Seit ich alleine mit mir Städtereisen mache, hatte ich immer gutes Wetter. Daran hätte sich auch dieses Jahr nichts geändert, wenn ich zu dem ursprünglich geplanten Reisetermin gefahren wäre. Dann wäre ich gestern zurückgekommen und mir wäre es erspart geblieben bei den Aussichten, nass und vom Winde verweht zu werden, aufzubrechen. Stattdessen werde ich mich vermutlich überreden müssen, nicht nur im Zimmer abzuhängen. Was mich dabei am meisten stört ist natürlich die Tatsache, dass ich selber Schuld bin, weil ich unbedingt im Alten Fährhaus untergebracht werden wollte. Und das ging vorher nicht. Kleidungstechnisch habe ich alles, was sommerlich ausschaut zu Hause gelassen und stattdessen mittelwarme Sachen eingepackt, denn es wäre mir sehr unangenehm in meinem Urlaub frieren zu müssen. Zumindest stellt sich bei der Wetterprognose die Frage nicht, welches Automobil den Fahrdienst übernimmt, da der Benz nur bei schönem Wetter raus darf. So darf mich folgerichtig das Coupé nach Cochem fahren.
Abgesehen von einem Stau und einer Pipipause komme ich gut durch und bin nach drei Stunden Fahrzeit gegen 15.20 Uhr am Ziel. Mein Zimmer in der Pension Altes Fährhaus ist klein und das Bad integriert. Von der Toilette kann ich direkt aufs Bett schauen oder bei einer längeren Sitzung auch TV schauen. Ungewohnt aber irgendwie auch praktisch.
Cochem ist ein wirklich schöner Ort und ich muss natürlich bald etwas essen und da ich gerne möglichst alleine esse, lande ich im Chapeau Claque Bistro. Da sitzen ein paar Leute und knobeln. Ein Mann sitzt neben seinem Hund und starrt vor sich hin. Ich bestelle Cola und Baguette und setze mich ans Fenster. Ein anderer Mann füttert einen Spielautomaten. Ich hätte nicht gedacht, so etwas nochmal zu erleben. Es ist fast als wäre ich in die Zeit meiner Jugend zurückgereist. Das Baguette ist groß und gut und ich bin der fremde Gast in einer fremden Welt. Der Tourismus findet scheinbar woanders statt, obwohl das Chapeau Claque auch eine Pension ist. Mir gefällt das irgendwie.
Weil das Wetter angenehmer als erwartet ist, wandere ich später noch durch Cochem. Ein Stadtlauf sorgt dafür, dass viele Menschen an der Laufstrecke stehen und jedes Mal klatschen, wenn Läufer und Läuferinnen vorbeikommen. Auf mich wirkt es leicht befremdlich, allen Leuten, die an einem vorbeilaufen, zu applaudieren. Wenn ich ehrlich bin, geht es mir sogar etwas auf die Nerven, daher nutze ich die erste Gelegenheit mich von der Laufstrecke zu entfernen. Immer weiter weg von den Menschen gehe ich immer höher und höher, weil ich schon immer hoch hinaus wollte. Zu meiner Überraschung lande ich auf der Reichsburg. Dabei wollte ich da heute eigentlich noch nicht rauf. Meine größte Freude dabei ist, dass kaum Menschen unterwegs sind, weil ich außerhalb der Öffnungszeiten da bin. Daher kann ich nicht nur ganz entspannt ganz viele Fotos machen, sondern obendrein auch ein Selfie. Ich zwischen den beiden Rittern. Wundervolles Bild. Fast melancholisch schön. Möglicherweise aber auch ganz anders. Wenn ich in dieser Gegend wohnen würde, würde ich vermutlich fünf Jahre länger leben und scheine für einen Moment unter meiner Mütze, die ich wegen dem Wind tragen muss, tatsächlich jünger auszusehen. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.
Gegen 21.00 Uhr bin ich zurück auf meinem Zimmer, weil es mir draußen einfach zu frisch ist. Etwas über 11 Kilometer bin ich heute gewandert und kann mir ohne schlechtes Gewissen den Rest von Let´s Dance angucken. Besser kann ein Tag kaum enden.
Schade, dass auf Bilder verzichtet wurde. Womöglich war ich als Kind schon mal da – kann mich aber nicht daran erinnern. Dabei ist es ja nicht soooo weit von Köln entfernt.
Die Bilder kommen doch immer, wie das Beste, zum Schluss. Ist doch Tradition.