Damals 2011

Leider sind ein paar Texte aus dem Jahr 2011 verschwunden und trotz diverser Sicherheitskopien nicht mehr auffindbar, was ich sehr ärgerlich finde. Außerdem ist bei der Datensicherung etwas schiefgegangen, so dass es von den letzten Monaten des Jahres keine überarbeiteten Versionen mehr gibt. Zum Abschluss des Jahres 2011 präsentere ich fünf Texte. Viel Spaß damit.


Fässchen
Als ich am vereinbarten Treffpunkt erscheine, wartet sie schon auf mich. Sie sieht nicht aus wie auf den Fotos, die ich von ihr kenne. Sie sieht aus wie ein Fass mit Armen, Beinen und einem Kopf. Sie trägt braune Schuhe. An ihren Beinen, die im Gegensatz zum Mittelteil, recht normal proportioniert sind, eine enge Hose. Darüber eine dünne, kurzärmelige Bluse. Trotz des Schocks, den ihr Anblick bei mir auslöst, begrüße ich sie freundlich. Mir kommt es so vor, als wäre sie von meinem Anblick recht angetan. Wäre ich, wenn ich sie wäre, auch. Mir ist es peinlich mit ihr durch Lünen zu gehen. Aber vielleicht ist sie ja wenigstens unterhaltsam. Diese Hoffnung zerschlägt sich allerdings schnell. Schon nach wenigen Sätzen höre ich ihr nicht mehr zu und frage mich, wieso ich immer wieder an solche Kunstwerke des menschlichen Handwerks gerate.

Kennengelernt habe ich Sie auf der gleichen Plattform wie Sophie. Wir schrieben uns gelegentlich und sie machte einen recht netten Eindruck. Auf den Bildern konnte ich erkennen, dass sie nicht schlank ist, aber das, was hier nun neben mir hergeht, sieht schon etwas anders aus. Als sie mich vor ein paar Stunden fragte, ob wir heute nichts zusammen unternehmen wollen, erschien mir ein nettes Treffen möglich, jetzt weiß ich, dass mich das Treffen langweilen wird.

Wir gehen ins Extrablatt. Ich wähle einen Tisch ganz am Rand und setze mich mit dem Rücken zu den anderen Gästen. Ich will nicht, dass man mich erkennt. Sie erzählt Dinge, die mich wenig interessieren. Ihr Humor ist schön schlicht. Sie ist schlicht. Schlicht und ergreifend uninteressant. Während sie irgendwas erzählt, betrachte ich sie. Ich habe noch nie so große Brüste gesehen. Ihre Oberarme sind auch schön fleischig, ihre Finger gefallen mir ebenfalls nicht. Ihr Gesicht ist okay. Passt nicht unbedingt zu dem Rest. Wird aber bestimmt mit zunehmendem Alter immer besser zu dem Körper passen. Sie ist ja erst 28. Da ist noch viel möglich.

Sie sagt: “Wir müssen aber nicht immer über mich und meine Bekannten reden. Du kannst auch mal etwas erzählen.” – “Nein. Ich höre lieber zu. Erzähl weiter. Ich lasse mich gerne unterhalten.” Was mich irritiert ist die Art, wie sie mich anguckt. Und als sie später erzählt, dass sie nur beim kuscheln ruhig ist, sage ich dem Kellner, das wir zahlen möchten. Getrennt.

Auf dem Parkplatz stehen wir noch eine Weile dumm rum. Sie erzählt, dass sie Schwierigkeiten hat BHs in der richtigen Größe zu bekommen. Sie hat Körbchengröße 90J. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Und warum erzählt sie mir das? Sie ist 1,75m und guckt mich an als würden wir uns gleich küssen. Und dann? Dann würden wir im Bett landen. Wir beide fänden den Sex Scheiße, aber ich wäre befriedigt. Ich mag es, befriedigt zu sein. Also sage ich ihr, dass ich jetzt gehe und verabschiede mich von ihr. Alles andere wäre albern.

