Am Dienstag habe ich das große Vergnügen einen Sars-Cov-2 Schnelltest an mir durchführen zu dürfen. Das negative Ergebnis ist positiv, was man von anderen negativen Ergebnissen ja meist nicht behaupten kann. Der Rest des Arbeitstages verläuft unstrukturiert und für meine Verhältnisse chaotisch, was mich stresst und dafür sorgt, dass ich am Ende des Arbeitstages ziemlich durch den Wind bin. Der Kollege wechselt nächste Woche an einen anderen Standort und ich kann mir nicht vorstellen, wie ich dieses Chaos alleine beherrschen soll. Viel eher wird das Chaos mich beherrschen und zermürben.
Nachdem ich am Montag das Coupé an die Werkstatt übergeben habe, kann ich es nach der Arbeit abholen. Wie erwartet, hat das Coupé so getan als sei alles in Ordnung und daher kann ich es unrepariert wieder mitnehmen. Klasse Fahrzeug, und so witzig.
Als der stressige Mittwoch endet und nur noch eine Minute der Arbeitszeit übrig ist, also kurz bevor ich durchatmen will, weil der Arbeitstag vorbei ist, erreicht mich eine Mail, die ankündigt, dass ich morgen noch einen neuen Teilnehmer bekomme. Damit sind wir bei 28. Wenn man bedenkt, dass wir zu zweit bei dem Durcheinander schon ziemlichen Stress haben, dann habe ich eine ungefähre Ahnung davon, wie die nächsten zwei Wochen werden, wenn der Kollege nicht da ist und ich alleine für alles zuständig bin. Das kann nur schrecklich werden. Nach der Arbeit schaffe ich es nicht wirklich zu entspannen. Die folgende Nacht ist folglich wenig überzeugend, weil ich schlecht schlafe und auch komplett verspannt bin. Zwischendurch glaube ich sogar, dass ich einen Herzinfarkt bekomme. Ein gestresster Hypochonder zu sein ist wahrlich kein Vergnügen.
Als ich am Donnerstag kurz nach dem Aufstehen in den Spiegel schaue, muss ich zu meinem Entsetzen feststellen, dass meine Stirn mit roten Punkten übersät ist. Wochenlang hatte ich die Probleme nicht und meine Haut war optisch ziemlich in Ordnung und nun das. Schlechter Schlaf und Stress sind absolut nicht gut für mich. Wenn das so weiter geht und ich keinen Weg finde, zu entstressen und eine gewisse Struktur zu schaffen, bin ich in zwei Wochen in einem ganz furchtbaren Zustand.
Im Büro geht es hektisch wie am Vortag weiter. Während ich telefoniere, werde ich ständig angerufen. Alles ist durcheinander und ich suche noch immer nach einer brauchbaren Struktur. Dann bekomme ich eine Mail, die auf ein Versäumnis von mir hinweist. Das regt mich unverzüglich auf, weil ich durch meinen Fehler erst diese Mail verursacht habe. Ich bin so unfähig, dass ich kotzen könnte. Irgendwann telefoniert der Kollege mit einem Mann, der aus unbekannten Gründen die Vollmacht hat und einen unserer Teilnehmer vertritt. Die beiden werden lauter und lauter und schreien sich irgendwann an. Das erscheint mir alles wenig konstruktiv und frustrierend. Irgendwann mag Jens nicht mehr und gibt mir das Telefon. Der Mann am anderen Ende der Leitung stellt sich vor und beklagt sich, dass der Teilnehmer, den er betreut, vor zwei Wochen Probearbeiten war und man noch nicht entschieden hat, wo man ihn einsetzen will. Das ist ein Skandal und da wird er mit einem Anwalt gegen vorgehen. Man hätte den Teilnehmer nur ausgenutzt, weil er Syrer ist und das lässt er sich nicht bieten. Wir bekommen auch Besuch vom Anwalt, weil wir das Probearbeiten zu verantworten haben. Es ist Corona, da dürfen wir auch keinen Anwalt reinlassen, was ich ihm aber nicht sage. Stattdessen sage ich ihm, dass er gerne zum Anwalt gehen darf und schildere ihm, wie es zum Probearbeiten gekommen ist. Er ist weiter unzufrieden und beklagt nun, dass das Unternehmen seinem Mann für drei Probearbeitstage 150€ gegeben hat. Ich finde das großzügig, er wittert Betrug. Obwohl es sicher viel mehr Geld und eine bessere Ausbildung als ich hat und obwohl er sich als Unternehmer präsentiert, der Bescheid weiß, komme ich mir ihm total überlegen vor. Fast werde ich arrogant und bin höchst amüsiert als er nun sagt, dass er dem Unternehmen eine Frist