Emma steigt wieder aus
Nachdem wir uns auf einen Termin für unser Treffen geeinigt hatten, wurde der Kontakt zu Emma immer weniger. Wenige Tage vor dem geplanten Treffen höre ich nichts mehr von ihr. Sie sagt unser Treffen nicht ab, beantwortet meine Nachfrage, ob wir uns tatsächlich treffen wollen, nicht, sondern meldet sich einfach nicht mehr. Ich verstehe den Sinn der ganzen Sache zwar nicht, mag aber auch nicht weiter darüber nachdenken. Sie hatte ihre Chance, weiß, was ihr entgeht und wie sie mich erreichen kann, wenn sie es sich erneut anders überlegt. Mehr kann ich nicht für sie tun.
Eine Geschichte der Hoffnungslosigkeit
Ein Mann schiebt einen Kinderwagen. An seiner Seite ein Hund. Möglicherweise ein alter Hund. Vermutlich aber ein deprimierter, unglücklicher Hund. Jedenfalls kein glücklicher Hund. Dieser Hund ist freudlos, hat sich scheinbar seinem Schicksal ergeben. Er geht nicht mit dem Mann, weil er es will, sondern weil er muss. Der Mann ist tätowiert. Er kann 30 oder auch 40 Jahre alt sein. Er sieht fertig aus. Sein Blick ist leer. Ringe unter den Augen. Hoffnungslosigkeit ist alles, was er ausstrahlt. Freude scheint es auch für ihn nicht zu geben. In seiner rechten Hand hat er eine Flasche Bier. Er nimmt einen kräftigen Schluck. Sein Blick bleibt leer. Er passt in diesen Ort. Es ist 09.37 Uhr. Viel zu früh. Doch wahrscheinlich längst zu spät.
Parkimpressionen
Während ich erneut im Park sitze und lese, höre ich plötzlich eine Stimme. Es klingt als würde irgendwo eine Frau singen. Doch weit und breit ist niemand zu sehen. Der Gesang wird lauter, ein Mann geht an mir vorbei. Weder singt er, noch scheint er den Gesang zu hören. Ich bin irritiert. Ich schaue mich um und entdecke eine Frau mit lustigem, beigen Hut, beigen Oberteil und einer bunten Hose. An ihren Händen hat sie diese albernen Wanderstöcke. Der Gesang wird lauter, bleibt jedoch undeutlich. Als die Frau ganz nah ist, höre ich, dass sie vom Wandern singt. Sie ist jenseits der 50 und ich empfinde ihr Aussehen als schrill, vielleicht sogar ein wenig verrückt. Vielleicht lässt der Gesang sie auch nur verrückt erscheinen. Doch so genau mag ich auch nicht hinsehen. Mir ist der Gesang befremdlich und auch irgendwie peinlich. Als sie auf der Höhe meiner Bank ist, wünscht sie mir einen guten Tag. Ich grüße zurück und sie zieht singend an mir vorbei. Die Situation könnte aus einem Psychothriller oder einem Horrorstreifen stammen. Die Frau dreht eine Runde um den Teich. Ihr Singen ist während der ganzen Zeit zu hören. Sie kommt erneut auf mich zu. Kurz bevor sie an meiner Bank ist, verstummt der Gesang und sie spricht mich an. „Sie haben sich ein wunderbares Plätzchen ausgesucht.“ – „Ich weiß.“ – „Das ist herrlich hier. Das Wasser, die Natur, der Gesang der Vögel. Wunderbar.“ Während sie das sagt, zeigt sie mit den Wanderstöcken auf das Wasser und die Umgebung, um ihre Worte zu untermalen. „Ja. Finde ich auch.“ – „Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag.“ – „Den wünsche ich Ihnen auch.“ – „Danke.“ Sie setzt ihren Marsch fröhlich singend fort und ist nach einer Weile nicht mehr zu hören. Das Gefühl, im falschen Film zu sein, ist vorbei. Die Idylle ist wiederhergestellt.
Angler im Park
Ein anderer Tag, eine andere Parkbank. Bevor ich mein Buch lese, schaue ich mich ein wenig um. Vielleicht ist es an diesem Platz noch ein wenig schöner als an dem anderen Platz. Ich beobachte das Wasser, die Enten, einen Schmetterling, Libellen und einen Graureiher. Wobei ich nicht wirklich weiß, ob es sich tatsächlich um einen Graureiher handelt. Ich lese etwa eine Stunde, dann werde ich müde, lege das Buch beiseite und schließe die Augen. Für einen kurzen Augenblick erreiche ich einen Zustand, der einer Bewusstlosigkeit nahe kommt. Ich bin eins mit der Natur und der Bank, auf der ich mittlerweile mehr liege als sitze. Nach einer Weile höre ich, dass jemand kommt. Ich öffne die Augen und sehe einen Angler. Er ist etwa 15 Jahre alt und schleppt Angelutensilien und einen Stuhl zum Zusammenbauen mit sich rum. Meine Vermutung, dass er direkt vor meiner Bank angeln will, bestätigt sich rasch. Ich beobachte, wie er den Stuhl zusammenbaut, seine Angel und Köder vorbereitet. Während er seine Aufgaben erledigt, kommt ein älterer Mann, ebenfalls mit einem Stuhl und Angelutensilien dazu. Der zweite Angler heißt Rolf, ist etwa 50 Jahre alt und scheint ein väterlicher Freund des Jüngeren, der Jonathan heißt, zu sein. Rolf setzt sich schräg hinter Jonathan und beobachtet, kommentiert und stellt Fragen. Rolf ist alles andere als ein stiller Mensch. Dabei dachte ich immer, dass Angeln eine ruhige Sache ist. Als alles aufgebaut ist, wirft Jonathan die Angel aus. Er beobachtet gespannt, ob die Angel sich bewegt. Sobald sich die Angel bewegt, will er nach ihr greifen. Doch Rolf, der alles genau beobachtet, verhindert eine zu frühe Handlung. Er sagt immer dieselben Dinge. Jetzt noch nicht. Warte. Noch nicht. Warte noch. Und dann, wenn er den richtigen Moment für gekommen hält, ruft er: „Jetzt!“. Jonathan greift zur Angel und zieht einen Fisch nach dem anderen aus dem Wasser. Hauptsächlich Rotaugen und Rotfedern. Die Rotfedern leisten mehr Widerstand. Ich verstehe Angler nicht und mir tun die Fische leid.
