Januar 2015

Neujahr 2015
Obwohl ich erst sehr spät ins Bett kam, lasse ich mich um 08.01 Uhr von meinem Wecker wecken. Und obschon ich Ohrstöpsel trage, gelingt es ihm tatsächlich, dass ich ihn höre. Ich stelle den Wecker aus, drehe mich um und erlange erst um 08.42 Uhr das Bewusstsein zurück. Obwohl ich nicht will und noch völlig müde bin, stehe ich auf. Es geht nämlich absolut nicht, dass ich das neue Jahr undiszipliniert beginne, denn dieses Jahr soll schließlich ein Schritt nach vorne werden und nicht nur ein Schritt näher Richtung Grab.
Zum Frühstück gibt es Müsli. Anschließend mache ich mir Gedanken, wie ich den Tag gestalte. Da ich nur über wenig gestalterische Fähigkeiten verfüge, beschließe ich, gegen 14.00 Uhr einen Spaziergang mit meinem Vater zu machen. Eine Runde durch diesen Ort, den ich vermutlich nie verlassen werde. Rasch mache ich mir die üblichen Gedanken zum neuen Jahr und beschließe Dinge, die in diesem Jahr gemacht werden müssen. Mehr Sport, mehr an die frische Luft, folglich weniger in meiner viel zu kleinen Wohnung abhängen. Zweimal in den Urlaub fahren und spontan vermögend werden. Weniger meckern. Wobei das sicher nicht leicht wird und ein Lottogewinn wahrscheinlicher ist. Ich könnte meine durchgehenden Augenbrauen wachsen lassen. Vielleicht verleiht mir das eine Art animalische Eleganz und lässt mich energischer aussehen. Wichtig wäre auch eine gesteigerte Körperpflege. Der Körper wird mit zunehmendem Alter nämlich meist pflegebedürftiger und ich will ja auch mit 45 noch wie maximal 44 aussehen. Sinnvoll wäre es ebenfalls, etwas Sinnvolles zu tun. Damit meine ich jetzt aber nicht, dass ich irgendeinen Job annehmen will. Das ist nämlich nur sinnvoll, wenn der Job sinnvoll ist. Für die meisten sinnvollen Jobs fehlen mir leider die Qualifikation oder die nötigen Beziehungen. Ich weiß nicht, je mehr ich darüber nachdenke, desto unwahrscheinlicher wird es, dass sich wirklich etwas ändert. Mist, jetzt habe ich mich selbst der Illusionen beraubt, dass irgendwas besser wird. Die Zeit hätte ich mir echt sparen können.

Hüpfen
Ich sollte nach Mitternacht im Bett liegen und keine Musik hören, dann würde ich auch keine merkwürdigen Ideen entwickeln. Doch weil ich nicht im Bett liege und stattdessen Kalkbrenner höre, halte ich es für eine gute Idee, ein Lied lang auf der Stelle zu hüpfen. Anfangs läuft es noch völlig problemlos, doch dann wird es anstrengend. Außerdem habe ich ein unfassbar langes Lied gewählt. Zweimal muss ich Pause machen, weil hüpfen doch anstrengender ist als erwartet. Trotz Pausen will das Lied nicht enden. Ich hüpfe weiter und frage mich, ob ich nicht etwas alt zum hüpfen bin und ob es nicht ziemlich bescheuert ist, so herum zu hüpfen. Andererseits bewege ich mich sonst ja kaum noch. Und so beschließe ich, dass ich nach dem Lied weiter hüpfe. Während ich so hüpfe, muss ich an den Film Kiss of Death mit Nicolas Cage denken. Er hüpfte da auch so irre rum. Und wenn er das kann, dann kann ich das auch. Ich hüpfe weiter, schwitze , komme außer Atem und bin so platt, dass ich mich am liebsten erschöpft auf den Boden legen möchte. Doch das geht nicht. Die Musik ist zu gut und peinlicher kann es kaum werden. Weil das Hüpfen mir nach einer Weile zu monoton ist, gehe ich dazu über eine Art Hüpftanz zu praktizieren. Von allen guten Geistern verlassen tänzle ich durch meine kleine Wohnung. Von Zimmer zu Zimmer treibt es mich. Da hilft auch kein Arzt mehr. Jetzt bin ich vollkommen verrückt geworden. Völlig losgelöst geht es immer weiter, bis ich Schmerzen in den Waden bekomme. Das ist witzig und zeigt, wie untrainiert ich bin. Morgen werde ich bestimmt nicht mehr gehen können vor Wadenschmerzen. Ungefähr eine halbe Stunde dauert meine Aktion. Dann klettere ich erschöpft ins Bett, um kurze Zeit später auch schon das Bewusstsein zu verlieren.

