicht mit, und scheint auf einem anderen Planeten zu leben. Er ist 34 Jahre alt, kommt aus Kasachstan und lebt seit 1994 in Deutschland. 1995/1996 hat er an einem Intensivsprachkurs Deutsch teilgenommen. Entweder war der Kurs einfach Scheiße oder er nicht in der Lage dem Unterricht zu folgen, denn das was er hier präsentiert ist gepflegtes Kauderwelsch. Nach knapp drei Minuten sagt er, dass er in zehn Minuten wiederkommt, weil er telefonieren muss. Womit will er denn telefonieren, wenn er sein Mobiltelefon nicht dabei hat? Sein Bewerbungsfoto sieht ihm leider auch nicht ähnlich. Seine Ausbildung hat er nicht geschafft und so arbeitet er seit Jahren bei ständig wechselnden Arbeitgebern als Helfer, nimmt an irgendwelchen Maßnahmen teil oder ist einfach nur arbeitslos. Es wäre sicher günstiger gewesen, ihn in Kasachstan zu lassen. Tatsächlich ist er nach etwa fünfzehn Minuten wieder zurück. Sein Knoblauchgeruch scheint noch ausgeprägter. Ich schreibe ihm seine Bewerbung und bitte ihn, diese zu lesen und zu sagen, ob sie okay für ihn ist. Weil er keine wirkliche Meinung dazu hat, ist sie okay für ihn. Er verabschiedet sich freundlich und verlässt das Büro. Der Tag fängt wirklich vielversprechend an.
Von Jopi Heesters gibt es auch noch nix Neues. Sein Zustand ist immer noch kritisch. Wäre ziemlich blöd, so kurz vor Weihnachten zu sterben.
Gegen Mittag kommt spontan eine dicke Frau ins Büro. Sie sieht etwas angegammelt aus und riecht dementsprechend. Sie möchte, dass ich Ihre Bewerbungsunterlagen von Ihrem USB-Stick überarbeite. Damit ich keine falschen Dateien öffne, kommt sie um den Schreibtisch, um mir zu sagen, welche Dateien ich öffnen soll. Da sie, nachdem ich die Dateien geöffnet habe, keine Anstalten macht, sich wieder auf ihren Platz zurück zu bewegen, fordere ich sie auf, dort auf der anderen Seite meines Schreibtisches Platz zu nehmen. Sie pariert. Kaum sitzt sie, fragt sie, ob sie ein Taschentuch haben darf. Meine Vermutung, dass sie sich damit den Schweiß aus ihrem Gesicht wischen will, bestätigt sich sofort. Ihr Geruch passt wirklich perfekt zu ihr. Besonders gefällt mir, dass sie in einer Küche arbeiten will. Die ist so unappetitlich, dass das Veterinäramt jeden Laden sofort schließen würde, wenn sie dort einen Job bekäme. Dafür ist sie aber sehr freundlich und hat ein lustiges Bewerbungsfoto. Auf dem Foto sieht sie aus wie ein Schlumpf mit Kochmütze. Das gefällt mir.


23. Dezember 2011
Die Bürgerarbeiterin und ich haben heute schon Bescherung. Wir schenken uns Filme. Sie bekommt „Death Valley“ und ich „Avatar“. Ich liebe Geschenke.
10.40 Uhr. Zustand von Jopie Heesters weiterhin kritisch. Die Alleinerziehenden sind heute besonders laut. Denn heute haben sie ihre, ebenfalls lauten, Kinder dabei. Ich mag Kinder sehr. Vor allem, wenn sie auf einem anderen Kontinent leben. Jetzt spielen die da drüben mit ihren Kindern irgendwelche behinderten Spiele. Den meisten Lärm produzieren die Alleinerziehenden. Ich überlege ernsthaft, ob ich mir eine Planierraupe organisiere und einmal über den lärmenden Haufen hinwegrolle. Ganz langsam und mit einem Grinsen im Gesicht. Leider kann man so eine Planierraupe nicht hier ins Gebäude kriegen, ohne unnötigen Schaden anzurichten. So verzichte ich auf dieses Vergnügen und lausche den lauten Kreaturen bei ihren lärmenden Unternehmungen. Vor Weihnachten darf man bestimmt sowieso kein Blutbad anrichten. Das wäre sicher nicht christlich oder so. Scheiß Weihnachten.
