Dreizehnte Praktikumswoche
Es ist Montag und alle paar Minuten klingelt mein Telefon. Es ist Robocop. Er hat eine Frage nach der anderen und mit jedem Anruf wird meine Wut auf ihn größer. Die Fotos, die er macht, sind auch größtenteils unbrauchbar. Was geht bloß in seinem Schädel vor?
Vor zwei Wochen wurden alle Kunden, die jemals ein Auto mit Benzinmotor hier gekauft haben, angeschrieben. Werbung für Gasanlagen. Danach mussten natürlich alle Kunden angerufen werden, um nachzufragen, ob Interesse am Einbau einer Gasanlage besteht. Bisher waren dafür die Mitarbeiter der Abteilung Teile und Zubehör zuständig. Da ihr Erfolg mäßig war, dürfen die Verkäufer nun ran. Was soll der Scheiß? Jetzt ist alles wieder wie damals, als ich so tat als wäre ich Finanzberater. Da rief ich auch ständig Leute an, die nicht wollten, dass ich sie anrufe. Ich bin wahrlich kein Freund der Telefonakquise. Zu meiner grenzenlosen Freude liegt hier eine Liste mit ein paar hundert Namen vor mir. Wie verzweifelt muss ein Unternehmer sein, wenn er zu solchen Maßnahmen greifen muss? Zum Glück kostet der Gaseinlageneinbau bei uns mehr als bei den Mitbewerbern. Da macht der Telefonterror doppelt Sinn und wird sicher von Erfolg gekrönt sein. Aus mir wird niemals ein guter Verkäufer, so viel ist jedenfalls sicher, denn ich habe weder Ehrgeiz noch glaube ich an derartige Telefonaktionen.
Am Dienstag erzählt uns der Chef, dass von zehn Anrufen einer von Erfolg gekrönt ist. Jeder Telefonterrorist erzählt einem dieselbe Scheiße. Dass die Fakten eindeutig dagegen sprechen, scheint keine Rolle zu spielen.
Zur Abwechslung erzählt mir Robocop eine nette Geschichte. Er stand mal in der Straßenbahn neben zwei schönen Frauen als er niesen musste. Dabei flog ihm der ganze Schnodder direkt in seine Hand. Und als ob das noch nicht genug wäre, katapultierte sein Nießen noch weiteren Schleim aus seiner Nase. Eine wirklich schöne Geschichte, die sehr gut zu ihm passt. Doch warum erzählt er mir so etwas? Und was wurde aus den beiden Frauen?
Am Mittwoch bin ich endlich wieder erkältet. Meine Stimme funktioniert nicht richtig und so kann ich definitiv nicht an der Telefonterror-Aktion teilnehmen. So eine Erkältung hat scheinbar nicht nur Nachteile. Wir haben eine Verkäuferbesprechung und ich werde erneut darauf hingewiesen, dass ich der Fotomann bin. Voll behindert, aber zu mehr kann man mich auch kaum gebrauchen. Meine Fotos sind allerdings auch nicht so der Hit.
Am Donnerstag sagt der Chef mir, dass ich, obwohl ich für die Fotos zuständig bin, keine Fotos mache, was ihm absolut nicht gefällt. Ich äußere mich nicht dazu, denn ich habe nichts zu sagen. Ich glaube auch nicht, dass wir mehr Autos verkaufen, wenn wir schönere Fotos haben. Fünfzehn Fotos soll ich von jedem Auto machen. Sitze vor, Sitze umklappen, Kofferraum auf, Kofferraum zu, Motor auf, usw. Das ist mir zu lästig. Vermutlich bin ich einfach nur ein faules Schwein oder glaube etwas Besseres zu sein. Gestern habe ich zwar einige Fotos gemacht, allerdings habe ich mich nicht wirklich an die Vorgaben gehalten und werde es in Zukunft vermutlich auch nicht tun. Das macht mir einfach keinen Spaß.
