Je näher der Termin rückt, desto pessimistischer werde ich. Mal kann ich nicht schlafen, mal bin ich überrascht, wie entspannt und zuversichtlich ich manchmal bin, aber insgesamt ist der Pessimismus doch stärker, als meine Zuversicht und mein sonniges Gemüt es vermuten lassen. Und je mehr ich lese, desto schlimmer wird es. Als ich mir durchlese, warum Kontrastmittel verwendet werden, ist klar, dass nicht nach einem Oberbauchbruch, sondern nach Tumoren gesucht wird. Außerdem ist das keine Stelle für einen Bruch und die Schmerzen treten ja längst weiter entfernt von der Stelle mit dem möglichen Bruch auf. Ich kann quasi schon ohne MRT-Untersuchung diverse Tumore sehen. Spüren kann ich sie obendrein. Mindestens drei. Vermutlich mehr. Vier Nächte vor der Untersuchung wache ich wegen Schmerzen zweimal auf und bleibe ab 04.00 Uhr wach. Mein Stuhlgang ist auch seit Wochen eine Katastrophe und was man dazu im Internet findet, spricht absolut nicht für eine gute Gesundheit. Keine Ahnung, wie das weitergehen soll.
In der nächsten Nacht schlafe ich zu meiner Überraschung ganz wunderbar. Ich verzichte plötzlich sogar auf Schmerzen, bin komplett entspannt, es geht mir gut und ich schlafe auch in der nächsten Nacht wunderbar. Bis auf den Stuhlgang ist alles großartig und ich gehe davon aus, dass ich kerngesund bin. Ich fühle mich auch so. Am letzten Abend vor der Untersuchung werde ich allerdings misstrauisch. Mir fallen kranke Leute ein, die sich auch plötzlich gut fühlten, bevor es zu Ende mit ihnen ging. Es muss sich um ein internes Programm handeln, welches einem trotz auswegloser Situation noch einmal ein paar leichte Momente beschert. Optimismus scheint mir verdächtig, mein Körper trickst mich aus. Dennoch schlafe ich auch in der folgenden Nacht ganz wunderbar. Der Tag startet gut, dann aber, nach dem Frühstück, sind die Schmerzen wieder da. Könnten Verspannungen sein, erscheint aber nicht realistisch. Wenn es doch nur schon vorbei wäre. Dieser ganze Stress ist nichts für mich. Sollten Sie es je in Betracht gezogen haben, als Hypochonder irgendwelche echten Symptome an sich zu entdecken, rate ich davon ab. Ganz furchtbare Kombination.
Weil es gewöhnlich kalt im MRT-Untersuchungsraum ist und ich schnell friere, überlege ich lange, was ich wohl anziehen kann, stelle dann aber fest, dass es da nicht so viel zu überlegen gibt, weil ich nur einen Pulli habe, der keinen Reißverschluss hat und nicht in der Wäsche ist. Darunter trage ich ein extra dickes T-Shirt. Und weil ich nicht in Unterhose dort herumliegen möchte, nehme ich mir eine Trainingshose mit. So richtig coole Checker würden direkt in Trainingshose zur Untersuchung gehen, aber so weit bin ich dann doch noch nicht gesunken. Quatsch, ich meine, so cool bin ich einfach nicht.
Die Untersuchung beginnt fast dreißig Minuten später als erhofft und ständig muss ich einatmen und die Luft anhalten, bevor ich wieder normal weiteratmen darf. Nach einer Weile finde ich das anstrengend und fühle mich in der Röhre unwohl, weil die Lüftung mir auch irgendwie ins Auge bläst. Keine Ahnung, wer die so blöd eingestellt hat. Je länger es dauert, desto positiver bin ich allerdings gestimmt, weil alles ohne Kontrastmittel abläuft. Doch dann sagt die Stimme der jungen Frau nicht, dass ich einatmen soll, sondern dass sie nun reinkommt, um mir das Kontrastmittel zu spritzen. Schlagartig kippt die Stimmung und ich fühle mich verloren. Ich frage die junge Frau, ob es üblich ist, dass während der Untersuchung plötzlich Kontrastmittel gespritzt wird. Sie verneint. “Also haben Sie etwas gefunden?” – “Dazu kann ich nichts sagen.” Auch kein Dialog, der mich positiv stimmt. Dann klappt es nicht mit dem Zugang für das Kontrastmittel. Eine andere Frau betritt den Raum, sagt, dass die andere Frau wohl zu nah an der Sehne gestochen hat und fragt, ob ich Schmerzen habe. Habe ich nicht, antworte aber, dass es etwas weh tut. Ist sicher vernünftig und gut für die Sehne. Die Frau legt einen anderen Zugang, Flüssigkeit dringt in meinen Körper und da ich nicht allergisch reagiere, geht es wenige Momente später weiter. Einatmen. Luft anhalten. Ausatmen. Mir gefällt das alles nicht und folgende Namen tauchen in meinen Gedanken auf: Tim Lobinger. Maximilian Heidenreich. Georg Koch. Wenig erbaulich. Dann werde ich aus der Röhre geholt und gefragt, wo ich denn Schmerzen habe. Warum fragt man mich erst jetzt und was hat es zu bedeuten? Man wünscht mir ein schönes Wochenende und später bekomme ich die CD mit den Aufnahmen. Niemand spricht mit mir. Keine Ahnung, ob das irgendwas zu bedeuten hat. Nach der letzten MRT-Untersuchung hat man allerdings mit mir gesprochen, um mir mitzuteilen, dass ich nichts habe. Da man es dieses Mal nicht macht, muss ich davon ausgehen, dass man etwas entdeckt hat und es der Hausärztin überlässt, mir das beizubringen, weil die mich besser kennt. Ich hasse meine Gedankengänge.
Bevor ich zur Arbeit fahre, mache ich noch einen Termin bei der Hausärztin zur Besprechung der Untersuchungsergebnisse. Im Büro schaue ich mir die Aufnahmen an, kann aber nichts erkennen. Ich gerate in einen Zustand der Gleichgültigkeit, ein Hauch von Entspannung besucht mich. Es wirkt nicht so, als würde ich jetzt noch großes Interesse an dem Befund haben und rede mir ein, dass ich jetzt durch damit bin und nichts habe. Dann denke ich, dass das Quatsch ist, weil ich nicht nichts haben kann, sondern Symptome immer auch eine Ursache haben. Ich will davon aber irgendwie nichts wissen, weil das nicht gut fürs Gemüt ist. Fakt ist: Ich bin noch immer keinen Schritt weiter als heute Morgen. Es ist also noch nicht vorbei, obwohl ich eigentlich damit durch bin.
😔 ich hoffe, der Termin zur Besprechung lässt nicht lange aus sich warten. 🍀💚
Im Moment möchte ich das alles gar nicht wissen.
Den Termin muss ich aus organisatorischen Gründen verschieben am Montag. Mal sehen, wann er dann stattfinden wird.
Meine Hochachtung, dass du das Rumliegen in der Röhre so anständig hinter dich gebracht hast. Bin nicht so ganz sicher, wie locker ich sowas schaffen würde, ist doch etwas eng…
Ich hatte ja keine Wahl. Das Ergebnis will ich allerdings noch immer nicht wissen.