Die hoffentlich letzte 5-Tage-Woche 2020

Montag
Im Gegensatz zum letzten Montag an dem ich arbeiten musste, bin ich weder schlecht gelaunt, noch mache ich mir Gedanken über meine Parfums und an welchen Tagen ich sie benutzen werde. Ich spule scheinbar routiniert meine Routinen ab. Möglicherweise funktioniere ich auch einfach nur ordnungsgemäß, wie ein kleiner Arbeitsroboter. Oder es ist mir egal, dass ich diesen Montag arbeiten muss. Außerdem bekomme ich dadurch einen Urlaubstag gutgeschrieben, so dass ich eventuell vor Weihnachten noch ein oder zwei Tage frei habe. Den nächsten echten Urlaub habe ich erst im Mai 2021, wenn die Maßnahme zu Ende ist und sich die Dinge im Anschluss vielleicht komplett ändern. Allerdings sollte man nicht so weit in die Zukunft planen, denn wir leben schließlich jetzt und nicht im Jahr 2021.

Vier Teilnehmer erwarte ich zum Wochenbeginn und zwei davon glauben, dass sie mir heute einen Arbeitsvertrag bringen würden. Das ist wirklich toll, aber da beide in Teilzeit arbeiten werden und auch unter 30 Wochenstunden bleiben werden, hilft das unserer Quote nicht wirklich weiter, weil alles unter 30 Stunden zu wenig ist, was ich natürlich für Bullshit halte. Ich bin immer zufrieden, wenn ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin einen Arbeitsvertrag unterschreibt, aber vielleicht ist deshalb auch nichts aus mir geworden, weil ich mich gerne mit wenig zufrieden gebe. Der erste Teilnehmer, der einen Arbeitsvertrag angekündigt hat, muss noch warten, hofft aber, dass es im Laufe der Woche noch klappt, was ich irgendwie bezweifle. Eine andere Teilnehmerin, gepierct und voller Tattoos, sitzt ihre Zeit Musik hörend hier ab, und bewertet die Maßnahme im Anschluss als maximal befriedigend, weil man sich nicht genug um sie kümmert. Ihre Mitarbeit hingegen bewertet sie als sehr aktiv. Aktiv Musik hören und dabei WhatsApp-Nachrichten schreiben ist zwar damit nicht gemeint gewesen, aber wir sollten da auch nicht so kleinlich sein. Der schweigsame Teilnehmer klärt mich kurz darüber auf, wie sein Vorstellungsgespräch gelaufen ist. Man kann ihn wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen, auf die er immer sehr deutlich hinweist, nicht einstellen. Das überrascht mich leider gar nicht. Nachdem er mir das mitgeteilt hat, schweigt er bis seine Zeit um ist und er nach Hause darf. Immerhin bewertet er die Maßnahme gut und bei ihm kann ich mir vorstellen, dass er auch bis zur Rente hier mitmachen würde. Das geht aber nicht. Dann ist schon Pause und der Arbeitsmontag zur Hälfte geschafft. Bevor ich etwas esse, sprühe ich noch die Plätze der Teilnehmer mit einem übelriechenden Desinfektionszeug ein. Das ist Vorschrift und macht keinen Spaß.

Eine Teilnehmerin ruft an und teilt mit, dass sie gerade beim Arzt war. Dieser hatte sie letzte Woche zwei Tage krankgeschrieben, aber da ihr Fieber weg ist und sie nur noch Husten und Schnupfen hat, darf sie ab morgen wieder an der Maßnahme teilnehmen, was ich ehrlich gesagt nicht so prickelnd finde. Dabei empfiehlt doch der Bund allen Menschen mit Erkältungssymptomen und insbesondere bei Husten und Schnupfen, sich unmittelbar nach Hause in Quarantäne zu begeben. Aber gut, wenn der Arzt sagt, dass sie an der Maßnahme teilnehmen kann, dann wird das schon okay sein. Schließlich tragen wir ja Masken, was soll da schon passieren? Ich habe dummerweise grundsätzlich eine Abneigung gegen erkältete Personen, was nichts mit der Corona-Welle zu tun hat. Erkältete Personen will ich immer irgendwo außerhalb aufbewahren, aber das geht nicht. Wenn ich erkältet bin, würde mich auch am liebsten meiden und weit weg von mir aufbewahren bis wieder alles gut ist. Aber auch das geht nicht. Vielleicht bin ich, was das angeht, ein wenig komisch. Die letzte Teilnehmerin des Tages muss sich morgen zwischen zwei Teilzeitjobs entscheiden, weshalb sie heute nicht wirklich etwas zu tun hat. Eigentlich sollte ich sie nach Hause schicken, aber das entspricht nicht den Regeln. Die Teilnehmerin möchte wissen, wie ich mich in ihrem Falle entscheiden würde, aber das kann ich nicht sagen, weil ich nicht sie bin. Also zähle ich alle Möglichkeiten auf, die es für sie gibt. Entscheiden muss sie letztlich selbst, was ihr schwer fällt. Also schildere ich ihr die Version bei der sie nur gewinnen kann, aber das findet sie dann irgendwie zu kompliziert, obwohl es ein ganz wunderbarer Plan ist. Mal schauen, wie sie sich morgen nach dem Probearbeitstag entscheiden wird. Leider hilft es keinem von uns, dass sie hübsch anzuschauen ist und ich schon wieder Hunger habe. Vielleicht sollte ich mir einfach mehr zum Essen mitnehmen.