Freitag. Nächste Verkäuferbesprechung. Und wieder werde ich darauf hingewiesen, dass ich für die Fotos zuständig bin. Und wieder sage ich nichts dazu, außer dass ich nicht weiß, ob von allen Autos Fotos vorliegen. „Das ist ihre Aufgabe.“ Ich nicke nur, denn das ist tatsächlich meine Aufgabe. Nach der Besprechung fotografiere ich endlich ein paar Autos, wie es sich für einen Praktikanten gehört. An die Vorgabe kann ich mich schon nicht mehr erinnern, weshalb ich unkoordiniert und lustlos einfach drauf los fotografiere.
Weil nicht alle Autos ausgezeichnet sind, mache ich Robocop darauf aufmerksam, dass er das noch erledigen muss. Er jammert, dass er so viel zu tun hat und das alles nicht schaffen kann. Da er eh meinen PC blockiert, nehme ich ihm zwei seiner sonstigen Aufgaben ab. Als ich nach getaner Arbeit in mein von ihm besetztes Büro zurückkomme, surft er durchs Internet anstatt seine Aufgaben zu erledigen. Der merkt echt gar nix mehr, weshalb ich ihn erneut auf seine Aufgaben hinweise. Als er Minuten später endlich eine Auszeichnung erledigt hat, fragt er mich allen Ernstes, ob ich die andere Auszeichnung nicht für ihn machen kann. „Nein.“ – „Wie, Nein? Du hast doch nichts zu tun.“ – „Doch, ich habe viel zu tun. Nur kann ich das nie machen, wenn Du meinen PC blockierst.“ Jammernd zieht er ab. Wo werden eigentlich solche Idioten produziert? Und warum?
Wenig später regt sich der Robocop, den unser Azubi „Bauer sucht Frau“ nennt, tierisch auf. Er hat nämlich erfahren, dass er keine Provision bekommt, wenn er ein Auto verkauft. Er will aber 50€. Ich sage ihm, dass er das dem Chef sagen soll. Traut er sich nicht, aber seine Motivation ein Auto zu verkaufen ist nun dahin, sagt er. Armer Robocop. Ich sage ihm, dass er hier wohl falsch ist und mir demnächst sofort seine Kunden überlassen soll. Mein Gott, ist der Scheiße.
Die Woche geht zu Ende und ich habe noch kein einziges Auto verkauft. Es sieht in der Tat so aus als würde ich hier keine Autos mehr verkaufen. Vielleicht liegt es doch an den Fotos. Jedenfalls werde ich so lange, bis ich das nächste Auto verkaufe, mein Namensschhild verkehrt herum tragen, um so mein Versagen zur Schau zu stellen.
Kurz vor Feierabend wird Robocop vom Chef ganz klein gemacht. Als ich die Fehler, die Robocop jetzt gemacht hat, damals machte, wurde ich nicht so beschimpft. Ein paar Tage will sich der Chef das noch angucken, dann ist Robocop wohl Geschichte. Ich bin gespannt.
Erwähnenswert ist an dieser Stelle noch, dass Praktikums-Halbzeit ist, ich bisher nicht einen einzigen Tag gefehlt und nur acht Autos verkauft habe. Heute ist der letzte Freitag, den ich im Büro verbringe. Ab jetzt habe ich nämlich jeden Freitag Urlaub, weil ich sonst kaputt gehe. Bin schon gespannt, was für Veränderungen die zweite Halbzeit bringt.
Arbeitszeit in dieser Woche: 47 Stunden und 30 Minuten.
