Als der Mohnkuchen-Teilnehmer vor ein paar Jahren bei uns war, wollte er immer Leuten helfen, einen Job zu finden und mir eine Frau besorgen. Heute verläuft das Coaching, bei dem nicht wirklich gecoacht wird, fast identisch. Den beiden anderen Teilnehmern verspricht er, dass er für sie nach einem Job suchen wird. Er will sie motivieren, aber redet ziemlichen Unsinn. Er weist darauf hin, dass er schon viele Leute gecoacht hat und wird nervös, als wir drei ihn plötzlich alle anschauen und warten, was er zu sagen hat. “Ist doof, wenn alle einen anschauen und erwarten, dass man was Kluges sagt.”, sage ich ihm. Eine Weile ist er durcheinander, dann fängt er sich wieder und “coacht” weiter. Das ist durchaus unterhaltsam, funktioniert aber nicht wirklich. Nachdem er mit dem “coachen” fertig ist, kommt er zu mir. Er kennt da eine ältere Frau, die einen jüngeren Mann sucht. Ob ich Interesse habe. Die Frau ist 66 und ich bin sicher, er hat sie mir damals auch schon angeboten. Ich lehne ab. Alt bin ich selbst. Es folgt die Geschichte mit der Rechtsanwältin, die ihn haben und alles für ihn tun wollte. Die hat er abgelehnt, weil sein Herz sie nicht wollte. Auch die Geschichte kenne ich. Ich schaue aufs Datum am Laptop, um sicherzustellen, dass wir nicht in der Zeit zurückgereist sind. Sind wir nicht. Wie damals verspricht er mir nun, dass er sich was überlegen wird, um mich mit einer Frau bekannt zu machen. Er fragt, wie alt sie denn sein soll und was mir noch wichtig ist. Ja, wir führen exakt die gleichen Gespräche wie vor Jahren. All das bestätigt mir, dass der Mohnkuchen-Teilnehmer auf dem ersten Arbeitsmarkt höchstwahrscheinlich nicht bestehen kann, denn im Gegensatz zu mir, meint er all das ernst und glaubt wirklich, dass er uns allen hier helfen wird, weil er schon vielen Leuten geholfen hat und viele zu ihm kommen, um von ihm gecoacht zu werden. Das ist durchaus niedlich, aber auch ein bisschen traurig.
Später bekommt er einen Anruf von einem Arbeitgeber. Nachdem alles geklärt ist, gibt er mir das Telefon und ich erfahre, dass man seine Unterlagen an die zuständige Stelle weiterleiten wird. Der Mohnkuchen-Teilnehmer ist ganz aus dem Häuschen und voller Vorfreude. Es wäre so wunderbar, wenn das klappt, er ist zuversichtlich, aufgeregt, positiv gestimmt. Wie ein Kind, welches einen Wunsch erfüllt bekommt. Da ein Coach seine Teilnehmer nicht deprimieren darf, gebe ich mich verhalten optimistisch, obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass irgendein Arbeitgeber ihn einstellt, maximal bei einem Prozent liegt. Ich wünsche ihm wirklich, dass er eine Chance bekommt, aber wir leben in einer Realität, in der so etwas höchstwahrscheinlich nicht real werden wird.