Beim Kardiologen 2023

Als ich die Arztpraxis betrete, sitzen am Empfang zwei Mitarbeiterinnen mit Maske und ich frage mich sofort, ob in dieser Praxis Maskenpflicht gilt oder ob ich in der Zeit zurückgereist bin. Ich möchte die beiden jungen Frauen fragen, warum sie maskiert sind, aber ich denke, ich würde sie nicht verstehen. Im Wartezimmer ist eine übergewichtige Patientin, die mit sich redet und dabei einen süßsauren und fauligen Duft verströmt und das Wartezimmer damit einhüllt. Alle Fenster sind geschlossen, ich leide still vor mich hin. Glücklicherweise wird sie recht bald aufgerufen. Als ich wenige Minuten später an der Reihe bin, holt mich eine junge Mitarbeiterin ab, auch sie trägt eine Maske. Keine Ahnung, was mit den Damen hier nicht stimmt. Ich sehe eine andere Mitarbeiterin, die allerdings ein andersfarbiges Oberteil trägt. Diese ist unmaskiert. Wie gerne würde ich verstehen, was all das zu bedeuten hat. Die junge Frau führt das EKG durch und misst den Blutdruck. 110 zu 60. Ein für mich ziemlich typischer Wert. Anziehen, kurz im Gang warten, dann werde ich schon wieder aufgerufen zur Ultraschalluntersuchung. Oberkörper frei und auf die Liege. Der Arzt trägt keine Maske, die Frau, die alles am PC eintippt, schon. Alle, die hier arbeiten und ein dunkles Oberteil tragen, tragen eine Maske, Leute mit hellem Oberteil nicht. Ob das schon die Antwort ist? Ich glaube nicht. Wenige Augenblicke später gerät mein Leben wieder einmal aus den Fugen, als der Arzt mir sagt, dass zwei Herzklappen nicht richtig schließen. Noch ist das nicht schlimm, wie er mir nachfolgend mitteilt. Statt irgendwelche Fragen zu stellen, befinde ich mich in einer Art Schockzustand und kann nichts sagen oder fragen. Am Ende der Untersuchung sagt der Arzt, dass er zufrieden ist und ich erwidere, wie jedes Jahr, dass ich es dann auch bin, was aber keinen Sinn ergibt. Wie kann er zufrieden sein, wenn zwei Herzklappen undicht sind und wie kann ich sagen, dass ich es auch bin, wenn ich es doch absolut nicht bin? Völlig skurril. Es ist offensichtlich, dass ich mal wieder vorübergehend nicht zurechnungsfähig bin. Ich bekomme einen Termin für den August 2024, was mich irritiert und verwirrt. Muss man defekte Herzklappen nicht engmaschiger kontrollieren? Was bedeutet das alles nun für mein Leben? Bedeutet es überhaupt irgendwas? Steht meine Todesursache nun fest und muss ich mich damit abfinden? Und wieso fallen mir erst jetzt, wo ich die Praxis verlassen habe, diese Fragen ein?

Auf der Rückfahrt bin ich weiterhin verwirrt und frage mich, ob man das nicht auf Corona schieben kann oder muss, denn letztes Jahr war noch alles gut, dann hatte ich Corona und jetzt das. Da hätte ich mich auch impfen lassen können. Zu Hause suche ich nach irgendwelchen Informationen, die mich beruhigen, finde aber nichts, womit ich mich anfreunden kann. Meine Mutter hatte einen Herzinfarkt, nein, mehrere, mein Onkel vermutlich auch. Mache ich es denen nach, kippe ich irgendwann, vermutlich nicht zu Hause, um und bin durch. Kann zwar noch Jahre dauern, ich sollte auf jeden Fall nicht sonderlich überrascht sein, wenn es so kommt. Man kann aber auch frühzeitig Ersatzklappen einbauen, dann hält man eventuell länger. Muss man schauen, wie es sich entwickelt. Nächstes Jahr, so es dazu kommt, frage ich den Kardiologen, welche Herzklappen nicht mehr so richtig funktionieren. Oder ich frage einen anderen Kardiologen, wie er das sieht. Erstmal warte ich den Bericht ab. Vielleicht steht da ja alles drin, was ich wissen muss. Bis es soweit ist, mache ich mir weiter Sorgen, was sicher auch nicht gut fürs Herz ist.

4 Kommentare

  1. Ach, nicht bekloppt machen lassen. Wenn Herzklappen nicht richtig schließen, bedeutet das lediglich, dass eine oder beide einen leichten Prolaps haben. Also leicht gewölbt sind statt gerade. Logischerweise schließt die Klappe nicht korrekt. Is wie beim verbeulten Deckel eines Eimers.
    Da muss man nicht eingreifen, echt nicht.
    Ich hab auch so n Prunkstück, weiß ich seit ungefähr 14 Jahren. Herzinfarkte, Schlaganfälle etc. gibts in meiner Familie recht gehäuft (Oma, Vater, Bruder, Sohn) – aber Sorgen muss ich mir keine machen und mache ich mir auch nicht. Bedeutet am Ende ja nur, dass man statt 100 % Herzleistung eben nur 98 % hat oder so. Mein Papa hat trotz Ersatz von zwei Klappen nur 25 % und lebt damit seit vielen Jahren.
    Was bei sowas gut hilft: Sport. Kardiotraining. Klingt blöd, is aber so.

    Mit dem Sensenmann haste also noch genug Zeit. Zumindest, was das Herz betrifft 😉

    • Helmi, das klingt durchaus beruhigend, aber ich bin gerade im „Alles ist Furchtbar Modus“, da benötige ich noch einen Moment, um mich zu normalisieren. Ich brauche nun allerdings regelmäßige Lebenszeichen von Dir, um mich zu beruhigen. Die genauen Intervalle teile ich Dir noch mit. 🙂

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