Mittlerweile sitze ich seit 2,5 Stunden auf dieser Bank. Und obwohl ich mich so gut wie gar nicht bewegt habe, bin ich nassgeschwitzt. Es ist Freitag, der 02. Juli 2010. 15.39 Uhr. Möglicherweise der zweitwärmste Tag des Jahres. Zeit zu gehen.
Viertelfinale. Deutschland – Argentinien 4:0
Spontan fahre ich nach Oberhausen, um mit Cori das WM-Viertelfinale zu sehen. Es wird ein recht merkwürdiger Nachmittag mit einem guten Fußballspiel und ohne jeglichen Körperkontakt. Abgesehen von der Begrüßungs- und der Abschiedsumarmung. Mir ist das Recht und sie scheint es auch okay zu finden. Dennoch fühle ich mich nicht wirklich wohl. Dieses heimliche Verhältnis zu Nadia ist nicht gut und belastet unser Verhältnis. Ich verhalte mich komisch und Cori findet mich sicher noch merkwürdiger als sonst. Früher oder später wird sie sowieso erfahren, dass ich mich mit Nadia treffe, mich dafür verachten und für ein Arschloch halten. Wie konnte ich mich auf so etwas einlassen? Ich überlege ernsthaft, ihr alles zu beichten, bin aber zu feige und obendrein der Meinung, dass es Nadia gegenüber nicht fair wäre. Außerdem ist es längst zu spät und die Situation, in die ich mich da gebracht habe, ist alles andere als schön. Ich weiß nicht, wie ich da wieder rauskommen kann und mich Cori gegenüber verhalten soll. So kann es nicht weitergehen. Doch was soll ich tun? Habe mir das ja alles selber eingebrockt. Und so bleibe ich während der gesamten Zeit unseres Treffens komischer als sonst und versuche auch gar nicht, Cori zu küssen oder mich ihr sonst irgendwie zu nähern. Das wäre vollkommen anders, wenn die Situation eine andere wäre. Ist sie aber nicht und so bleibt die Stimmung merkwürdig und der Abschied, der auch irgendwie verkrampft ist, ist für mich eine Art Erlösung und ich beschließe, mich nicht mehr mit Cori zu treffen. Feigling.
Nach unserem Treffen erzählt Cori Nadia, dass sie kein Interesse mehr an mir hat und mich auch nicht mehr treffen will, weil ich ihr zu depressiv bin. Nadia ruft mich an, um es mir gleich zu erzählen. Ich bin ein wenig erleichtert, aber wirklich glücklich bin ich mit der Situation trotzdem nicht. Ich fühle mich mehr und mehr wie ein verlogenes Arschloch. Die Geister, die ich rief, werde ich scheinbar nicht mehr los.
Nerviges Gespräch
Die frühere Hausmeisterin hat ihre Ohren scheinbar überall und weiß über alles Bescheid. Und ständig spricht sie mich wegen irgendwelcher Dinge an.
„Ich habe gehört, dass Sie derjenige sind, der immer das Fenster da oben aufmacht.“
„Das ist richtig.“
„Dann hätten Sie es gestern bei dem Sturm auch zumachen müssen.“
„Ich war nicht da.“
„Dann müssen Sie es immer zumachen, wenn sie weggehen.“
„Hier wohnen auch noch andere.“
„Ja. Aber Frau M. war nicht da. Da musste Frau H. es zumachen. Aber da war wohl schon irgendwas nass.“
„So etwas kommt vor.“
„Dann müssen Sie das Fenster zulassen, wenn Sie vergessen es zuzumachen.“
„Da oben ist die Luft schon schlecht genug. Da muss das Fenster nun mal geöffnet werden.“
Ich hasse solche Gespräche, weil sie nerven und völlig unproduktiv sind. Jetzt erzählt sie sicher erst mal allen, dass ich auch in Zukunft das Fenster öffnen werde und uneinsichtig bin. Die frühere Hausmeisterin, die mich nervt, ein Café Bistro, dessen Gäste ebenfalls nerven und dazu alles in einem Ort, der mich noch mehr nervt. Wie soll ich da jemals ein zufriedener Durchschnittsbürger werden?
Schmerzhaftes Joggen
Nachdem ich mich zwei Wochen wegen der Temperaturen geweigert habe zum Sport zu gehen, ist es heute an der Zeit, etwas für meine Fitness zu tun. Da ich fürchte, dass es mir im Fitnessstudio zu warm sein wird, entscheide ich mich dafür zum vierten Mal in diesem Jahr joggen zu gehen. Einmal pro Monat muss einfach sein.
