Mein erstes Einzelcoaching bei Frau Frühling beginnt um 09.00 Uhr und ich finde es gut, dass es während der Arbeitszeit stattfindet, was mir weniger gefällt ist die Tatsache, dass ich zu ihr muss und es nicht in meinem Büro stattfindet. So muss ich bei recht frischen 8° Grad etwa 12 Minuten durch Lünen wandern, nur um einen Termin wahrzunehmen, von dem ich nicht erwarte, dass er mich irgendwie weiter bringt.
Pünktlich sitze ich bei meiner Coachin (was für ein bescheuertes Wort) Frau Frühling. Nach ein paar Formalitäten und ein bisschen Zynismus oder Ironie, ich kann das nicht wirklich unterscheiden, meinerseits, folgt auch schon der erste Versuch mich einzulullen. Frau Frühling sagt, dass man mir mein Alter nicht ansieht. Ein billiger Versuch Vertrauen aufzubauen, der bei mir einfach nicht zieht. Wo kämen wir denn dahin, wenn man mich so leicht beeinflussen könnte? Ein wenig später formulieren wir, also Frau Frühling, schon ein erstes Ziel des Coachings. Selbstliebe. Und das nur, weil ich nicht über Gefühle reden will und es offensichtlich ist, dass ich mich nicht leiden kann. Das Gespräch ist dennoch lustig und erinnert mich an meine Gruppentherapie von vor ein paar Jahren. Zwischendurch reden wir über den Darm, Vitamin D und andere Dinge, die nicht zum Jobcoaching zu passen scheinen. Vermutlich alles Teil eines perfiden Plans mich milde zu stimmen. Zwischendurch stelle ich Fragen, um zu erfahren, mit wem ich es zu tun habe und ob mein Gegenüber auch qualifiziert für diese anspruchsvolle Aufgabe ist. Frau Frühling ist Pädagogin und arbeitet selbstständig. Finde ich gut. Möglicherweise lässt sich darauf aufbauen.
Frau Frühling bietet mir eine Schulung an, um mich in einer Datenbank anzumelden und dort nach Jobs zu suchen. Ich erwidere, dass ich mich nicht eine Stunde irgendwo hinsetzen will für Sachen, die man mir in zehn Minuten erklären kann. Vermutlich sind selbst diese zehn Minuten zu viel. Frau Frühling fragt, ob ich mal als Dozent gearbeitet habe. Ich habe nie wirklich gearbeitet und erst recht nicht als Dozent. Daraufhin schlägt sie mir vor, dass ich doch zu der Schulung gehe und mir das mal ansehe, weil sie der Meinung ist, eine Tätigkeit als Dozent wäre was für mich und so könnte ich mal schauen, wie der Dozent so arbeitet. Vermutlich ein billiger Trick, damit ich an dieser Schulung teilnehme. Als sie sagt, ich sei ein heller Kopf, bin ich etwas irritiert. Hält meine Tönung nicht, was sie verspricht und ist Frau Frühling von meinen weißen Haaren geblendet? Oder will sie mich nur aufbauen, damit ich mich leichter lieben kann? Vermutlich ist diese Aussage ein Teil ihres arglistigen Plans Selbstliebe zu erzeugen. Da ist sie bei mir an der falschen Adresse. So einfach bin ich nicht zu manipulieren.
Dann ist die Therapiestunde auch schon vorbei und wir vereinbaren einen neuen Termin, um dieses lustige Geplänkel fortzusetzen. Am Dienstag in einer Woche soll es sein und Frau Frühling geht davon aus, dass es lustig wird. Davon ist in der Tat auszugehen. Aber ob Humor alleine reichen wird, um Ziele zu erreichen, wage ich zu bezweifeln.