Nachdem wir die Einkäufe bei Kaufland erledigt haben, stellt sich die Frage, an welcher Kasse es am schnellsten geht. Es gibt zwei ähnlich lange Warteschlangen, aber die rechte führt zu zwei geöffneten Kassen. Also stelle mich rechts an und als sich eine Lücke auftut, gehe ich direkt zur mittleren Kasse durch, weil dort die wenigsten Leute anstehen. Ein Ehepaar, welches weiter vorne in der rechten Schlange steht, hatte wohl den gleichen Plan, aber nun stehe ich neben ihnen. Die Frau findet das scheinbar blöd und redet auf ihren Mann ein: “Hast Du das gesehen? Kommt von ganz hinten. Unverschämt.” Und immer so weiter. Ich reagiere nicht, bin ganz entspannt. Geht mich nichts an der Frust der Frau. Es geht weiter bei meiner Kasse. Ich gehe vor, was der Frau nicht gefällt. Sie hat wohl gedacht, ihre lange Rede hätte dazu geführt, dass ich sie vorlasse. Und wieder redet sie auf ihren Mann ein und regt sich über mein Verhalten auf. Plötzlich werde ich wütend, verliere die Kontrolle, drehe mich um und zeige mit dem Finger in Richtung der Frau oder vielleicht auch ganz woanders hin. Gleichzeitig höre ich meine Stimme und die sagt: „Sie haben sich rechts angestellt, ich habe mich hier angestellt. Und jetzt Schnauze!“ Ich drehe mich wieder um, sehe die beiden dabei beiläufig an. Möglicherweise habe ich sie auf dem falschen Fuß erwischt. Wohin ich während meiner Worte gesehen habe, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, woher das kam und wieso ich die Beherrschung verloren habe. Genauso heftig, wie es über mich kam, endete es jedenfalls. Von der Frau ist nichts mehr zu hören. Nicht ein Wort. Später, als wir bezahlt haben und gehen, schaue ich die Frau nochmal an. Noch immer sagt sie kein Wort, sondern schweigt ordnungsgemäß, aber es ist unverkennbar, dass sie wenig begeistert von mir ist und ich kann nicht ausschließen, dass mein Auftritt sie möglicherweise geschockt hat. Ich bin auch von mir geschockt und froh, dass ich sie nicht angeschrien habe. Das war ein typisch deutsches, unangebrachtes und asoziales Verhalten und ich wüsste gerne, was mich dazu veranlasst hat. Was stimmt nicht mit mir?
Die Welt des DrSchwein
Verkorkste Höhepunkte
Die Welt des DrSchwein
Verkorkste Höhepunkte
Oh, oh. So hat es bei Kamelhaar-Harris auch angefangen. Ich habe ein Monster erschaffen…
Hat Kamelhaar auch Leute im Supermarkt beschimpft?
Nein. Er zeigte Abneigung nie durch etwas anderes als Taten. Nun ja, Du wirst dich ja wieder gefangen haben.
Wieso kenne ich den nicht.
Ich hoffe, dass ich mich beruhigt habe, aber sicher sollte ich da nicht sein.
Er war einer der Protagonisten der finalen 7am7ten Folge.
Herr Harris. Wie schnell ich all das vergesse. Das ist echt bedenklich.
Was hat die andere Hälfte vom Wir dazu gesagt?
Nichts. 🙂
manche Menschen brauchen einfach Reaktionen auf ihre, um noch mal nachzudenken. mein Eindruck ist, das vielen gar nicht bewusst ist das sie wahrgenommen werden. sie verhalten sich halt so wie sie immer sind, es wird ständig über andere geschimpft und man selbst macht nie was falsch. du hast gut reagiert. mir passiert leider selten sowas, liegt wohl an meinem aussehen.
Ich möchte gar nicht auf so etwas reagieren, maximal mit Blicken. Ich muss noch üben. 🙂
Siehst Du so gefährlich aus, dass sich das keiner traut? Oder so seriös?
Mein Profilbild sagt alles 🙂
Faszinierend. 👽
Ich kenne solche Situationen aus beiden Perspektiven.
Einerseits als „Sünder“, der beschimpft wird und andererseits als „leidender Benachteiligter“, der sich ärgert.
Es fällt mir in der Schnelle der Situationen nicht immer ganz leicht, richtig zu reagieren. Daher reagiere ich meist gar nicht oder dadurch, in eine Schockstarre zu verfallen.