Das Wetter ist perfekt und ich starte vollkommen entspannt und zufrieden meine Runde. Nach neun Minuten ist es vorbei mit der Entspannung. Mein rechtes Knie schmerzt und versucht mich zu zwingen mit dem Joggen aufzuhören. Das ist definitiv zu früh. Ich bin ja gerade erst los, deshalb ignoriere ich die Schmerzen und nach einigen Minuten gibt das Knie Ruhe. Trotzdem überlege ich, ob es nicht klug wäre, wenn ich nach dem heutigen Tag nie wieder jogge. Als ich auf die letzte Gerade biege, erhöhe ich das Tempo. Die letzten 200 Meter. Meine Schritte werden größer, das Tempo steigt. Zunächst scheinbar mühelos, doch auf den letzten Metern signalisiert mein Knie, dass es jetzt reicht. Noch etwa 100 Meter bis zum Ziel. Die Schmerzen werden langsam lästig, doch sie können mich nicht von meinem Ziel, diesen Spurt bis ins Ziel fortzusetzen, abbringen. Nach 25 Minuten und 38 Sekunden erreiche ich das Ziel. Die zweitbeste Zeit in diesem Jahr. Mein Knie beruhigt sich. Dafür protestiert mein rechtes Sprunggelenk nun aufs Heftigste. Jeder Schritt schmerzt und signalisiert mir, dass das mit dem Joggen nichts mehr für mich ist. Der Verstand sagt, dass ich heute zum letzten Mal in diesem Leben gejoggt bin. Ich bin davon allerdings noch nicht überzeugt. Der Verstand und ich gehen in letzter Zeit öfter getrennte Wege. Fragt sich, wer sich diesmal durchsetzt.
Als ich die Treppen zu meiner Wohnung aufsteige, habe ich unglaubliche Schmerzen im Knie und schaffe es nur mit Mühe meine Wohnung zu erreichen. Verstand und Körper scheinen gegen mich zu arbeiten. Vielleicht ist es auch nur der Zahn der Zeit, der dabei ist mich erst zu zermürben und dann zu zersetzen.
Begegnungen im Park
Eine Frau, ihr Sohn und ihr Hund kommen an meinem Platz vorbei. Der Hund begrüßt mich, Frau und Sohn bleiben stehen. Sie wollen den Hund überreden ins Wasser zu gehen. Der Hund will nicht. Ich sage, dass ich es sehr vernünftig finde, dass er nicht in das dreckige Wasser geht und erfahre, dass der Hund Angst vor Wasser hat und bei seinem ersten Besitzer Schreckliches erlebt haben muss. Der Hund, ein Münsterländer, ist etwa 6 Jahre alt und heißt Kimba. In den nächsten Minuten erfahre ich die Lebensgeschichte des Hundes. Nach einer Weile frage ich mich irritiert, was hier gerade passiert. Währenddessen höre ich weitere Details und Geschichten aus Kimbas Leben. Eigentlich darf ich nicht mit Fremden reden.
Wenige Minuten später lehnt sich die Frau an den Mülleimer neben meiner Bank. Sieht so aus als würden sie länger bleiben. Ich erfahre, dass die Familie nach Lünen in ein Fachwerkhaus ziehen will, weil es hier im Ort doch etwas asozial ist. Warum erzählen die das einem Fremden? Der Sohn, der 14 bis 16 Jahre alt zu sein scheint, erzählt mir, dass das Freibad hier nicht mehr so gut ist wie damals und dass die Politiker sich nicht um die Jugendlichen kümmern und nur noch Kraftwerke bauen lassen, was er voll Scheiße findet. Ja, da hat er wohl Recht. Ich verstehe trotzdem nicht, warum die mir das alles erzählen. Ich kenne die Leute nicht. Aber ich mag ihren Hund. Ein paar Minuten später verabschieden sie sich endlich von mir und ich habe meine Ruhe zurück.
Etwa dreißig Minuten nachdem Frau, Sohn und Hund gegangen sind, erblicke ich auf der anderen Seite des Teichs einen Mann mit Hund. Der Mann hat sein T-Shirt ausgezogen und geht mit freiem Oberkörper herum. Das hätte er wirklich nicht tun müssen. Das will doch keiner sehen. Nach einer Weile gehen Hund und Herrchen direkt vor meiner Bank zum Teich. Der Hund springt in den Teich, der Mann setzt sich an den Rand und lässt seine Beine im dreckigen Wasser baumeln. Wie kann er nur so etwas tun? Er erzählt seinem Hund, dass das Wasser sonst kühler ist. Er erwartet scheinbar eine Bestätigung seiner Aussage von seinem Hund. Ich kann nicht erkennen, dass er die Bestätigung erhält. Nun öffnet er eine Dose Cola und nimmt einen Schluck. Der Hund erforscht die Gegend und begrüßt mich kurz. Als der Hund zurück bei dem Mann ist, erzählt dieser wieder irgendwas. Ich verstehe nicht, worum es geht. Er redet noch eine Weile, dann zündet er sich eine Zigarette an und die beiden verlassen den Ort. Jetzt hört man nur noch den Gesang der Vögel. Die Ordnung ist fast wiederhergestellt.
