Trotz Abmahnung fehlt Teilnehmerin 19 weiter. Ihr ist wirklich nicht zu helfen, doch da wir direkt zu Beginn der Woche drei neue Teilnehmerinnen erwarten, kann es nur besser werden. Und die neue Teilnehmerin 3 sollte vom Ersteindruck her zu vermitteln sein, gleiches gilt meiner Meinung nach auch für Teilnehmerin 1. Bei der neuen Teilnehmerin 20 habe ich allerdings Bedenken, denn weder erscheint sie zu ihrem Termin, noch ist sie telefonisch erreichbar. Vermutlich werden wir sie nie zu Gesicht bekommen.
Damit die Quote sich nicht so schnell erholt, beenden wir nach nur einer Woche auch schon die Teilnahme für Teilnehmer 2. Der Mann geht eindeutig in Richtung Selbstständigkeit, dafür sind wir nicht zuständig. Ich hätte natürlich darauf bestehen können, dass er sich weiter bewirbt und in der Maßnahme bleibt, aber das würde keinen Sinn ergeben. Er hat ein klares Ziel, welches aus meiner Sicht auch zu erreichen ist, warum sollen wir ihm da im Weg stehen und ihn unnötig quälen? Der TN ist sichtbar erleichtert und bedankt sich, dass wir ihm das ermöglichen. So stelle ich mir das vor. Leute glücklich machen. Wie der Weihnachtsmann, nur ohne Rentiere und ohne rotes Kostüm.
Der neue Teilnehmer 11 ist ein alter Bekannter und soll zum dritten Mal an der Maßnahme teilnehmen. Seit fast 23 Jahren ist er mittlerweile arbeitslos und ich frage mich, warum man ihn uns immer wieder schickt, da er offensichtlich nicht arbeiten will und weiß, wie man eine Arbeitsaufnahme verhindert. Er ist übrigens der Bruder vom Dschinn, was aber keinem hilft. Beim letzten Mal hat er uns genau fünfmal besucht, bevor er der Meinung war, dass er seine Zeit auch anders verbringen kann. Wo er Recht hat, hat er Recht. Dieses Mal scheint er komplett auf die Teilnahme zu verzichten, denn trotz Einladung ignoriert er uns und ans Telefon geht er auch nicht, weshalb er, ebenso wie Teilnehmerin 20, eine Abmahnung bekommt. Abmahnungen, die die beiden sicher nicht beeindrucken werden und die nur dazu führen, dass wir die Maßnahme für die beiden bald beenden, obwohl sie uns nie besuchen und nur die Quote weiter ruinieren.
Später teilt mir Jörg mit, dass er Freitag komplett an einem anderen Standort gebraucht wird und ich somit allein hier bin. Ich sage ihm, dass ich in Zukunft vermutlich öfter alleine hier sein werde, weil er quasi als Allzweckwaffe überall eingesetzt werden kann und wird. Er glaubt mir nicht und weist mich darauf hin, dass Örge ja auch noch hier ist. Ich gehe allerdings davon aus, dass sie auch noch öfter woanders gebraucht wird und ich, wie in alten Zeiten, am Ende übrig bleibe. Klingt für Jörg unlogisch.
