Sechs Wochen war der Mohnkuchen-Teilnehmer nicht mehr bei uns. Heute müsste ich ihn deshalb aus der Maßnahme nehmen, was Jörg einfach großartig findet, doch heute ist der Mohnkuchen-Teilnehmer zurück und teilt mit, dass es ihm nicht gut ging und er wirklich krank war. Jörg wird ihm das sicher nicht glauben, mir ist es egal, ob er wirklich krank war oder sich nur eine Auszeit genommen hat. Ich tendiere wegen meiner scheinbar grenzenlosen Naivität aber schon dazu, dass ich dem Mohnkuchen-Teilnehmer glaube, denn ich halte ihn durchaus für zuverlässig, wenn es um Termine bei uns geht. Letztlich spielt es auch keine Rolle. Ich verlängere ordnungsgemäß die Teilnahmedauer und damit ist das Thema für mich erledigt. Jörg wird das sicher ganz furchtbar finden. Der Mohnkuchen-Teilnehmer findet Jörg ganz furchtbar, sagt er zwar nicht so, es ist aber offensichtlich, die beiden passen absolut nicht zusammen. Daher ist es wenig überraschend, dass der Mohnkuchen-Teilnehmer mich mal wieder fragt, ob er nicht künftig immer zu mir kommen kann, weil wir uns einfach besser verstehen und er gerne zu mir kommt. Ich sage ihm, dass er das gerne machen kann, obwohl ich weiß, dass Jörg das absolut nicht will. Der Mohnkuchen-Teilnehmer soll sich hier nicht wohlfühlen. Ich wäre froh, wenn ich jemanden, mit dem ich absolut nicht klarkomme, an Jörg weiterreichen könnte. Wozu soll man sich denn ärgern, wenn am Ende doch eh nichts dabei herauskommt, als eben Ärger und Frust? Erscheint mir nicht zielführend und ungesund. Ich finde den Mohnkuchen-Teilnehmer zwar auch manchmal anstrengend, aber heute überraschen mich unsere Gesprächsthemen durchaus. Nachdem wir mit dem Thema Frauen durch sind, er will immer noch gerne mit mir ausgehen, um Frauen kennenzulernen, landen wir bei Gesundheitsthemen und er hat sich damit wirklich beschäftigt. Knochenbrühe, Ernährung, Tees, Vitamine, Knoblauch. Wir ticken da ähnlich, weshalb ich das Gespräch sehr spannend und nützlich finde. Zwischendurch verschickt er sogar drei Bewerbungen und telefoniert mit einem Arbeitgeber. Für mich ist das alles vollkommen ausreichend und auch wenn es manchmal etwas abstrus wird, weil der gute Mann manchmal merkwürdige Vorstellungen hat, verstehe ich nicht, wieso man deshalb so einen Groll gegen ihn hegen soll. Er ist skurril, er wird sehr wahrscheinlich nie mehr arbeiten und es ist nicht nur seine Schuld, wenn man ihm seitens des Jobcenters eine Maßnahme nach der anderen bezahlt. Ja, er ist gesund und könnte sicher arbeiten, aber dazu müsste ihn auch jemand einstellen und dass er nicht irgendeinen Job machen will, ist durchaus verständlich. Wir haben weitaus schlimmere Fälle hier, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Die Frage wird sein, was Jörg dazu sagt, wenn der Mohnkuchen-Teilnehmer sich nächste Woche einfach zu mir setzt und wir hier dann, anstatt ordentlich zu arbeiten, lediglich plaudern, lachen und nebenbei die eine oder andere Bewerbung verschicken. Verständnis wird er dafür nicht haben, aber letztlich ist es für alle Beteiligten besser, wenn der Mohnkuchen-Teilnehmer bei mir ist. Auch wenn es nicht typisch deutsch ist, denn typisch deutsch ist es, sich das Leben unnötig schwer zu machen und sich dann darüber zu beklagen, wie schrecklich alles ist. Mache ich privat auch gerne mal, ist aber bescheuert, deshalb ist es alternativlos, dass der Mohnkuchen-Teilnehmer in den letzten fünf Wochen donnerstags bei mir ist. Montags, wenn ich nicht da bin, kann Jörg sich genug mit ihm ärgern. Glücklich machen wird es keinen von beiden, aber jeder soll halt machen, wie er mag oder glaubt zu müssen.
Die Welt des DrSchwein
Verkorkste Höhepunkte
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