Sechs Monate
Vor sechs Monaten traf ich mich zum ersten Mal mit Ursula. Sie war mir sofort sympathisch und wir beschlossen uns wiederzusehen. Allerdings sollte das Ganze platonisch bleiben. Ich finde platonische Freundschaften nicht schlecht, bin allerdings der Meinung, dass man, bevor man eine platonische Freundschaft eingeht, vorher mal zusammen Sex gehabt haben sollte. Leider wusste ich nicht, wie ich Ursula davon überzeugen konnte. So verliefen unsere ersten Treffen tatsächlich platonisch. Mit jedem Treffen gefiel mir der Zustand weniger und so überlegte ich, was Ursula dazu veranlassen könnte mit mir ins Bett zu gehen. Letztlich war es einfacher als vermutet. Von unserem ersten Treffen an brachte ich ihr jedes Mal eine Banane mit. Da sie eine echte Bananenliebhaberin ist, dauerte es nicht wirklich lange bis ich sie endlich küssen durfte. Wenige Bananen später hatte ich sie dann endlich im Bett. Da mir das so gut gefiel einigten wir uns darauf, dass eine platonische Freundschaft vorerst für uns nicht mehr in Frage kommt. Und so treffen wir uns etwa zwei Mal im Monat um eine Banane gegen Sex zu tauschen. Ein hervorragendes Arrangement. Ich bin entzückt und gespannt, wie lange ich sie noch mit Bananen ködern kann.
Vierzehnte Praktikumswoche
Der Montag macht da weiter, wo die letzte Woche aufgehört hat. Es gibt keine Kunden. Zumindest sehe ich keine. Selbst in der Werkstatt ist nichts zu tun. Man schlägt die Zeit tot und wartet auf das Ende. Zum Glück ist der Chef im Urlaub. Zum ersten Mal seit Jahren macht er zweimal im Jahr Urlaub. Wenn es hier so weitergeht, kann er bald immer Urlaub machen, sich ihn aber nicht leisten. Es ist fast wie auf einem Totenschiff. Unglaubliche Ruhe, selbst das Telefon steht still. Als würde dieses Autohaus nicht existieren. Vielleicht kann ich den Untergang persönlich miterleben. Ob ich auch untergehe?
Am Dienstag wird zunächst geputzt und aufgeräumt, da ein Kunde, keine Ahnung wie der es zu uns geschafft hat, sich über den schlechten Zustand des Autohauses beschwert hat. Nach der Aufräumaktion setzt sich Robocop an einen PC und guckt einen Film. Eigentlich müsste er ein Kundenfahrzeug einem unserer Aufkäufer anbieten, doch scheinbar interessiert ihn das nicht wirklich. Volltrottel.
Wir haben derzeit drei Praktikanten, die maximal 16 Jahre alt sind. Genau die richtigen Kumpel für Robocop. Er gesellt sich gerne zu ihnen und unterhält sie. Auch heute ist das Gelächter der vergnügten Runde im ganzen Haus zu hören. Es sind wirkliche Spaßvögel, die sich dort im Untergeschoss versammelt haben. Der Oberdepp Robocop erzählt den jungen Leuten etwas von Kontoführungsgebühren und anderen Dingen von denen er keine Ahnung hat. Bevor ich kotzen muss, schließe ich meine Bürotür, um den Unsinn nicht weiter hören zu müssen.