Die letzte Besucherin des Tages schickt das Jobcenter. Die Frau braucht eine E-Mail-Bewerbung. Als ich sie nach ihrer E-Mail-Adresse frage, sagt sie, dass sie keine hat. Sie hat nicht einmal einen PC. Da macht es richtig Sinn, dass sie sich unbedingt per E-Mail bewerben soll. Wieder frage ich mich, ob manche Mitarbeiter in den Jobcentern nur Scheiße in Ihren Spatzenhirnen haben. Wir richten der Frau ein E-Mail-Konto ein. Sie will ab jetzt regelmäßig ihren Sohn bitten, für sie nach den Mails zu gucken. Das finde ich sehr nett von ihr.
Während wir später einfach so dasitzen, kommt die Kollegin von nebenan rein, wünscht Frohe Weihnachten und schenkt der Bürgerarbeiterin und mir eine Packung Merci – Finest Selection. Um die Packung ist eine weihnachtliche Schleife. Jetzt kommt so etwas wie Weihnachtsstimmung auf. Zumindest für einen Moment.


Heiligabend
Um 07.52 Uhr werfe ich Pfandflaschen in den Pfandflaschenrückgabeautomaten bei Penny. Um 08.06 Uhr sitze ich beim Friseur und lasse mir eine gepflegte Weihnachtsfrisur gestalten. Um 08.42 Uhr stehe ich vor der Haustür und bin verwirrt. Ich sollte noch einkaufen, weil es später sicher voll wird. So verweile ich noch einen Moment ratlos vor der Haustür, bevor ich mich erneut in Richtung Penny in Bewegung setze. Doch wirklich weiß ich nicht, was ich kaufen muss oder will. Ohne Einkaufszettel bin ich meist völlig verloren. So kaufe ich Tiefkühlpizza, Margarine, Leberwurst und Toilettenpapier. Außer der Margarine benötige ich davon nichts wirklich dringend. Aber gebrauchen kann ich das alles bestimmt irgendwann. Zurück zu Hause werden die Einkäufe verstaut und ich mache mich an die Reinigung der Wohnung. Obwohl die Wohnung so klein ist, brauche ich sehr lange dafür. Putzen ist auch nichts für mich. Leider kann ich mir keine Reinemachefrau leisten. Weil ich so langsam putze, muss ich gegen Mittag eine Pause einlegen, um bei meinen Eltern zu essen. Nach dem Mittagessen möchte ich mein Auto waschen, fahre aber noch kurz nach Hause, um das Bad zu Ende zu putzen. Dummerweise höre ich dabei Juliane Werding und Howard Carpendale, so dass ich mich nach dem Putzen nicht auf den Weg mache, um mein Auto in einen ordnungsgemäßen Weihnachtszustand zu bringen, sondern mich aufs Sofa setze, der Musik lausche und jegliches Zeitgefühl verliere. Nachdem ich wieder zu mir komme, ist es zu spät, das Auto noch zu waschen. Überall ist geschlossen. Als ich dann auch noch höre, dass Jopi Heesters gestorben ist, weiß ich, dass Weihnachten auch nicht mehr das ist, was es mal war.


