Der Umarmerin geht es nicht gut

Völlig überraschend erscheint die Umarmerin ohne ihren Ehemann im Büro. Sie sieht alles andere als glücklich aus und ist auch ziemlich durch. Irgendwie ist das Leben gerade nicht ihr Freund. Sie benötigt ein paar Kopien und erzählt, dass sie einen Autounfall hatte und ihr Auto ein Totalschaden ist. Auch sonst scheinen viele unverarbeitete Dinge sie zu belasten. Da kann ich als Zuhörer und Ideengeber natürlich prima meinen Senf dazu geben, ohne ihr im geringsten zu helfen. Da sonst niemand hier ist, habe ich sogar Zeit, der Umarmerin einen Tee zu machen. Ein einziges Mal bringe ich sie nur zum Lachen, was natürlich eine schwache Leitung von mir ist. Sie sagt, dass man auch mal etwas alleine, ohne den Partner unternehmen muss, einfach für sich und dass es kein Fremdgehen ist, wenn man sich mal mit anderen trifft. Dem stimme ich ordnungsgemäß zu, weil es den Tatsachen entspricht und sie somit Recht hat. Wir plaudern noch ein paar Minuten, dann muss sie wieder los. Statt einer Umarmung gibt es zum Abschied einen Händedruck, was mich nicht überrascht, aber irgendwie deprimiert. Eine neue Umarmerin hat sie auch nicht für mich, was ich ebenfalls deprimierend finde. Am Freitag will sie nochmal vorbeikommen und dann mit mir einen Kaffee trinken gehen. Da kann ich natürlich nicht nein sagen, weil ich bei solchen Angeboten grundsätzlich nicht nein sagen kann. Ich bin gespannt, ob sie am Freitag tatsächlich herkommen wird und ob sie ihren Mann mitbringt. Oder wenigstens eine Ersatzumarmerin. Vermutlich wird nichts von alldem passieren, weil sie vor lauter Problemen vergessen wird, dass sie vorbeikommen wollte.

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