Im Januar 2012 kümmerte ich mich fast nur um meine berufliche Karriere und erlebte dabei eine Menge skurriler Dinge.
Traditionell gibt es an dieser Stelle drei Texte von damals. Viel Spaß damit.
Fragen zum Jahresbeginn
Woran erkennt man eigentlich, ob man glücklich ist? Ist man schon glücklich, wenn man nicht unglücklich ist?
Woran merkt man, dass es einem gut geht?
Wieso kann ich die Frage, wie es mir geht, nie wirklich mit “gut” beantworten? Geht es mir vielleicht schon gut, wenn ich die Frage mit “Okay” oder mit “Normal” beantworte? Und wenn ja, wieso kann ich es nicht fühlen?
Wenn das Leben erträglicher wird, wenn man sich regelmäßig betrinkt, wieso mache ich das dann nicht? Nur weil ich Alkohol nicht besonders mag?
Kann es einem Depressiven durch die Einnahme von bestimmten Medikamenten wirklich gut gehen? Oder gaukeln ihm die Medikamente das nur vor? Und wenn ja, spielt es wirklich eine Rolle?
Wieso mag ich Tomaten und Käse nur auf Pizza, aber auf keinen Fall anders?
Wozu soll man sich etwas aufbauen, wenn man sowieso früher oder später stirbt?
Wenn Sex wirklich so geil ist, warum habe ich dann so selten welchen? Und was bedeutet selten?
Wo lernt man zufrieden zu sein?
Wenn es so viele freie Stellen gibt, wieso haben wir dann so viele Arbeitslose?
Warum vermehren sich dumme Menschen überdurchschnittlich oft? Wieso dürfen dumme Menschen sich überhaupt vermehren?
Warum stinken manche Menschen den ganzen Tag?
05. Januar 2012
Am Nachmittag kommt Eulalia zu uns, um eine Bewerbung abzuholen. Natürlich holt sie nicht nur die Bewerbung ab, sondern stellt sich mitten ins Büro und hält einen Plausch mit uns. Schlagartig werde ich noch müder und kann mich nur mit großer Mühe davon abhalten, bewusstlos vom Stuhl zu kippen. Ununterbrochen textet sie uns zu. Die gleichen belanglosen Geschichten vom Vortag, gewürzt mit einer Prise neuer Belanglosigkeiten. Dieselben dummen Fragen, wie bei jedem Besuch. Ich bin kurz davor mir meinen Bleistift ins Gehirn zu rammen. Nach einer halben Stunde fühlt es sich so an als würde mir Blut aus den Ohren laufen. Als ich mit der linken Hand nach meinen Ohren greife, um zu fühlen, ob meine Ohren wirklich bluten, stelle ich zu meiner Erleichterung fest, dass dem nicht so ist. Ich fühle mich trotzdem furchtbar. Eulalia sagt uns, dass sie sich bei uns total wohl fühlt. Ich sage ihr nicht, dass wir leiden, sondern dass sie beim nächsten Besuch Kekse für uns mitbringen soll. Das ist Kundenfreundlichkeit in Perfektion. Obwohl sie sich nicht hinsetzt, bleibt sie fast eine Stunde. Wenn ich solche Besucherinnen ertrage, dann kann ich bald sicher für die Telefonseelsorge arbeiten. Nachdem sie gegangen ist, bin ich nass geschwitzt und völlig erledigt. Ich brauche eine Gefahrenzulage. Die Bürgerarbeiterin sagt, dass ich während des Besuchs von Eulalia zwischendurch immer wieder einen roten Kopf bekommen und angefangen habe mit dem Kiefer ungewöhnliche Bewegungen zu machen. Und immer, wenn sie dachte, dass ich gleich durchdrehe, angefangen habe, Eulalia zu verarschen und meine Gesichtsfarbe dann wieder normal wurde. Ob ich bald durchdrehe?
Wohin mit der Leiche?
Mittlerweile habe ich den größten Teil meines Lebens hinter mich gebracht. Es ist jetzt nur noch eine Frage der Zeit bis ich sterbe. Das kann morgen passieren, oder nächste Woche, oder in einigen Jahren. Die Frage, die sich dann stellt, lautet: Wohin mit der Leiche? Ich bevorzuge es, nicht beerdigt zu werden. Ich stelle es mir in so einem Sarg wenig gemütlich vor. Neben der Tatsache, dass ich, bzw. meine Leiche, dann im Sarg in einem Erdloch liegt, gibt es noch andere Gründe, mich nicht beerdigen zu lassen. Ich friere immer sehr schnell und fürchte, dass es da unten zu kalt für mich ist. Außerdem habe ich Probleme mit engen Räumen. Somit ist es klar, dass ich mich da unten nicht wohlfühlen würde. Die Argumente, dass ich dann tot bin und gar nicht merke, ob es kalt ist oder nicht, lasse ich nicht gelten. Denn keiner, der so etwas behauptet, war schon einmal tot. Oder? Also bleibt mir nix anderes übrig, als mich verbrennen zu lassen. Das stelle ich mir zwar auch sehr heftig vor, doch dafür ist es ein kurzweiliges Leiden. Wenn ich erst zu Asche geworden bin, dann sollte es eigentlich überstanden sein. Zumindest stelle ich es mir angenehmer vor, als eine Ewigkeit in einem Sarg rumzuliegen. Meine Asche soll dann verstreut werden. Nur zur Sicherheit und für den Fall, dass es selbst dann noch nicht vorbei ist. In so einer Urne würde ich mich kaum wohlfühlen. Meine Asche soll, wenn möglich, nicht an einer Autobahn oder einer Einflugschneise verstreut werden. Irgendwo am Wasser wäre mir recht. Nur nicht im Wasser, denn ich kann nicht schwimmen. Am allerliebsten allerdings wäre mir folgende Alternative. Anstatt beerdigt oder verbrannt zu werden, hätte ich gerne, dass man mich irgendwo vor einen Fernseher setzt. Egal, ob alleine oder mit anderen Leichen. Wichtig wäre nur, dass immer die aktuellsten Filme gezeigt werden. So könnte ich auch nach meinem Tod das machen, was ich im Leben auch ständig gemacht habe. Den Fernseher anstarren und Filme gucken. Das wäre optimal. So müsste ich mich auch nicht groß umstellen. Ob sich dieser Wunsch erfüllen wird? Und wenn ja, wann?
Auch 2012 habe ich mir also schon Gedanken gemacht, was nach meinem Tod aus mir wird. Sehr interessant. Aber vielleicht auch bedenklich.