Am Nachmittag ruft Oma Sheriff an, um mitzuteilen, dass sie Unterstützung braucht in den beiden Wochen während Jörg Urlaub. Aber nur an zwei Tagen pro Woche. Ich darf mir teilweise aussuchen, an welchen Tagen ich Örge entbehren kann. Ich liebe es, wenn Dinge vorhersehbar sind. Da wir eh gerade plaudern, setzen wir das launige Gespräch noch mehr als eine halbe Stunde fort. Wie vor ein paar Wochen ist das Gespräch amüsant und auch dieses Mal rutscht sie einmal Richtung Zweideutigkeit, fängt sich aber sofort wieder. Später findet sie es ganz toll, dass wir reden können, ohne dass irgendwelche Pausen aufkommen und ich auch bei nicht alltäglichen Wörtern nicht aussteigen muss. Ich verrate ihr nicht, dass ich in meinem früheren Leben Frauen stundenlang am Telefon begeistern konnte, weil diese Information keinem von uns helfen würde. Einmal telefonierte ich stundenlang mit einer Frau, die ich nur kurz gesehen hatte und der jemand, vermutlich der Loerz, meine Telefonnummer hinter den Scheibenwischer geklemmt hatte. Sie rief dann tatsächlich an und wir verstanden uns prächtig. Am Telefon war ich früher ein echter Virtuose. Am Ende des Gesprächs hätte sich vermutlich jeder verabredet, aber mir erschien das keine gute Idee, denn wie sollte es noch besser laufen als in den gemeinsamen Stunden des Telefonats? Die Frau fand es durchaus merkwürdig, dass das Ende des Gesprächs auch das Ende jeglicher Kommunikation war, denn vermutlich hat sie gedacht, dass es, wenn man ein so gutes Gespräch führt, auch gut wird, wenn man sich trifft. Somit habe ich sie vor einer Enttäuschung bewahrt, denn so gut wie am Telefon war ich in der Realität nie. Während ich gedanklich kurz in der Vergangenheit verweile, läuft das aktuelle Gespräch nahtlos weiter. Oma Sheriff fragt, welche Gerüchte es denn bei uns über sie gibt. Ich sage ihr, dass alle sie schrecklich finden und sie nicht leiden können. Interessanterweise geht es einigen tatsächlich so. Somit habe ich sie nicht wirklich angelogen. Mit dieser erschütternden Wahrheit neigt sich das Gespräch dem Ende entgegen. Wir verabschieden uns und wie beim letzten Mal sagt sie, dass sie mich morgen anrufen wird und ich erwidere, dass ich mich darauf freue. Mal sehen, wann wir wirklich mal wieder telefonieren. Nach dem Gespräch fragt Jörg, mit wem ich telefoniert habe. Als ich ihm antworte, ist er verdutzt, denn erst heute wies ihn Anke während eines Telefonats extra nochmal darauf hin, dass man Oma Sheriff auf keinen Fall duzen darf. Ich versichere ihm glaubhaft, dass ich das während des Gesprächs auch nicht gemacht habe und auch niemals tun würde, weil Oma Sheriff eine Ebene über uns schwebt und auf dieser Ebene niemand geduzt werden darf. Muss er ja nicht wissen, dass das nur zum Teil stimmt und manche manche schon duzen. Nur benötigt man dafür halt eine Erlaubnis oder eine Einladung, um in den erlesenen Duzclub zu dürfen. Dass ich mich aber erstaunlich gut mit Oma Sheriff verstehe, merkt er noch an, bevor ich das Gespräch mit dem Hinweis, dass man sich mit manchen aus strategischen Gründen gut verstehen muss, beende. Ich kann die Wahrheit vernachlässigen und dabei immer noch sehr souverän und überzeugend rüberkommen. Das gefällt mir gut, auch wenn es kompletter Unsinn ist.
Der neue Teilnehmer 4 erscheint zu seinem ersten Termin und ist überrascht, dass er hier an einer Maßnahme teilnehmen soll, denn er ging davon aus, dass es sich nur um ein einziges Gespräch handelt. Alle Maßnahmen, an denen er bisher teilnehmen musste, hat er abgebrochen. Mal sehen, wie lange er uns erträgt. Wobei es heißen sollte, mich erträgt, da ich ab morgen eh die meiste Zeit alleine hier sein werde.