Am nächsten Tag tun mir die Waden dermaßen weh, dass ich kaum gehen kann. Ich bin zu alt für solche Aktionen. Und vor allem zu untrainiert.

Bluetooth
Als ich bei Heiko eine neue Lampe entdecke, bin ich sofort neugierig. Ich mag Lampen nämlich. Als er mir sagt, dass es gar keine Lampe, sondern ein Bluetooth-Lautsprecher mit Beleuchtung ist, bin ich überrascht und schaue mir das Teil genauer an. Brauche ich so etwas auch? Ich habe ja schon öfter darüber nachgedacht, ob ein Bluetooth-Lautsprecher etwas für mich wäre. Die Antwort war immer, dass ich so etwas wohl nicht brauche. Aber jetzt bin ich mir da nicht mehr sicher, ob das nicht doch etwas für mein Schlafzimmer wäre.

Zwei Tage später sitze ich auch schon im Wagen meines Vaters, um mir diesen Bluetooth-Lautsprecher bei Tchibo in Waltrop abzuholen. Ich hatte extra vorher dort angerufen, um mich zu vergewissern, dass es den dort noch gibt. Ich bekomme das letzte Exemplar, bezahle zu meiner Überraschung zehn Euro weniger als im Internet angegeben und fahre mit meiner neuen Errungenschaft nach Hause. Kaum dort angekommen, teste ich mein neues Eigentum, überlege, wo es am besten hinpasst und finde nach mehreren Versuchen einen würdigen Platz neben meiner Ufo-Lampe. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte eine größere Wohnung. Dann könnte ich mir noch viel mehr Lampe und andere Dinge kaufen, um mein Reich zu optimieren. In einer 32m² Wohnung ist das alles gar nicht so einfach. Dabei gibt es unendlich viele schöne Dinge, die ich kaufen könnte, um mein Leben, bzw. meine Wohnung, zu optimieren.
Bluetooth-Lautsprecher

Optimieren
Seit ich vor ein paar Wochen einen neuen Kleiderschrank gekauft habe, versuche ich, ihn optimal einzurichten. Doch bisher ist es mir noch nicht gelungen. Die Anordnung der Anziehsachen ist einfach noch nicht so, dass es mich optisch überzeugt und zu 100% nützlich ist. Daher sitze ich erneut vor dem Schrank, nehme die Sachen raus, verändere die Abstände zwischen den Böden, lege die Sachen wieder hinein und betrachte mein Werk. Dann teste ich die Funktionalität und den Nutzen der Veränderungen. Ich denke, dass ich nun bei einer Optimierung von 80 – 90% angelangt bin. Es fehlt also nicht mehr viel zur angestrebten Perfektion. Ich sitze noch eine Weile vor den geöffneten Schränken, überlege, was ich jetzt noch verbessern kann und gebe wenig später auf. Für heute habe ich das Maximale rausgeholt. Die restlichen 10 – 20% werde ich auch noch schaffen. Irgendwann. Ach, wenn sich mein Leben doch auch so einfach optimieren ließe.

