Bei vermutlich knapp unter 30 Grad starten wir in den Wald der Lüstlinge. Petra hat wieder ihre Wanderstöcke dabei und ich trage erneut kurze Hosen. Als ich nach zwei Minuten loslaufe, tut mir direkt das linke Knie weh. Überhaupt bin ich vollkommen steif und unbeweglich. Ich laufe die erste Minute völlig unrund und glaube nicht, dass ich irgendwelche Fortschritte mache. Erst beim achten Minutenlauf geht der Puls erstmals über 150. Eigentlich hatte ich vor, dass ich es wegen der Temperaturen bei zehn Laufminuten belasse, weil das aber ein Rückschritt wäre, kann ich noch nicht aufhören, obwohl meine Knie mir signalisieren, dass es schon lange genug ist. Die elfte Laufminute ist folglich einfach furchtbar. Die Knie und die Oberschenkel schmerzen einfach nur und ich bekomme die Beine kaum noch hoch. Vielleicht ist joggen keine Option für diesen Körper. Die Oberschenkel, die nur aus Haut und Knochen bestehen, können diese Belastung, jeden zweiten Tag zu joggen, vermutlich einfach nicht ertragen. Hätte ich doch nur Muskeln und wieso höre ich jetzt nicht auf der Stelle mit diesem Unsinn auf? Ach ja, weil ich zwölfmal eine Minute laufen muss, um nicht den ganzen Abend mit mir zu meckern. In der letzten Laufminute hole ich nochmal alles aus dem Körper raus und treibe den Puls auf 158. Vielleicht stimmt das aber auch nicht, weil keiner weiß, wie genau die Pulsuhr überhaupt misst.
Während ich mich langsam erhole, frage ich mich, wie lange man laufen muss, um es tatsächlich als joggen zu bezeichnen. Und was ist das, was ich hier mache? Wie lange werden meine Beine noch Schmerzen? Da ich keine Antworten habe, lasse ich mich von Petra nach Hause bringen.
Was mir an meiner Dusche einfach nicht gefällt ist, dass sie nur heißes Wasser kann. Heißes Wasser bei den Temperaturen nach dem joggen ist nur schwer zu ertragen. Irgendwas ist da wohl kaputt und ich sollte mich wohl darum kümmern, wenn ich im Sommer nicht durchgehend heiß duschen will. Nach dem duschen stehe ich ratlos vor dem Spiegel, betrachte den ausgemergelten Körper und frage mich, wie der Bauch in den letzten beiden Tagen so wachsen konnte.
Am nächsten Morgen sind die Schmerzen so großartig, dass ich nicht wirklich gehen kann. Ich überlege kurz, ob ich mich dennoch freuen soll, weil es nicht der Schmerz ist, der sonst an meinem rechten Knie aufgetreten ist, beschließe aber, dass mein Zustand kein Grund zur Freude ist. Deutlich erkenne ich, dass mein Plan, irgendwann mehrere Minuten am Stück zu laufen, wohl nicht umsetzbar ist. Als ich später zur Arbeit muss und die Treppen hinabsteige ist das eine qualvolle Angelegenheit. Als hätte ich einen Unfall gehabt. Ich überlege, welche Alternativen es gibt, doch mir fällt immer nur Radfahren ein. Radfahren ist nicht meine Welt und da ich mitten im Ort wohne, müsste ich zunächst auch noch innerhalb des Ortes losfahren und würde dann nassgeschwitzt nach dem Training wieder zurück müssen. Das macht es doppelt unangenehm, weil ich nicht möchte, dass mich jemand so sieht. Außerdem müsste ich bei solchen Temperaturen kurze Hosen tragen, das kann ich wirklich nur dort, wo möglichst wenige Menschen sich aufhalten. Ich bin echt verloren, wenn in den Fitnessstudios nicht durch ein Wunder irgendwann Normalität einkehrt.
Den Rest des Tages bleiben die Schmerzen und nach der Arbeit liege ich auf dem Bett herum. Wickel mit Retterspitz sollen die Probleme ein wenig eindämmen. Und während ich da so liege, denke ich, dass ich morgen nach der Arbeit eine Menge tun kann, nur ganz sicher nicht laufen gehen. Vielleicht war es das nun endgültig mit der Lauferei.
Joggen bei schätzungsweise 30 Grad… Nennt man das nicht auch Selbstmord?
Nein, glaube ich nicht. Es waren auch angenehme um die 30 Grad. Da stirbt man nicht, wenn man so joggt wie ich.