Beim Kardiologen 2021

Nach nur kurzer Wartezeit geht es schon los. Eine junge Frau macht das EKG und misst anschließend den Blutdruck. Dieser ist mit 120/100 eindeutig zu hoch. Vermutlich erste Auswirkungen, dass ich seit Beginn der Corona-Pest keinen Sport mehr mache und mich so gut wie gar nicht mehr bewege. Ein Belastungs-EKG wird, wie schon im Vorjahr, nicht gemacht. Corona sei Dank. Zur Ultraschalluntersuchung erscheint ein Arzt, den ich noch nie gesehen habe. Immerhin stellt er nichts fest, was Grund zur Sorge sein könnte. Den hohen Blutdruck findet er allerdings bedenklich, weshalb ich einen Termin für eine Langzeit-Blutdruckmessung bekomme. Sollte der Wert dann weiter so hoch sein, will er mir Tabletten verschreiben. Das ist eine Aussage, mit der sich Ärzte bei mir sofort disqualifizieren. Müsste man nicht erst die Ursachen erforschen und schauen, ob es andere Wege gibt als Patienten mit Tabletten zu füttern und die Dinge ihren Lauf nehmen zu lassen? Ich finden seinen Vorschlag weder gut noch irgendwie hilfreich, denn nehme ich erst Herztabletten, dann bin ich wirklich alt und vermutlich auch verloren. Das möchte ich nicht. Meine Mutter hat jahrelang Tabletten genommen und es wurden immer mehr. Auch das möchte ich nicht. Der nächste Termin ist im September. Bis dahin muss ich auf jeden Fall wieder Sport machen. Aber was? Sex soll ja auch gut fürs Herz sein, aber beim Sex habe ich mich nie viel bewegt. Rumknutschen kann dem Herzen auch helfen. Aber das ist mir zu kompliziert. Daher bleibt eigentlich nur joggen. Trotz meiner Knieprobleme ist es die Möglichkeit, die am einfachsten umzusetzen sein sollte. Oder gibt es eine Möglichkeit ohne Maske im Fitnessstudio zu trainieren? Ich muss mich da mal schlau machen.

Irgendwie hat mich der Besuch beim Kardiologen deprimiert. Das ist doof, weil mein Job mich derzeit schon genug deprimiert. Was ich auch irgendwie deprimierend finde, aber anders deprimierend, ist die Tatsache, dass im Hausflur sechs Patienten auf Einlass warten und sich auf den Treppen verteilt haben. Ich kann mir nicht helfen, aber das ist vollkommen absurd. Ich eile die Treppen hoch, um mir zu bestätigen, dass ich noch nicht verloren bin und meine Fitness so schlecht nicht ist. Kaum in der Wohnung angekommen, schnappe ich mir mein Blutdruckmessgerät. Einmal atme ich durch, dann starte ich die Messung. 135/85 bei einem Puls von 60. Nicht optimal, aber eindeutig besser als beim Kardiologen. Vermutlich hat es mir gut getan, dass ich die Treppen bis in den vierten Stock zügig überbrückt habe.

Eine halbe Stunde später bereite ich mir ein einfaches Mittagessen zu. Während die Zutaten im Topf vor sich hin kochen, muss ich einfach dem Impuls nachgeben und erneut meinen Blutdruck messen. 124/81 bei einem Puls von 59. Für mich zwar immer noch etwas hoch, aber vermutlich ein ganz brauchbarer Wert. Vielleicht teste ich nach dem Essen nochmal. Dann muss ich aber aufhören, weil es sonst zwanghaft wird. Das möchte ich nicht.

Nach dem Essen hänge ich wie ein alter Sack auf dem Sofa rum. Genau die richtige Situation, um nochmal den Blutdruck zu messen. 114/74. Das entspricht schon mehr meinen üblichen Werten. Allerdings ist der Puls bei 69, was mir auch wieder nicht gefällt. Obwohl es mir schwer fällt, packe ich das Messgerät aber weg, weil ich sonst im Minutentakt messen würde, was mich nur aufregen und komplett zerstören würde. Wichtiger ist jetzt, dass ich einen Plan entwickle, wie ich den Sport zurück in mein Leben hole und dauerhaft integriere.

2 Kommentare

  1. Puls 60 nach Treppensteigen? Das klingt nach Hochleistungssportler… Und dass der Blutdruck beim Arzt gerne mal etwas in die Höhe steigt, ist bekannt. Wie mein Mann, selber ein Arzt, sagen würde: „Ich glaube, du musst weiterleben.“

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