Wattestäbchenbox
Weil mich meine schmucklose Wattestäbchenbox irgendwie nervt und alles andere als schön aussieht, erteile ich mir den Auftrag, nach einer neuen, praktischen und wenn möglich auch etwas schönen Wattestäbchenbox zu suchen. Schnell finde ich eine Wattestäbchenbox, die meinen Ansprüchen genügen könnte und möglicherweise auch ganz gut aussieht. Weil sie meistens hinter einer verschlossenen Tür stehen wird, geht in diesem Fall der Nutzen vor und das Aussehen ist sekundär. Kaum habe ich beschlossen, dass diese Wattestäbchenbox mir gehören soll, um meine Wohnung weiter zu optimieren, wird sie auch schon bestellt.

Wenige Tage später ist sie auch schon da. Sie ist etwas kleiner als ich sie mir vorgestellt habe. Auf den Fotos sah sie durchaus besser aus. Sofort fülle ich sie mit den Wattestäbchen und stelle sie in den Schrank. Eindeutig ein Fortschritt zur schmucklosen Verpackung, in der ich vorher meine Wattestäbchen aufbewahrt habe. Aber ich denke, irgendwann könnte ich eine schönere Lösung finden. Für heute bin ich aber zufrieden mit meiner neuen Errungenschaft. Optimieren ist toll.
Wattestäbchenbox

Training in albernen Schuhen
Mein Plan, jede Woche dreimal zu trainieren, geht so gar nicht auf. Stattdessen trainiere ich einmal in der Woche. Und selbst das kostet mich eine Menge Überwindung. Und wenn ich tatsächlich auf dem Weg zum Training bin, ist die Laune spätestens beim Erreichen des Parkplatzes völlig dahin und ich will nur noch weg. Wenn ich schon die ganzen Autos sehe, kriege ich zu viel. Ich will, wenn schon, dann möglichst alleine trainieren. Komme ich in die Umkleidekabine, verfinstert sich meine Miene immer weiter. Ich will nicht, dass jemand hier ist. Sobald ich diese ganzen, motivierten und trainierten jungen Menschen sehe, möchte ich nur noch weg. Dann muss ich neben denen trainieren, sehe sie und sie können mich sehen. Das möchte ich nicht. Und so stehe ich auf dem Crosstrainer, bin unzufrieden, schaue mich um und entdecke einen jungen Mann, etwa 20 Jahre, der Schuhe trägt, die ganz besonders sind. Sie sehen aus wie Handschuhe für Füße. Für jeden Zeh gibt es ein eigenes Fach. Das sieht total albern aus. Zum Training setzt er sich außerdem eine Mütze auf und ich frage mich, ob man das jetzt so macht oder ob er eine Ausnahme ist. Hier und heute, so scheint es, ist er eine Ausnahme. Ich hoffe, dass solche Schuhe nicht in Mode kommen. Ein paar Mal sehe ich ihn noch mit seinen Schuhen, doch gewöhnen mag ich mich an den Anblick nicht. Die Schuhe sind maximal witzig, aber meiner Meinung nach nicht für den Gebrauch außerhalb der Wohnung gemacht. Vielleicht an Karneval, aber ansonsten doch eher nicht. Oder habe ich die Einstellung eines alten Mannes, der dem Neuen gegenüber absolut nicht aufgeschlossen ist? Nun, da ich mich auch in Zukunft weiter zwingen werde, mindestens einmal pro Woche zu trainieren, werde ich vielleicht schon bald wissen, ob Menschen mit solchen Schuhen eine Ausnahme bleiben oder zur Regel werden. Vielleicht ist der Anblick solcher Schuhe bald nichts mehr Besonderes. Ich hoffe nicht.

Der vierte Seifenspender
Nachdem meine ersten drei Seifenspender bereits nach kurzer Zeit nicht mehr zu gebrauchen waren, wollte ich mir eigentlich keinen weiteren zulegen. Doch dann entdecke ich zufällig ein Angebot, welches meine Meinung ändert, denn irgendwie ist so ein Seifenspender, wenn er funktioniert, eine feine Sache, die durchaus dazu beiträgt, meine Wohnung, und damit auch mein Leben, zu optimieren.
Und darum bin ich nun im Besitz eines neuen Seifenspenders, der größer als seine Vorgänger ist und hoffentlich auch mal länger als nur ein paar Wochen hält. Der einzige bisher erkennbare Nachteil ist der, dass ich ihn putzen muss, damit er in einem optisch ordnungsgemäßen Zustand bleibt. Ansonsten erfreut er mich mit seiner Handhabung und seinem Nutzen. Vielleicht ist er es, der für lange Zeit bleibt und mein Leben ein Stückchen besser macht. Das wäre wirklich schön.
Seifenspender

