Vor dem vierten Joggingversuch kann ich noch nicht ahnen, dass heute alles irgendwie anders wird. Es fängt an mit der Anfangszeit. Statt um 18.30 Uhr holt Petra mich erst um 19.15 Uhr ab. Dazu habe ich heute zum ersten Mal meine neue Pulsuhr um. Diese hat auch eine Stoppuhr, so dass ich nicht mehr von Petra abhängig bin. Und dann entscheide ich spontan, dass ich heute in kurzen Hosen laufen werde. Das zusammen ist fast wie eine Revolution. Auch beim Laufen läuft es anders, denn ich laufe die Minuten in höherem Tempo als in der letzten Woche. Trotzdem frage ich mich schon bald, ob ich wirklich in absehbarer Zeit in der Lage sein werde, mehr als eine Minute am Stück zu laufen. Dabei denke ich aber nur an meine Kondition und vergesse fast, dass mein Knie in den letzten Jahren joggen immer abgelehnt hat. Gegen Ende jeder Laufminute ist der Puls über 150, sinkt aber während der zwei folgenden Gehminuten rasch wieder auf Werte zwischen 110 und 120. Nach 36 Minuten bin ich 12 Minuten gelaufen und wir beenden das heutige Training.
Vor dem duschen klettere ich auf die Waage. Ich bin zwar total dünn, wiege aber so viel wie schon sehr lange nicht mehr. Wo sich das Mehrgewicht aufhält, ist unschwer zu erkennen. Ein Skelett mit einem Schwabbelbauch, so bin ich für Frauen in etwa so reizvoll und verführerisch wie eine Qualle am Strand. Nur gut, dass ich keine Dates habe, ich müsste mich die ganze Zeit schämen. Nach dem duschen Messe ich den Blutdruck. 121/77 bei einem Puls von 91, was mir auch wieder nicht recht ist. Vor zwanzig Jahren war das alles irgendwie einfacher. Aber damals war ich noch jung und arbeitslos. Heute bin ich weder das eine noch das andere. Das ist schon irgendwie verrückt und kaum zu glauben.
Skelett mit Schwabbelbauch, hört sich stark nach einem anatomischen Wunder an.
Vielleicht werde ich irgendwann irgendwo ausgestellt.