setzt bis wann sie den Teilnehmer einstellen oder absagen müssen. Ich gebe ihm zu Bedenken, dass er dem Teilnehmer damit vermutlich eher schadet als hilft und wundere mich, wie ich so ruhig und sachlich, fast schon erwachsen, das Gespräch führe. Ich verzichte sogar auf Ironie und Sarkasmus. Meine Bemerkung interessiert den Mann aber nicht, denn bei so einem miesen Unternehmen soll der Teilnehmer nicht arbeiten. Möglicherweise ist der Mann am Telefon der Grund dafür, dass der Teilnehmer seit sechs Jahren keinen Job hat. Als nächstes fordert er mich auf, dass ich bei dem Unternehmen anrufe und mich darum kümmere, dass die eine Antwort geben. Ich sage ihm, dass ich gestern mit jemandem von dem Unternehmen gesprochen habe und somit keinen Grund habe, da erneut anzurufen. Dann macht er das selbst, denen setzt er eine Frist, das lässt er sich nicht gefallen. Ich sehe ihn fast vor mir, den unzufriedenen, vom Leben frustrierten Deutschen, der ständig zum Anwalt rennt und sich wundert, dass er nur Ärger hat. Er hat sicher eine praktische Frisur, die nur zufällig entstanden ist und kann vor lauter Unzufriedenheit nicht glücklich sein. Wenn ich nicht gerade vor Arroganz triefen würde, hätte ich Mitleid mit dem Mann. Zum Abschluss möchte er noch, dass ich dem Teilnehmer den Praktikumsvertrag schicke, er übernimmt auch die Kosten dafür. Wieder etwas, was ich nicht leiden kann, diese Nummer mit dem Geld. Ich bezahle dies, aber am Ende werden sie dafür bezahlen. Den Praktikumsvertrag hat der Teilnehmer zwar bekommen, aber sicher verbummelt, weshalb ich ihm den einfach per Mail zusende. Weil es nichts mehr zu sagen gibt, beenden wir das Gespräch. Ich bin schon gespannt, wann der Anwalt uns besuchen kommt. Als Anwalt muss man solche Leute lieben, die wegen jeder Lappalie angerannt kommen, dem Anwalt Geld bezahlen und am Ende vermutlich immer verlieren. So Kunden sind zwar beschränkt auf ihre Art, aber für Anwälte sicher ein Traum. Ich freue mich schon fast auf unser nächstes Gespräch. Bis zum Mittag bleibt es irgendwie komisch und hektisch im Büro, dann plötzlich herrscht totale Ruhe. Als wenn man in einem Sturm steht und der plötzlich einfach aufhört, passiert den Rest des Tages gar nichts mehr. Der Kollege vermutet die Ruhe vor dem nächsten Sturm, ich vermute gar nichts und bin einfach nur zufrieden, dass ich durchatmen kann. Dennoch verwirrt mich diese plötzliche Stille.
Der Freitag beginnt mit einem negativen Sars-Cov-2 Schnelltest und damit eigentlich positiv. Die Zeit im Büro verläuft durchwachsen. Mal erscheint mir alles zu viel, dann wird es wieder ruhiger. Möglicherweise ist mein Zeitmanagement auch total beschissen und alles würde entspannter laufen, wenn ich besser planen würde. So endet die letzte Arbeitswoche mit Jens. Zwei Tage werden wir überhaupt noch zusammenarbeiten, dann trennen sich unsere Wege. Da noch immer keine neue Maßnahme in Sicht ist, werden wir wohl auch nicht mehr zusammen in einer Maßnahme anzutreffen sein. Ich verschleiße echt viele Kollegen und bin gespannt, wie es weitergeht, falls die Corona-Beschränkungen eines Tages nachlassen.
Nach der Arbeit folgt der Wocheneinkauf. Da morgen ein Feiertag ist, sind einfach viel zu viele Menschen unterwegs. Nach dem Einkauf folgt ein Filmabend mit Loerz, weil er unbedingt Shimmer Lake mit mir gucken will. Den Film hat er vor ein paar Tagen zum ersten Mal gesehen und ist so begeistert, dass er mir am liebsten alle Szenen und Zusammenhänge erklären würde. Dass er nicht vergnügt auf dem Sofa auf und ab hüpft, ist fast schon überraschend. Das Kind im Manne stirbt nie und das ist auch gut so. Da er um 22.00 Uhr zu Hause sein muss, weil er danach eine Gefahr für wen auch immer darstellt, verlässt er mich gegen 21.30 Uhr und ich schaue Let´s Dance. Das ist wie Tanz in den Mai, nur anders. Dann ist der April vorbei und ich bereite mich gedanklich auf all die Abenteuer, die der Mai mir bieten wird vor, bevor mich ein wahrlich merkwürdiger Traum in den Mai begleitet.