Der Fahrradergometer-Sitzeinsteller
Es ist ein ganz normaler Tag im Fitnessstudio. Ich bin etwas genervt, dass zu viele Leute anwesend sind, trainiere aber konsequent vor mich hin. Nachdem ich mich 35 Minuten auf dem Crosstrainer bewegt habe, klettere ich aufs Fahrradergometer, um dort weitere 25 Minuten etwas für meinen untrainierten Körper zu tun. Etwa zwei Minuten vor Ablauf meiner Trainingszeit will eine Frau auf dem Fahrradergometer links neben mir trainieren. Ich mag es absolut nicht, wenn jemand neben mir trainiert, weshalb ich sie konsequent ignoriere. Doch plötzlich spricht sie mich an, um mich zu fragen, ob ich ihr den Sitz vom Fahrradergometer einstellen kann. Zuerst überlege ich, ihr zu sagen, dass sie noch einen Moment warten soll, weil ich gleich fertig bin, entscheide mich aber dann anders, klettere von meinem Fahrradergometer und mache ihren Sitz runter. Weil ich irritiert bin, klettere ich zurück auf mein Fahrradergometer, um die letzten zwei Minuten weiter zu trainieren. Keine Minute später kommt eine Frau, um auf dem Fahrradergometer rechts neben mir zu trainieren. Das geht gar nicht. Ich frage mich gerade, ob das ein schlechter Scherz ist, da spricht sie mich an und fragt, wie man den Sitz nach unten stellen kann. Ich erkläre es ihr. Sie sagt, dass sie das so versucht hat, der Sitz aber stattdessen immer höher ging. Erneut klettere ich unplanmäßig von meinem Fahrradergometer, um der Frau zu meiner Rechten den Sitz einzustellen. Kaum ist das erledigt, beschließe ich, dass es nun Zeit ist zu gehen. Unter solchen Umständen kann ich nicht trainieren und meine Zeit ist eh um. Kaum habe ich mich umgedreht, fragt die Frau von der linken Seite, ob ich ihren Sitz noch etwas tiefer stellen kann. Die Frau auf der anderen Seite findet das witzig und lacht. Ich finde es eher skurril und lache nicht. Nachdem der Sitz eingestellt ist, desinfiziere ich mein Fahrradergometer und frage die Frau zu meiner rechten Seite, ob die Höhe richtig eingestellt ist, weil ich jetzt gehen muss und ihr dann nicht mehr helfen kann. Zu meiner Überraschung sieze ich sie. Dabei ist sie vermutlich in meinem Alter. Oder jünger. Noch bevor ich darüber nachdenken kann, warum ich das mache, sagt sie, dass ich den Sitz noch etwas tiefer stellen soll, weil er ihr etwas hoch erscheint. Ich antworte, dass sie sich erst setzen soll, um es zu testen. Sie erklärt, dass es etwas schwierig ist, weil sie einen Trümmerbruch hatte. Ich beantworte ihre Geschichte mit einem „Oh“ und sie klettert aufs Fahrradergometer, wo sie feststellt, dass die Höhe des Sitzes doch gut ist. Ich wünsche ihr viel Spaß und verabschiede mich, weil mein Training eh vorbei ist und weil ich nicht ins Fitnessstudio gehe, um irgendwelche Kontakte zu knüpfen. In der Umkleide sehe ich, dass mein Bauch zu dick ist. Es wäre sinnvoller gewesen, wenn ich noch mindestens eine Stunde weiter trainiert hätte. Traurig und unzufrieden verlasse ich das Fitnessstudio. Auf die Frage, warum ich die Frau gesiezt habe, finde ich auch auf dem Rückweg keine Antwort.

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