Vor der OP
Manchmal kommt es vor, dass man sich operieren lassen muss. In meinem Fall ist das zwar eine freiwillige Entscheidung, aber da ich mich so entschieden habe, muss es sein. Der Arzt, der mich operieren, genauer gesagt, die Vasektomie durchführen wird, sagt, dass ich um 06.20 Uhr im Krankenhaus sein muss. Und irgendwas von 07.15 Uhr. Da ich ihn nicht richtig verstanden habe, frage ich nach. „Um 07.15 Uhr ist es vorbei?“ – „Nein. Da wird der Eingriff durchgeführt.“ – „Was soll ich dann schon so früh da?“ – „Sie können sich in der Zeit auf die OP vorbereiten. Gegen 07.00 Uhr werden sie fertig für den OP gemacht. Um 07.15 Uhr geht’s los.“ Ich will mich nicht extra auf die OP vorbereiten. Ich will, dass es sofort losgeht, wenn ich da bin. Schon schlimm genug, dass da auf meinen eigenen Wunsch und auf meine Kosten an mir rumgedoktert wird. Da will ich nicht vorher noch extra Zeit zum Nachdenken bekommen. „Nach dem Eingriff kann ich aber sofort gehen?“ – „Nein. Das glauben viele. Danach können sie sich erst mal ausruhen und von dem Eingriff erholen.“ Am Nachmittag kommen Sie dann in meine Praxis damit ich mir das Ergebnis ansehen kann. Dann bekommen Sie eine Notfallnummer für die Nacht.“ Großartig. Das ist allerdings nicht das, was ich hören wollte. Ich wollte mich nicht den ganzen Tag mit dem Eingriff beschäftigen. Scheint so als wäre das doch nicht ein ganz so harmloser Eingriff, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich darf gar nicht daran denken, dass ich den Eingriff auch noch aus eigener Tasche bezahlen muss. Auf was habe ich mich da nur eingelassen?
Sex im Park
Damit Ursula auch mal sieht, wie schön und gemütlich es im Park, in dem ich öfter sitze und lese, ist, nehme ich sie heute mit. Wir setzen uns auf eine der beiden Parkbänke, genießen die Natur und beobachten die Graureiher, die ihre Runden über dem Teich drehen. Dann blasen wir zwei Luftballons auf, befestigen sie an einem Ast und stellen diesen am Ufer auf. Das macht zwar keinen Sinn, ist aber etwas, was ich mir sehr gewünscht habe. Da ich die Möglichkeit mit einer Frau hier zu sein, sinnvoll nutzen möchte, mache ich Ursula auf einen kleinen Trampelpfad hinter der Bank aufmerksam und sage ihr, dass man da zu einer Stelle gelangt an der man prima Sex haben kann. Zunächst ist sie skeptisch, doch da ich ein Ziel habe, bleibe ich dran, gehe zu dem Pfad und sage ihr, dass wenige Meter weiter ein Baum steht an den sie sich prima lehnen könnte, während ich sie von hinten beglücke. Jetzt ist ihr Interesse geweckt. Ich sage ihr, dass uns dort niemand sehen wird und fordere sie auf mir zu folgen. Dass nur wenige Meter hinter dem Baum ein Weg, von dem man uns sehr wohl beobachten könnte, entlang geht, teile ich ihr nicht mit und so folgt sie mir zu dem Baum. Obwohl mir eindeutig zu viele Insekten umherfliegen, machen wir das, weshalb wir hier sind. Da ich ein ganz fixer bin, ist das Risiko entdeckt zu werden, ziemlich gering. Und obwohl ich so fix bin, schafft es irgendein Insekt mir in den Oberarm zu stechen. Es scheint als wäre dies ein guter Ort zum Stechen. Nachdem alles erledigt ist, teile ich Ursula mit, dass nur wenige Meter hinter diesem Baum ein Weg herführt. Außerdem stellen wir fest, dass wir auch vom Hauptweg jederzeit hätten beobachtet werden können. Gut, dass mir das egal ist und ich so fix bin. Wir gehen zurück zur Bank, setzen uns und widmen uns unseren Büchern. Die Parkordnung ist jetzt wieder hergestellt.
Schlafverhinderer
In den letzten Tagen sorgten die Hitze und die Café Bistro Besucher dafür, dass mein Schlaf doch arg gestört war. Auch in dieser Nacht tun sie alles, um mich in den Wahnsinn zu treiben und um den Schlaf zu bringen. Wie in jeder der letzten Nächte stopfe ich mir Ohropax in die Ohren, um irgendwann einschlafen zu können. Meine Hoffnung, dass es eine Nacht wird in der Ohropax genügend Lärmschutz bietet, erfüllt sich zum Glück zunächst auch und so schlafe ich gegen 01.00 Uhr friedlich ein.
Um 04.36 Uhr werde ich allerdings unsanft aus meinen Träumen gerissen, denn die neue Alarmanlage vom Café Bistro scheint sich zu langweilen und schlägt Alarm. Drei Minuten ohrenbetäubender Lärm rauben mir meine wohlverdiente Nachtruhe. Ich bin alles andere als entzückt. Dann herrscht Stille. Allerdings nur kurz. Um 04.41 Uhr legt die neue Alarmanlage erneut los. Ich bin jetzt vollkommen zerstört und absolut ratlos. Was soll der Scheiß? Um 04.43 Uhr verstummt die Alarmanlage. Ich klettere zurück ins Bett und döse langsam wieder ein. Doch um 04.56 Uhr geht der Mist schon wieder los. Es ist unglaublich, wie laut und vollkommen sinnlos diese Alarmanlage ist. Ich werde diese Alarmanlage zerstören müssen. Ab 05.01 Uhr ist es wieder ruhig und ich schlafe friedlich ein und träume von wohlgeformten Brüsten.