Schon bald verbringe ich die Montage wieder beim Zahnarzt, weil man alte Traditionen nicht gänzlich aufgeben soll. Was ich allerdings aufgegeben habe ist die Hoffnung, dass ich noch eine Weile mit Implantat 47 gemeinsam verbringen werde. Weil das mit dem Kauen fester Nahrung einfach nicht klappen will, muss ich davon ausgehen, dass ich über 2000 Euro für etwas bezahlt habe, was keine Zukunft hat. Spätestens im Dezember wird die Krone entfernt und bis zur Entfernung des Implantats wird es sicher auch nicht mehr lange dauern. Der Verfall lässt sich einfach nicht mehr aufhalten. Schade, aber nicht zu ändern. Vermutlich habe ich auch keine Zukunft mehr.

Dienstag
Mit zwei erkälteten Teilnehmerinnen beginnt der Tag ganz und gar nicht nach meinem Geschmack. Die Teilnehmerin, die gestern angerufen hat und wie 14 aussieht, setze ich in den anderen Raum, so dass ich nur gegen die Erkältungsviren der Teilnehmerin, die sich beim Jobcenter über mich beschwert hat, ankämpfen muss. Seit dem Gespräch mit dem Mann vom Jobcenter ist sie aber wie ausgewechselt, erscheint immer pünktlich und heute erzählt sie mir von ihren Kriegserlebnissen, Raketenangriffen, toten Nachbarn, der Flucht und noch viel mehr. Da muss ich mehrmals überlegen bevor ich irgendwas antworte, weil man in so einem Fall sehr viel falsch machen kann, wenn man da das falsche sagt. Was sagt man darauf und wie sagt man es so, dass es angemessen ist? Es ist zwar gut, dass sie endlich darüber redet, aber ich habe Bedenken, ob ich da der Richtige bin, um mit mir darüber zu reden. Während die Teilnehmerin heute einen enormen Redebedarf hat, hat die andere Teilnehmerin zwei DIN A4 Zettel mit Adressen für mich zusammengestellt. Zu all diesen Adressen möchte sie Bewerbungen schreiben, sodass ich nun gleichzeitig mit einer Teilnehmerin reden und für die andere Bewerbungen schreiben muss, da sie das nicht kann. Parallel dazu muss ich für zwei Teilnehmer Vorstellungsgespräche koordinieren, weil die, warum auch immer, nicht selber mit der zuständigen Mitarbeiterin des besagten Unternehmens kommunizieren wollen. Hin und her geht der Spaß bis endlich ein Termin fix ist. Es ist bisher ein Tag an dem durchaus zwei Mitarbeiter nötig wären, um den Teilnehmern gerecht zu werden. Am Nachmittag erwarte ich gleich vier Besucher, von denen eine ihren ersten Termin hat, was bedeutet, dass ich mich intensiver um sie kümmern muss. Alles kein Problem, wenn man nicht alleine ist. So aber ist es nichts für mich, weil ich gerne alles gleichzeitig machen würde, was aber unmöglich ist. Was ist nur aus den guten, alten Zeiten geworden als es noch Vertretungen gab, wenn mal ein Mitarbeiter nicht da war? Ach ja, die sind schon lange vorbei und kommen auch nicht wieder. Auch wenn es immer wieder angekündigt wird, dass ein dritter Mitarbeiter uns in gewissen Situationen unterstützen soll. Aber vielleicht ist das auch besser so, denn man weiß nie, was für eine Bimmelbirne einen dann unterstützt und welchen Schaden diese Birne womöglich anrichtet.