Nach seinem Auftritt bei den jungen Praktikanten sucht Robocop im Internet nach Ferraris, die man sich ausleihen kann. Der Prinz lebt einfach in einer anderen Welt. Ich frage mich, was in seinem Schädel vorgeht. Heute Morgen habe ich ihm gesagt, dass er fegen soll. Nichts ist passiert. Den Aufkäufer hat er auch nicht angerufen, stattdessen guckt er nun wieder Filme im Internet. Ich könnte ihn so mit dem Kopf gegen die Wand schlagen. Was ist er nur für ein ignorantes Arschloch? Aber nicht mehr lange. Seine Tage sind gezählt. Nächste Woche ist der Chef zurück, dann wird der Pisser sicher bald gefeuert. Danach kann er Ersatzteile auf dem Schrottplatz sortieren oder sich den Finger in den Arsch stecken und dabei wichtig gucken. Vollidiot. „Ich gucke mir jetzt den zweiten Film an.“ – „Aha.“ – „Ja. Rocky Balboa. Den kenne ich noch nicht. Oder hast Du was zu tun für mich?“ – „Ja. Du musst noch fegen.“ – „Die Putzfrau war doch hier. Die macht aber auch gar nichts.“ – „Ja. Also musst Du es machen.“ – „Das mache ich dann in der letzten halben Stunde.“ – „Mach das.“ Was für ein Arschloch. Warum zerfällt er nicht zu Staub? Und wieso geht der Kunde hier nicht weg? Steht demonstrativ vor meinem Büro und ich beachte ihn nicht. Ständig kommt der her, guckt sich Autos an, erzählt irgendeine Scheiße und geht dann wieder. Ich kann nichts dafür, dass er einsam ist. Ich bin nicht zuständig für einsame Männer und will deren Geschichten nicht hören. Langsam verschwindet er aus meinem Sichtfeld. Aber nur kurz, schon ist er wieder da. Das kann doch nicht wahr sein. Nun kratzt er sich am Rücken und guckt sich das Auto an, welches er sich immer anguckt. Geh weg, Du Freak, geh weg. Wie angewurzelt steht er vor dem orangenen Dodge Avenger. Ist der bekloppt? Nach endlosen Minuten verschwindet er endlich in die untere Etage, wo er minutenlang vor einer Werbesäule steht. Er muss sehr verzweifelt sein oder unter Lochfraß leiden. Nach der Werbesäule sind ein paar Prospekte dran. Wenig später fragt er nach dem Preis für ein Modellauto. Vollkommen skurril. Nach etwa 30 Minuten ist sein Auftritt vorbei. Er steigt in seinen Audi und braust davon. Bin schon gespannt, wann er uns das nächste Mal beehrt mit seiner zweifarbigen Meerschweinchenfrisur. Nachdem ich mich vom Meerschweinchen erholt habe, rufe ich tatsächlich eine Kundin an und frage, ob sie eine Gasanlage haben will. Will sie nicht. Wie überraschend. Zeit diese unwürdige Aktion zu beenden.
Am Mittwoch passiert überhaupt nichts. Ich bin so gelangweilt, dass ich den ganzen Nachmittag chatte.
Chatten statt arbeiten
Ich unterhalte mich im Chat mit einigen mehr oder weniger uninteressanten Frauen.
Da ist zunächst die 46 jährige Bärbel. Sie schreibt mich an und freut sich wie eine Schneekönigin, dass ich antworte und mit ihr kommuniziere. Als alte Frau hat man es sicher nicht leicht hier im Chat. Und sie ist nicht nur alt, sie sieht auch so aus, was die Sache sicher nicht leichter macht. Mir ist das egal, ich will mir nur die Zeit vertreiben. Und so sorge ich dafür, dass Bärbel ein nettes Chatgespräch hat.
Die 25 jährige Jolanda aus Dortmund hat kein Foto im Profil. Sie ist ganz nett und wir unterhalten uns recht gut. Sie sucht eine Beziehung, was aber laut ihrer Aussage daran scheitert, dass sie mollig ist. Das will ich sehen und fordere sie auf, mir ein Foto zu schicken. Sie schickt mir gleich zehn Fotos. Und ich muss sagen ihre Freundin, die auf einigen der Fotos zu sehen ist, sieht wirklich gut aus. Sie allerdings ist alles andere als attraktiv. Sie ist nicht nur mollig, sondern sieht aus wie eine alte, vergammelte Frau. Kurz danach beenden wir unser Gespräch. Zu tief sitzt der Schock. So kann ich nicht kommunizieren.
Eine 32 jährige Hausfrau aus NRW schreibt mir, dass sie Freundschaften im Internet sucht und auch schon einige gefunden hat. Ich schreibe, dass virtuelle Freundschaften fürn Arsch sind und es absolut behindert ist jemanden als Freund zu bezeichnen, den man nicht einmal persönlich kennt. Sie sieht das anders. Das ist mir zu doof und ich beende die Kommunikation.
