Ich habe mir fest vorgenommen meine Zahnprobleme etwas entspannter zu ertragen, zumal ich eh gar nichts weiter tun kann als sie zu ertragen. Also versuche ich gedanklich nicht bei den Zähnen zu sein und nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt auf der Seite von Zahn 16 zu kauen. Außerdem glaube ich, dass es clever wäre nur noch weiche Nahrung zu mir zu nehmen. Dummerweise habe ich letzteres nicht getan, was die Zahnruine von Zahn 27 mit leichter Unzufriedenheit quittiert. Warum auch nicht? Auch Zahnruinen haben Rechte. Auf der anderen Seite pochert, pulsiert und nervt Zahn 16. Doch das ist bestimmt nur vorübergehend und lässt sicher spätestens dann nach, wenn Zahn 37 gezogen wurde. Wenn nicht, auch nicht schlimm, denn auch Flüssignahrung kann gesund sein. Die Tatsache, dass Zahn 46 seit gestern völlig übertrieben auf Kälte reagiert, hat sicher auch keine Bedeutung und ist kein Grund mir Sorgen zu machen. Während ich so über meine Zähne nachdenke, versucht Manni mir erneut klarzumachen, dass ich eine Männerhandtasche brauche. Schon oft habe ich ihm erklärt, dass die Begriffe Männer und Handtasche nicht zusammen passen und auch nicht zusammengehören, doch davon will er nichts hören. Männerhandtaschen sind toll und eine solche würde mein Ansehen bei den Frauen steigern. Ich halte das für Blödsinn, weil eine Handtasche einen Mann niemals aufwerten kann, egal wie toll und praktisch die Tasche auch sein möge. Selbst wenn ich all meine nicht mehr benötigten Zähne darin aufbewahren würde, wäre es keine Option. Ein Mann mit Handtasche ist in etwa so verlockend wie eine Frau mit Bart. Selbst wenn ich richtig alt bin, will ich keine Handtasche und hoffe, dass ich niemals so sehr geistig abbaue, dass ich mit so einem Handtäschchen durch die Straßen ziehe. Männer mit Zahnruinen und Zahnlücken sind auch mit Männerhandtaschen für Frauen kaum interessanter. Eher im Gegenteil würde ich mal behaupten.
Am Samstag verzichte ich auf meinen Massagetermin, weil ich langsam anfangen muss auf die Implantate zu sparen. Am Abend entscheidet Zahn 37, dass seine Zeit nun gekommen ist und so verursacht er ähnliche Schmerzen wie Zahn 47 es in seinen letzten Tagen oft getan hat. Dabei ist das unnötig, weil längst beschlossen ist, dass er am 11.11. rausgerissen und entsorgt wird. Am Montag rufe ich in der Zahnarztpraxis an und mache den Termin fix. Es wäre wirklich entzückend, wenn Zahn 37 sich bis dahin einigermaßen zurückhält.