Am Nachmittag sind dann lediglich drei Frauen da, um die ich mich kümmern darf. Zwischendurch kommt noch die junge Frau, die sich zwischen zwei Jobs entscheiden muss, vorbei, um mir mitzuteilen, dass sie sich entschieden hat und Donnerstag Bescheid bekommt, wann es losgeht. Dennoch ist der Nachmittag entspannter als der Vormittag und auch lustig, denn unsere Ü60-Teilnehmerin amüsiert sich immer prächtig über meinen Unsinn. So hocke ich neben ihr, während sie Bewerbungen schreibt, diktiere, was sie schreiben soll und am Ende ihrer Mail möchte ich, wie immer, dass sie noch ein PS anfügt. Da soll sie dann so Sachen schreiben wie, „Sie haben eine schöne Stimme, ich kann es kaum erwarten, Sie endlich kennenzulernen.“ Oder: „Decken Sie schon mal den Tisch, ich bin gleich bei Ihnen“. Beim ersten Mal, als ich das diktiert habe, hat sie sogar mitgeschrieben, bis sie merkte, dass es Unsinn ist, was ich diktiere. Mittlerweile nennt sie uns ständig ein super Team und manchmal muss sie beim Schreiben innehalten, weil sie so lachen muss. So auch heute. Und dann hebt sie ihren Arm, ich erwarte, dass sie mich nun schlägt, was sie aber nicht tut. Stattdessen legt sie ihre Hand auf meine Schulter und ist begeistert von der Zusammenarbeit. Das ist alles sehr skurril, aber man muss auch sagen, dass die Zusammenarbeit mit ihr sehr angenehm und lustig ist. Nur wenn sie ihre Geschichten erzählt und nicht aufhören will, wird es für mich anstrengend, weil ich grundsätzlich nicht lange zuhören kann, mag und will. Am liebsten möchte sie am Ende einer Mail „Oh, mein Gott.“ Statt „Mit freundlichen Grüßen“ schreiben. Ich weiß zwar nicht warum, aber es erheitert uns, ohne dass es Sinn ergibt.

Mittwoch
Eine Teilnehmerin ruft an und sagt, dass sie ihr Kind aus der Schule holen muss, weil es auf den Kopf gefallen ist. Ich biete ihr an, dass sie dann morgen zu uns kommen kann, um ihren Termin wahrzunehmen. Morgen hat sie aber keine Zeit, weshalb ich ihr mitteile, dass sie dann einen Kinderkrankenschein braucht, da sie sonst unentschuldigt fehlt. Arbeitslose, die keine Zeit haben, finde ich immer etwas merkwürdig. Ihr Mann ist auch arbeitslos zu Hause und sie kann keine drei Stunden hier sein. Arbeiten kann sie auch maximal drei Stunden am Vormittag, weil sie das Kind ja zur Schule bringen und später abholen muss. Ihr Mann kann oder will diese Aufgabe nicht übernehmen. Ich denke, da wollen zwei Leute nicht wirklich arbeiten, was für mich okay ist, wenn man mir nicht ständig erzählen würde, dass beide arbeiten wollen, nur die Umstände es bisher stets verhindert haben. Letzte Woche war sie nicht hier, weil sie unter Erschöpfung durch übermäßige Anstrengung (Diagnose des Arztes) litt. Vermutlich hat die Maßnahme sie so angestrengt. Arme Frau. Das krasse Gegenteil zu der angestrengten Frau ist die Frau, die man, wenn man sie so sieht, durchaus für eine 14 jährige halten könnte. Sie fragt tatsächlich, ob sie statt zweimal pro Woche, dreimal zu uns kommen kann. Eigentlich geht das nicht, aber man soll jungen Menschen ihre Träume nicht zerstören, weshalb ich es erlaube. Gleich fährt sie mit ihrem Papa zu fünfzehn Personaldienstleistungsunternehmen, um sich vorzustellen und nach Arbeit zu fragen. Erstaunlich und unerwartet, aber mir gefällt das.

