Eine neue Arbeitsaufgabe für uns. Ist ein Teilnehmer aus der Maßnahme heraus vermittelt worden, oder hat sich selbst vermittelt, muss er vier Monate lang einmal wöchentlich nachbetreut werden, was bedeutet, dass man Kontakt zu ihm aufnimmt und ihn befragt. Man verwickelt ihn quasi während seiner Arbeitszeit in ein Gespräch. Also theoretisch, denn praktisch erscheint es mir unwahrscheinlich, dass jemand während seiner Arbeitszeit Zeit für so einen Quatsch hat. Dieser Vorgang muss selbstverständlich dokumentiert werden. Ich kann mir allerdings grundsätzlich nicht vorstellen, dass einer der ehemaligen Teilnehmer wöchentlich zu seinem Status befragt werden will, weiß aber, dass es Ärger gibt, wenn wir das nicht tun. Da trifft es sich gut, dass wir nur noch in Ausnahmefällen Teilnehmer vermitteln, denn so sparen wir uns unnötige Anrufe und genervte Ex-Teilnehmer. Würde ich einen Sinn in solchen Aktionen erkennen, wäre es vermutlich nur halb so schlimm. So werde ich schon bald zu einem Stalker, falls ich mich spontan nicht doch noch weigere. Alternativ könnte ich den Teilnehmern verbieten einen Job anzunehmen, dann bestünde überhaupt keine Gefahr.
Abgesehen davon fahre ich immer seltener wirklich entspannt zur Arbeit, trödle morgens gerne länger rum und komme oft nicht mehr so früh wie sonst üblich ins Büro. Irgendwie scheint irgendwas kaputt gegangen zu sein. Lediglich die beiden Tage an denen ich mit Carsten arbeite, empfinde ich noch etwas als angenehm. Die Tatsache, dass fast täglich nun auch noch Klara hier eingesetzt ist, empfinde ich als störend, obwohl Klara bisher nichts falsch gemacht hat. Ich kann halt nur mit sehr wenigen Menschen über einen längeren Zeitraum arbeiten. Und so ein Arbeitstag mit fremden, nicht wirklich zu mir kompatiblen Leuten, ist schon eine Herausforderung, die umso größer ist, wenn kein zu mir kompatibler Mitarbeiter zusätzlich anwesend ist. So bin ich während Klara´s Anwesenheit nicht wirklich entspannt und betrachte sie durchaus misstrauisch, was für den Wohlfühlfaktor sehr hinderlich ist. Sie ist mir auch zu präsent, hat außerdem, so scheint es, Augen und Ohren überall und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Wann immer es möglich ist, sage ich ihr, dass ich ihre Hilfe nicht benötige und freue mich über jede Minute, die sie in der anderen Maßnahme verbringt. Das ist irgendwie krank. Oder es macht krank. Ich weiß es noch nicht.
Außerdem finde ich Patzis Anwesenheit durchaus befremdlich, denn er ist so eine Art Korinthenkacker, der ständig alles hundertprozentig machen will und viel zu viel redet und redet und redet. Und er ist n geiler Typ, und jung, und kann gut mit Frauen, kennt sich mit dem Datenschutz aus, lässt erst gar keinen Schlendrian aufkommen und noch viel mehr. Das macht mir irgendwie Angst. Glücklicherweise sind wir nicht in derselben Maßnahme und zum Glück habe ich auch nicht einen so hohen Stellenwert wie er, was durchaus an seiner durch und durch zauberhaften und zielgerichteten Vorgehensweise liegen kann. Für mich sind das zusammen einfach zu viele Störquellen.
Was mich immerhin kurzzeitig hoffen lässt, dass noch nicht alles verloren ist, sind Teilnehmer, die aktiv was tun, um ihre Arbeitslosigkeit zu beenden. So einer war Teilnehmer 14, der jetzt kein Teilnehmer mehr ist, sondern ohne unsere Hilfe einen Arbeitsplatz gefunden hat. Diese kurze Zufriedenheit wurde aber durch einen Mitarbeiter des Jobcenters jäh zerstört, weil er meinte, der Job wurde dem Teilnehmer vom Vermittlungsservice vorgeschlagen. Als ich sagte, es sei wohl doch anders gelaufen, hörte ich, dass er es für den Vermittlungsservice verbuchen wird, weil die eh im Minus sind, die Vermittlung brauchen und schließlich auch voll aktiv für den Teilnehmer waren. Hat nur sonst scheinbar keiner gemerkt. Oder, was man aus der Aussage schließen kann, Teilnehmer 14 ist ein Lügenmaul. Sollte er aber kein Lügenmaul sein und die vom Jobcenter tatsächlich an der Wahrheit rummanipuliert haben, bin ich leider raus, dann können die mich mal.
Zum Ende der Arbeitswoche gab es allerdings doch einen echten Höhepunkt, weil Patzi dachte ich sei Mitte 30. Ist zwar absurd, gefällt mir aber. Nichtsdestotrotz hat so ein positives Erlebnis leider keinen wirklich nachhaltigen Einfluss auf meinen Verdruss. Ob ich trotzdem noch die Kurve kriege? Oder war es das mit der Maßnahme und mir?