Erster Weihnachtstag
Um 09.41 Uhr bin ich im Fitnessstudio. Es sind doch mehr Leute da, als ich erwartet habe. Eine Stunde trainiere ich mit den üblichen Kindergewichten, dann habe ich keine weiteren Pläne. Zu Hause stelle ich mich unter die Dusche und bin wütend. Es kommt zunächst nur kaltes Wasser aus der Dusche. Ich beschimpfe die Dusche und wenige Augenblicke später wird das Wasser so heiß, dass es kaum zu ertragen ist. Anschließend wird es wieder kalt, dann wieder heiß. Wechselduschen sollen ja gesund sein, aber das ist mir echt zu extrem und ich hatte nicht darum gebeten. Regulieren lässt sich die Temperatur leider nicht, obwohl es entsprechende Apparaturen zur Wassertemperaturregelung durchaus in meiner Dusche gibt. Wozu es die gibt, frage ich mich allerdings schon seit ich hier wohne. Und so fängt der erste Weihnachtsfeiertag durchaus vielversprechend an.
Den Nachmittag verbringe ich auf dem Sofa und höre Juliane Werding, Matthias Reim und Michelle. Zwischendurch schlafe ich ein. Weil mein Sofa sehr unbequem ist, bin ich am späten Nachmittag völlig verspannt, was ich sehr unangenehm finde. Trotzdem verbringe ich auch den Abend auf meinem Sofa. Ich gucke drei Filme. Der dritte Film des Tages ist gleichzeitig der zweihundertste des Jahres. Leider weiß ich nicht, ob das mein Rekord ist, vermute aber, dass er das nicht ist. Um Mitternacht liege ich mit meinem Nackenheizkissen im Bett. Scheiß Verspannungen.


Zweiter Weihnachtstag
Um 09.48 Uhr bin ich im Fitnessstudio, um meinen Körper etwas zu bewegen. 35 Minuten Training auf dem Crosstrainer und 25 Minuten Training auf dem Fahrradergometer sollen es heute sein. Sehr mühevoll, wenn man nicht wirklich gut trainiert ist.
Zu Hause folgt das Dilemma unter der Dusche. Heute gibt es nur kaltes Wasser. Sehr angenehm, wenn es passend dazu keine Heizung im Badezimmer gibt. Da wundert es mich echt nicht, dass ich nur noch selten dusche. Um das Glück perfekt zu machen, ist der Badezimmerboden danach schön nass, was darauf zurückzuführen ist, dass meine Dusche alles andere als dicht ist. Und so kann ich direkt nach dem Duschen den Boden trockenlegen. Warm wird mir davon leider auch nicht.
Den Nachmittag verbringe ich verwirrt auf meinem unbequemen Sofa und starre die Decke an. Auf Schlagermusik verzichte ich heute allerdings. Meine Musikauswahl ist heute sehr vielseitig.
Gegen Abend reiße ich mich zusammen und verlasse die Wohnung. Ich besuche die Loerzens, um dort mit einer kleinen Runde zu pokern. Wie fast immer sitze ich beim Pokern am Tisch, werfe fast jedes Blatt weg und werde Dritter. Das ist zwar nicht schlecht, doch das Lied „So sehn Sieger aus“ wird für Drittplatzierte leider nicht gespielt. Echt Scheiße, wenn man kein Siegertyp ist. Dafür habe ich Weihnachten besser als erwartet überstanden. Folgeschäden sind auch keine zu erwarten. Das lässt hoffen. Jetzt muss ich nur noch Silvester überstehen, dann fängt der ganze Kram von vorne an.