Manche Teilnehmer lassen immer wieder ihre Pfandflaschen und Pfanddosen hier stehen, weil sie keine Lust haben sich das Pfand zurückzuholen. Anfangs landeten die Behälter stets im Müll, bis wir sagten, sie sollen sie bitte in den Schrank stellen, weil man dafür Pfand bekommt. Unsere Reinigungskraft hat irgendwann angefangen die Flaschen und Dosen mitzunehmen und uns das Geld dafür auszuzahlen, was wir sehr löblich finden. Weil ich keine große Freude daran habe, Pfandflaschen und Dosen wegzubringen, habe ich mir spontan ausgedacht, dass ich meine Dosen und Flaschen auch in den Schrank stelle und mir später das Geld nehme. So muss ich nicht selber blöd vor irgendwelchen Pfandautomaten rumhängen und bekomme mein Geld dennoch. Manchmal habe ich einfach geniale Ideen. Das Geld, das uns das Pfand der Teilnehmer einbringt, lassen wir liegen, weil es uns ja eigentlich nicht gehört. Vielleicht kaufen wir unseren Teilnehmern davon bunte Luftballons, die wir ihnen geben, wenn sie einen Arbeitsvertrag unterschrieben haben. Das klingt nach einem guten und sympathischen Plan. Vielleicht machen wir das so.

Die Teilnehmerin, deren Kind auf den Kopf fiel, hat einen Kinderkrankenschein bekommen. Aber nur für heute, weshalb ich ihr sage, dass sie dann morgen herkommen muss. Findet sie doof, denn morgen hat sie zu tun. Ich frage sie, was sie zu tun hat und sie sagt, dass sie zum Arzt muss. Das finde ich toll, denn wenn der Arzt bescheinigt, dass sie dort war, brauche ich nur die Bescheinigung, um ihr Fehlen zu entschuldigen. Das möchte sie aber nicht, was ich nicht verstehe und ihr auch mitteile. Sie will stattdessen den Arzttermin absagen. Einen Termin abzusagen, statt sich bestätigen zu lassen, dass man beim Arzt war, lässt darauf schließen, dass es den Termin einfach nicht gibt. Wenn ich angelogen werde, dann möchte ich es nicht merken, denn wenn ich es merke, lasse ich es in die Beurteilung einfließen, was in der Regel nicht so positiv klingt. Kaum eine halbe Stunde später teilt mir die Teilnehmerin mit, dass sie morgen früh doch Zeit hat. Vielleicht ist es doch gut, wenn ich mal streng bin und mich nicht erweichen lasse. Eventuell sollte ich in Zukunft immer streng sein, damit man mich respektiert und mir keine Geschichten mehr erzählt. Aber ehrlich gesagt bin ich viel zu verweichlicht und harmoniebedürftig, um immer streng zu sein. Also wird das nichts mit dem strengen Jobcoach, den alle fürchten und respektieren.

Donnerstag
Wie schon in der Nacht zuvor, werde ich viel zu früh wach und kann nicht mehr wirklich schlafen. Begeistern kann mich das nicht. Meine Verspannungen sind ähnlich unprickelnd und dazu kommt, dass heute Donnerstag ist, was ich nicht gleich realisiere, weil ich schließlich heute zum vierten Mal in dieser Woche ins Büro fahre. Und wenn das so ist, dann ist normalerweiser Freitag bzw. es hat Freitag zu sein.

Vormittags habe ich gleich fünf Leute zu betreuen. Leider kann ich nicht allen gerecht werden, was ich durchaus unangenehm finde. Ich weiß auch nicht, ob es mir gefällt, dass heute Morgen vier Frauen zu meinen Teilnehmern gehören, weil die in der Regel bei meinem Kollegen besser aufgehoben sind. Aber auf den müssen sie diese Woche halt verzichten.
Am Nachmittag bin ich wieder alleine mit unserer ältesten Teilnehmerin, da im Ort eine Schule wegen Corona spontan geschlossen werden musste und unsere zweite tätowierte Teilnehmerin so spontan keine Kinderbetreuung organisieren konnte und deshalb nicht zu uns kommen kann. Da kann man leider nichts machen. Der Nachmittag verläuft ruhig und ist irgendwann auch vorbei.

Am Abend, als ich von Werne nach Hause fahre, steht am Straßenrand ein Fuchs, der sich, als ich fast auf seiner Höhe bin, entscheidet nicht auf die Straße zu gehen und sich umdreht. Ich glaube, es ist das erste Mal, dass ich einen Fuchs in freier Wildbahn sehe. Ich finde das natürlich faszinierend und bin ganz begeistert. Vielleicht hat dieser Moment eine besondere Bedeutung und wird mein Leben nachhaltig verändern.