Eine 22 jährige Blondine schreibt mich völlig überraschend an. Sie ist aus Hamm und sieht richtig gut aus. Das ist allerdings auch schon alles, was sie zu bieten hat. Die Kommunikation ist alles andere als erbaulich. Sie langweilt mich dermaßen, dass ich nach wenigen Sätzen nicht mehr mit ihr kommunizieren mag. Aussehen ist halt nicht alles.
Am längsten unterhalte ich mich mit Susa, 28, etwas mollig, aus Duisburg. Ein netter belangloser Small Talk. Nach einer Weile schreibt sie, dass sie ein Zungenpiercing hat und im Besitz von Handschellen ist. Ich teile ihr mit, dass ich weder ein Zungenpiercing noch Handschellen besitze. Je länger wir chatten, desto interessierter scheint sie an einem Treffen mit mir zu sein. Ich schreibe ihr, dass sie mich gerne auf einen Kaffee einladen kann. „Laden die Männer normalerweise nicht die Frauen ein?“ – „Bei mir läuft das anders.“ Wie erwartet erklärt sie sich bereit mir einen Kaffee zu spendieren, sollten wir uns tatsächlich mal treffen. Darum gibt sie mir ihre Telefonnummer. Da hatte ich wohl zu erwähnen vergessen, dass ich mit Telefonnummern nichts anfangen kann und in der Regel nicht anrufe.
Der Rest der vierzehnten Praktikumswoche
Robocop hat mittlerweile viele Namen. Bauer, Pisser und Spasti sind die meist benutzten. Heute sitzt dieser Spasti wieder in einem Büro und surft durchs Internet. Er fragt nicht einmal mehr nach Arbeit. Auf meine Ansagen, dass er fegen soll, reagiert er mittlerweile gar nicht mehr. Er sitzt einfach nur da und glaubt, er sei der Mann des Tages. Und wie immer kam er auch heute erst nach 09.00 Uhr ins Büro. Nächste Woche werden wir vorschlagen ihn zu entlassen. Dann ist er der Mann, der morgens länger schlafen kann.
Arbeitszeit in dieser Woche: 40 Stunden und 14 Minuten.
Fünfzehnte Praktikumsswoche
Der Montag vermittelt das Gefühl auf einem Totenschiff über den Ozean zu treiben. Erst am frühen Nachmittag tut sich was. Ein paar Anrufe, ein paar Anfragen per Mail und dann, nach drei Wochen ohne einen einzigen Verkauf, verkaufe ich einen Dodge Avenger. Ich bin entzückt und drehe noch während ich den Kaufvertrag erstelle mein Namensschild um. Zum ersten Mal seit ich mich entschieden habe, dass Namensschild nur bei Erfolg richtig herum zu tragen, trage ich mein Namensschild richtig herum. Ein unglaublich schöner Moment der Freude und des Glücks.
Am Dienstag erhalte ich eine Mail, in der mir der Kauf eines Seat Altea angedroht wird. Am Mittwoch um 14.00 Uhr wollen die Kunden vorbei kommen. Ich bin gespannt.
Mein Büro muss ich erneut mit Robocop teilen, was mich echt fertig macht. Während ich einige Kundenanfragen beantworte, labert er mich pausenlos zu. So kann ich nicht arbeiten. Scheinbar ist er sich nicht darüber im Klaren, wie ernst ich meine Arbeit gelegentlich nehme. Komisch. Wenig später erledigt er immens wichtige Dinge an meinem PC. Er druckt sich Bahnverbindungen nach Westerland aus, da er dort bald Urlaub macht. Und er druckt sich Spieleanleitungen oder Spielelösungen für irgendein Spiel, dass er mit seinen Freunden spielt, aus. Ein kompetenter Mann.