Am nächsten Abend sitze ich gemütlich auf dem Sofa und gucke einen Film. Die Temperatur ist erträglich und alles könnte so schön sein, wenn da nicht der Lärm aus dem Café Bistro wäre. So kann ich nicht in Ruhe meinen Film gucken. Es ist etwa 00.30 Uhr als ich zum ersten Mal in diesem Jahr die Polizei rufe, mein Leid klage und darum bitte, dass dafür gesorgt wird, dass die Türen vom Café Bistro geschlossen werden. Nicht einmal fünf Minuten später ist die Polizei auch schon da und plötzlich können sich die Besucher der Café Bistros zusammenreißen und den Lärmpegel deutlich reduzieren. Die Türen bleiben zwar geöffnet und es dringt noch immer orientalische Musik zu mir hinauf, doch weniger störend als vor dem Besuch der Polizei. Doch scheinbar macht es den Gästen des Café Bistros wenig Spaß, wenn sie so ruhig sein müssen. Und so fängt gegen 01.00 Uhr irgendwer an den Gehsteig mit einem Laubbesen zu fegen. Ich hasse das Geräusch. Nach ein paar Minuten ist der Spuk vorbei und ich schlafe, zum ersten Mal seit Tagen, ohne Ohropax ein. Mein Schlaf währt jedoch nicht lange, denn um 03.30 Uhr geht die Alarmanlage des Café Bistros an. Ich bin hellwach und vollkommen ratlos. Werde ich jetzt jede Nacht auf diese Art geweckt? Wenige Minuten nachdem die Alarmanlage sich wieder beruhigt hat, kommt ein Mensch vom Café Bistro vorgefahren. Möglicherweise hat der Mann, der vor dem Café Bistro auf ihn wartet, ihn über die vorlaute Alarmanlage informiert. „War die Anlage sehr laut?“ – „Ja.“ – „Und wie lange hat gedauert?“ – „Eine Minute. Zwei Minuten. Drei Minuten.“ Mindestens würde ich behaupten. Doch ich möchte dazu nicht befragt werden. Das Gespräch verstummt und der eine Mensch versucht irgendwas an der Alarmanlage einzustellen. Da ich kurz danach einschlafe und die Alarmanlage mich auch nicht wieder weckt, gehe ich davon aus, dass er das Problem behoben hat. Zumindest für diese Nacht.
Anja
Erneut verbringe ich Zeit in einem Erotikchat. Wie üblich kommen keine wirklichen Unterhaltungen zustande. Dann schreibe ich Hexchen21 an. Sie heißt angeblich Anja, ist 22 Jahre, kommt aus Bonn und hat Lust zu telefonieren. Irgendwie kommt mir das bekannt vor. Gab es letzten Monat nicht eine Katrin, die ähnlich schrieb? Ich gebe ihr meine Nummer und wenige Augenblicke später ruft sie auch schon an. Die Stimme und die Art zu reden, kenne ich. Auch das Gespräch wirkt wie eine eins zu eins Kopie des Gesprächs mit Katrin. Anja ist für alles offen und findet es gut, dass ich eine Beziehung habe. Ich finde, dass Anja langweilig ist und sage ihr, dass ich keine Zeit mehr habe. Am Nachmittag will sie mich wieder anrufen, damit wir uns besser kennenlernen können. Wir beide wissen, dass sie das nicht tun wird. Es ist wirklich faszinierend, wie sich die Dinge wiederholen. Ich frage mich allerdings nach ihrem Motiv. Schreibt sie vielleicht ein Buch über ihre Erlebnisse mit Männern? Macht sie ein Experiment, wie schnell Männer ihre Telefonnummern rausgeben oder macht ihr der Quatsch tatsächlich Spaß? Ich werde es vermutlich nie erfahren.
Nächtlicher Streit
Es ist exakt 03.21 Uhr als ich aus meinem wohlverdienten Schlaf gerissen werde. Irgendwelche Idioten aus dem Café Bistro haben einen Streit und schreien sich furchtbar an. Trotz Ohropax höre ich alles und verstehe doch nichts. Sollte ich je wieder eine Fremdsprache lernen, dann auf jeden Fall türkisch.
Nach einer ganz kurzen, etwas ruhigeren Phase, wird es nochmal richtig laut. Die Affen brüllen sich an als ginge es um Leben und Tod. Plötzlich mischt sich eine Frau in das Geschehen ein und brüllt los. „Ich ruf die Polizei! Ich ruf die Polizei!“ Das klingt gut. Da ich eh nicht mehr schlafen kann, gehe ich auf den Balkon, um zu sehen, was es zu sehen gibt. Vor dem Café versuchen zwei Männer einen anderen davon abzuhalten ins Café Bistro zu stürmen. Einer zerrt an ihm rum, der andere brüllt wild gestikulierend auf ihn ein. Dann schreit die Frau auch schon weiter. Während sie schreit, hält sie sich ein Telefon ans Ohr. „Ich ruf die Polizei! Ich ruf die Polizei! Aber wie ist die Nummer!? Ich weiß die Nummer nicht!“ Das überrascht mich nicht, hat die Polizei doch eine wirklich ausgefallene Nummer, die sich nur schwer merken lässt. Die Frau rennt nach links und schreit weiter, während der Mann, der zurück ins Café Bistro will, weiter nach rechts geschoben wird. Ein derart asoziales Schauspiel ist nichts, was ich in der Nacht sehen mag. Ein anderer Mann schreit die Frau an. Danach brüllt sie. „Ich bin krank im Kopfe! Ich bin krank im Kopfe! Ich bin krank im Kopfe! Ich bin krank im Kopfe! Achmed!“ Da kann ich ihr nur zustimmen. Dann will sie wieder die Polizei rufen, weiß die Nummer aber immer noch nicht und schreit erneut, dass sie krank im Kopfe ist und die Nummer nicht weiß und Achmed. Die beiden Männer haben es in der Zwischenzeit geschafft, den wütenden Mann davon zu überzeugen den Ort zu verlassen. Langsam kehrt Ruhe ein und ich lege mich ins Bett, wo ich den letzten Auftritt der kranken Frau mit anhören darf. Sie schreit. „Tom!? Tom!? Tom!? Tom!? Tom!? Tom!?“ Ein Mann sagt etwas zu ihr. Sie schreit ihn an. „Du hast mir gar nichts zu sagen, Ali.“ Dann sucht sie schreiend weiter nach Tom. „Tom!? Tom!? Tom!?“ Ihre Stimme wird leiser, je weiter sie sich vom Café Bistro entfernt. Dann kehrt endgültig Ruhe ein und ich darf weiter schlafen. Aber nur bis 07.12 Uhr, denn dann schreien sich zwei Männer vor dem Café Bistro an. Ich kann nicht mehr und stehe auf. Die Nacht ist vorbei. Ich wohne hier in der Gegend der Dummen und Zurückgebliebenen. Die Verblödung lässt sich nicht mehr stoppen. Dieser Ort ist verloren. Ebenso wie meine Nachtruhe nur noch eine Illusion zu sein scheint.