Am Freitag klingelt eine der Ärztinnen aus dem Arztgebäude gegenüber bei uns und fragt, ob einer von uns seinen PKW auf ihrem Platz abgestellt hat. Sie ist sichtlich erbost, fast schon außer sich und zeigt dabei eine Fratze, die so unsympathisch ist, dass sie mir fast Angst macht und ich sie am liebsten Ohrfeigen würde, damit sie wieder zur Vernunft kommt. Stattdessen teile ich ihr mit, dass mein Coupé ordnungsgemäß parkt und ich ihr nicht helfen kann. Ich glaube nicht, dass sie meine Freundlichkeit verdient hat. Sie spricht unverzüglich jemanden an, der über den Parkplatz geht, und klagt ihm schimpfend ihr Leid. Sie ist hörbar aufgeregt und schimpft weiter vor sich hin, als mir einfällt, dass vielleicht Teilnehmerin 3 ihren PKW dort abgestellt hat und ich sofort nachfrage. Der Wagen gehört tatsächlich der Teilnehmerin, weshalb ich ihr sage, dass er da weg muss und durchs Fenster der Ärztin mitteile, dass der Wagen sofort entfernt wird. Sofort stürmt die Ärztin aufs Fenster zu und beginnt die Teilnehmerin zu beschimpfen, was ihr wohl einfällt, ob sie das Schild nicht gesehen hat und so weiter. Die Teilnehmerin sagt, dass man das auch freundlicher sagen kann, was die psychopathische Ärztin dazu bringt, noch mehr zu brüllen. Ich betrachte dabei ihre Fratze des Hasses der Ärztin und wundere mich, dass sie weder Schaum vor dem Mund hat noch Feuer spuckt. Vermutlich müsste ich sie jetzt Ohrfeigen oder schütteln, damit sie wieder zur Besinnung kommt aber ich starre sie nur ungläubig an. Möglicherweise habe ich eine Schocklähmung. Wie kann man sich als Ärztin nur so präsentieren? Ihr Gesicht zu einer Fratze verformt keift die Furie, während ich sie einfach nur anstarre. Ob die wirklich nicht merkt, wie dumm und lächerlich sie wirkt. Ich fand ihr Verhalten schon immer komisch, wenn sie mal hier war, um zu fragen, ob wir Auszubildende für sie haben. Humorlos und völlig steif, sich fast rechtfertigend für sich selbst, so kam sie mir vor. Aber ich dachte mir, das bilde ich mir nur ein, denn eine so merkwürdige Person kann keine Ärztin sein. Doch mein Eindruck, dass mit der Frau etwas nicht stimmt, bestätigt sich heute in schönster Weise. Die Teilnehmerin ist mittlerweile bei ihrem Auto angekommen, wird weiter beschimpft und weist nochmal darauf hin, dass die Ärztin das auch in einem anderen Ton sagen könnte. Die Ärztin schreit zum Abschied “Verpiss Dich!” und fuchtelt dabei wild mit den Armen herum. Vielleicht hat sie heute Morgen ihre Tabletten nicht genommen. Schade, dass es von ihrem Auftritt kein Video gibt, denn das könnte man ihr dann täglich während einer Verhaltenstherapie zeigen. Wahnsinn auf zwei Beinen, wäre ein prima Titel für das Video. Nachdem die Teilnehmerin ihr Fahrzeug entfernt hat, parkt die durchgeknallte Ärztin ihren Wagen aber nicht auf ihrem Parkplatz, sondern lässt ihn dort, wo auch immer sie ihn abgestellt hat. Bis zu diesem Auftritt dachten wir, dass die Augenärztin die größte Irre im Ärztehaus ist, aber nun muss sie den ersten Platz unter den Irren mit der anderen Irren teilen. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass man einen Hass auf Falschparker hat und sich aufregt, aber die Art und Weise ist schon bedenklich und zeigt auch, wie abgehoben und gestört diese Ärztinnen sind. Es zeigt aber auch, dass sie trotz ihres Jobs und des vielen Geldes, das sie verdienen, tief in ihrem Herzen vermutlich todunglücklich und deshalb zu Kackbratzen geworden sind. Oder sie glauben, sie wären etwas Besseres, und dürften daher so auftreten. Dabei sind es nur unsympathische Wesen, die verloren sind. Vermutlich sind sie therapieresistent, dabei würde ihnen eine Therapie vermutlich sehr gut tun. Oder Meditation, oder Sex, oder eine heiße Dusche und ein Glas Milch. Vielleicht muss so Leuten auch nur mal das Köpfchen gestreichelt werden. Was auch immer ihnen gut tut, sie sollten es versuchen.
In dieser Woche wurden 25 von 38 Terminen eingehalten, was ein deutliches Zeichen dafür ist, dass es aufwärts geht. Außer bei der Quote, denn die liegt nun bei 34,15%. Es wird echt Zeit, dass mal wieder irgendjemand einen Arbeitsvertrag unterschreibt. Auch wenn es nur so zum Spaß ist.