Freitag

Heute habe ich gleich zwei Teilnehmer der Sorte Sorgenkind bei mir. Einer, der mich immer seinen Lehrer nennt, ist bereits zum dritten Mal in den letzten vier Jahren in der Maßnahme. Wie immer beklagt er sich über Personaldienstleister, schlechte Bezahlung und seine Arbeitslosigkeit. Diese Woche war er zum Probearbeiten. Hat ihm gut gefallen, nur der Mindestlohn von 9,35€ stört ihn, was durchaus nachvollziehbar ist. Ich bin der Meinung, dass die Arbeit wenigstens Spaß machen sollte, wenn man schon zum Mindestlohn arbeitet. Er möchte aber Spaß und eine bessere Bezahlung, was ich durchaus verstehen kann. Nur wenn er, wie er sagt, seine Situation verbessern will, dann wäre der Mindestlohn und ein Job, der Spaß macht, für den Anfang doch nicht schlecht. Letztes Jahr fing ein anderer Teilnehmer dort zu arbeiten an, ebenfalls zum Mindestlohn. Den Mindestlohn findet er auch blöd, aber er sagt, dass der Job stressfrei ist und ihm Spaß macht. Er sucht derzeit nicht einmal nach Alternativen und ist zufrieden. Mein Teilnehmer ist nicht zufrieden. Beim Probearbeiten hat ihm ein Mitarbeiter gesagt, dass die meisten den Job nur so lange machen bis sie etwas Besseres gefunden haben, aber auch den Hinweis hätte man sich sparen können, denn heute hat mein Teilnehmer den Job abgesagt. Er wartet lieber auf ein besseres Angebot, welches in den letzten vier Jahren leider nicht kam. Sollte diese Maßnahme eine Verlängerung im nächsten Jahr bekommen, dann werden wir den guten Mann vermutlich wieder begrüßen. Immerhin fühlt er sich so wohl, dass er spontan anfängt zu singen. Und das ist möglicherweise alles, was wir erreichen konnten.

Der andere junge Mann ist auch schwierig. Er träumt von einer Anstellung bei BMW, während Monat für Monat vergeht. Er könnte für einen Stundenlohn von 10,82€ einen Job bekommen, aber das ist ihm nicht genug, was ich auch akzeptieren kann, aber darauf zu warten, dass z.B. BMW nur auf einen Mann wie ihn wartet, erscheint mir wenig realistisch. Ich sage ihm auch ständig, dass er mit jedem Monat, den er weiter arbeitslos ist, uninteressanter für potentielle Arbeitgeber wird, was er auch versteht, aber dann doch wieder vergisst. Manchmal frage ich ihn auch, was für ein Vorbild er seinem Kind sein will, aber auch das führt nur zu theoretischer Einsicht. Und so drehen wir uns immer weiter im Kreis bis ich ihm sage, dass ich erwarte, dass er in den nächsten Jahren immer wieder ein Teil dieser Maßnahme sein wird und so meinen Job sichert, weil ich ja davon lebe, dass es genug Arbeitslose gibt, die meine Hilfe benötigen. Das finde ich nett von ihm, aber auch das wirkt nur kurz, dann fällt er wieder in irgendeinen Zustand, der es verhindert, dass er einen Job annimmt, ihn aber von goldenen Zeiten und einer großartigen beruflichen Zukunft träumen lässt. Ich habe solche Träume nie gehabt, weshalb ich nicht weiß, wie ich den jungen Mann dauerhaft zurück in die Realität holen kann. Dann frage ich mich, ob es vielleicht an mir liegt, dass die beiden nicht vorankommen, denn ich bin in meinem Leben beruflich ja auch kein Durchstarter, sondern eher Mitläufer und Verweigerer. Vielleicht spüren die ja, dass ich nur rede, aber selbst nur eine Flachpfeife bin, die über vierzig Jahre gewartet hat bis endlich dieser eine passende Job bei mit vor der Tür stand. Würde es ihnen helfen, wenn ich sagte, dass ich woanders mehr verdienen könnte, es aber nicht mache, weil ich eine Art Monk bin? Vermutlich nicht.

Die nächste Woche wird sicher ähnlich aufregend und voller Überraschungen. Möglicherweise kommt es aber auch ganz anders.

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