Am Nachmittag erfahre ich, dass die Spinne gekündigt hat. Möglicherweise konnte er Robocop nicht mehr ertragen. Kurz bevor dieser heute seinen Arbeitstag beendet, fragt er mich noch, ob ich nicht morgen beim Stadtanzeiger anrufen kann, um nach Preisen für Werbung zu fragen. Er hatte da heute irgendwie keine Lust zu. Ich sage ihm, dass ich auch keine Lust haben werde. Was bildet der sich eigentlich ein? Den ganzen Tag jammert er rum, dass er nichts zu tun hat und am Ende des Tages versucht er seine Aufgaben an andere abzugeben. Diese Masche funktioniert sicherlich oft, aber bei mir kann er das vergessen. Da kann er am Donnerstag, wenn er wieder hier ist, schön selber anrufen. Idiot.
Der Mittwoch verläuft sehr ruhig. Lediglich der angedrohte Fahrzeugverkauf findet statt. So kann es weitergehen.
Am Donnerstag passiert absolut nichts und bereits um 17.00 Uhr verabschiede ich mich ins Wochenende. So lässt es sich aushalten.
Arbeitszeit in dieser Woche: 35 Stunden und 30 Minuten.
Sechzehnte Praktikumswoche
Am Montag ist die Tür zu meinem Büro nicht abgeschlossen und es ist verdammt kalt. Das liegt vermutlich daran, dass das Fenster das ganze Wochenende offen stand. Wenn ich das dem Chef sage, dann kann Robocop seine Sachen packen, denn der Trottel hat das Fenster offen gelassen. Wie kommt so ein Haufen menschlichen Mülls nur so durchs Leben? Wieso darf der Müllhaufen überhaupt existieren? Kann den mal einer umprogrammieren oder kaputt machen? So bringt das doch nichts.
Am Dienstag steht unsere neue Praktikantin im Autohaus. Sie sieht ganz niedlich aus. Sofort schnappe ich sie mir und fahre mit ihr ein Auto abmelden und Ersatzteile holen. Die Entführung dauert anderthalb Stunden, dann bringe ich sie zurück.
Am Nachmittag fragt mich der Chef, ob die neue Praktikantin besser als Robocop ist. Ich sage ihm, dass jeder Kaktus besser als Robocop ist. Zur Belohnung bekomme ich den Auftrag mich ab sofort und für die nächsten zwei bis drei Wochen um die Praktikantin zu kümmern. Da ich das größte Büro habe, zieht sie bei mir ein. Süß finde ich, dass sie mir immer folgt, wenn ich etwas Dienstliches zu tun habe. Sie ist allerdings erst 21 Jahre und deshalb nicht zum Verzehr bzw. vernaschen geeignet.
Später verkaufe ich einen Dodge Nitro am Telefon. Als der Kunde den Kaufvertrag unterschrieben per Fax zurück schickt, kommt der Chef zu mir und dreht mein Namensschild um, weil ich es zu Beginn jeder Woche falsch herum trage und erst wieder umdrehe, wenn ich ein Fahrzeug verkauft habe. Den Rest dieser Woche darf ich es richtig herum tragen. Sehr schön.
Am Mittwoch wird mir mal wieder eine Rede zum Thema Zuverlässigkeit gehalten. Ich habe gestern vergessen ein Werbeplakat reinzustellen und nun muss ich mir wieder dieselbe Story anhören, die mir schon vorgetragen wurde als ich zu Beginn des Praktikums vergaß mein Bürolicht auszuschalten. Man kann sich nicht auf mich verlassen und muss mich ständig kontrollieren. Tja, so ist das eben. Nach der Rede erfahre ich, dass Robocop nicht wiederkommen wird. Er wurde entsorgt. Kurz und schmerzlos. Seinen Platz nimmt, wie erwartet, die junge Praktikantin ein. Sie wird wohl demnächst eine Ausbildung bei uns machen. Sofort schnappe ich sie mir und fahre mit ihr einkaufen. Selber fahren kann sie leider nicht, denn sie hat keinen Führerschein. Als wir zurück sind, fordere ich sie auf die Autos zu entstauben. Macht sie ohne Murren. Gutes Mädchen. Dann passiert etwas schier Unglaubliches. Der Chef gibt mir, dem Unzuverlässigen, den Generalschlüssel. Er muss heute eher weg und außer mir sind dann nur der Auszubildende und die Noch-Praktikantin anwesend. Die Verantwortung wird also an mich übertragen. Ich bin etwas verwirrt, war ich doch heute Morgen noch die Ausgeburt der Unzuverlässigkeit. Ob der Chef mir den Generalschlüssel auch gegeben hätte, wenn er wüsste, dass ich den Schlüssel für das Werbeplakat verloren habe?