19. Oktober 2011
Der Tag verläuft äußerst ruhig. Lediglich die regelmäßigen Anrufe des Ehrengastes bieten etwas Abwechslung. Er möchte ständig Telefonnummern von Neurologen, die ein Gutachten für ihn erstellen sollen. Und nachdem er die Neurologen angerufen hat, berichtet er mir davon. Ob er mich mag?
Ein Mann kommt ins Büro: “Ich komme von Hartz IV. Ich brauche einen Lebenslauf.” – “ Haben Sie denn Ihre Daten, wann sie was gemacht haben mit?” – “Nein.” – “Haben Sie alle Daten im Kopf?” – “Nein.” – “Wie soll ich dann einen Lebenslauf für Sie erstellen?” Nun guckt er mich ziemlich sparsam an und hat keine Antwort parat. “Gehen Sie nach Hause und schreiben auf, wann sie was gemacht haben. Dann kommen sie zurück und ich schreibe den Lebenslauf.” Das findet er gar nicht gut. Das überfordert ihn offensichtlich. Aber was hat er gedacht? Dass ich hier vorbereitete Lebensläufe liegen habe und nur noch den Namen eintragen muss und dann geht es ab? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er wiederkommt. Vermutlich wird er woanders versuchen einen Lebenslauf zu bekommen. Oder, was noch wahrscheinlicher ist, er gibt auf. Ich liebe diese hoffnungslosen und hoffnungslos überforderten Fälle.

30. November 2011
Um 10.51 Uhr kommt die Frau, die ein Dämon ist, ins Büro. Drei Bewerbungen möchte sie. Als ich ihr das Deckblatt ausdrucke, hat sie auf dem Passfoto plötzlich und unerklärlicherweise rote Haare. Irgendwas stimmt nicht mit dem Ausdruck. So etwas ist vorher noch nie passiert. Sehr merkwürdig. Ihre Bewerbungen unterschreibt sie grundsätzlich mit ihrem schwarzen Filzstift, den sie immer dabei hat. Zwischendurch wirft sie ein paar schnell abgefeuerte Sätze in den Raum. Leider verstehe ich nur die Hälfte, weil sie zu undeutlich und für mich viel zu schnell spricht. Am Ende der Sätze lacht sie. Lachen ist gesund. Zum Abschied wünscht sie mir einen guten Rutsch. Ist ja bald soweit.

Haushaltstip
Frisches Sperma kann man recht einfach mit einem Schwamm und etwas Spülmittel von einem dunklen Sofa entfernen. Noch besser wäre es, man würde ein Kondom benutzen, wenn man Sex mit einem Sofa hat. Kondome schützen nämlich.

21. Dezember 2011
Heute ist sehr wenig los hier. Deshalb gucken wir zu jeder vollen Stunde im Internet nach, ob Jopi Heesters noch lebt. Sein Zustand soll kritisch sein, dabei wäre es so einfach, ihn wiederherzustellen. Man müsste ihn einfach nur neben ein Klavier stellen, dann würde er anfangen zu singen und alles wäre gut. Verstehe echt nicht, wieso da niemand drauf kommt. Ob die ihn loswerden wollen?


Damit ist das Jahr 2011 abgeschlossen. Ob alle Texte aus dem Jahr 2012 vollständig vorliegen, wird man sehen, wenn es soweit ist.

4 Kommentare

  1. Oha! Der Text „Fässchen“ ist tatsächlich der erste Beitrag von dir, den ich nicht gut finde.
    Auch wenn die Dame ein Reinfall war und nicht deinen Ansprüchen gerecht wird, sind das harte und abfällige Worte. Finds’te nicht?

    • Durchaus. Aber da er von 2011 ist und ich ihn so geschrieben habe, gehört er dazu und bleibt unzensiert. Außerdem bildet der Text den Abschluss, was Dates angeht. Und er unterstreicht, was für ein Arschloch ich war oder bin. 🐽

  2. Schau doch mal in der Wayback Maschine auf archive[.]org. Da ist deine Seite seit etwa 2000 bis heute gespeichert (mit einigen Lücken).

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