Kaum sind wir aus dem Parkhaus, sind wir von der Schönheit der Innenstadt von Witten überwältigt. Nach diesem ersten Eindruck habe ich noch weniger Lust auf die Zahnreinigung, wegen der uns die heutige Reise überhaupt nach Witten geführt hat. Wir wollen im Anschluss nämlich noch ein wenig bummeln, die Seele baumeln lassen und vielleicht irgendwo etwas essen.
Etwa 45 Minuten später ist es soweit und ich kann mit frisch polierten Zähnen den Stadtbummel fortsetzen. Meine Begeisterung kennt keine Grenzen. In Witten weiß man obendrein, wie Multi Kulti geht. Wir schätzen den Anteil an Migrantinnen und Migranten auf ca. 70%. Schade, dass ich mich immer geweigert habe, Fremdsprachen zu lernen. Doch bei all der Begeisterung für die kulturelle Vielfalt, fällt uns auch noch etwas auf, was uns wenig begeistert. Und das ist, wie sollte es auch anders sein, ein Großteil der Deutschen, die leider beim kulturellen Wandel irgendwie auf der Strecke geblieben zu sein scheinen. Überall sitzen sie, Alkohol in der Hand, leerer Blick. Das sind sie, die nicht gebraucht werden. Für sie ging das vermutlich alles zu schnell und nun sind sie hier, die armen Wichte, die traurigen Gestalten und tun dem Stadtbild nicht einmal optisch gut. Was sie hinterlassen, sieht so aus.
Ja, für sie bleibt oft nur der Alkohol. Das ist traurig, aber irgendwer bleibt immer auf der Strecke. Und hier sind sie. Überall. Sie sind die Abgehängten, die ewig Gestrigen, der entzündete Wurmfortsatz der großen Stadt. Sie gehören aber genauso hierher, wie die leeren Gebäude.
Fröhlich hingegen stimmt uns ein junger Mann, der mehrfach wiederholt, dass er eine Blume sei. Das ist eine ganz wundervolle Vorstellung und auch Einstellung. Wir sollten alle viel mehr wie Blumen sein.
Auch kleidungstechnisch erkennt man die Deutschen sofort. Obwohl sie doch ihre Kleidung so clever kaufen bei:
Vermutlich ist das aber gar nicht clever, sondern einfach nur der Not geschuldet. Allerdings ist es bei vielen Deutschen, und das muss man so offen sagen, einfach nur der schlechte Geschmack oder die absolute Gleichgültigkeit des eigenen Auftretens gegenüber. Oft aber sicher auch Resignation, denn während die Stadt immer bunter wird, wird es in ihnen vermutlich immer grauer und dunkler. Dabei kann es so einfach sein. Sehen sie selbst.
Weil uns die verbliebenen und verblödeten Deutschen so schockiert und auch irgendwie deprimiert haben, möchten wir uns nirgendwo mehr hinsetzen, weshalb wir uns auf den Weg zum Parkhaus machen, um nach Hause fahren zu können. Als wir das Zentrum verlassen, sehen wir einen Mann, der uns das ganze Leid, welches einige der Leute uns präsentiert haben, vergessen lässt.
Trotz des versöhnlichen Abschlusses, wollen wir vorerst keinen Nachmittag mehr in Witten verbringen. Erst wenn wir erfahren, dass die deprimierten und deprimierenden Leute den Ort verlassen haben, können wir uns eine Rückkehr vorstellen.