Wieder einmal hat die Geschäftsführung zu Suberg´s bei Boente eingeladen und wieder bin ich dabei, obwohl ich lange gezögert habe. Und hätte Kirsten nicht gesagt, dass sie auch kommt, wäre ich nicht dabei, denn nachdem Jörg nicht mehr zu diesen Partys geht, weil die letzte After Work Party so gruselig war, habe ich außer Kirsten niemanden zu meiner Unterhaltung.
Obwohl ich zu früh bin, ist Sissi schon da und hat zwei Plätze am Ende einer Tischreihe freigehalten. Einen für mich, einen für Kirsten, die aber noch nicht da ist. Ich setze mich an den letzten Tisch neben Lemmi, die ich auch sofort duze, weil alles andere Unsinn ist. Sissi lästert fast unentwegt über Frau Lederhose, die heute keine Lederhose trägt, was ich sehr bedauere. Weil ich ein schleimiger Schleimer bin, winke ich Frau Lederhose, die am anderen Ende sitzt, zu und sie winkt fröhlich zurück. Sissi kann es kaum glauben. Arme Sissi. Ich schlage Sissi vor, dass ich Frau Lederhose zu uns rüber hole und als Schlichter zwischen beiden vermittle, was Sissi direkt ablehnt. Frau Lederhose ist derzeit eine der unbeliebtesten Personen im Unternehmen, wenn mich nicht alles täuscht. Auf Dauer kann das nicht gutgehen. Ich schaue mich ein wenig um und finde, diese Leute wären prima Gäste einer Kaffeefahrt, obwohl ich noch nie an einer teilgenommen habe. So viele alte Leute, so langweilige Gespräche. Dann wird mir schlagartig bewusst, dass ich auch alt und langweilig bin und auch optisch ganz wunderbar in der Masse hier untergehe. Ich stelle abermals fest, dass auch ich nichts Besonderes bin, nur ein zu dünner Durchschnittsmann, der immer faltiger wird und dessen Mundwinkel immer mehr nach unten hängen. Vielleicht rieche ich wenigstens besser als die meisten hier, sicher ist das aber nichts. Möglicherweise auch nur eine Illusion, obwohl ich reichlich e Male – Le Parfum aufgetragen habe. Für ein Kompliment reicht es allerdings nicht. Als ich fertig mit den Gedanken bin, bin ich kurzzeitig deprimiert, was mir natürlich nicht gefällt. Ich schaue mich kurz um, wer da gerade in den Biergarten gekommen ist und entdecke eine Frau, die mich direkt anspricht mit dem ärmellosen Oberteil und von der ganzen Optik her. Zu meiner Überraschung ist es Kirsten, die mir da so gut gefällt. Wie kann sie nur immer so entzückend aussehen? Zum Glück trennt sie sich von ihrer Begleiterin, der Kollegin mit den lächerlich rot geschminkten Lippen, und setzt sich zu uns. Sofort steigt der Unterhaltungswert und die Gespräche erreichen ein anderes Niveau. Ob sie weiß, wie niedlich sie manchmal aussieht? Ich werde es ihr jedenfalls nicht sagen, sonst denkt sie noch, ich will was von ihr. Das möchte ich nicht. Sie zeigt uns Fotos aus ihrem letzten Urlaub und ich schaue sie mir immer wieder gerne an. Hübsches Gesicht. Dann frage ich mich, wieso ich manche Frauen einfach so anziehend finde und warum man das nicht kontrollieren kann. Vermutlich gibt es dafür längst wissenschaftliche Erklärungen, die letztlich auch nichts ändern. Manches ist einfach, wie es ist. Minuten später wird das Essen serviert. Ich bekomme Currywurst mit Brot, Kirsten lediglich Pommes. Weil sie zu viele Pommes hat, bietet sie mir an, dass ich welche auf meinen Teller lege, was ich auch mache, obwohl die Pommes nicht zu empfehlen sind. Mir gefällt die Geste, die Selbstverständlichkeit, mit der sie mir ihre Pommes gibt. Später, nachdem ich aufgegessen habe, hält sie mir nochmal ihre Pommestüte hin und ich greife völlig selbstverständlich zu.
Krissi, mit der ich heute im Büro telefoniert habe, weil sie einen Ersatz-PC für unser Büro mitgebracht hat, sitzt ein paar Plätze weiter und fragt, wann sie mir den PC übergeben kann, damit ich ihn in mein Coupé lege. Sie siezt mich, was mir nicht gefällt, denn sie ist nicht nur jung, sie sieht auch gut aus und scheint ihre Schüchternheit von der letzten After Work Party abgelegt zu haben. Wir einigen uns darauf, dass wir die Übergabe in etwa 15 Minuten machen und etwa 15 Minuten sind wir auch schon bereit für die Übergabe. Eigentlich will ich wiederkommen, doch weil Kirsten spontan weg muss, entscheide ich, dass ich auch nicht wiederkomme und verabschiede mich vom Chef und der Chefin. Ich schlage Krissi, die auch aus der Nähe betrachtet gut aussieht, vor, dass wir uns duzen, weil alles andere albern ist. Vernünftigerweise ist sie einverstanden und wir plaudern bis zur Übergabe des PCs locker daher, gehen dann zum Kassenautomaten und verabschieden uns. Auch wenn die Veranstaltung etwas lahm war, bin ich zufrieden, da ich auch diese Veranstaltung zusammen mit einer attraktiven Frau verlassen habe, obwohl es aus rein beruflichen Gründen war. Ich finde es grundsätzlich sinnvoll, wenn die wenigen attraktiven Frauen, die wir noch haben, ihre Zeit mit mir verbringen, denn ich bin unterhaltsam und rieche meist gut, was außer mir aber bisher niemand bemerkt hat. Mehr kann ich zwar nicht bieten, aber so schlecht ist das auch wieder nicht. Bin schon gespannt, mit wem ich die nächste Party verlassen werde.