Schwules Kompliment
Als ich gerade in meinem Profil, welches ich dazu angelegt habe, um Frauen Absagen zu schreiben, schaue, finde ich folgende Mail:
potzblitz, bist du ein klasse kerl
hi bin jonas….
ok ok ich bin schwul…seins drum…aber du siehst einfach klasse aus, lass dir das gesagt sein…da wird mal ja neidisch auf die damenwelt
Wenn die Frauen nur halb so begeistert von mir wären, dann wäre ich ein zufriedener Mann.
Spontanes Date
Nachdem ich Nadia länger als üblich nicht getroffen habe und sich unser Kontakt auf recht sexuelle Mails beschränkt zu haben scheint, entscheiden wir uns heute für ein spontanes Sexdate. Als Ort für das Treffen wählen wir den Bahnhof in Gelsenkirchen. Von dort wollen wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Ort für eine heiße Nummer machen.
Um 12.28 Uhr treffen wir uns im Gebäude des Hauptbahnhofs, machen uns auf den Weg zu meinem Auto und suchen einen geeigneten Ort. Schon bald finden wir einen Park und suchen dort nach einem geeigneten Platz. Wirklich geeignet scheint hier jedoch kein Platz zu sein. Dennoch entscheiden wir uns für eine Bank, um unser Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wir küssen uns, ich schiebe ihr Kleid hoch, sie öffnet meine Hose und gerade als es gemütlich wird, entdeckt Nadia einen Spaziergänger, der in unsere Richtung unterwegs ist. Sie schiebt ihr Kleid zurück, ich packe ihn wieder ein und schließe meine Jeans. Sieht so aus als müssten wir uns einen anderen Platz suchen. Wir schauen uns in dem Park um, finden aber nichts und beschließen, dass wir woanders hinfahren.
Da wir uns nicht auskennen, fahren wir einfach so drauf los, verlassen Gelsenkirchen und landen in Essen. Dort finden wir einen Park, der akzeptabel zu sein scheint. Wir parken und machen uns auf den Weg. Der Park ist jedoch leider ebenfalls vollkommen ungeeignet. Selbst küssen und fummeln ist unbemerkt nicht möglich. Die Lust wird immer größer, doch an diesem Ort sind wir falsch und so machen wir uns, nachdem wir den ganzen Park bewundert haben, auf den Weg zurück zum Auto. Mittlerweile sind wir schon seit einer Stunde unterwegs und noch immer haben wir unseren Plan nicht umsetzen können. Ich starte den Motor und wir machen uns auf den Weg zu einem Ziel, welches wir noch nicht kennen. Vor jeder roten Ampel machen wir wild rum und irgendwann bleibt meine rechte Hand einfach zwischen ihren Beinen. Ich bin echt froh, dass der Benz ein Automatikgetriebe hat. Was mich allerdings ein wenig stört ist ihr Höschen. Das ist vollkommen überflüssig und im Weg, weshalb ich sie auffordere es auszuziehen. Wie erwartet kommt sie meiner Aufforderung unverzüglich nach. Nadia ist schon ein geiles Luder.
Nach einer Weile beschließt sie, dass ihre Hand in meine Hose gehört, öffnet diese und raubt mir so völlig die Konzentration auf den Straßenverkehr. Die Art Verkehr, die hier im Fahrzeug stattfindet, verstößt sicherlich gegen die Straßenverkehrsordnung. LKW Fahrer und die Fahrgäste in Bussen haben vermutlich eine tolle Aussicht auf unser Treiben. Da wir jedoch nicht unterwegs sind, um Leute zu unterhalten oder einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vorzunehmen, parke ich den Wagen vor einer Kleingartenanlage. Wir steigen aus und gehen einen langen, schmalen Weg entlang, der sich bald als Sackgasse herausstellt. Am Ende dieser Sackgasse lagern Holzpaletten. Links befindet sich eine Böschung, die als Sichtschutz dient. Rechts liegen die Kleingärten. Hier sind wir richtig. Nadia stellt sich vor die Paletten bzw. lehnt sich dagegen, schiebt ihren Rock hoch, öffnet meine Hose und wir können endlich tun, weshalb wir uns getroffen haben. Der Akt geht, wie es Tradition bei mir ist, ganz fix. Ich finde es vollkommen okay, da das Vorspiel dafür umso länger gedauert hat. Wir ziehen uns wieder ordnungsgemäß an, gehen zu meinem Wagen und ich bringe sie zu einem Bahnhof in der Nähe. So trennen sich unsere Wege nur wenige Minuten nachdem wir unseren Plan in die Tat umgesetzt haben. So mag ich das.