Der Montag beginnt so, wie der Sonntag endete. Zahn 37 ist ziemlich ruhig, gestern dachte ich eine Weile gar, dass er sich nicht mehr in meinem Mund befindet und die Wunde, da wo einst Zahn 47 wohnte, scheint weiter zu heilen, obwohl ich wieder mehr vom Knochen sehen kann. Größtes Problem bleibt weiterhin Zahn 16. Ansonsten schwanke ich weiter zwischen Resignation und Phasen in denen ich es akzeptiere und versuche gelassen damit umzugehen, dass sicher noch ein bis drei Zähne gezogen werden und einzig und allein die Frage nach dem Zeitpunkt noch ungeklärt ist. Wirklich störend ist die Tatsache, dass ich tatsächlich noch Monate damit zu tun haben werde und in der Zeit sicherlich noch weitere Zähne nach einer mehr oder weniger aufwendigen Behandlung verlangen werden. Doch anstatt einen Termin beim Zahnarzt zu vereinbaren, gehe ich zum Friseur. Das bringt mich zwar optisch und gesundheitlich nicht weiter, erscheint, mir aber sinnvoll. Anschließend finde ich, dass meine Frisur am ehesten nach einem Pisspotthaarschnitt aussiehst, aber da ich von Frisuren keine Ahnung habe und auch noch nie wirklich eine hätte, wird sicher alles seine Richtigkeit haben. Obwohl ich es mir eigentlich nicht leisten sollte bin ich später wieder bei der Heilpraktikerin. Beschlossen habe ich zwischenzeitlich auch, dass ich mir ein Jahr keine neuen Pullover, Shirts, Hosen, Unterhosen und Jacken kaufe, obwohl ich einiges davon dringend benötige. Doch so lange ich nicht weiß, was mich die Implantate kosten, versuche ich einfach zu sparen. Sparen ist allerdings etwas, was ich mir vor drei Jahren einfach abgewöhnt habe. Genau in dem Moment als ich meinen Arbeitsvertrag unterschrieben habe. Vermutlich weil arbeiten und sparen für mich einfach nicht zusammen gehören. Dafür gehe ich nicht arbeiten.
Auch am Dienstag bleibt Zahn 16 empfindlich und unberechenbar. Da ich deshalb meist auf der anderen Seite kaue, zeigt mir Zahn 27, was er davon hält, scheinbar gar nichts, denn jeder Biss tut weh. Irgendwie habe ich dermaßen resigniert, dass ich jetzt davon ausgehe, dass mir ganz sicher noch drei Zähne gezogen werden. In der folgenden Nacht wache ich auf und habe Zahnschmerzen. Vielleicht wache ich auch wegen der Zahnschmerzen auf. Es ist Zahn 27, der unzufrieden ist. Somit sind wir beide unzufrieden. Resigniert beschließe ich, dass Zahn 27 früher oder später ersetzt werden muss.
Schon ist Donnerstag und der nächste Zahnarztbesuch wird in wenigen Stunden stattfinden. Meine Haut, besonders am Hals, juckt wieder extrem und ist stark gerötet. Irgendwas läuft auch weiterhin völlig in die falsche Richtung. Dabei hatte ich erst gestern Abend beschlossen, dass ich Zahn 37 noch nicht ziehen lasse und hoffe, die Entzündung durch Einnahme von purem Kurkuma zu besiegen. Im Internet stehen Geschichten von Leuten, bei denen es angeblich funktioniert hat. Normalerweise sind Optionen eine gute Sache, in diesem Fall bin ich aber skeptisch und frage mich, ob ich nicht einfach nur Zeit verschwende. Vor allem ist die Frage, wie lange probiere ich das aus bevor ich Zahn 37 ziehen lasse? Hätte ich das doch nur nicht gelesen, dass Kurkuma Zahnwurzelentzündungen heilen kann. Aber wenn es doch klappt, könnte ich mir nicht nur viel Geld sparen. Andererseits hat das kolloidale Silber, welches ich dreimal täglich einnehme, gar keine erkennbare Wirkung bisher. Kann natürlich auch an meiner Einstellung liegen, weil viele ja überzeugt von dem Zeug sind. Ich nehme es noch bis es aufgebraucht ist, erwarte aber nicht, dass es doch noch irgendwas bewirkt. Immerhin kann ich mitreden, wenn das Thema mal irgendwo auftaucht, wo ich gerade anwesend bin.
