Max lebt schon lange hier im Ort und ist durchaus vielen bekannt. Noch bevor ich das unnötige Vergnügen hatte, ihn kennenzulernen, wusste ich schon, dass ich ihn komisch finde. So habe ich ihn, obwohl er mir ständig über den Weg lief, nie gegrüßt. Wozu auch? Vor ein paar Jahren hat er mich dennoch angequatscht. Er war in der Waschanlage hinter mir und fing einfach, ohne dass ich ihn darum gebeten hatte, ein Gespräch mit mir an. Ein typisches Waschanlagengespräch über Autos. Solche Gespräche sind selten ergiebig und mit ihm erst recht nicht. Es waren langweilige Minuten bis mein Auto endlich gewaschen war und ich vor seinen langweiligen Ausführungen fliehen konnte. Da ich konsequent unfreundlich bin, habe ich ihn danach natürlich auch weiterhin nicht gegrüßt. Wozu auch?
Im Gegensatz zu mir ist mein Vater ein kommunikativer Typ. Und so ist es wenig verwunderlich, weil es sich auch nicht vermeiden ließ, dass mein Vater gelegentlich mit Max redet, bzw. von ihm zugetextet wird. Das war mir so lange egal, bis wir, als wir einen Spaziergang machten, auf Max trafen. Wie eine Motte aufs Licht stürzte er sich nicht nur auf meinen Vater, sondern auch sofort auf mich, um mir ein Gespräch aufzudrängen. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen und ich überließ ihm das reden und wich seinen Fragen so gut es ging aus. Solche Kommunikationsmenschen braucht echt kein Mensch. Seitdem grüße ich Max allerdings immer freundlich, wenn ich ihn sehe, und wenn es dumm läuft, dann muss ich auch ab und zu mit ihm reden, was mir sichtlich keinen Spaß macht, weil es einfach nichts bringt. Wann immer es möglich ist, vermeide ich seine Kommunikationsattacken, bleibe dabei aber stets freundlich, um ihm ein gutes Gefühl zu vermitteln. Ich bin ja kein Unmensch.
Als Max, der gar nicht Max heißt, was mir aber vollkommen egal ist, nun auf mich zu radelt, ahne ich schon, dass es kein entkommen gibt. Er hält an, gibt mir die Hand, eine Aktion die mehr als überflüssig ist, fragt nach meinem Vater, was ich okay finde, und legt dann los. Er sagt, dass er gerade gegessen hat und nun eine Runde mit dem Rad drehen will. Zur Verdauung. Ich frage mich, warum er sich nicht die Zähne nach dem Essen geputzt hat. Vielleicht hätte er bei der Gelegenheit auch duschen sollen, denn niemand sollte nach Schweiß riechen, wenn er eben erst die Wohnung verlassen hat. Max hat, so wie es scheint, überall auf der Welt Freunde. Einen in Frankreich, einen in England. Einen, der an Krebs erkrankt ist, einen dem ein Bein abgenommen wurde, einen der nun tot ist. Wenn ich ihn richtig verstehe, sind Moslems alle gefährlich und Deutschland geht kaputt. Reiche schotten sich ab und Arme verlieren alles. Während er seinen Sinnfreien und unterhaltungsarmen Wortschwall über mir ablädt, frage ich mich, was bei ihm wohl alles schief gelaufen ist. Er ist Frührentner, hat eine blühende Fantasie, ist etwas älter als ich und ich glaube einfach nicht, dass er wirklich so viele Freunde hat, wie er immer sagt. Ich hätte gar keine Zeit für so viele Freunde, aber ich bin zum Glück auch nicht er. Aus seinem Mund kommt nur Negatives. Wenn er mein Freund wäre, müsste ich mich wegen Depressionen erschießen. Es fällt mir nicht leicht, freundlich zu bleiben, weil nichts von dem, was er da erzählt, mich auch nur im Geringsten interessiert. Wieso merkt er das denn nicht? Und was hat er nur für Probleme mit Ausländern? Das doch krankhaft. Vermutlich irgendeine Psychose. Dabei sollte mir als Volksverhetzer seine Einstellung doch gefallen. Tut sie aber nicht. Ich kann das alles nicht mehr hören. Wie kann ein Mensch nur ununterbrochen negative Sachen von sich geben? War der auf einem Seminar? Ich sage ihm, dass er nicht so viele Nachrichten schauen soll, weil ihm das nicht gut tut und man davon mies drauf kommt. So wirklich überzeugen kann ich ihn allerdings nicht, wie mir scheint. Weitere Minuten vergehen, bis er endlich fertig ist und mich aus dem Gespräch entlässt. Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, verstecke ich mich irgendwo oder stelle mich tot. Alles andere wäre albern und würde mich nur unnötig belasten.