Es entlädt allerdings den sozialen Akku immens. „Sünder Fälle“ waren z.B. dass ich, da einen langen stressigen Arbeitstag hinter mir habend, hungrig nur nach Hause wollend, mir eine Schrippe beim Bahnhofsbäcker gekauft und diese in die U-Bahn nehmend auch dort gegessen habe. Worauf mich eine junge Frau zurechtgewiesen hat. Andererseits sehe oder besser rieche ich jede Woche jemand in der Straßenbahn Dinge essen, die im Gegensatz zu einem trockenen Brötchen, eben wirklich intensiven Geruch verbreiten und ärgere mich. Und frage mich, wo jetzt die junge Meckerfrau ist. Oder in einem anderen Fall hat mich auch wieder eine junge Frau recht harsch ermahnt, doch den Rucksack in der S-Bahn abzunehmen, was ich natürlich auch getan habe und normalerweise von mir aus schon mache. Andererseits sehe ich täglich Leute in der S-Bahn, die auf unterschiedlichste Weise mehr Raum einnehmen, als sie müssten, z.B. eine zweier oder vierer Sitzgruppe allein beanspruchen. Vor kurzem sogar eine Dame, die ihre Schuhe ausgezogen hat, damit sie die Beine in einem Viererbereich auf den gegenüberliegenden Sitz ausstrecken konnte. Einerseits ist es natürlich besser die Schuhe auszuziehen als sie anzubehalten und den Sitz zu beschmutzen. Andererseits ist es seltsam, der Öffentlichkeit seine Socken zu präsentieren. Zumal wenn sich alles drängt und viele stehen müssen. Und ich fragte mich, wo denn die Rucksackmeckerfrau bleibt, in solchen Situationen. Harris hätte die Schuhe der Dame gepackt und einfach bei dem nächsten Halt aus dem Zug geworfen. Aber das erschiene mir zu harsch. Mir ist lieber, wenn es eher etwas lockerer läuft, als wenn sich alle über alles mokieren. Letztlich sind wir alle Sünder und der Ton macht die Musik. Dummerweise stehe ich immer zwischen den Fronten.
In den größeren Städten gilt die Max Stirnersche Regel: Freiheit ist die Freiheit, die man sich nimmt. Leider haben das alle andern besser verinnerlicht als ich, der ich ihn gelesen habe. Auch die sozialen Sozialfans haben instinktiv oft die besser ausgebildeten Ellenbogen. Deren Kunst ist es, alle andern permanent moralisierend zu ermahnen, sich zurück zu nehmen und dabei selbst gleichzeitig so viel „gemeinschaftlichen“ Raum und „gemeinschaftliche“ Ressourcen zu vereinnahmen, wie möglich. Deswegen sind sie Fans von viel gemeinschaftlichen Dingen. Weil es für sie „kostenloser Kram“ ist, den sie selbst besser für sich einnehmen können, als beispielsweise ich es könnte.
Es ist vielleicht auch schlechtes Karma. Unter meinen Vorfahren gab es vielleicht viele Pfarrer und Lehrer und daher muss ich mir jetzt vermehrt Predigten anhören und mich von zweifelhaften Leuten schurigeln lassen, hier im Purgatorium.
Frustrierte Deutsche belehren gerne andere und erklären ungefragt, wie es zu laufen hat. Ein sehr verbreitetes Phänomen. Vielleicht hilft es, dass diese Menschen sich dann besser fühlen in ihrer eigenen Erbärmlichkeit. 🤷♂️
Chuchill soll mal gesagt haben, dass er selbst entscheiden würde, über wen er sich ärgert. Ich habe beschlossen, mich über solche Leute nicht mehr zu ärgern. Trotzdem kann ich ihren „Mutausbruch“ gut nachvollziehen. Ich habe mir angewöhnt solche Leute erst zu mustern und sie dann mit dem Kommentar auffordere: „gehen sie ruhig vor, wenn ich sie mir so anschaue und mir die Sterbetafel verinnerliche, haben sie ja nicht mehr so lang, da warte ich gern noch 1-2 Minuten länger“.
Leider konnte ich in dem Moment nichts entscheiden. Ansonsten sehe ich es wie Churchill. Coole Kommentare habe ich irgendwie immer erst hinterher parat. Leider.