Dann ist es auch schon wieder so weit, ich sitze im Behandlungsstuhl und sage, dass nichts besser geworden ist und ich mich einfach daran gewöhnen werde und damit lebe, so lange es nicht schlechter wird. Die junge Zahnärztin hält das für keine so gute Idee, weshalb sie zuerst überlegt, ob eine Zahnschiene mir nicht helfen könnte. Letztlich ist sie aber der Meinung, dass es das Beste ist, die alte Krone aufzubohren und eine Wurzelfüllung zu machen. Zwar sind die Kanäle verkalkt, aber dennoch ist sie zuversichtlich, dass sie es hinbekommt. Und zwar mit Hilfe von elektrischen Feilen, weil das viel genauer geht und man sich das Röntgen sparen kann, was ich sehr begrüße. Dass mich der Spaß über 90 Euro kosten wird, wird mich auch nicht umbringen, da ich eh schon angefangen habe im Sparmodus zu leben. Dann spare ich am Ende zwar dennoch nichts, kann mir die exquisite Behandlung aber dennoch leisten. Ich bin schon ein echtes Glückskind, mit schrecklichen Zähnen zwar, aber ich kann es mir scheinbar leisten. Die Zahnärztin erklärt mir den Ablauf der Behandlung in aller Ruhe, dann gehen wir nach vorne, um einen Termin auszumachen. Wie es aussieht ist sie nun meine Zahnärztin für alle Fälle. Durch schlechte Erfahrungen mit Zahnärztinnen hatte ich mir zwar ganz fest vorgenommen, meine Zähne nie wieder von einer Frau behandeln zu lassen, aber ich denke hier kann ich eine Ausnahme machen und ihr eine Chance geben. So eine sympathische junge Zahnärztin macht bestimmt gute Arbeit. Und wenn nicht, dann weiß ich auch nicht. Mehr Schaden als der Arzt, der mir die Wurzelfüllung in Zahn 27 eingebaut hat, kann sie sicher auch nicht anrichten. Hoffe ich zumindest. Bei der Wahl der passenden Uhrzeit für die Behandlung sage ich, dass es völlig egal ist, ob ich am Vormittag oder am Nachmittag gequält werde. Darauf sagt die Zahnärztin in einer unglaublich sympathischen Art: „Ach, Herr DrSchwein, ich quäle sie doch nicht.“ Ich erwidere, dass ich ihr das dann mal glaube und verabschiede mich. Hoffentlich bleibt die junge Frau so sympathisch, wenn sie älter wird und lässt sich ihre Art nicht vom Leben und den Unzulänglichkeiten, die es zu bieten hat, versauen. Wäre schade, denn die Welt braucht meiner Meinung nach mehr Menschen, die eine solche Art an sich haben. Ich wäre auch gerne so ein Mensch, aber ich habe versagt.
Der Termin soll am 11.11. stattfinden, um 10.45 Uhr, kurz vor Karnevalsbeginn. Damit ist davon auszugehen, dass ich um 11.11 Uhr noch im Behandlungsstuhl sitze. Irgendwie lustig.
Was trägt denn der Mann von heute in einer Herrenhandtasche so mit sich herum? 🙂
Gute Besserung. Das ist ja ein richtiges Zahn-Drama.
Das ist eine gute Frage. Ich muss Manni mal fragen, was er so alles mit sich führt.
Danke. Vielleicht sollte ich die Filmrechte an meinem Zahn-Drama verkaufen.
Männer mit Rucksäcken sind durchaus anziehend. Im Rucksack kann man Bücher mit sich führen, zum Beispiel, Schuhe zum Wechseln für überraschende Wanderungen oder einen warmen Pullover.
Sind Männer mit Männerhandtaschen etwa nicht anziehend?
Nein, Männer mit Männerhandtaschen sind absolut nicht anziehend.
Weil das einfach nicht zusammengehört.
Genau. Hingegen der Rucksack… Hatte nicht schon Ötzi einen?
DJ Ötzi?
Nein, DJ Ötzi ist der mit der komischen Mütze, ich meine den anderen
Der tote Ötzi hatte einen Rucksack?
Ja, schon vor ungefähr 3000 Jahren trug der Mann Rucksack, wenn das nicht maskulin ist, weiss ich auch nicht.
Möglicherweise war er also ein cooler Trendsetter.
Cool auf jeden Fall (ewiges Eis, zwinker, zwinker)