Am Abend ist es dann so weit. Der Auszubildende geht ein paar Minuten früher und ich schicke die Noch-Praktikantin nach Hause. Die letzten Minuten bin ich ganz alleine in dem großen Autohaus. Verrückte Welt.
Am Donnerstag wird es noch verrückter. Robocop ist (wieder) da. Scheinbar hat ihm niemand gesagt, dass er nicht wieder kommen darf. Ich bezweifle sogar, dass der Chef irgendwem gesagt hat, dass er Robocop nicht mehr will. Was das für die Zukunft bedeutet, wird sich zeigen. Bin ich am Ende derjenige, welcher von der Noch-Praktikantin ersetzt wird? Ich bin gespannt. Am Nachmittag verschlechtert sich mein Blatt. Kunden, die einen 5-türigen Kalos bei mir gekauft haben, haben einen 3-türigen hingestellt bekommen. Verantwortlich dafür bin natürlich ich. So sagt es der Chef dem Kunden. Ich sehe das anders und eine unglaubliche Wut klettert in mir herauf. Als der Kunde vom Kaufvertrag zurücktritt, ist mein Chef sehr erbost. Durchs ganze Autohaus brüllt er mich zu sich ins Büro herunter. Er fragt mich, wieso er sich das noch antut, wieso er das alles ertragen muss. Anstatt ihm zu sagen, dass er all das ertragen muss, weil er ein Idiot ist, sage ich ihm, dass ich keine Ahnung habe, warum er so leiden muss. Nun fängt er an mich für das Dilemma verantwortlich zu machen. „Sie haben das zu verantworten. Sie haben dem Kunden das Auto verkauft. Sie…“ – „Stopp! Den Schuh zieh ich mir nicht an. Ich habe sie nach all den Details gefragt und sie haben alles bestätigt. Ich hatte von nichts eine Ahnung und habe alles von IHNEN absegnen lassen.“ – „Ich kann doch nicht alles wissen“ – „Das ist doch nicht mein Problem. Sie haben es mir Punkt für Punkt bestätigt und ich habe es genauso weitergegeben.“ Erstaunlich, obwohl ich stinksauer bin bleibe ich sachlich, beleidige den Chef nicht und gehe nicht einfach nach Hause. Zur Belohnung darf ich nun versuchen alles wieder hinzubiegen bevor es vor Gericht landet. Nichts leichter als das. DrSchwein macht das schon.
Am Samstag entdecke ich ganz zufällig ein junges Pärchen mit Kleinkind hinter einem Hyundai Santa Fe. Keine Ahnung, wie die da hingekommen sind. Ich nehme sie mit in mein Büro und verkaufe ihnen einen Seat Altea XL. Wenn doch alles so einfach wäre.
Arbeitszeit in dieser Woche: 43 Stunden und 0 Minuten.
Ausflug
Am Wochenende machen Ursula und ich einen Ausflug in einen Tierpark. Dort lerne ich eine entzückende Ziege kennen. Wir wollen heiraten, doch Ursula ist damit nicht einverstanden, weil sie meint die Ziege würde farblich nicht zu mir passen.
Ich bin der Meinung, dass wir gut zusammenpassen und ich glaube, dass die Ziege sich in mich verliebt hat.
Schweren Herzens ziehen wir weiter und treffen eine andere Ziege, die farblich besser zu mir passt. Als ich sie anspreche streckt sie mir die Zunge raus und geht fort.
Doch ich lasse mich nicht entmutigen und versuche es einfach bei der nächsten. Doch auch diese scheint mich nicht so toll zu finden, was ich ihrer spontanen Reaktion entnehme.