Vasektomie
Erwartungsgemäß schlafe ich vor der OP nicht besonders gut. Und so ist es nicht verwunderlich, dass ich, als der Wecker um 05.15 Uhr klingelt, längst wach bin. Pünktlich um 06.20 Uhr bin ich im Krankenhaus und werde in einem Zwei-Bett-Zimmer, mit einem etwas nervösen Zimmernachbarn, der ebenfalls heute operiert wird, untergebracht. Im Gegensatz zu mir bekommt er drei Beruhigungstabletten und wird unter Vollnarkose operiert und ich frage mich, warum ich keine Beruhigungstabletten bekomme. Mein Zimmernachbar ist dermaßen durch den Wind, dass ich ihm erklären muss, dass er das OP Hemd sofort anziehen und seine Klamotten vollständig ablegen muss. Dann sorge ich dafür, dass er seine Tabletten nimmt. Kurz danach ist er nicht mehr ansprechbar. Jetzt beneide ich ihn sogar ein bisschen. Noch bevor ich weiter darüber nachdenken kann, warum ich keine Beruhigungstabletten bekomme, werde ich auch schon abgeholt. Im OP Vorraum werde ich der OP-Schwester übergeben. Ich bin etwas irritiert, trage nichts weiter als ein OP-Hemd und muss nun mit dieser attraktiven OP-Schwester einen Raum teilen. Ich darf die gar nicht angucken, sonst werde ich noch scharf auf sie. Und das ist jetzt völlig unangebracht. Weil wir zwei die nächsten Minuten alleine sind, quatsche ich sie zu. Normalerweise mache ich so etwas nicht, doch in dieser Situation kann ich nicht anders. Schließlich bin ich fast nackt und fühle mich alles andere als wohl. Ich stelle ihr eine Frage nach der anderen, versuche witzig zu sein und wirke auf sie vermutlich ziemlich verwirrt, vermutlich sogar etwas bekloppt. Irgendwann geht ihr mein Gequatsche dermaßen auf die Nerven, dass sie mir einen I-Pod holt, eine 3D-Brille mit Kopfhörern aufsetzt und mir einen Dokumentarfilm zeigt. Das habe ich ganz toll gemacht. Als sie mir kurze Zeit später einen Zugang in die Hand einbaut und mich dabei berührt, wird mir ganz anders. Immer wenn sie mich fragt, ob alles okay ist, legt sie mir eine Hand auf die Schulter. Ich weiß gar nicht, wie ich damit klarkommen soll. Zum Glück erscheint der Arzt und es geht endlich los. Zwei Spritzen werden gesetzt, einen Moment gewartet, dann folgt der erste Schnitt. Ich zucke zusammen. Das tat verdammt weh. Sieht so aus, als würde die Betäubung nicht wirken, weshalb es zwei weitere Spritzen gibt. Nach fünf Minuten folgt ein Test, ob ich noch was spüre. Natürlich spüre ich das. Die zweite OP-Schwester sagt mir, dass sie mir nun etwas zum Schlafen spritzen wird, weil ich offensichtlich zu nervös bin und die Spritzen deshalb nicht wirken. Sehr seltsam. Wenige Augenblicke später spüre ich, wie der erste Schnitt vorgenommen wird. Der Schmerz ist aber nicht schlimm. Dann spüre ich noch einen Stich. Wie ich später feststelle, der letzte Stich des Tages. Da muss ich wohl tatsächlich während der OP geschlafen haben und selbst das vernähen bis auf den letzten Stich verpasst haben. So eine Narkose ist wirklich eine feine Sache. Ich höre, wie der Arzt etwas von 10.00 Uhr bis 10.30 Uhr sagt. Ich vermute, dass es die Uhrzeit ist zu der ich in seiner Praxis erscheinen soll. Etwas verwirrt werde ich zurück in mein Zimmer geschoben. Weil ich tierischen Durst habe, trinke ich dort angekommen erstmal einen kräftigen Schluck Wasser. Anschließend liege ich noch eine Weile in meinem Bett, bevor ich beschließe, mich anzuziehen. Es ist 09.15 Uhr als ich der Schwester sage, dass ich jetzt gehen muss, weil ich ja um 10.00 Uhr zur Kontrolle in der Praxis meines Arztes sein muss. Die Schwester findet es zwar ungewöhnlich, lässt mich aber gehen. Mein Vater holt mich ab. Eine Weile sitze ich dann bei meinen Eltern, bevor wir auch schon wieder los müssen. Ich bin müde und kann mich nur schlecht bewegen.
Um 09.57 Uhr erscheine ich in der Praxis meines Arztes. Die Dame am Empfang scheint irritiert und fragt mich, was ich denn schon hier mache. Ich sage ihr, dass ich um 10.00 Uhr einen Termin habe. Sie schaut ein wenig ungläubig und bittet mich Platz zu nehmen. Der Arzt kommt aus seinem Zimmer, sieht mich und scheint sehr überrascht. „Wurden Sie schon entlassen?“ – „Ich bin gegangen.“ – „Sie haben sich nicht abgemeldet?“ – „Doch. Natürlich.“ – „Und die haben Sie einfach gehen lassen?“ – „Ja. Ich habe gesagt, dass ich um 10.00 Uhr hier sein soll. Da durfte ich dann gehen.“ – „Sie sollten nicht so früh hier sein.“ – „Nicht?“ Sie haben doch gesagt, dass ich um 10.00 Uhr hier sein soll.“ – „Nein.“ – „Kommt denn sonst auch niemand so früh hierher?“ – „Nein.“ Komisch. Da muss ich wohl irgendwas falsch verstanden haben. Der Arzt wirft einen kurzen Blick auf die Pflaster. Dann bestellt er mich für nächsten Mittwoch zum Fäden ziehen und verabschiedet sich. Er scheint verwirrt zu sein, denn er gibt mir weder die angekündigte Notfallrufnummer für die Nacht noch sonstige Informationen. Noch bevor ich irgendwas Fragen kann ist er verschwunden. Sehr seltsam. Vor der OP war er kommunikativer. Jetzt, wo er das Geld verdient hat, scheine ich nicht mehr so wichtig zu sein. Weiter darüber nachdenken kann ich allerdings nicht, weil ich plötzlich zu schwitzen anfange und mein Kreislauf irgendwie nicht mehr richtig funktioniert.
