In der Nacht vor dem geplanten Eingriff zu Entfernung schlafe ich ziemlich gut. Dennoch nervt der Wecker als er mich um 05.30 Uhr nötigt aufzustehen. Zunächst bin ich noch in einem Normalzustand, doch je näher der Abfahrttermin rückt, desto unruhiger werde ich. Obwohl ich weiß, dass ich so bin, hätte ich gerne, dass es anders ist.
Da Petra sich bereit erklärt hat mich zu fahren, holt sie mich um 06.40 Uhr ab, weil ich gegen 08.00 Uhr in der Fachklinik Hornheide ankommen will, obwohl der Termin um 08.30 Uhr ist. Ein gewisses Zeitpolster kann sicher nicht schaden. Die Fahrt verläuft ohne besondere Vorkommnisse und so sind wir um 07:56 Uhr auf dem Parkplatz. Der Spaß kann beginnen. Ach ne, Spaß ist ja etwas anderes. Wie auch bei meinem ersten Besuch, so muss ich auch heute dringend zur Toilette. Dieses Mal allerdings schaffe ich es zur Toilette und muss mich nicht schon draußen im Freien erleichtern. Ist das eine Art Fortschritt? Schleicht sich schon eine gewisse Routine ein?
Nach der Anmeldeprozedur, die schnell vonstattengeht, kann ich schon um kurz nach 08.00 Uhr zur Toilette. Obwohl mein Darm, dank meiner innerlichen Aufgewühltheit, darauf besteht, dass auch er entleert wird, entleere ich nur meine Blase. Ich kann nicht einfach so auf fremden Toiletten eine Sitzung halten, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Anschließend sitze ich im Wartezimmer, bis ich gegen 08.40 Uhr aufgerufen werde. Mit freiem Oberkörper und einem OP-Häubchen betrete ich wenig später den OP-Saal. Darin befinden sich nur Frauen mit schönen Augen, was ich irgendwie verwirrend finde. Die Frauen stellen sich vor, ich lege mich hin. An einem anderen Ort unter anderen Umständen könnte das möglicherweise angenehm sein, hier und jetzt ist es eher merkwürdig und mir tun die Frauen Leid, dass sie meinen weißen und schlaffen, teilweise faltigen Oberkörper sehen müssen. Kaum habe ich mich hingelegt, wird mein Oberkörper zugedeckt, weil es im OP-Saal nicht besonders warm ist. So zugedeckt friere ich weniger und die Frauen müssen meinen ausgemergelten Körper nicht länger sehen. Mir wird der Ablauf erklärt, alle sind freundlich. Ich drehe den Kopf nach rechts, schließe die Augen und mein Gesicht wird dreimal desinfiziert, dann darf ich die Augen wieder öffnen. Die betreffende Stelle am Ohr wird mit einem Stift markiert und dann passiert eine Weile nichts. Große Fernsehbildschirme zeigen Landschaftsaufnahmen und die attraktiven Frauen befinden sich noch immer im OP-Saal. Ich fühle mich minderwertig und auch etwas lächerlich, wie ich hier so rumliege. Wenig später geht es los, der Eingriff beginnt. Zunächst bekomme ich eine Spritze und schon kurze Zeit später wird ungesundes Gewebe aus meinem Körper geschnitten. Ich merke nichts und wundere mich, dass ich nichts merke, weil ich denke, dass ich etwas merken müsste. Eine Ärztin beschäftigt sich mit meinem Ohr, während zwei andere Frauen mit dem Rücken zu mir irgendwas besprechen. Die eine der Frauen hat schöne Ohren. Ich mag es, wenn Frauen schön geformte Ohren haben und hoffe, dass mein Ohr nicht verunstaltet wird. Während ich mir auf der Liege ein wenig lächerlich vorkomme, merke ich plötzlich eine Art brutzeln am Ohr, bevor wenig später genäht wird. Scheinbar ist der Eingriff gleich vorbei. Die Wunde wird abgeklebt und dann darf ich mich auch schon aufrecht hinsetzen. Eine der Frauen, wenn ich mich richtig erinnere die Oberärztin, schaut mich mit ihren schönen, leuchtenden Augen an und fragt, ob alles okay ist. Davon gehe ich aus, weshalb ich wenig später aufstehen darf. Drei Wochen darf ich nun keinen Sport mehr machen. Sehe ich aus als würde ich überhaupt Sport machen? Wohl kaum. Bis die Fäden in 12 Tagen entfernt werden darf die operierte Stelle nicht nass werden. Das sollte ich hinbekommen. Eine der Frauen sagt, dass ich die alberne OP-Haube gerne als Andenken mitnehmen darf und ich erwidere, dass ich sie direkt auflassen werde. Damit verabschiede ich mich und verlasse den OP.
Interessanterweise muss ich nicht mehr zur Toilette. Dummerweise regnet es und wir können keinen Spaziergang mehr machen. Auf dem Rückweg halten wir kurz bei Rossmann und ich kaufe mir ein Trockenshampoo, weil ich fürchte, dass ich sonst doch etwas am Ohr nass mache. Das soll ich ja nicht und so kann ich direkt eine neue Erfahrung sammeln und ein Trockenshampoo ausprobieren. Später schreibe ich dem Hautarzt eine Mail und bitte um einen Termin zur Entfernung der Fäden. Bis Sonntag oder Montag trage ich noch dieses Teil (siehe Foto) am Ohr, danach werde ich die Wunde mit den Wundstripes, die ich mitbekommen habe, abkleben.
Deutlich zu erkennen ist, dass ich zu viele Haare in und an den Ohren habe.
Die Hautarztpraxis bittet mich am 01.10. um 07.45 Uhr zu erscheinen, damit die Fäden entfernt werden. Am Ende der Mail steht wie üblich der immens wichtige Hinweis, den es zu beachten gibt. Zu Coronazeiten kann eine Wartezeit vor der Praxis vorkommen. Daher soll ich mich wetterfest kleiden. Das ist ähnlich beängstigend wie Arztpraxen, die man mit Erkältungssymptomen nicht betreten darf. Diese Coronazeiten zeigen immer wieder die geistige Beschränktheit der Menschen und die Absurdität einiger Corona-Maßnahmen aufs Neue. Wir sind verloren und die Coronazeiten enden womöglich nie. Nachdem ich mich kurzzeitig über die Corona-Absurditäten gewundert habe, widme ich mich wieder der Sinnlosigkeit meines Daseins und gehe Geocachen.