Die nächste, die ich anspreche, ist eher was für den Loerz. Blutjung und sexy. Sie saugt zwar vielversprechend an meinem Finger, doch irgendwie kann ich mir nicht vorstellen eine Beziehung mit einem so jungen Ding einzugehen.
Daher ziehe ich enttäuscht weiter. Wenig später treffen wir auf eine Graugans. Sie scheint nett zu sein und als ich ein Maiskorn finde, weiß ich, dass ich es der Graugans geben muss. Ich halte ihr das Maiskorn hin und sie schnappt sofort zu. Sie beißt so heftig in meinen Daumen, dass er blutet. Blöde Gans.
Das beißfreudige Luder steht rechts und guckt vollkommen unschuldig. Ich bin natürlich sehr enttäuscht und beschließe den Tierpark zu verlassen und vorerst Ursula zu behalten. Die beißt mich zwar auch hin und wieder, aber irgendwie gefällt mir das besser.
Siebzehnte Praktikumswoche
Immer die gleichen sinnlosen Diskussionen. „Haben Sie den Auto-Dispo-Plus an den Kunden verkauft.“ – „Nein, der Kunde wollte den nicht.“ – „Dann machen Sie etwas falsch.“ – „Wahrscheinlich.“ Und es interessiert mich einen Dreck. Wenn mich diese verfickten Zusatzgeschäfte interessieren würden, dann wäre ich Versicherungsvertreter oder Bankangestellter. „Es gibt nur zwei Leute in unserem Haus, die das nicht verkaufen können. Sie sind einer davon.“ – „Ja.“ Was für eine Überraschung. Solche Gespräche, dazu das trübe Wetter, was kann ein Praktikant mehr verlangen?
Meinen Chef kann ich immer weniger ernst nehmen. Er ist wie eine dieser bekloppten Puppen, bei der man am Bändchen zieht und die dann immer denselben Text rausplärren. Anfangs ganz witzig, doch irgendwann nur noch nervig. So alte Puppen landen dann auf dem Müll oder Dachboden und wenn man sie Jahre später auf dem Dachboden findet, dann zieht man wieder an diesem Bändchen und heraus kommt dieselbe Scheiße. Zunächst findet man es wahrscheinlich witzig, doch nach einer Weile klatscht man das Teil einfach wieder in eine Ecke. Mein Chef ist so eine Puppe. Nur, dass bisher niemand auf die Idee kam ihn auf dem Dachboden zu entsorgen. Kurz vor Feierabend ziehen wir gemeinsam am Bändchen und sofort plärrt er los. „Immer muss ich alles zweimal sagen. Ständig muss ich alles kontrollieren. Sie sind alle durch die Bank weg unkonzentriert. Es kann doch nicht sein, dass ich immer alles kontrollieren muss… .“ Einmal kurz am Bändchen gezogen und zur Belohnung sprudelt es nur so aus ihm heraus. Minutenlang. Vielleicht sollten wir das Bändchen abschneiden. Wobei zu befürchten ist, dass es nachwächst und alles noch viel schlimmer wird. Olle Plärrpuppe. Manchmal zieht er sogar selbst an seinem Bändchen und plärrt einfach so los. Vielleicht muss er bald eingeschläfert werden. Was ich ebenfalls sehr an ihm schätze ist die Tatsache, dass er Absprachen, die ich mit Kunden treffe, bricht und sich dann wundert, wenn die Kunden woanders kaufen. Selten habe ich einen so blöden Geschäftsmann gesehen. Gebrauchtfahrzeuge macht er so teuer, dass niemals Nachfragen kommen. Als ich bei einem Fahrzeug eigenmächtig den Preis senke, ist es plötzlich interessant für die Leute. Und wir könnten es trotz Preissenkung mit ordentlichem Gewinn verkaufen. Doch auch hier hat mein Chef seine eigenen Pläne. Der Kauf scheitert und wie immer bin ich der Depp.