Den Rest des Tages verbringe ich damit, irgendwo in meiner Wohnung rumzuliegen. Wirklich beweglich bin ich nicht. Ich wüsste nur gerne, wann ich wieder duschen darf und wie lange ich die blöden Pflaster tragen muss. Auch wenn ich mich jetzt nicht wirklich wohl fühle und keine große Begeisterung spüre, denke ich, dass diese OP eine gute Entscheidung war und die 305 Euro eine gute Investition waren. Nie wieder muss ich mir von nun an darüber Gedanken machen, eines Tages Vater zu werden. Nie werde ich die Verantwortung für ein Kind tragen müssen. Sex wird bestimmt viel entspannter und noch mehr Spaß machen. Bald geht es los, aber jetzt muss ich schlafen.
Am ersten Tag nach der OP liege ich meist irgendwo rum. Das geht ziemlich schmerzfrei. Blöd ist es nur, wenn ich nach langem liegen aufstehen muss. Dann fühlt es sich so an wie damals als ich noch Fußball spielen konnte und einen Ball aus kurzer Distanz in die Eier geschossen bekam. Ein wirklich entzückender Schmerz. Aber da mich diese Art Schmerz früher schon nicht umgebracht hat, wird es mich jetzt vermutlich auch nicht umbringen.
Am zweiten Tag nach der OP beschließe ich, dass ich meine früheren Mitbewohner besuche, weil ich Hunger habe. Die ersten fünf Minuten der Wanderung sind okay, dann aber wird es etwas unangenehm und ich würde am liebsten ein Taxi anrufen. Vor allem, weil es bestimmt sehr albern aussieht, wie ich mich fortbewege. Was mir allerdings die größten Sorgen bereitet ist die Tatsache, dass ich mich gleich in die dritte Etage schleppen muss. Kein schöner Gedanke. Der Weg in die dritte Etage ist beschwerlich und dauert mir auch viel zu lange. So macht das echt keinen Spaß. Ich bekomme etwas zu essen und ruhe mich danach eine Weile aus. Der Rückweg zu mir nach Hause ist ähnlich beschwerlich. Ich könnte jetzt prima einen betrunkenen Cowboy, einen Gehbehinderten oder jemanden, der eine Schönheits-OP im Intimbereich hatte, spielen. Wenig prickelnd. Möglicherweise, das ist allerdings nur eine Vermutung, ist es unangebracht heute schon durch die Gegend zu wandern. Vielleicht hätte ich zu Hause bleiben sollen.
Am dritten Tag entferne ich die Pflaster. Die beiden kleinen Schnitte sehen nicht so wild aus. Jeder wurde mit zwei Stichen genäht. Duschen klappt auch problemlos. Was weiterhin schmerzhaft bleibt sind Spaziergänge. Vielleicht sollte ich besser ein paar Tage liegen bleiben und auf Spaziergänge verzichten.
Nadias Geständnis und Coris Abschied
Der Monat geht zu Ende und Nadia hat aus irgendeinem Grund das Bedürfnis, Cori von unseren heimlichen und sexuellen Treffen zu beichten. Ich weiß nicht wieso, aber meine Überraschung hält sich in Grenzen, weil ich immer damit gerechnet hatte, dass sie so etwas tun wird. Damit endet auch die heiße Geschichte zwischen mir und Nadia mit diesem unsinnigen Geständnis, welches zugleich die Freundschaft zwischen Nadia und Cori beendet. Der Grund für Nadias Geständnis wird vermutlich für immer ihr Geheimnis bleiben. Ich bedaure es dennoch, weil Nadia dieses gewisse Etwas hat. Vielleicht hätten wir es anders angehen sollen, dann hätte es nicht so und nicht schon jetzt enden müssen. Vielleicht war aber auch nie etwas anderes möglich. Müßig, noch weiter darüber nachzudenken. Mit dem Geständnis endet zwangsläufig auch meine Beziehung zu Cori. Dazu schreibt Cori mir folgende Zeilen:
in einem hattest du wenigstens recht: du bist echt ein arschloch.
ein hoch auf meine intuition, die mich dazu gebracht hat mich zurückzuziehen obwohl ich nicht gewusst habe, warum.
und dann deine entschuldigungsmails wegen meiner party, was garnichts mit mir zu tun hatte…
und: du kennst die ganzen problematiken, die nadia und ich durch haben. aus den ganzen letzten verdammten jahren. und jetzt haben wir wieder was neues zu bewältigen.
danke dafür.
das wars dann von mir.
So habe ich die verdiente Quittung für mein Handeln erhalten. Über all das überrascht zu sein, wäre nun völlig unangebracht, weil alles vorauszusehen war, noch bevor ich mich auf die Sache mit Nadia eingelassen habe. In Zukunft sollte auch ich besser auf meine Intuition hören, dann passieren solche Dinge nicht mehr. Aber wenn das Blut tiefer wandert und die Lust mein Hirn vernebelt, ist es wahrlich nicht leicht, klug zu handeln. Ich nehme mir jedenfalls fest vor, dass ich nie wieder so handeln werde und hoffe, dass ich mich auch daran halten werde. Für Cori tut es mir wirklich Leid, denn das hat sie nicht verdient. Aber das wusste ich vorher und es hat mich nicht davon abhalten können, mich auf Nadia einzulassen. Der Fall zeigt deutlich, was passieren kann, wenn das Blut hauptsächlich im Penis pulsiert.