Der Ukrainer

Jörg ist sicher, dass der Ukrainer, den wir seit zwei Wochen bei uns haben, unsere Quote schon bald nach oben korrigieren wird, denn der Mann hat einen Führerschein, einen PKW, ist flexibel einsetzbar und es ist ihm egal, was er macht, er will nur arbeiten. Warum ich noch nicht ganz davon überzeugt bin, liegt an meiner miesen Einstellung und meinem Zweckpessimismus.

Diese Woche sollen die ersten Bewerbungen verschickt werden, doch dann taucht ein klitzekleines Problemchen auf. Der Mann erwartet einen Stundenlohn von mindestens 17,50€ und da er nur als Helfer arbeiten kann, müssen wir kurz nachdenken, doch dann hat Jörg eine Idee. Bauhelfer könnten so viel bekommen. Sofort beginnt der Mann mit der Stellensuche. Nach einer Stunde findet er eine Stelle und Jörg bittet ihn, zu schauen, was an der Stellenbeschreibung gut ist und was vielleicht nicht ganz passt. Einige Minuten später sagt der Ukrainer, dass er den Job nicht machen kann. Viel zu anstrengend, denn er hat Herzrhythmus-Störungen. Selbst jetzt, obwohl es hier ganz entspannt ist, stolpert sein Herz. Es ist ein angeborener Herzfehler, so sagt er. Hat er beim Erstgespräch vermutlich nur vergessen anzugeben. Jörg bittet den Mann, unverzüglich einen Arzttermin zu vereinbaren, um zu klären, was er beruflich überhaupt noch machen kann. Anschließend fragt er beim Jobcenter nach, ob man dort von den gesundheitlichen Problemen weiß. Das hatte der Ukrainer wohl auch dort vergessen anzugeben. Seine IFK wundert sich, weil der Mann erst kürzlich mit seinem Auto nach Spanien gefahren ist, um ein paar Tage zu entspannen. Da hatte er keine Herzprobleme. Da tut sie ihm aber unrecht, denn Urlaub und Arbeit wirken sich sehr wohl unterschiedlich aufs Herz aus. Da muss man schon Verständnis haben. Weil wir naiv und vielleicht auch dumm sind, bieten wir ihm einen leichten Job bei der Stadt im Bereich Straßenreingung an, ein bisschen fegen, ein bisschen Lärm mit dem Laubbläser machen. Vollzeit, 16,50€ Stundenlohn. Lehnt er ab, ist nichts für ihn. Unser Hoffnungsträger macht es uns echt nicht leicht.

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