Silvester mit Susi und Snoopy
Um 18.00 Uhr hole ich Susi und Snoopy aus Hamm ab. Als ich an der Haustür bin und klingel, höre ich zwei Hunde bellen. Ich mag es nicht besonders, dass Hunde derart bellen, wenn es an der Tür klingelt. Der Türöffner geht, eine Frau, die wider erwarten alles andere als rund und stämmig ist, lässt mich herein. Sie ist jung und schlank und würde sich sicher gut in meiner Sammlung machen. Ihren Namen vergesse ich sofort wieder, weil ich zu verwirrt bin. Am Telefon hätte ich schwören können, dass mich hier eine dicke Frau erwartet. Doch die Frau ist heute nicht das Thema. Heute geht es um Susi und Snoopy, zwei Jack Russell Terrier, die ich bis morgen beaufsichtigen muss, weil eben erwähnte Besitzerin kurzfristig arbeiten muss. Die beiden sind recht aufgeregt, als sie mich begrüßen. Susi, 10 Jahre, die auf einem Auge blind ist, tollt vergnügt auf dem Sofa herum, Snoopy, 9 Jahre, der eindeutig zu dick ist, wirbelt am Boden herum. Bin gespannt, wie sie es finden, wenn sie gleich in meinen Mercedes verladen werden.
Als die Besitzerin die Leinen holt, wird es hektisch. Die beiden wirbeln dermaßen verrückt durch die Gegend, dass es kaum möglich ist, sie anzuleinen. Und kaum sind sie an den Leinen, prescht Snoopy los. Und so habe ich an zwei recht kurzen Leinen, zwei wilde Kleinhunde. Und das bei Regen und Dunkelheit. Nachdem ich die beiden im Fußraum auf der Beifahrerseite verstaut habe, steige ich ein. Susi sitzt artig da, während Snoopy ständig auf den Sitz oder zu mir rüber klettern will. Dabei atmet er, als hätte er schweres Asthma und eine üble Bronchitis. Hin und wieder macht er auch noch andere merkwürdige Geräusche. Entweder ist er krank oder unfassbar nervös. Erst auf der Autobahn wird auch er ruhig, setzt sich neben Susi und die beiden schauen mich permanent an.
Zunächst besuchen wir meine Eltern. Kaum aus dem Auto zerren die beiden an ihren Leinen, dass ich fast völlig die Orientierung verliere. Wer hat die denn nicht erzogen? Snoopy kackt erst mal frech vor die Mülltonnen der Nachbarn. Und das, was bei ihm rauskommt, passt meiner Meinung nach mehr zu einem mittelgroßen Hund. Der braucht dringend eine Diät. Mit diesen beiden Wildtieren und bei dem Regen fühle ich mich jetzt schon ein wenig überfordert. In der Wohnung meiner Eltern sind die beiden auch völlig aufgedreht. Das war wohl keine so gute Idee mit dem Besuch. Zeit, wieder zu gehen. Ich nehme aber meinen Vater mit. Ein Mensch pro Hund scheint mir leichter zu funktionieren. Doch wirklich begeistern kann diese Lösung auch nicht. Vor allem Snoopy zerrt an seiner Leine und ständig drängt er sich vor, wenn Susi irgendwo schnuppert. Kleiner, dicker Wichtigtuer. Nun kackt Susi zur Abwechslung auf eine Wiese. Mache ich natürlich nicht weg. Ich bin nämlich ein Arsch. Hunde, die zum ersten Mal bei mir sind, müssen scheinbar immer recht häufig Häufchen machen. Vermutlich eine völlig normale Stressreaktion. Ich glaube, ich bin da ähnlich. Nur, dass ich nicht auf irgendwelche Wiesen mache. Die beiden laufen übrigens gerne auf drei Beinen. Das rechte hintere Bein lassen sie gerne mal in der Luft hängen beim Laufen. Ist das ein weit verbreitetes Phänomen oder bekomme nur ich solche Hunde?
In meiner Wohnung sitze ich zunächst mit zwei zitternden Hunden auf dem Fußboden und wir schauen gemeinsam Richtung Tür. Weil mich das wenig begeistert, stehe ich nach einer Weile auf und nehme auf meinem Sofa Platz. Die beiden sind immer noch nervös, aber nicht mehr so extrem. Susi will aufs Sofa. Darf sie aber nicht.
Als Manni später zu Besuch kommt, bekommen beide einen Keks von ihm und sind direkt entspannter. So einfach ist das also. Manni kann gut mit Hunden. Manni ist wohl eine Art Hundeflüsterer. Da bietet sich ein gemeinsamer Spaziergang an. Doch irgendwie klappt es auch mit dem Hundeflüsterer nicht wirklich. Die beiden rennen sich ständig über den Haufen und Snoopy drängt sich ständig in den Vordergrund. Dabei bin ich doch das Alphatier. Wir beschließen, getrennt zu spazieren. Manni bekommt Snoopy, ich Susi. Und schon ist es ein entspannter Spaziergang. Zwei Hunde sind nur dann eine gute Mischung, wenn sie vernünftig erzogen wurden. Bei Snoopy scheint das nicht funktioniert zu haben.
Susi bettelt später permanent um Aufmerksamkeit und einen Platz auf dem Sofa. Bekommt sie aber nicht. Nach einer Weile gibt sie auf und verschwindet ins Schlafzimmer. Als ich nachsehe, liegt sie im Bett. Sie hat sich in meine Trainingshose gewickelt und ist alles andere als einverstanden, als ich sie aus dem Bett hebe und ihr erkläre, dass das hier nicht so läuft. Sieht sie natürlich nicht ein und versucht es später erneut. Wieder liegt sie auf meiner Trainingshose. Ich hebe sie erneut aus dem Bett, nehme die Trainingshose mit und lege diese im Wohnzimmer an den für Hunde vorbereiteten Platz. Snoopy findet das toll und macht es sich sofort auf der Hose bequem. So war das aber jetzt nicht gedacht. Weil ich Susi nicht im Bett haben will, stelle ich die Eingänge zum Schlafzimmer zu. Findet sie doof, muss sie aber mit Leben.
Als um Mitternacht die Knallerei losgeht sind beide zunächst interessiert, dann aber eher verängstigt. Und so nehme ich die zitternde Susi auf den Arm, während Manni sich am Boden um Snoopy kümmert. Später als es draußen ruhiger ist, habe ich Susi noch immer auf dem Schoß und Manni sich wieder aufs Sofa gesetzt. Snoopy versucht nun alles auch aufs Sofa zu kommen. Doch Snoopy ist zu dick und schafft es nicht. Ich erkläre ihm, dass er sich mehr anstrengen muss und im neuen Jahr eine Diät machen, weil er sonst immer gehänselt wird und nie aufs Sofa kommt. Er versucht es noch ein paar Mal erfolglos, gibt dann ratlos auf. Ich nenne ihn nur noch Dicker. Nach einem abschließenden Nachtspaziergang ist es an der Zeit zu schlafen. Sieht Susi aber gar nicht ein. Sie will nicht im Wohnzimmer schlafen und so versucht sie etwa eine halbe Stunde lang einen Weg ins Schlafzimmer zu finden. Als sie lautstark versucht das Hindernis vor dem Schlafzimmer, eine große Plastiktasche, zu überwinden, reicht es mir. Ich halte ihr einen Vortag, stelle einen Karton vor die Tasche und weise darauf hin, dass jetzt Ruhe ist. Und siehe da, es funktioniert. Warum nicht gleich so?


Jahresrückblick 2011
mir nur 2 Frauen gegönnt – 1 Mal im Kino gewesen – 206 Filme geguckt – 2 Erkältungen gehabt – 5x Joggen gewesen – zu häufig Nasenspray genommen – Achselhaare regelmäßig rasiert – 0€ für Zahnbehandlungen bezahlt – 60€ an einen Heilpraktiker bezahlt – 200€ an einen Osteopathen bezahlt – ein Wochenende in Köln verbracht (mit einer Frau) – in Sommernächten wegen nervender Mitmenschen wenig geschlafen – Stubenhocker geblieben – Single geworden – neue Fernbeziehung angefangen – beim Sex meistens alleine gewesen – Friseur gewechselt – eine Weiterbildung gemacht – Hundesitter gewesen

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